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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.05.1998
Aktenzeichen: VII B 309/97
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, KO


Vorschriften:

AO 1977 § 34 Abs. 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 118 Abs. 2
KO § 60 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Steuerberater und als Konkursverwalter über das Vermögen der Firma X-GmbH bestellt. In diesem Konkursverfahren hat er bereits bei Bestellung am 30. September 1994 die Masselosigkeit öffentlich angezeigt. Nach seinen Angaben besteht eine Unterdeckung der Masseschulden und Massekosten in Höhe von rd. 36.000 DM. Im Jahre 1995 forderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Kläger zur Abgabe der Körperschaft-, Umsatzsteuer- und Gewerbesteuererklärung 1994 für die GmbH auf. Nach erfolgloser Erinnerung drohte das FA dem Kläger zur Erzwingung der Abgabe der genannten Erklärungen ein Zwangsgeld in Höhe von 300 DM je Erklärung an.

Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) unter Bezugnahme auf das Senatsurteil vom 23. August 1994 VII R 143/92 (BFHE 175, 309, BStBl II 1995, 194) mit der Begründung ab, daß der Konkursverwalter nach § 34 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) verpflichtet sei, für den Gemeinschuldner die notwendigen Steuererklärungen abzugeben und daß diese Verpflichtung nicht davon abhängig sei, ob die dafür erforderlichen Kosten durch die Konkursmasse gedeckt seien. Darin liege jedenfalls dann kein Verstoß gegen Art. 12 des Grundgesetzes (GG), wenn die Buchführung der Gemeinschuldnerin sich nicht in einem schlechteren Zustand befände, als dies in Konkursfällen üblich sei. Liege ein solcher Fall vor, sei es einem steuerlich qualifizierten Konkursverwalter wie dem Kläger zumutbar, die Steuererklärungen des Gemeinschuldners selbst zu erstellen.

Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision stützt der Kläger auf grundsätzliche Bedeutung und auf Divergenz zu einem Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 30. März 1993 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90, 1 BvL 11/90 (Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 1993, 838) und einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 5. Dezember 1991 IX ZR 275/90, (ZIP 1992, 120), wo für den Konkursverwalter eindeutig entschieden sei, daß es der Berufsfreiheit entspreche, einen Beruf nur dann auszuüben, wenn er hierfür eine angemessene Vergütung fordern könne und daß dieser Vergütungsanspruch des Konkursverwalters in masselosen Konkursen nach § 60 Abs. 1 der Konkursordnung bevorzugt berechtigt sei.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdebegründung nicht in der nach § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlichen Weise ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt wird.

1. Die Divergenzrüge enthält vor allem keine Gegenüberstellung voneinander abweichender Rechtssätze aus dem Beschluß des BVerfG (ZIP 1993, 838 ff.) einerseits und dem Urteil des FG andererseits, wie es erforderlich gewesen wäre (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO, ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, vgl. die Nachweise in Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 17; BFH-Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Gleiches gilt für die Behauptung, die Entscheidung des FG weiche von einer Entscheidung des BGH ab. Diese Abweichung könnte im übrigen die Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO nicht rechtfertigen. Allenfalls käme eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung in Betracht, wenn die behauptete Abweichung herausgearbeitet und dargetan worden ist, daß durch die Abweichung von der Entscheidung eines anderen obersten Bundesgerichtes eine im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftige und im steuerlichen Rechtsstreit klärungsfähige Rechtsfrage aufgeworfen wird (vgl. BFH-Beschluß vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987). Diese Grundsätze gelten auch, wenn die grundsätzliche Bedeutung sich aus einem Verstoß gegen Normen des GG ergeben soll (Beschluß vom 20. Juni 1994 III B 39/94, BFH/NV 1995, 50). Die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertretenen Rechtsauffassung reicht hierzu nicht aus (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 62, m.w.N.).

Aus der Beschwerdeschrift ist jedoch weder erkennbar, welcher aus der Entscheidung des FG zu entnehmende Rechtssatz in Widerspruch zu einem ebenfalls bezeichneten abstrakten Rechtssatz aus der genannten Entscheidung des BGH stehen könnte, noch enthält sie Ausführungen zu der sich aus der behaupteten Abweichung ergebenden grundsätzlichen Bedeutung.

Die Beschwerdeschrift verkennt im übrigen, daß die herangezogenen Entscheidungen des BVerfG (ZIP 1993, 838) und des BGH (ZIP 1992, 120) zu dem mit dem Streitfall nicht vergleichbaren Sachverhalt des Vorrangs der Konkursverwaltervergütung bei Masseunzulänglichkeit ergangen sind.

2. Auch sonst ist die grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) der vom Kläger angesprochenen Rechtsfragen nicht entsprechend den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO schlüssig dargelegt. Eine solche Darlegung setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten, für die angestrebte Revisionsentscheidung erheblichen und klärungsfähigen Rechtsfrage und außerdem die Angabe voraus, worin eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung liege (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluß vom 17. Juni 1997 VII B 47/97, BFH/NV 1997, 881, m.w.N.). Dazu gehört auch, daß der Kläger sich mit den zu dieser Frage in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Auffassungen auseinandersetzt (vgl. BFH-Beschluß vom 19. Februar 1996 VIII B 3/95, BFH/NV 1996, 685, m.w.N.).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger hat vorgetragen, sowohl die Entscheidung des FG als auch des BFH (BFHE 175, 309, BStBl II 1995, 194) hätten offengelassen, ob es für einen Konkursverwalter auch dann noch zumutbar ist, die Steuererklärungen des Gemeinschuldners selbst zu erstellen, wenn dies mit umfangreichen Buchführungs- und Abschlußarbeiten verbunden ist und die Kosten für die Beauftragung eines Steuerfachmannes aus der Konkursmasse nicht gedeckt werden könnten. Sollte der Beschwerdeschrift zu entnehmen sein, daß der Kläger diese Frage nunmehr für klärungsbedürftig hält, handelte es sich zwar um eine höchstrichterlich noch nicht geklärte Frage (vgl. BFHE 175, 309, BStBl II 1995, 194, und bestätigenden Senatsbeschluß vom 8. August 1995 VII R 25/94, BFH/NV 1996, 13, 14), die allerdings im angestrebten Revisionsverfahren mangels Entscheidungserheblichkeit auch nicht klärungsfähig wäre. Denn das FG-Urteil hat --ohne daß der Kläger dagegen eine schlüssige Verfahrensrüge erhoben hat-- für die Revisionsinstanz bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), der Kläger habe auf entsprechende Aufforderung des Berichterstatters nicht substantiiert dargelegt und durch Vorlage entsprechender Unterlagen nachgewiesen, daß die Buchführung der Gemeinschuldnerin sich in einem schlechteren Zustand befinde, als dies üblicherweise in Konkursfällen der Fall sei und daß es sich bei den von dem Kläger aufgeführten Mängeln um solche handelte, die keine Abweichung von dem Grundsatz, daß es einem qualifizierten Konkursverwalter zumutbar sei, die Steuererklärungen des Gemeinschuldners selbst zu erstellen und daß eine entsprechende Verpflichtung hierzu bestehe, rechtfertige. Damit ist das FG in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, daß der Kläger im Streitfall nicht nachgewiesen habe, daß die Erstellung der angeforderten Steuererklärungen "mit umfangreichen Buchführungs- und Abschlußarbeiten verbunden sind".

Die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam formulierte Rechtsfrage, "ab wann konkret eine Unzumutbarkeit aufgrund der umfangreichen Buchführungs- und Abschlußarbeiten gegeben ist und welchen Grad der Substantiierung der gerichtliche Vortrag des Konkursverwalters erreichen muß", ist nicht nur zu unbestimmt, sondern im Revisionsverfahren ebenfalls nicht klärungsfähig, weil es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist, abstrakte Rechtsfragen zu klären (BFH-Beschluß vom 11. November 1997 II B 3/97, BFH/NV 1998, 604, m.w.N.).

3. Im übrigen legt der Kläger lediglich ausführlich dar, aus welchen Gründen er die vom BFH in der Entscheidung BFHE 175, 309, BStBl II 1995, 194 vertretene Rechtsauffassung für fehlerhaft hält. Damit verkennt die Beschwerdeschrift die an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 3 FGO gestellten Anforderungen. Denn es kommt nicht darauf an, daß der Kläger die vorhandene Rechtsprechung des BFH für materiell fehlerhaft hält, sondern daß er darlegt, welche neuen, vom BFH bei seiner Entscheidung noch nicht bedachten Gesichtspunkte zu diesen Fragen in der Literatur und Rechtsprechung erkennbar geworden sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage(n) durch den BFH als geboten erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluß vom 21. Juni 1996 VIII B 89/95, BFH/NV 1996, 920, und vom 17. Juni 1997 VIII B 59/96, BFH/NV 1998, 171, m.w.N.). Eine solche Darlegung enthält die Beschwerdeschrift nicht. Insbesondere läßt die Beschwerdebegründung die gebotene Auseinandersetzung mit den --allerdings ohne Angabe des Autors und der von ihm vertretenen Meinung und ohne Benennung einer Fundstelle-- von ihr behaupteten gewichtigen Argumenten der Literatur gegen die Entscheidung des BFH (BFHE 175, 309, BStBl II 1995, 194, bestätigt durch BFH/NV 1996, 13) vermissen.

Von einer weiteren Darstellung des Vorbringens des Klägers und Begründung der Entscheidung sieht der erkennende Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.



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