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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 04.03.1999
Aktenzeichen: VII B 315/98
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO
Vorschriften:
AO 1977 § 284 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 |
Gründe
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein Arzt, wurde nach fruchtlosen Vollstreckungsversuchen vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geladen. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hielt die Anordnung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 der Abgabenordnung (AO 1977) für rechtmäßig. Insbesondere seien weder Ermessensfehler noch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erkennbar.
Hiergegen hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) gestützt. Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob auch dann, wenn in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nachgewiesen werde, daß die Steuerforderungen, derentwegen vollstreckt und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung schließlich angeordnet worden sei, vom Vollstreckungsschuldner getilgt oder durch Verrechnung erfüllt worden seien, zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Anordnung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gleichwohl allein auf den Zeitpunkt des Ergehens der Einspruchsentscheidung abzustellen sei, wodurch dem FG eine Berücksichtigung der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach diesem Zeitpunkt verwehrt werde. Der Kläger ist der Auffassung, daß die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach es für die gerichtliche Nachprüfung von Ermessensentscheidungen auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankomme, im Rahmen des § 284 AO 1977 keine Geltung beanspruchen könne, weil die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung einen erheblichen Einfluß auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Vollstreckungsschuldners habe und sich insbesondere die danach erfolgende Eintragung in das Schuldnerverzeichnis auf die Kreditwürdigkeit und das geschäftliche Ansehen mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ auswirke.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Der Senat läßt offen, ob der Kläger die grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ausreichend dargelegt hat, denn jedenfalls hat die aufgeworfene Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BFH-Beschluß vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605). Eine Zulassung der Revision kommt nur in Betracht, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage klärungsbedürftig ist (BFH-Beschluß vom 26. September 1991 VIII B 41/91, BFHE 165, 287, BStBl II 1991, 924) und es auf ihre Klärung für die Entscheidung des Rechtsstreits ankommt, sie also in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärungsfähig wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. die Hinweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, § 115 Rz. 8 ff.).
Im Streitfall fehlt es an beidem. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie von der Rechtsprechung des BFH bereits geklärt ist. In seinem Urteil vom 26. März 1991 VII R 66/90 (BFHE 164, 7, BStBl II 1991, 545) hat der Senat gerade in einem Fall der Anordnung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 AO 1977 seine Rechtsprechung dahingehend konkretisiert, daß für die gerichtliche Überprüfung von Ermessensentscheidungen die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung auch dann maßgeblich ist, wenn der angefochtene Verwaltungsakt --die Aufforderung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung-- noch nicht vollzogen ist. Ob die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat, kann nämlich nur auf der Grundlage der Verhältnisse beurteilt werden, die ihr im Zeitpunkt der --letzten-- Ermessensausübung bekannt waren oder bekannt sein mußten. Der Kläger hat nichts vorgebracht, was den Senat zu einer Überprüfung oder gar einer Aufgabe dieser Rechtsprechung veranlassen könnte. Im übrigen hat der Senat in dem genannten Urteil einen Weg aufgezeigt, wie eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nach dem Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ggf. geltend gemacht werden kann.
Die aufgeworfene Rechtsfrage ist auch nicht klärungsfähig. Das FG hat nämlich in dem angefochtenen Urteil --entgegen dem Beschwerdevorbringen des Klägers-- festgestellt, daß der Kläger auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG noch mit ca. ... DM Abgaben im Rückstand gewesen sei. Zwar hätten sich die Rückstände des Klägers aufgrund einer Umsatzsteuersonderprüfung um ca. ... DM verringert; der im Rahmen der Einkommensteuererklärung für 1996 geltend gemachte Verlust in Höhe von ... DM sei aber vom FA bis zum damaligen Zeitpunkt nicht anerkannt worden, weil der Kläger die erforderlichen Nachweise nicht vorgelegt habe. Die vom Kläger vorgetragene Erfüllung durch Verrechnung war also bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht eingetreten. Selbst wenn die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich wäre, wie der Kläger meint, reichten die vom FG festgestellten Tatsachen ohne weiteres aus, die behördliche Ermessensentscheidung auch noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als rechtmäßig anzusehen. Mit einem Revisionsverfahren vor dem BFH könnte der Kläger mithin nichts erreichen.
Ende der Entscheidung
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