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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 26.10.2006
Aktenzeichen: VII B 319/05
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 96
FGO § 100 Abs. 1 Satz 1
FGO § 100 Abs. 1 Satz 2
FGO § 100 Abs. 1 Satz 4
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
AO 1977 § 292 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Rechtsanwalt. Aufgrund erheblicher Steuernachforderungen und vergeblicher Vollstreckungsversuche erwirkte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) einen Durchsuchungsbeschluss für die Kanzleiräume wegen in einer beigefügten Aufstellung im Einzelnen bezeichneter vollstreckbarer Ansprüche. Der Kläger wendete die Durchsuchung ab, indem er dem Vollziehungsbeamten den im Durchsuchungsbeschluss ausgewiesenen Betrag in Euro bar übergab. Zwei Tage später erhob der Kläger gegen die Zwangsvollstreckungsmaßnahme Anfechtungsklage und weitere sechs Tage später Einspruch, den das FA als unzulässig verwarf, weil die Vollstreckung durch die Zahlung des zu vollstreckenden Betrages beendet sei.

Auf die Beschwerde des Klägers gegen den Durchsuchungsbeschluss reduzierte das Landgericht (LG) zwar den Betrag der der Durchsuchung zugrunde liegenden vollstreckbaren Ansprüche, bestätigte aber den Durchsuchungsbeschluss dem Grunde nach.

Auf Hinweis des Finanzgerichts (FG) stellte der Kläger seine zunächst auf Anfechtung der Zwangsvollstreckungsmaßnahme gerichtete Klage in eine Klage auf Feststellung, dass die Zwangsvollstreckung nichtig, mindestens aber rechtswidrig gewesen sei, um und begehrte weiter die Verpflichtung des FA, die Vollstreckungsmaßnahme rückgängig zu machen. Das FG wies die Klage als unzulässig ab. Zum einen sei es wegen der freiwilligen Zahlungen des Klägers zu keiner Vollstreckungsmaßnahme und damit zu keinem anfechtbaren Verwaltungsakt gekommen; selbst wenn es sich um eine "verschleierte" Pfändungsmaßnahme gehandelt haben sollte, habe der Kläger das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsaktes --Wiederholungsgefahr, Rehabilitationsinteresse, zivilrechtliche Verfolgung von Schadenersatzansprüchen-- nicht substantiiert dargelegt. Mangels erfolgreicher Fortsetzungsfeststellungsklage scheitere auch der Folgenbeseitigungsantrag.

Mit seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision rügt der Kläger, dass das FG die Klage aufgrund von Verfahrensfehlern als unzulässig abgewiesen habe. Als einen Verfahrensfehler bezeichnet er, dass das FG wegen der --zu Unrecht als freiwillig bezeichneten-- Zahlung des zu vollstreckenden Betrages einen anfechtbaren Vollstreckungsverwaltungsakt verneint habe. Außerdem habe das FG sowohl die Sachurteilsvoraussetzungen i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als auch die Urteilsgrundlagen i.S. des § 96 FGO verkannt, indem es das berechtigte Interesse für die Fortsetzungsfeststellungsklage verneint habe, obwohl sich dieses schon daraus ergebe, dass die begehrte Feststellung Voraussetzung für den gleichzeitig geltend gemachten Antrag auf Rückgängigmachung der Vollziehung --im Sinne eines Folgenbeseitigungsanspruchs-- sei. Verfahrensfehlerhaft wegen Verkennung der Sachurteilsvoraussetzungen sei auch, dass das FG die Zulässigkeit der Folgenbeseitigungsklage von der Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage abhängig gemacht habe.

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Ob mit der Rüge, das FG habe zu Unrecht die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage mangels Vorliegens eines anfechtbaren Vollstreckungs-Verwaltungsaktes verneint, ein die Zulassung der Revision rechtfertigender Verfahrensfehler gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO im Sinne einer fehlerhaften Beurteilung einer Sachurteilsvoraussetzung (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 78) dargelegt ist, oder ob es sich dabei nicht vielmehr um die Behauptung eines materiellen Rechtsfehlers handelt, ist schon zweifelhaft. Wäre darin ein Verfahrensfehler zu sehen, so läge er jedenfalls nicht vor. Denn das FG hat unter Hinweis auf § 292 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) zutreffend hervorgehoben, dass der Kläger die Zahlung gerade zur Abwendung der Vollstreckung des Durchsuchungsbeschlusses geleistet hat und es infolge dessen zu Vollstreckungshandlungen, d.h. zum Erlass von Verwaltungsakten, nicht gekommen ist.

Da die Klageabweisung als unzulässig durch das FG bereits mit dieser Begründung Bestand hat, kann die weitere Rüge, das FG habe verfahrensfehlerhaft auch das berechtigte Interesse des Klägers an der Fortsetzungsfeststellungsklage verneint, nicht zur Zulassung der Revision führen. Hat das FG sein Urteil kumulativ begründet, d.h. auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, so muss wegen jeder der Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden und vorliegen (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 23. Dezember 2004 III B 14/04, BFH/NV 2005, 667).

Auch der Einwand, das FG habe verfahrensfehlerhaft die Zulässigkeit der Folgenbeseitigungsklage wegen Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage verneint, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Auch insofern hat das FG offensichtlich zutreffend geurteilt, dass es sich nicht um einen von einer erfolgreichen Anfechtungs- bzw. Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 100 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 FGO unabhängigen Antrag handelt. Es ergibt sich unmittelbar aus § 100 Abs. 1 Satz 2 FGO, dass sich die Folgenbeseitigungsklage nur auf das Rückgängigmachen eines schon als rechtswidrig erkannten, gleichwohl vollzogenen Verwaltungsaktes richten kann.

Ende der Entscheidung

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