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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.08.2001
Aktenzeichen: VII B 33/01
Rechtsgebiete: StBerG, FGO, 2.FGOÄndG


Vorschriften:

StBerG § 20 Abs. 2 Nr. 3 Alternative 2
StBerG § 20 Abs. 2 Nr. 3
StBerG § 14 Abs. 1 Nr. 5
StBerG § 20 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2 und 3
2.FGOÄndG Art. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger), ein Lohnsteuerhilfeverein, wurde im Jahre 1993 gegründet. Wegen verschiedener Pflichtverletzungen (u.a. verspätete Geschäftsprüfung und Abgabe von Geschäftsprüfungsberichten über mehrere Jahre hinweg) widerrief die Beklagte und Beschwerdeführerin (Oberfinanzdirektion --OFD--) die Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein durch Bescheid vom 10. Februar 1999 gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 3 Alternative 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG).

Am 23. März 1999 fand eine Mitgliederversammlung des Vereins statt, zu der mit Schreiben vom 17. März 1999 eingeladen worden war. Das dem Finanzgericht (FG) vorgelegte Einladungsschreiben wies als Tag der Versammlung den 23. April 1999 aus. Allerdings versandte der Kläger am folgenden Tag ein Einladungsschreiben, das als Termin den 23. März 1999 benannte. Trotz entsprechender Aufforderung durch die OFD erbrachte der Kläger nicht den Nachweis, sämtliche Mitglieder eingeladen zu haben. Die Versammlung wählte einen neuen Vorstand. In seinem Antrag auf Eintragung des neuen Vorstands in das Vereinsregister versicherte der neue Vorstand, dass die Versammlung satzungsgemäß unter Angabe der Tagesordnung einberufen worden sei.

Der Einspruch gegen den Widerrufsbescheid hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 1999). Im Klagewege erreichte der Kläger jedoch die Aufhebung des Widerrufsbescheids sowie der Einspruchsentscheidung.

Das FG führte im Einzelnen aus: Die Klage sei ungeachtet der Probleme im Zusammenhang mit der Wahl des neuen Vorstandes am 23. März 1999 wirksam erhoben worden. Zwar sei die Wahl zumindest deshalb fehlerhaft, weil die nach der Satzung vorgeschriebene Einladungsfrist von zwei Wochen zu der Mitgliederversammlung nicht eingehalten und der Nachweis nicht erbracht worden sei, dass tatsächlich alle Vereinsmitglieder zu der Versammlung eingeladen worden seien. Das mache aber die auf dieser Mitgliederversammlung getroffenen Beschlüsse nicht zwangsläufig nichtig. Es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Neuwahl des Vorstands nicht auf diesen Verstößen beruhe, weil der Kläger jedenfalls den ganz überwiegenden Teil der Mitglieder von der Versammlung unterrichtet habe. Den Akten seien auch keine Hinweise zu entnehmen, dass sich die Mitglieder mehrheitlich durch die sonstigen Einladungsmängel in ihren Rechten verletzt fühlten. Im Übrigen sei die Klage auch begründet, weil die Voraussetzungen für einen Widerruf der Anerkennung nach § 20 Abs. 2 Nr. 3 StBerG nicht erfüllt seien. Zwar seien in der Vergangenheit erhebliche Pflichtverstöße feststellbar, die auch noch nicht vollständig abgestellt seien (z.B. auch nicht ordnungsgemäße Mitgliederversammlungen ab März 1999, keine Nachholung der Entlastung des alten Vorstandes auf Grund der Prüfungsberichte für die Jahre 1994 bis 1996). Ein wirksamer Widerruf setze aber weiter voraus, dass ein vergleichbares Fehlverhalten für die Zukunft zu erwarten sei. Bei der danach unter Berücksichtigung des Grundsatzes des Verhältnismäßigkeit zu treffenden Prognoseentscheidung gehe das FG jedoch aufgrund der gebotenen Gesamtwürdigung davon aus, dass zukünftig eine ordnungsgemäße Geschäftsführung i.S. des § 20 Abs. 2 Nr. 3 StBerG zu erwarten sei.

Mit ihrer Beschwerde begehrt die OFD die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache.

II. 1. Gemäß Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ist die Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde und damit auch deren Begründetheit noch nach § 115 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der vor In-Kraft-Treten des 2.FGOÄndG geltenden Fassung (FGO a.F.) zu beurteilen, weil das angefochtene Urteil vor dem 1. Januar 2001 verkündet worden ist. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die OFD die grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht hinreichend dargelegt hat (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.).

2. Auf der von der Klägerin für von grundsätzlicher Bedeutung gehaltenen Rechtsfrage, ob die Wahl des Vorstandes eines Lohnsteuerhilfevereins, zu der entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 5 (gemeint ist wohl Nr. 6) StBerG und entgegen der Vereinssatzung nicht alle Mitglieder geladen und auch die Einberufungsfrist nicht eingehalten wurden, nur dann nichtig ist, wenn der Verstoß von den Vereinsmitgliedern gerügt worden ist, beruht die Entscheidung des FG über die Zulässigkeit der Klage nicht allein. Das FG hat sein Urteil, dass die Vorstandswahl am 23. März 1999 gültig sei, nämlich nicht allein darauf gestützt, dass sie --soweit ersichtlich-- von keinem Mitglied angefochten worden sei, sondern auch damit begründet, dass sie nach Überzeugung des Gerichts nicht auf den von der OFD geltend gemachten Verfahrensmängeln bei der Einladung beruhe. Letztere Begründung trägt die Entscheidung des FG zur Zulässigkeit der Klage selbständig. Auf die Beantwortung der von der OFD gestellten Frage kommt es daher nicht an.

3. Hinsichtlich der von der OFD weiter aufgeworfenen Rechtsfrage, ob es die Widerrufsgründe nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 und 3 StBerG voraussetzen, dass eine Prognoseentscheidung dahin gehend zu treffen ist, ob ein vergleichbares Fehlverhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist und --sofern dies der Fall sein sollte-- ob eine positive Prognose voraussetzt, dass die versäumten Handlungen nachgeholt werden, ist die grundsätzliche Bedeutung nicht dargelegt.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich das FG nicht mit dem Widerrufsgrund des § 20 Abs. 2 Nr. 2 StBerG auseinander gesetzt hat, seiner Entscheidung vielmehr --wie zuvor auch schon die OFD im Widerrufsbescheid-- § 20 Abs. 2 Nr. 3 Alternative 2 StBerG zu Grunde gelegt hat. Auf die von der OFD aufgeworfene Frage nach der Auslegung von § 20 Abs. 2 Nr. 2 StBerG kommt es daher hier nicht an. Im Streitfall geht es nur um die Auslegung des § 20 Abs. 2 Nr. 3 Alternative 2 StBerG. Jedenfalls hinsichtlich dieser Vorschrift kann es indes nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei der danach geforderten Beurteilung, ob eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gewährleistet ist, nicht nur um eine die Geschäftsführung in der Vergangenheit bewertende, sondern auch um eine in die Zukunft gerichtete Prognoseentscheidung handelt (vgl. Gehre, Steuerberatungsgesetz, 4. Aufl., § 20 Rz. 6). Dabei ist, wie durch das FG im Rahmen seiner Gesamtwürdigung geschehen, auch angemessen das Bemühen zu bewerten, die in der Vergangenheit aufgetretenen Mängel zu beheben. Aus der Beschwerdebegründung ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Meinung in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist und deshalb einer grundsätzlichen Klärung bedarf.

Die vom FG vorgenommene Gesamtwürdigung im Einzelnen bezieht sich aber auf den konkreten Einzelfall und ist daher keiner grundsätzlichen Überprüfung zugänglich. Dass die OFD diese Würdigung nicht für zutreffend hält, vermag die grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht zu begründen.



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