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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.04.2001
Aktenzeichen: VII B 331/00
Rechtsgebiete: AnfG, BGB, FGO


Vorschriften:

AnfG § 3 Abs. 1 Nr. 4
BGB § 313
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3 a.F.
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 a.F.
FGO § 145
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Finanzgericht (FG) den Duldungsbescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) bestätigt, mit dem die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) auf Herausgabe von der Versicherung an sie ausgezahlter Geldleistungen aus zwei Lebensversicherungen ihres Ehemannes in Höhe von insgesamt 53 414,96 DM in Anspruch genommen wurde. Nach Auffassung des Gerichts hat der Ehemann, gegen den das FA hohe Steuerforderungen hat, der Klägerin die Beträge aus den Lebensversicherungen im Jahr der Anfechtung (1996) unentgeltlich zugewendet, so dass der Anfechtungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) in der im Streitjahr nach § 20 Abs. 2 des Gesetzes über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens vom 5. Oktober 1994 (BGBl I 1994, 2911) noch geltenden Fassung des AnfG vom 21. Juli 1879 (AnfG a.F.) erfüllt sei. Eine Gegenleistung der Klägerin liege weder in der Übertragung einer Eigentumswohnung im Jahre 1990 an den Ehemann noch in der Übernahme von Ratenzahlungen wegen der Anschaffung von drei Baukränen durch den Ehemann. Darauf, dass die Klägerin den zugewendeten Betrag bereits ausgegeben habe und damit entreichert sei, komme es nicht an, weil sie bei Erwerb der Ansprüche aus den Lebensversicherungen nicht gutgläubig gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision, mit der die grundsätzliche Bedeutung mehrerer Rechtsfragen geltend gemacht wird.

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat in der Beschwerde keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) für den Streitfall noch geltenden Fassung (FGO a.F.) den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F. entsprechend dargestellt.

Grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.) kommt einer Rechtssache zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Dezember 1991 II B 47/91, BFHE 166, 302, BStBl II 1992, 348). Die Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 8 ff.). Dazu ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer konkret eine Rechtsfrage formuliert, auf ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung sowie darauf eingeht, weshalb von der Beantwortung der Rechtsfrage die Entscheidung über die Rechtssache abhängt (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2000 VII B 196/00, nicht veröffentlicht, und BFH-Beschluss vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Die Behauptung, die rechtliche Würdigung des FG werde dem Sachverhalt nicht gerecht, genügt ebenso wenig, wie der Hinweis, die lediglich abstrakt formulierten Rechtsfragen seien höchstrichterlich noch nicht entschieden und für eine Vielzahl von Fällen von Bedeutung (BFH-Beschluss vom 13. Mai 1992 II B 131/91, BFH/NV 1992, 762).

Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift genügen zu keiner der für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfragen den vorgenannten Anforderungen.

a) Die Klägerin misst der Frage grundsätzliche Bedeutung zu, ob auch dann Unentgeltlichkeit einer Zuwendung i.S. von § 3 Abs. 1 Nr. 4 AnfG a.F. vorliege, wenn die beurkundungsbedürftige Verpflichtung zur Erbringung einer Gegenleistung nicht in der erforderlichen Form (hier der Beurkundung nach § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--) erfolgt ist, das Geschäft aber dinglich durchgeführt worden ist.

Die Klägerin legt die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage nicht dar. Sie führt im Wesentlichen aus, sie habe im Jahre 1990 ihrem Ehemann unentgeltlich eine Wohnung übertragen und in der Vorinstanz geltend gemacht, dass als Gegenleistung dafür die Abtretung der Ansprüche aus den Lebensversicherungen ihres Ehemannes vereinbart, diese Absprache aber nicht beurkundet worden sei. Die Beschwerdeschrift enthält jedoch keine Bemerkung dazu, aus welchen Gründen diese Frage klärungsbedürftig und insbesondere, dass sie in dem durchzuführenden Revisionsverfahren klärungsfähig sei. Eine Auseinandersetzung fehlt auch mit der im Rahmen des AnfG ergangenen Rechtsprechung zur Unentgeltlichkeit einer Zuwendung. Überdies verkennt die Klägerin, dass das FG die Übertragung der Ansprüche aus den Lebensversicherungen deshalb nicht als Gegenleistung für die Übertragung des Wohneigentums von der Klägerin an ihren Ehemann gewertet hat, weil es den zeitlichen Zusammenhang nicht als gegeben ansah und den Vortrag angesichts der späteren Einlassung der Klägerin, wonach die Übertragung der Lebensversicherungsansprüche auch zur Bestreitung des Lebensunterhalts dienen sollte und die Zahlung der Klägerin auf den von der Bank für den Kauf von drei Baukränen gewährten Kredit an den Ehemann ausgleichen sollte, nicht für überzeugend gehalten hat. Da das FG den Mangel der Gegenleistung nur hilfsweise auf die fehlende Beurkundung gestützt hat, wäre die genannte Rechtsfrage im Revisionsverfahren auch nicht klärungsfähig.

b) Soweit die Klägerin die abstrakte Rechtsfrage "ob Leistungen des Anfechtungsgegners an einen Dritten, die die Zuwendungen des Schuldners ausgleichen, die Unentgeltlichkeit i.S. des § 3 Abs. 1 Nr. 4 AnfG a.F. entfallen lassen" für grundsätzlich bedeutsam hält, hat sie es ebenfalls versäumt, deren Klärungsbedürftigkeit darzustellen. Schließlich entspricht es der ständigen Rechtsprechung der Zivilgerichte, dass Unentgeltlichkeit zu verneinen ist, wenn der Empfänger der Zuwendung des Vollstreckungsschuldners mit dessen Einverständnis eine ausgleichende Gegenleistung an einen Dritten bewirkt (Huber, Anfechtungsgesetz, 9. Aufl., 2000, § 4 Rz. 19, m.w.N.). Zudem wäre die Frage auch nicht klärungsfähig. Denn nach den Feststellungen des FG fehlt es an einem entsprechenden Sachverhalt. Die Klägerin hatte nach dem von ihr vorgelegten Vertrag vom 15. April 1996 gerade keinen Anspruch auf Übertragung der Lebensversicherungsbeträge für die Übernahme der Ratenzahlungen an die Bank, weil ihr hierfür die vom Ehemann erworbenen Baukräne sicherungsübereignet worden seien und ihr ein etwaiger Verkaufserlös sowie etwaige Mieten zugestanden hätten.

c) Soweit die Klägerin geltend macht, das FG weiche von einer nicht näher bezeichneten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Neue Juristische Wochenschrift 1992, 2421 ff. ab, kann sie damit in der hier zu beurteilenden Beschwerde keine Beachtung finden. Die Rüge der Divergenz kann nicht auf die angebliche Abweichung von einer Entscheidung eines anderen obersten Bundesgerichts --mit Ausnahme des Bundesverfassungsgerichts-- gestützt werden (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO a.F.). Zwar kann eine konkret vorliegende Divergenz zu einer Entscheidung des BGH für den Streitfall zu einer Frage von grundsätzlicher Bedeutung werden. Voraussetzung für die Zulassung der Revision wegen einer solchen Frage ist jedoch mindestens, dass die formellen Anforderungen an eine Divergenzrüge beachtet werden (vgl. dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 62, sowie BFH-Beschluss vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987). Die Klägerin hat keine Abweichung der Entscheidung des FG von der Entscheidung des BGH schlüssig dargestellt.

d) Auf den Vortrag, der Gläubiger (das FA) würde aufgrund des vermeintlich anfechtbaren Erwerbs mehr erhalten als er erhalten würde, wenn der vermeintlich anfechtbare Erwerb nicht stattgefunden hätte, und von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob auch in diesem Fall von einer Benachteiligungsabsicht und von Kenntnis des Anfechtungsgegners davon ausgegangen werden könne, kann sie die Nichtzulassungsbeschwerde schon deshalb nicht stützen, weil diese Frage nicht Gegenstand der Entscheidung der Vorinstanz gewesen ist. Es handelt sich hierbei um neues tatsächliches Vorbringen, das im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision ebenso unbeachtlich ist wie in der Revision selbst. Seiner Berücksichtigung steht die Bindung des BFH an die vom FG festgestellten Tatsachen entgegen (§ 118 Abs. 2 FGO; Gräber/ Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 60; BFH-Beschluss vom 21. Dezember 1994 VIII B 51/94, BFH/NV 1995, 801).

e) Die Rechtsfrage, ob der Anfechtungsgegner, der positiv davon ausgehe, dass er Leistungen erbracht habe, die der vermeintlich anfechtbare Erwerb ausgleichen soll, bei diesem Erwerb gutgläubig ist, wäre --abgesehen von den Darlegungsmängeln-- ebenfalls nicht klärungsfähig, weil das FG einen Sachverhalt, der die Annahme gutgläubigen Erwerbs der Klägerin rechtfertigen könnte, nicht festgestellt hat.

f) Auch die Frage, ob das FG den vom FA im Duldungsbescheid zu hoch angesetzten Betrag der Inanspruchnahme als versehentlich zu hoch ausgewiesen ansehe, deshalb berichtigen und dies bei der Kostenentscheidung unberücksichtigt lassen darf, kann --unabhängig davon, ob ihr grundsätzliche Bedeutung zukäme-- kein Grund für die Zulassung der Revision sein. Die Rüge einer falschen Kostenentscheidung kann nicht zur Zulassung der Revision führen, wenn der Nichtzulassungsbeschwerde wie im Streitfall in der Hauptsache der Erfolg zu versagen ist (BFH-Beschlüsse vom 12. November 1993 III B 234/92, BFHE 173, 196, BStBl II 1994, 401, und vom 18. März 1994 III B 543/90, BFHE 173, 506, BStBl II 1994, 473). Das ergibt sich aus § 145 FGO, der ein selbständiges Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung ausschließt (vgl. Schwarz in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 145 FGO Rz. 14).



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