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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.07.2007
Aktenzeichen: VII B 338/06
Rechtsgebiete: FGO, AO
Vorschriften:
FGO § 115 Abs. 2 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
AO § 281 |
Gründe:
I. Wegen Abgabenrückständen erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung gegenüber einem Kreditinstitut der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) als Drittschuldner. Nach der Drittschuldnererklärung wiesen die betroffenen Konten kein pfändbares Guthaben aus, die Pfändung künftiger Forderungen sei vorgemerkt. Die Klägerin wandte gegen die Pfändung ein, das FA habe die Verhältnismäßigkeit bei der Auswahl der Vollstreckungsmaßnahmen nicht gewahrt und bat um Aufhebung der Kontenpfändung. Das FA wies darauf hin, dass die Pfändung von Ansprüchen, Forderungen und Rechten gegen Kreditinstitute im Regelfall die einzige dem FA bekannte Vollstreckungsmöglichkeit darstelle. Eine Auswertung der Steuerakten der Klägerin ergab keinen Grundbesitz der Klägerin. Auf spätere Anfrage teilte das Kreditinstitut mit, mit der Klägerin nicht mehr in Geschäftsverbindung zu stehen, die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sehe es als erledigt an.
Die von der Klägerin erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage, mit der sie geltend machte, das FA habe als weniger einschneidende Vollstreckungsmaßnahme zunächst auf ihr umfangreiches Anlagevermögen zurückgreifen müssen, sah das Finanzgericht (FG) als zulässig, aber unbegründet an. Zwar habe das FA sein Ermessen bei der Auswahl der in Betracht kommenden Vollstreckungsmaßnahmen auszuüben, jedoch stünden grundsätzlich alle Vollstreckungsmöglichkeiten gleichrangig nebeneinander. Im Streitfall sei für das FA nicht ersichtlich gewesen, dass es bei einer Vollstreckung in Sachen einen mindestens ebenso schnellen Vollstreckungserfolg haben würde wie bei der Kontopfändung. Allein nach Aktenlage erkennbares Anlagevermögen gebe darüber keinen hinreichenden Aufschluss, da im Geschäftsverkehr Sicherungsübereignungen üblich seien, die einer Verwertung nach Pfändung entgegenstünden. Darüber hinaus sei selbst bei bestehender Möglichkeit der Sachpfändung im Streitfall die Kontopfändung nicht unverhältnismäßig. Es könne nicht festgestellt werden, dass eine leichte und für die Öffentlichkeit oder die Gläubiger der Klägerin unauffällige Möglichkeit der Sachpfändung durch einen Vollziehungsbeamten bestanden hätte.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage geltend, ob Ermessensfehlgebrauch vorliege, wenn die Finanzbehörde das Geschäftskonto pfände, obwohl sie Kenntnis von Anlagevermögen des Schuldners habe. Außerdem hält sie eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für erforderlich, da die Vorentscheidung und die Entscheidung des FG Hamburg vom 18. Februar 2000 II 376/99 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2000, 536) von einer Entscheidung des 1. Senats des FG des Landes Brandenburg vom 5. August 1998 1 V 1658/98 KV (EFG 1998, 1451) abwichen.
II. Die Beschwerde ist unzulässig, denn die Klägerin hat in der Beschwerdeschrift einen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in der gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt bzw. bezeichnet.
1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Hierfür reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht aus. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung ist schlüssig und substantiiert darzutun, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (z.B. BFH-Beschluss vom 30. Oktober 2002 IX B 129/02, BFH/NV 2003, 328, m.w.N.).
Die Klägerin hat nicht deutlich gemacht, inwiefern die aufgeworfene Frage, ob ein Ermessensfehlgebrauch vorliege, wenn das FA statt in das Anlagevermögen in das Geschäftskonto vollstrecke, einer rechtsgrundsätzlichen Klärung zugänglich sein könnte. Es ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, dass die Vollstreckung in Sachen und Forderungen grundsätzlich gleichrangig nebeneinander zulässig ist, denn bei beiden Zugriffsobjekten handelt es sich um bewegliches Vermögen i.S. des § 281 der Abgabenordnung (AO). Allerdings gilt allgemein für Vollstreckungsmaßnahmen der Verwaltungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel (Klein/Brockmeyer, AO, 9. Aufl., vor § 249 Rz 6). Welches der geringstmögliche Eingriff ist, hat die Finanzbehörde unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (vgl. schon BFH-Urteil vom 14. Februar 1979 VII R 54/78, BFHE 127, 304, BStBl II 1979, 427). Diese Entscheidung ist grundsätzlich einer Verallgemeinerung nicht zugänglich. Dementsprechend hat das FG in dem angegriffenen Urteil einen Ermessensfehler des FA nicht etwa mit generalisierenden rechtsgrundsätzlichen Erwägungen abgelehnt, sondern aufgrund einer Betrachtung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Die Klärung der von der Klägerin aufgeworfenen Frage in einem nachfolgenden Revisionsverfahren könnte ebenfalls nur für die richtige Rechtsanwendung im Einzelfall bedeutsam sein. Dies rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder zur Fortbildung des Rechts jedoch nicht.
2. Die Divergenzrüge der Klägerin ist ebenfalls unschlüssig. Denn schon aus dem Leitsatz der vermeintlich divergierenden Entscheidung des 1. Senats des FG Brandenburg in EFG 1998, 1451 "Die sofortige Pfändung des Geschäftskontos eines Vollstreckungsschuldners ist ermessensfehlerhaft, wenn es die Finanzbehörde zuvor unterlassen hat zu überprüfen, ob weniger einschneidende Vollstreckungsmaßnahmen im konkreten Fall in Betracht kommen." ergibt sich, dass auch dieser --ebenso wie der 3. Senat in der angefochtenen Entscheidung-- die Rechtmäßigkeit der Pfändung eines Geschäftskontos von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig macht.
Ende der Entscheidung
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