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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 10.11.2006
Aktenzeichen: VII B 340/05
Rechtsgebiete: MinöStG 1993, MinöStV, FGO
Vorschriften:
MinöStG 1993 § 25 Abs. 1 Nr. 4 | |
MinöStV § 17 Abs. 11 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 1 | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 126 Abs. 4 |
Gründe:
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) verwendet in mehreren Produktionsanlagen Erdgas zur Erzeugung und Weiterverarbeitung von verschiedenen Kupfer- bzw. Nichtmetalleisenprodukten. Für zahlreiche Anlagen wurde nach § 25 Abs. 1 Nr. 4 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG 1993) antragsgemäß die begehrte Mineralölsteuervergütung gewährt. Hinsichtlich der streitgegenständlichen Anlage wurde eine Vergütung für die Jahre 1998 und 1999 jedoch abgelehnt. Bei der Anlage handelt es sich um einen Drehrohrofen, in dem die Restfeuchte von Kupferkonzentraten vor ihrem Einschmelzen in einem Schwebeschmelzofen erheblich reduziert wird. Hierzu werden die Konzentrate von der Oberseite in die rotierende Trommel eingebracht. Im Trommelinneren verdampft das überschüssige Wasser und wird mit den Abgasen ausgetragen. Auf der Eintragsseite wird dem Erdgas zur Vermeidung von Selbstzündungen der Kupferkonzentrate und zur Verhinderung der Oxidation des darin enthaltenen Schwefels Stickstoff zugegeben, das zusammen mit den Abgasen als Schutzgas dient.
Der gegen den ablehnenden Bescheid erhobene Einspruch (Einspruchsentscheidung des Beklagten und Beschwerdegegners --Hauptzollamt, HZA--) sowie die Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass das HZA die begehrte Steuervergütung zu Recht abgelehnt habe. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei die Verwendung des Erdgases als ein die steuerfreie Verwendung ausschließendes Verheizen anzusehen. Denn es werde eingesetzt, um die durch die Verbrennung erzeugte Wärme gezielt und bewusst zur Reduzierung der Restfeuchte der Kupferkonzentrate zu nutzen. Eine chemische Reaktion werde weder in Gang gesetzt noch unterhalten. Auch finde im Drehrohrofen selbst keine stoffliche Umwandlung der zu bearbeitenden Kupferkonzentrate statt. Chemische Reaktionen würden erst im Schwebeschmelzofen ablaufen, in dem die Konzentrate zu Kupferstein und Schlacke verschmolzen würden. Der Einsatz des Erdgases auch als Schutzgas stünde dem Einsatz zur Wärmegewinnung allenfalls gleichgewichtig gegenüber; dies erfülle nach § 17 Abs. 11 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung (MinöStDV) die Voraussetzungen für einen Vergütungsanspruch nicht. Selbst wenn der Erdgaseinsatz im Drehrohrofen und im Schwebeschmelzofen als ein zusammenhängender Verwendungsvorgang angesehen werden könnte, belegten die Verbrauchszahlen, dass die Erdgasverwendung zu begünstigten Zwecken nicht überwiege.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), aus Gründen der Rechtsfortbildung und zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Sie macht geltend, dass zur Darlegung der Zulassungsgründe eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Rechtsansichten des HZA und des FG nicht erforderlich sei. Denn die grundsätzliche Bedeutung ergebe sich im Streitfall bereits aus dem Umstand, dass es sich bei dem Einsatz des Drehrohrofens um einen typischen Bearbeitungsvorgang in der Hütten-Metallurgie handle. Eine grundlegende Änderung in der rechtlichen Beurteilung dieser Vorgänge sei durch das Urteil des FG Düsseldorf vom 18. Mai 2005 4 K 3995/03 VM (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2005, 348) veranlasst, in dem ausgeführt werde, dass es aufgrund des Urteils des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 29. April 2004 Rs. C-240/01 (EuGHE 2004, I-4733, ZfZ 2004, 231) für die BFH-Rechtsprechung unter gemeinschaftsrechtlichen Aspekten keine Rechtsgrundlage gegeben habe. Diesen Gesichtspunkt habe das FG unberücksichtigt gelassen und stattdessen die Entscheidung auf die bisherige BFH-Rechtsprechung gestützt. Sollte sich die Entscheidung des FG i.S. von § 126 Abs. 4 FGO aus anderen Gründen als zutreffend erweisen, müssten diese Gründe der Klägerin vor der Beschlussfassung mitgeteilt werden.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, denn die Klägerin hat den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt. Die behauptete Divergenz liegt nicht vor.
1. Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO zu fordernde Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) muss der Beschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht. Ohne sich mit der Begründung des FG näher auseinanderzusetzen und ohne eine Rechtsfrage zu formulieren, der eine grundsätzliche Bedeutung zukommen soll, stellt die Klägerin lediglich die Behauptung auf, dass die in § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO normierten Zulassungsgründe im Streitfall offensichtlich gegeben seien.
a) Der bloße Hinweis, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Einsatz von Erdgas in einem Drehrohrofen um einen typischen Bearbeitungsvorgang in der Hütten-Metallurgie handelt, vermag das Interesse der Allgemeinheit an der Klärung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung jedoch nicht zu belegen. Denn die Üblichkeit eines bestimmten Mineralöleinsatzes in bestimmten Industriezweigen weist für sich allein die dabei zu beachtende Rechtslage nach dem MinöStG 1993 nicht als klärungsbedürftig aus.
b) Zu Unrecht meint die Beschwerde, auf jegliche Auseinandersetzung mit der zum Begriff des Verheizens (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b MinöStG 1993) ergangenen BFH-Rechtsprechung verzichten zu können. Dazu hätte allein deshalb Anlass bestanden, weil der Senat in seinem Beschluss vom 21. Januar 1997 VII B 84/96 (BFH/NV 1997, 531) zum Verheizen von Erdgas in einem Drehrohrofen bereits Stellung genommen und ausgeführt hat, dass ein die Steuerbefreiung ausschließendes Verheizen von Mineralöl vorliegt, wenn die durch Ausnutzung des Heizwertes des im Drehrohrofens eingesetzten Erdgases erzeugte Wärme auf einen anderen Stoff übertragen wird, der seinerseits wieder als Energieträger fungiert. Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin den Einsatz des Erdgases zum Zwecke der Wärmegewinnung selbst eingeräumt und ausgeführt, dass die erzeugte Wärme auf einen bzw. mehrere andere Stoffe --nämlich teilweise auf die Umgebungsluft im Inneren des Ofens und teilweise auf dessen Wandungen-- übertragen werde. Bei dieser Ausgangslage kann der Beschwerde nicht darin gefolgt werden, dass es eines differenzierten Eingehens auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nicht bedürfe.
2. Auch der Hinweis auf das Urteil des FG Düsseldorf in ZfZ 2005, 348 vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die behauptete Abweichung von dieser Entscheidung liegt nicht vor. In ihr hat das FG Düsseldorf darauf hingewiesen, dass in Anbetracht des EuGH-Urteils in EuGHE 2004, I-4733, ZfZ 2004, 231 die bisherige BFH-Rechtsprechung nicht mehr zur Begründung einer gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Steuervergünstigung herangezogen werden könne. Dies hat das FG auch nicht getan, sondern im Gegenteil die ablehnende Verwaltungsentscheidung im Ergebnis bestätigt. Aus seiner Sicht bestand keine Veranlassung, sich mit der Rechtsprechung des EuGH zum Begriff des Verheizens auseinanderzusetzen.
Hierfür bestand auch deshalb kein Anlass, weil die Klägerin das Erdgas zu Heizzwecken und nicht als Kraftstoff verwendet hat. Die in den Streitjahren 1998 und 1999 noch geltende Richtlinie 92/81/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Mineralöl (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 316/12) sieht eine Besteuerung von Erdgas jedoch nur dann vor, wenn es als Kraftstoff eingesetzt wird. Die Besteuerung von Erdgas, das wie im Streitfall zu Heizzwecken verwendet wird, stand den Mitgliedstaaten bis zum Inkrafttreten der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischen Strom (Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 283/51) frei. Insoweit handelte es sich bis zum 1. Januar 2004 um eine in der Gemeinschaft nicht harmonisierte Verbrauchsteuer. Deshalb kann dem Urteil des EuGH hinsichtlich der in den Jahren 1998 und 1999 vorgenommenen Besteuerung des zu Heizzwecken eingesetzten Erdgases nichts für den Streitfall entnommen werden. Dies gilt auch für das von der Klägerin angeführte Urteil des FG Düsseldorf, das sich mit der Verwendung von Gasöl befasst. Bei dieser Sach- und Rechtslage ist entgegen der Ansicht der Klägerin für eine Anwendung von § 126 Abs. 4 FGO kein Raum.
Ende der Entscheidung
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