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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.06.2004
Aktenzeichen: VII B 351/03
Rechtsgebiete: MinöStV, FGO


Vorschriften:

MinöStV § 53 Abs. 1
MinöStV § 53 Abs. 1 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) begehrt als Rechtsnachfolgerin einer X GmbH & Co. KG (KG) von dem Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) wegen Zahlungsausfalls eines in Konkurs gegangenen Mineralölabnehmers (F) die Vergütung des in den ausgefallenen Kaufpreisforderungen enthaltenen Mineralölsteueranteils aus insgesamt vier Lieferungen in der Zeit vom 5. bis zum 30. Januar 1996. Die Lieferungen erfolgten jeweils unter Eigentumsvorbehalt. Die Außenstände wurden mittels eines EDV-gestützten Mahnverfahrens überwacht. Die durch das System generierten Mahnungen hatten folgenden Wortlaut: 1. und 2. Mahnung: "Wir bitten Sie höflich um sofortigen Ausgleich", 3., 4. und 5. Mahnung: "Wir geben Ihnen noch eine letzte Frist bis zum ... (Datum)". Der zeitliche Abstand zwischen den Mahnungen betrug regelmäßig sieben Tage, die 4. und 5. Mahnung wurde dementsprechend bereits vor Ablauf der zuvor in der 3. und 4. Mahnung gesetzten letzten Frist versandt. Für die vier streitigen Lieferungen ergibt sich folgendes Ablaufschema:

 LieferungFälligkeitMahnungen
05.01.9625.01.961. Mahnung 13.02.96
  2. Mahnung 20.02.96
  3. Mahnung 27.02.96
  4. Mahnung 05.03.96
  5. Mahnung 12.03.96
   
12.01.9601.02.961. Mahnung 20.02.96
  2. Mahnung 27.02.96
  3. Mahnung 05.03.96
  4. Mahnung 12.03.96
   
19.01.9608.02.961. Mahnung 27.02.96
  2. Mahnung 05.03.96
  3. Mahnung 12.03.96
   
30.01.9619.02.961. Mahnung 05.03.96
  2. Mahnung 12.03.96

Zu den Fälligkeitsterminen gingen keine Zahlungen ein, auch die Mahnungen blieben erfolglos.

Nach den Angaben der Klägerin mahnte die KG bereits am 9. Februar 1996 telefonisch die sofortige Zahlung ihrer Forderungen an. Bei diesem Anlass habe der Zahlungsempfänger auf seine Zahlungsunfähigkeit hingewiesen.

Am 12. Februar 1996 machte die KG ihren Eigentumsvorbehalt beim Warenempfänger F überwiegend erfolglos geltend. Mit Beschluss vom 20. Februar 1996 lehnte das Amtsgericht die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse ab. Am 25. März 1996 beantragte die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheides. Die danach eingeleiteten Vollstreckungsversuche blieben ebenfalls erfolglos. Den Antrag der Klägerin auf Vergütung der im Verkaufspreis der Mineralöllieferungen enthaltenen Mineralölsteuer gemäß § 53 Abs. 1 der Mineralölsteuer-Durchführungsverordnung (MinöStV) lehnte das HZA ab.

Auch der daraufhin von der Klägerin eingelegte Einspruch sowie die erhobene Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass die KG nicht rechtzeitig bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung gemahnt habe. Zudem hätten die schriftlichen sowie telefonischen Mahnungen nicht den erforderlichen Hinweis enthalten, dass bei erfolglosem Ablauf der Zahlungsfrist der Zahlungsanspruch sogleich unabweislich rechtshängig gemacht werde. Damit hätte das von der Klägerin eingesetzte Mahnsystem in keiner Weise sichergestellt, dass die gerichtliche Verfolgung des Zahlungsanspruchs innerhalb von zwei Monaten nach Belieferung rechtzeitig in die Wege geleitet wurde. Schließlich habe die KG es unterlassen, ihre Zahlungsansprüche rechtzeitig gerichtlich geltend zu machen. Denn sie hätte nicht sogleich nach Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit durch die telefonische Mitteilung des F am 9. Februar 1996 den Erlass eines Mahnbescheides und danach das Vollstreckungsverfahren betrieben. Auch wenn auf die mündlichen Mahnungen abzustellen sei, hätte die KG nicht bis zum 25. März 1996 abwarten dürfen, sondern hätte sogleich handeln müssen. Würde man auf die schriftlichen Mahnungen abstellen, stünde dieser Umstand zumindest der Vergütung der Mineralölsteuer hinsichtlich der drei ersten Lieferungen entgegen.

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Rechtsfrage, ob die gerichtliche Verfolgung des Anspruchs Voraussetzung für den Vergütungsanspruch nach § 53 Abs. 1 MinöStV auch dann sei, wenn noch vor Ablauf der dem Mineralölhändler eingeräumten Frist von zwei Monaten seit der Belieferung der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Warenempfängers mangels Masse abgelehnt worden sei und der Mineralöllieferant hiervon Kenntnis gehabt habe. Sofern diese Frage bejaht werde, würde sich die weitere Frage stellen, ob der Vergütungsanspruch davon abhängt, dass die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs gegen den Warenempfänger innerhalb von zwei Monaten seit der Belieferung erfolgt sei. Diesen Rechtsfragen komme auch eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zu. Denn es entspreche der Verwaltungspraxis, die Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse als ausreichenden Nachweis für den Forderungsausfall anzusehen. Hierzu plane das Bundesministerium der Finanzen den Erlass einer Verwaltungsvorschrift.

Darüber hinaus weiche das Urteil des FG von dem Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 8. Februar 2000 VII B 269/99 (BFHE 191, 179) ab. Dieser Entscheidung lasse sich der Rechtssatz entnehmen, dass eine Mahnung nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV für den Erstattungsanspruch entbehrlich sei, wenn die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche rechtzeitig --d.h. nach der Rechtsprechung des BFH innerhalb von zwei Monaten nach der Belieferung-- erfolgt sei. Im Gegensatz dazu habe das FG die Erfüllung sämtlicher Tatbestandsmerkmale des § 53 Abs. 1 MinöStV auch bei rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung gefordert. Im Streitfall sei zumindest hinsichtlich der letzten Lieferung vom 30. Januar 1996 die gerichtliche Geltendmachung innerhalb der Frist von zwei Monaten erfolgt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Dabei kann der Senat offen lassen, ob die Klägerin die von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe hinreichend i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt hat. Die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen von angeblich grundsätzlicher Bedeutung sind jedenfalls nicht klärungsbedürftig. Das angefochtene Urteil beruht auch nicht auf der behaupteten Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

1. Die von der Klägerin formulierte Rechtsfrage, ob die gerichtliche Verfolgung des Anspruchs Voraussetzung für den Vergütungsanspruch nach § 53 Abs. 1 MinöStV auch dann sei, wenn noch vor Ablauf von zwei Monaten seit der Belieferung der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Warenempfängers mangels Masse abgelehnt worden sei, ist nur so zu beantworten, wie es das FG getan hat. Daher fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage.

a) Gemäß § 53 Abs. 1 MinöStV ist eine Voraussetzung des Vergütungsanspruchs des Lieferanten von nachweislich voll versteuertem Mineralöl hinsichtlich der im Verkaufspreis enthaltenen, den Selbstbehalt von 5 000 € übersteigenden Steuer, die beim Warenempfänger wegen Zahlungsunfähigkeit ausgefallen ist, dass "der Zahlungsausfall trotz vereinbarten Eigentumsvorbehalts, laufender Überwachung der Außenstände, rechtzeitiger Mahnung bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung und gerichtlicher Verfolgung des Anspruchs nicht zu vermeiden war". Nach der Rechtsprechung des Senats sind diese vom Verkäufer des Mineralöls zur Erhaltung seines späteren möglichen Anspruchs gegen den Fiskus zu treffenden Maßnahmen darauf angelegt, einen Forderungsausfall zu verhindern oder zumindest in Grenzen zu halten (Senatsentscheidung in BFHE 191, 179).

Da der Vorschrift kein schuldnerschützender Charakter zukommt, sondern sie vielmehr zur Erhaltung des dem Gläubiger evtl. zustehenden Vergütungsanspruchs dient, bleibt es dem Gläubiger überlassen, ob er den in der Vorschrift aufgezeigten typischen Weg (letzte Mahnung unter Fristsetzung und Androhung gerichtlicher Verfolgung) einschlägt oder unter Verzicht dieser Zwischenschritte den Anspruch unmittelbar gerichtlich verfolgt. Entscheidend kann letztlich nur sein, dass die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs "rechtzeitig" i.S. von § 53 Abs. 1 MinöStV erfolgt. Zu der Frage in welchem zeitlichen Rahmen sich die gerichtliche Geltendmachung zu bewegen hat, hat der Senat in seiner Entscheidung vom 2. Februar 1999 VII B 247/98 (BFHE 188, 217) "am Rande bemerkt, ohne sich im Detail festzulegen", dass ein Mahnsystem hinzunehmen wäre, bei dem sichergestellt sei, dass im Falle der Nichtbegleichung einer Forderung spätestens etwa zwei Monate nach der Belieferung die gerichtliche Verfolgung in die Wege geleitet werde. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich hieraus und auch aus den Senatsentscheidungen vom 21. Mai 2001 VII B 53/00 (BFH/NV 2001, 1304) und vom 8. Januar 2003 VII R 7/02 (BFHE 200, 475) keine starre Frist von zwei Monaten ableiten, die der Gläubiger unabhängig vom Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und unabhängig von seinem Kenntnisstand über dessen finanzielle Situation verstreichen lassen könnte, ohne die gerichtliche Verfolgung einzuleiten. Vielmehr lässt sich dem Senatsbeschluss vom 30. September 2002 VII B 64/02 (BFH/NV 2003, 84) entnehmen, dass eine Situation eintreten kann, in der vom Schuldner ein unverzügliches Handeln gefordert wird. Hat nämlich der Schuldner einen Konkursantrag gestellt, darf der Gläubiger nicht untätig abwarten, ob das Konkursverfahren auch eröffnet wird, sondern muss, zumal die Vermögenssituation eines sich für zahlungsunfähig erklärenden Schuldners von vornherein nicht zuverlässig abzuschätzen ist, auch jetzt noch die ihm rechtlich möglichen und zumutbaren gerichtlichen Maßnahmen ergreifen, um im Falle einer Ablehnung des Konkursantrags unverzüglich auf die weitere Durchsetzung seiner Ansprüche hinwirken zu können. Wer dennoch in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners untätig bleibt, verliert seinen Vergütungsanspruch, auch wenn die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse abgelehnt wird. Denn wie der Senat entschieden hat, kommt es auf Zumutbarkeits- oder Verschuldenserwägungen sowie auf eine Kausalitätsbetrachtung ex-post bei der gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV zu ergreifenden Maßnahme der gerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche nicht an (Senatsbeschluss vom 15. November 2001 VII B 40/01, BFH/NV 2002, 373).

b) Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte ist die Entscheidung des FG nicht zu beanstanden, dass von einer Rechtzeitigkeit der gerichtlichen Geltendmachung nicht mehr ausgegangen werden kann, wenn der Gläubiger nach der Mitteilung des Warenempfängers über dessen Zahlungsunfähigkeit nicht sogleich den Erlass eines Mahnbescheids und ggf. sodann eines Vollstreckungsbescheids beantragt, um so rasch wie möglich zumindest Sachpfändungen beim Warenempfänger vornehmen lassen zu können. Unbeachtlich dabei ist, ob es in der Folgezeit tatsächlich zur Eröffnung des Konkursverfahrens kommt, oder ob die Eröffnung eines solchen mangels Masse abgelehnt wird. Die gerichtliche Verfolgung des Anspruchs ist unverzichtbare Voraussetzung für den Vergütungsanspruch nach § 53 Abs. 1 MinöStV, auch wenn sich die Einleitung dieser Maßnahme in einer ex-post Betrachtung als erfolglos erweisen sollte. Den von der Klägerin aufgeworfenen Fragen kommt daher keine Klärungsbedürftigkeit zu, denn sie waren so zu beantworten, wie es das FG bereits getan hat. Indes gibt der Streitfall keinen Anlass, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob eine gerichtliche Geltendmachung auch dann noch erforderlich ist, wenn der Gläubiger erst durch die Ablehnung der Eröffnung des Konkursverfahrens von der --nunmehr gerichtlich festgestellten-- Zahlungsunfähigkeit des Warenempfängers erfährt.

Im Streitfall hat die KG nach dem Vortrag der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren und im vorliegenden Beschwerdeverfahren bereits zehn Tage nach der letzten Mineralöllieferung vom 30. Januar 1996 telefonisch von der Zahlungsunfähigkeit und dem drohenden Konkurs ihres Abnehmers erfahren. Darüber hinaus ist es der KG nach den Feststellungen des FG wenige Tage nach dieser Mitteilung nicht gelungen, ihren Eigentumsvorbehalt erfolgreich geltend zu machen. Trotz Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit und der fehlgeschlagenen Realisierung der dinglichen Sicherheit hat die KG mit der Einleitung gerichtlicher Schritte wochenlang zugewartet und erst am 25. März 1996 den Erlass eines Mahnbescheides beantragt. Wenige Tage zuvor hatte das Amtsgericht bereits die Eröffnung des Konkursverfahrens mangels einer die Kosten des Verfahrens deckenden Masse abgelehnt, so dass diese Maßnahme erfolglos bleiben musste. Die KG hat somit die gerichtliche Verfolgung ihrer Ansprüche verspätet in die Wege geleitet, so dass die Voraussetzungen für die Gewährung eines Vergütungsanspruches nach § 53 Abs. 1 MinöStV nicht als erfüllt angesehen werden können.

2. Die von der Klägerin erhobene Divergenzrüge greift nicht durch, weil das erstinstanzliche Urteil --selbst wenn die behauptete Abweichung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung vorliegen würde-- nicht auf dieser Abweichung beruht. Das FG hat nämlich die Abweisung der Klage auf mehrere Gründe gestützt, die das erstinstanzliche Erkenntnis selbstständig tragen. Es hat ausgeführt, dass die KG den Warenempfänger nicht rechtzeitig bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung gemahnt und es auch unterlassen habe, ihre Zahlungsansprüche rechtzeitig gerichtlich geltend zu machen. Wie bereits dargelegt, steht die verspätete gerichtliche Geltendmachung der Gewährung eines Vergütungsanspruches hinsichtlich sämtlicher Lieferungen entgegen, da von einer starren Frist von zwei Monaten für die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche nicht ausgegangen werden kann. Selbst wenn das FG der Rechtsmeinung gewesen sein sollte, dass eine nicht rechtzeitige Mahnung den Anspruch nach § 53 Abs. 1 MinöStV in jedem Fall und unabhängig von einer rechtzeitigen gerichtlichen Geltendmachung ausschließen würde, wäre diese Rechtsauffassung im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Denn aus der maßgeblichen Sicht des FG lag eine rechtzeitige gerichtliche Geltendmachung gerade nicht vor, so dass die vom Senat in seiner Entscheidung in BFHE 191, 179 entwickelten Grundsätze nicht zum Tragen gekommen wären. Eine Zulassung der Revision kommt aufgrund der fehlenden Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Abweichung nicht in Betracht (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rdnr. 59).

Ende der Entscheidung

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