Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 22.04.2004
Aktenzeichen: VII B 370/03
Rechtsgebiete: UStG 1993, FGO


Vorschriften:

UStG 1993 § 12 Abs. 2 Nr. 1
UStG 1993 § 12 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betreibt einen Kunsthandel. In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr 1996 nahm sie für Lieferungen von in Mischtechnik hergestellten Siebdrucken des Künstlers X den ermäßigten Umsatzsteuersatz in Anspruch. Im Anschluss an eine Außenprüfung kam der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) zu der Auffassung, dass es sich bei den Siebdrucken nicht um in die Pos. 9702 der Kombinierten Nomenklatur (KN) einzureihende Kunstgegenstände, sondern um nicht begünstigte Serigraphien handele. Dementsprechend unterwarf das FA die Umsätze dem Regelsteuersatz und änderte mit Bescheid vom 7. Juli 1998 die Festsetzung der Umsatzsteuer.

Das Finanzgericht (FG) wies die von der Klägerin nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage ab. Zur Begründung führte das FG im Wesentlichen aus, das FA habe zu Recht für die Umsätze aus dem Verkauf der Siebdrucke den ermäßigten Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 27. April 1993 (BGBl I, 565), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 18. Dezember 1995 (BGBl I, 1959), i.V.m. Nr. 53 Buchst. b der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG versagt. Die Siebdrucke seien keine begünstigten Kunstgegenstände i.S. der Pos. 9702 KN, die eine abschließende Aufzählung enthalte. Obgleich X die Siebdrucke in einer Mischtechnik hergestellt habe, habe er keine von ihm vollständig handgearbeiteten Platten i.S. der Anm. 2 zu Kap. 97 KN, sondern präparierte Siebe verwendet. Überdies seien teilweise fotomechanische Verfahren angewendet worden.

Die Siebdrucke könnten auch nicht als Gemälde oder Zeichnungen in die Pos. 9701 KN eingereiht werden, weil sie nicht vollständig mit der Hand geschaffen worden seien. Sie seien auch keine Originalerzeugnisse der Bildhauerkunst i.S. der Pos. 9703 KN, weil es sich nicht um in dreidimensionaler Form gestaltete Werke handele. Auf die Anzahl der Kunstwerke, den Charakter als Unikate infolge Signierung und den Anteil der reinen Siebdrucktechnik komme es im Streitfall nicht an.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin. Sie macht geltend, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zuzulassen. Die angeblich abschließende Regelung der begünstigten Kunstgegenstände in der Pos. 9702 KN sei bereits in der die Tempagraphie betreffenden Tarifentscheidung vom 14. Januar 1970 durchbrochen worden. Die Werke anderer Künstler seien bisher nicht als nicht begünstigte Kunstgegenstände bezeichnet worden, obwohl sie vielfach in reiner Siebdrucktechnik hergestellt worden seien. Ein druckgraphisches Original setze keine Platte, sondern einen Druckstock voraus, den der Künstler manuell bearbeitet haben müsse. Die Annahme, dass beim Siebdruck nicht zu erkennen sei, ob der Druckstock manuell oder mechanisch bzw. fotomechanisch hergestellt worden sei, sei unzutreffend. Wie beim Siebdruck könnten auch bei der Herstellung der sogenannten Kataloggraphiken fotomechanische Verfahren zur Anwendung kommen, ohne dass dies festgestellt werden könne.

II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil in der Beschwerdeschrift ein Grund, der zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) führen könnte, nicht schlüssig dargelegt ist, wie dies § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert.

1. Geht es in einer Zolltarifsache allein darum, ob die Finanzbehörde eine Ware zutreffend in den Zolltarif (Harmonisiertes System --HS-- oder KN) eingereiht hat oder ob die gegenteilige Auffassung des Beschwerdeführers die richtige ist, beschränkt sich also die Rechtsfrage, der grundsätzlichen Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommen soll, auf die Frage der zutreffenden Tarifierung, so kommt der Klärungsbedürftigkeit der Tarifierungsfrage und ihrer ausreichenden Darlegung entscheidende Bedeutung zu (vgl. Senatsbeschluss vom 20. September 2002 VII B 224/02, BFH/NV 2003, 89, 90). Hat das FG die Tarifauffassung der Finanzbehörde bestätigt, muss der Beschwerdeführer unter Heranziehung der zu dieser Frage ggf. vorhandenen Literatur und Rechtsprechung der europäischen und der nationalen Gerichte sowie der einschlägigen Zolltarifmaterialien (Avise, Erläuterungen u.a.), ggf. auch unter Vorlage abweichender verbindlicher Zolltarifauskünfte aus anderen Mitgliedstaaten, Zweifel an dieser Einreihung der Ware erwecken und aufzeigen, aus welchen Gründen seiner abweichenden Tarifauffassung möglicherweise der Vorzug vor der Tarifauffassung der Finanzbehörde gegeben werden könnte. Gewisse Mindestdarlegungen in dieser Richtung sind auch deswegen unabdingbar, um dem BFH als Beschwerdegericht die Prüfung der Frage zu ermöglichen, ob sich ggf. Auslegungszweifel oder Gültigkeitsbedenken in Bezug auf das anzuwendende gemeinschaftliche Zolltarifrecht ergeben könnten, die zur Zulassung der Revision schon deshalb zwängen, weil im Revisionsverfahren voraussichtlich eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) nach Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft einzuholen wäre (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2003, 89, 90).

Diesen Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Die Klägerin setzt sich weder mit der Anwendung der Anm. 2 zu Kap. 97 KN durch das FG auseinander noch geht sie auf die Erläuterungen zur KN zu Pos. 4911 Rz. 04.0 ein, wonach künstlerische Siebdrucke, selbst wenn sie vom Künstler signiert und nummeriert worden sind, der Unterpos. 4911 91 80 KN zuzuweisen sind. Die Klägerin wendet sich vielmehr gegen die Anm. 2 zu Kap. 97 KN selbst, indem sie behauptet, ein druckgraphisches Original setze keine Platte, sondern einen vom Künstler manuell bearbeiteten Druckstock voraus. Unbeschadet dessen, dass es sich bei der Anm. 2 zu Kap. 97 KN um eine Rechtsnorm handelt (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 1994 VII R 104/93, BFHE 175, 155, 157, BStBl II 1994, 777), wird das tatsächliche Vorbringen der Klägerin nicht durch die für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) gedeckt. Entsprechendes gilt für ihre Behauptung, bei der Herstellung der sogenannten Kataloggraphiken könnten fotomechanische Verfahren zur Anwendung kommen, ohne dass dies festgestellt werden könne.

Soweit die Klägerin unter Hinweis auf eine die Tempagraphie betreffende Tarifentscheidung vom 14. Januar 1970 geltend macht, die abschließende Regelung der begünstigten Kunstgegenstände in der Pos. 9702 KN sei bereits in der Vergangenheit durchbrochen worden, zeigt sie nicht auf, inwiefern das in dieser Tarifentscheidung dargestellte Herstellungsverfahren auf der Grundlage eines aus verdickten Farben hergestellten Farbmosaiks überhaupt mit der Herstellung der im Streitfall in Rede stehenden Siebdrucke verglichen werden kann. Die Klägerin geht insbesondere nicht darauf ein, dass die in dieser Tarifentscheidung ausdrücklich genannte und der Anm. 2 zu Kap. 97 KN entsprechende Vorschrift 2 zu Kap. 99 des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 2451/69 des Rates vom 8. Dezember 1969 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 311/1) einer Einreihung der dort beschriebenen Ware in die Tarifnr. 99.02 GZT nicht entgegenstehen dürfte. Denn es spricht viel dafür, dass es sich bei dem als Bildträger dienenden Farbmosaik um eine handgearbeitete Platte i.S. der Vorschrift 2 zu Kap. 99 GZT handeln dürfte.

Die Darstellung der Herstellung der Werke anderer Künstler durch die Klägerin wird weder durch die für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) gedeckt noch wird hierdurch aufgezeigt, warum die zutreffende Anwendung der Anm. 2 zu Kap. 97 KN durch das FG zweifelhaft sein könnte. Anders als in der Beschwerdebegründung dargestellt, hat das FG auch nicht eine Mischtechnik mit einem Siebdruck verwechselt. Das FG ist vielmehr von dem Vorbringen der Klägerin ausgegangen, wonach die fraglichen Waren nicht in einer reinen Siebdrucktechnik, sondern in einer Mischtechnik hergestellt worden seien.

Da die Beschwerdebegründung keinen Anlass zu Auslegungszweifeln oder Gültigkeitsbedenken bezüglich des anzuwendenden gemeinschaftlichen Zolltarifrechts gibt, ist die Revision auch nicht deshalb zuzulassen, weil im Revisionsverfahren eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen wäre.

2. Die Klägerin hat auch den Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) nicht schlüssig dargelegt. Um eine Divergenz schlüssig darzulegen, muss der Beschwerdeführer einen tragenden und abstrakten Rechtssatz aus der Vorentscheidung einerseits sowie aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander derart gegenüberstellen, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. Dezember 2000 V B 15/00, BFH/NV 2001, 819, 820; vom 7. Oktober 2003 X B 52/03, BFH/NV 2004, 80). Die Klägerin benennt weder eine Divergenzentscheidung noch zeigt sie einen tragenden und abstrakten Rechtssatz aus der Vorentscheidung auf, der von einem Rechtssatz aus einer Divergenzentscheidung abweichen könnte.



Ende der Entscheidung

Zurück