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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.04.2003
Aktenzeichen: VII B 386/02
Rechtsgebiete: AO 1977, ZPO, FGO, GG


Vorschriften:

AO 1977 § 191
AO 1977 § 69
AO 1977 § 34
ZPO § 227
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 155
GG Art. 103
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Mit gemäß § 191 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. §§ 69 und 34 AO 1977 ergangenem Haftungsbescheid hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als Geschäftsführer einer GmbH für deren rückständige Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer sowie Nebenleistungen hierzu in Anspruch genommen. Gegen den Haftungsbescheid wandte der Kläger ein, er habe von Anfang an seinen Vater zu seinem Vertreter bestellt und diesem Vollmacht erteilt, ihn in allen kaufmännischen und steuerlichen Belangen der GmbH zu vertreten, der wiederum mit diesen Aufgaben den Steuerberater C beauftragt habe. Er selbst sei nur für den handwerklichen Bereich zuständig gewesen. Schriftliche Vereinbarungen oder eine Vollmacht wurden nicht vorgelegt. Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Eine am 15. April 2002 beantragte Aufhebung des Termins zur mündlichen Verhandlung zur weiteren Prozessvorbereitung hat das FG wegen Fehlens erheblicher Gründe i.S. von § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 227 der Zivilprozessordnung (ZPO) abgelehnt. Die Haftungsinanspruchnahme des Klägers sah das FG als rechtmäßig an. Eine vorsätzliche Verletzung der einem Geschäftsführer obliegenden Pflichten liege darin, dass sich der Kläger um die steuerlichen Belange der GmbH nach eigenem Vortrag überhaupt nicht gekümmert und die Beauftragung seines Vaters mit der Wahrnehmung dieser Pflichten nicht nachgewiesen habe. Angesichts der fehlenden Mitwirkung des Klägers habe das FG auch keine Feststellungen dazu treffen können, inwieweit die sich nunmehr in Liquidation befindende GmbH den Forderungen anderer Gläubiger nachkommen konnte. Eine von den Eltern des Klägers in Aussicht gestellte Abtretung von Erstattungsansprüchen könne derzeit nicht haftungsmindernd berücksichtigt werden.

Die gegen dieses Urteil erhobene Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision stützt der Kläger auf Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) und die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

II. Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten und geltend gemachten Gründe für die Zulassung einer Revision in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erforderlichen Weise dargelegt worden ist.

1. Der mit der Rüge unterlassener Beweiserhebung durch Nichteinvernahme des Zeugen K geltend gemachte Verfahrensmangel unzureichender Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) ist nicht schlüssig, weil es der Kläger versäumt hat darzulegen, weshalb er --obwohl fachkundig vertreten-- in der letzten mündlichen Verhandlung keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt und die unterlassene Beweiserhebung nicht rechtzeitig gerügt hat oder weshalb ihm diese Rüge nicht möglich gewesen ist (Bundesfinanzhof --BFH-- in ständiger Rechtsprechung, siehe z.B. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597, m.w.N.). Der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz ist eine verzichtbare Verfahrensregelung (§ 155 FGO i.V.m. § 295 ZPO), deren nicht rechtzeitige Rüge zum endgültigen Verlust des Rügerechts führt (BFH in ständiger Rechtsprechung, vgl. Urteil vom 15. Mai 1996 X R 252-253/93, BFH/NV 1996, 906). Das Gleiche gilt für die mit der Rüge unzureichender Sachaufklärung verbundene Rüge der Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 des Grundgesetzes --GG-- i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO).

Die Beschwerdeschrift enthält überdies keine Angaben dazu, inwieweit die Beweisaufnahme angesichts der ständigen Rechtsprechung des BFH, wonach die Übertragung der mit der Geschäftsführung verbundenen Aufgaben auf einen anderen der schriftlichen Vereinbarung bedarf (zur Übertragung auf einen Mitgeschäftsführer siehe BFH-Urteil vom 26. April 1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776, und Senatsbeschluss vom 4. März 1986 VII S 33/85, BFHE 146, 23, BStBl II 1986, 384, m.w.N.) und dass bei Duldung der Geschäftsführung durch einen anderen durch geeignete Aufsichtsmaßnahmen die ordnungsgemäße Besorgung der Steuerangelegenheiten sichergestellt werden muss (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Februar 1996 VII B 245/95, BFH/NV 1996, 657) zu einer anderen Beurteilung durch das FG hätte führen können.

2. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache muss dargelegt werden. Dazu gehört zunächst die Formulierung einer klaren Rechtsfrage sowie der schlüssige und substantiierte Vortrag, weshalb die Klärung der benannten Rechtsfrage im Interesse der Allgemeinheit geboten ist und dass eine solche Klärung bislang noch aussteht (BFH-Beschluss vom 11. Februar 1999 III B 91/98, BFH/NV 1999, 1122, m.w.N.). Liegen bereits Entscheidungen des BFH zu der vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfrage vor, so ist auszuführen, welche neuen Gesichtspunkte zu der aufgezeigten Rechtsfrage vorgebracht werden, die der BFH bisher noch nicht geprüft hat (BFH-Beschluss vom 31. Mai 2001 III B 49/00, BFH/NV 2001, 1438).

Die Beschwerde misst, ohne eine konkrete für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage zu formulieren, diese Bedeutung sinngemäß der Frage bei, ob die persönliche Inanspruchnahme des GmbH-Geschäftsführers für Steuerrückstände der vertretenen GmbH jedenfalls dann zu entfallen habe, wenn eine wirksame Aufgabendelegation stattgefunden und der mit den delegierten Aufgaben Betraute im Rahmen der ihm übertragenen Vollmacht sach- und ordnungsgemäß gehandelt hat. Die Beschwerdebegründung enthält zur Klärungsbedürftigkeit dieser Frage keine Ausführungen. Sie benennt weder die umfangreiche einschlägige Rechtsprechung des BFH zu der angeblich für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfrage (vgl. z.B. die Zusammenstellung von höchstrichterlichen Entscheidungen in dem Urteil des Senats vom 30. August 1994 VII R 101/92, BFHE 175, 509, BStBl II 1995, 278, 280, unter II. 3.) noch folgt eine Auseinandersetzung mit dieser Rechtsprechung und die Erläuterung, aus welchen Gründen eine erneute höchstrichterliche Entscheidung im Interesse der Allgemeinheit zur Fortbildung des Rechts erforderlich sein sollte.

3. Der in den nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist eingereichten Schriftsätzen enthaltene Vortrag kann, soweit er über die Ergänzung der in der Beschwerdebegründung benannten Revisionszulassungsgründe hinausgeht, keine Berücksichtigung finden (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 FGO; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 116 Rz. 22, m.w.N.).

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