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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 23.08.2000
Aktenzeichen: VII B 4/00
Rechtsgebiete: BFHEntlG, FGO


Vorschriften:

BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 96 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat den Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als Geschäftsführer einer GmbH nach fruchtlosem Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über deren Vermögen durch Haftungsbescheid für rückständige Umsatzsteuer in Anspruch genommen. Einspruch und Klage, die der Kläger darauf gestützt hatte, dass unvorhersehbar Forderungen der GmbH nicht eingegangen, der von der Bank eingeräumte Dispositionskredit von 2,5 Mio. DM ausgeschöpft und eine Landesbürgschaft über 2,5 Mio. DM nicht erteilt worden sei sowie eine als sicher erachtete Investitionszulage für 1994 vom FA nicht gewährt worden und damit eine nicht erwartete Illiquidität der GmbH eingetreten sei, blieben ohne Erfolg. Gegen das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) richtet sich die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision, die er mit Verfahrensverstößen begründet.

Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Darlegung der behaupteten Verfahrensmängel den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht genügt.

1. Die Verfahrensrüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 des Grundgesetzes --GG--, § 96 Abs. 2 FGO) ist nicht ordnungsgemäß erhoben. Nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO muss der Verfahrensmangel bezeichnet werden. Dazu gehört auch, dass der Beschwerdeführer darlegt, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und dass das Urteil des FG, ausgehend von dessen materiell-rechtlicher Rechtsauffassung, auf dem Versäumnis der Anhörung beruhen kann und dass es anders hätte ausfallen können, wenn dem Kläger das rechtliche Gehör gewährt worden wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. April 1995 II B 7/95, BFH/NV 1995, 914, und vom 17. Februar 2000 VI B 260/97, BFH/NV 2000, 950). In der Beschwerdeschrift trägt der Kläger aber lediglich vor, dass die Frist zur Stellungnahme zum Schriftsatz des FA von nur drei Tagen vor der mündlichen Verhandlung zu kurz bemessen gewesen sei, um eine ordnungsgemäße Entgegnung vorzubereiten und dass er aus diesem Grunde zu dem ihm bis dahin unbekannten Sachverhalt, dass die Gewährung der Investitionszulage für 1994, mit der er fest habe rechnen dürfen, seitens des FA versagt worden ist, nicht habe Stellung nehmen können. Dabei übersieht der Kläger jedoch, dass das FG in der angefochtenen Entscheidung zu diesem bereits im Klageverfahren angesprochenen Einwand Stellung genommen und zutreffend auf die Rechtsprechung des BFH verwiesen hat, wonach ein später eintretendes Ereignis nicht geeignet ist, eine durch verspätete Abgabe der Steuererklärungen bewirkte nicht rechtzeitige Steuerfestsetzung und eine durch das Nichtbereithalten der Mittel zur Begleichung der Steuerschulden bei Fälligkeit begangene Pflichtverletzung und deren Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden aus der Welt zu räumen (Hinweis auf Senatsurteil vom 17. September 1987 VII R 62/84, BFH/NV 1988, 7, betreffend einen nach Fälligkeit der Steuerschuld gestellten Stundungsantrag). In Anbetracht dieser Urteilsbegründung hätte der Kläger zur Darlegung seiner Gehörsrüge auch erläutern müssen, inwiefern der Umstand, dass er auf die Gewährung der Investitionszulage vertraut hat, geeignet gewesen wäre, eine andere Entscheidung des FG herbeizuführen. Hierzu hätte er sich aber auch mit der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Senats auseinandersetzen müssen, wonach finanzielle Schwierigkeiten und das Vertrauen auf den Zufluss von Mitteln aus Forderungseingängen, Kreditmitteln oder von der Behörde erwarteter Förderungsmittel, die zu einem späteren Ausgleich der Steuerrückstände hätten verwendet werden sollen, den Geschäftsführer vom Vorwurf zumindest grob fahrlässiger Pflichtverletzung bei nicht rechtzeitiger Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen in der Regel nicht entlasten (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1998 VII R 80/97, BFH/NV 1998, 814, und Senatsbeschluss vom 1. Februar 2000 VII B 256/99, BFH/NV 2000, 939, 940). Hierzu enthält die Beschwerdeschrift keine Ausführungen. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 16. März 2000 darlegt, dass er bei Nichtbegleichung der fälligen Umsatzsteuer der GmbH auf das Vorliegen einer Verrechnungsmöglichkeit wegen eines Guthabens aus einer Umsatzsteuersondervorauszahlung bzw. wegen der erwarteten Investitionszulage für 1994 habe vertrauen können, was er dem FG bei ordnungsgemäßer Gehörsgewährung auch hätte nachweisen können, ist dieses Vorbringen nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist und damit verspätet vorgetragen (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO).

2. Wird als Verfahrensmangel gerügt, das FG habe den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt (§ 76 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), so ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, welche Tatfrage aufklärungsbedürftig geblieben ist, welche Beweismittel das FG zu welchem Beweisthema hätte erheben müssen und dass der Kläger einen entsprechenden Beweisantrag vor dem FG gestellt bzw. die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt hat oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor dem FG rügen konnte (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Januar 2000 VII B 244/99, BFH/NV 2000, 872). Zu all dem enthält die Beschwerdeschrift keine Äußerung. Der Kläger legt auch in der Beschwerdeschrift nicht dar, welchen konkreten Beweisantrag er nach dem vermissten Hinweis des Gerichts auf die beigezogenen Akten und dem daraus ersichtlichen Forderungsausfall bei der GmbH hätte stellen wollen, um nachzuweisen, dass die Pflichtverletzung des Klägers nicht kausal für den eingetretenen Schaden gewesen ist. Außer dem Hinweis auf die angeblich zu kurze Frist zur Stellungnahme zu dem gegnerischen Schriftsatz führt die Beschwerdeschrift auch nicht aus, warum der Kläger nicht spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem FG Gelegenheit gehabt hätte, einen Beweisantrag zur Liquidität der GmbH im Haftungszeitraum zu stellen. Das gilt insbesondere, als aus der angefochtenen Entscheidung eindeutig hervorgeht, dass der Kläger sowohl von der Behörde als auch später vom FG mehrfach erfolglos zur Mitwirkung aufgefordert worden ist. Die Beschwerdeschrift legt auch nicht dar, aus welchem Grunde und mit welchen Mitteln das FG --möglicherweise mit erheblichem Aufwand-- die Umstände zur Haftungsbegrenzung und zur Liquidität der Gesellschaft sowie zur Befriedigung der übrigen Gläubiger im Haftungszeitraum hätte ermitteln müssen, die doch im Wissensbereich des Klägers gelegen sind und die er aus den --zumindest bis zur Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft-- in seinem Besitz befindlichen Unterlagen der GmbH hätte entnehmen und zur Prüfung vorlegen können (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 29. April 1999 VII B 253/98, BFH/NV 1999, 1481).

Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nicht (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).

Ende der Entscheidung

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