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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.03.2009
Aktenzeichen: VII B 45/08
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 76 Abs. 1 S. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 |
Gründe:
I.
Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) ist eine 1996 gegründete, ursprünglich aus den Gesellschaftern A und B bestehende GbR. A war seinerzeit außerdem Inhaber einer Spedition und B deren Prokurist. Aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung der GbR für Dezember 1999 ergab sich ein auf Vorsteuerabzügen beruhendes Guthaben. Zusammen mit dieser Voranmeldung ging beim Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--) eine von A sowohl für die GbR als auch für die Spedition unterschriebene Abtretungsanzeige ein, der zufolge das Guthaben in nahezu vollem Umfang an die Spedition abgetreten worden war. Daraufhin verrechnete das FA das abgetretene Guthaben mit Steuerschulden der Spedition. Nachdem B im November 2002 für Steuerschulden der GbR als Haftender in Anspruch genommen worden war, machte er geltend, dass die GbR wegen ihrer Vorsteuervergütungsansprüche keine Steuerschulden haben könne. Das FA erließ auf seinen Antrag einen Abrechnungsbescheid, der offene Steuerschulden der GbR und den Vorsteuervergütungsanspruch Dezember 1999 als durch Aufrechnung mit Steuerschulden der Spedition erloschen auswies.
Auf die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage änderte das Finanzgericht (FG) den Abrechnungsbescheid, indem es den Vorsteuervergütungsanspruch 1999 als nicht durch Verrechnung mit Steuerschulden der Spedition erloschen feststellte, nachdem es im Wege der Beweisaufnahme sowohl A als auch B sowie den zuständigen Sachgebietsleiter des FA vernommen hatte. Das FG urteilte, dass der Vorsteuervergütungsanspruch der GbR nicht an die Spedition abgetreten worden sei, da für dieses Rechtsgeschäft mangels einer Vertretungsregelung in der Satzung der GbR das Einvernehmen beider Gesellschafter erforderlich gewesen wäre. Von einer damals einvernehmlich praktizierten Einzelvertretungsbefugnis der Gesellschafter könne nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht ausgegangen werden. Vielmehr hätten A und B alle wesentlichen Entscheidungen für die GbR gemeinsam getroffen. Bezüglich der Abtretung des Vorsteuervergütungsanspruchs habe aber ein einvernehmliches Handeln nicht festgestellt werden können. Die Verrechnung des Guthabens der GbR mit Steuerschulden der Spedition sei auch nicht nach § 46 Abs. 5 der Abgabenordnung (AO) gerechtfertigt, weil Voraussetzung für den Vertrauensschutz nach dieser Vorschrift sowohl eine wirksame Abtretungsanzeige als auch der gute Glaube des FA sei, woran es jedoch fehle. Die Abtretungsanzeige hätte für die GbR von ihren beiden Gesellschaftern unterschrieben werden müssen, sei jedoch nur von A unterzeichnet worden. Dass das FA dies nicht bemerkt habe, sei auf eine unzureichende Prüfung der Abtretungsanzeige zurückzuführen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des FA, welche es auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.
1.
Der gerügte Verstoß des FG gegen die ihm obliegende Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) ist nicht schlüssig dargelegt. Die Beschwerde macht keine Angaben, welche Tatsachen das FG mit welchen Beweismitteln noch hätte aufklären sollen und weshalb sich dem FG eine Aufklärung unter Berücksichtigung seines --insoweit maßgeblichen-- Rechtsstandpunktes hätte aufdrängen müssen. Sie macht lediglich geltend, dass das FG die Vertretungsverhältnisse der GbR hätte "erschöpfend ermitteln müssen", ohne die ihrer Ansicht nach unterlassenen Ermittlungshandlungen zu bezeichnen. Soweit die Beschwerde bemängelt, dass das FG den Angaben des A nur unvollständig Aufmerksamkeit geschenkt, sie für nicht glaubhaft gehalten und eine einseitige Beweiswürdigung vorgenommen habe, legt sie keinen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dar, weil die Grundsätze der Beweiswürdigung dem materiellen Recht zuzuordnen sind (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 82 f.).
Dass das FG einen konkret benannten Beweisantrag des FA zu Unrecht abgelehnt hat oder dass das Übergehen schriftsätzlich gestellter Beweisanträge vom FA in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
2.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache liegt jedenfalls nicht vor, weshalb auf die Mängel bei der erforderlichen schlüssigen Darlegung dieses Zulassungsgrundes nicht einzugehen ist. Die von der Beschwerde bezeichneten Fragen, ob der Gutglaubensschutz des FA nach § 46 Abs. 5 AO durch die Unterscheidung von Wirksamkeitsvoraussetzungen bezüglich der Abtretung und der Abtretungsanzeige, deren Wirksamkeit vom FA vollständig hinsichtlich der Vertretungsverhältnisse im Zeitpunkt der Abtretung geprüft werden muss, eingeschränkt werden kann und ob infolgedessen dem FA im Umsatzsteuervoranmeldungsverfahren ein erheblicher Organisationsmangel in Bezug auf die Behandlung von Abtretungsanzeigen angelastet werden kann, der zum Ausschluss des Gutglaubensschutzes nach § 46 Abs. 5 AO führt, sind nicht klärungsbedürftig bzw. nicht klärungsfähig.
Die Frage, ob die Klägerin gemäß § 46 Abs. 5 AO die angezeigte Abtretung im Verhältnis zum FA gegen sich gelten lassen muss, lässt sich, wenn auch nicht in allen Punkten der insoweit vom FG gegebenen Begründung, so doch jedenfalls im Ergebnis nur so beantworten, wie es das FG getan hat (vgl. zur entsprechenden Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO im Beschwerdeverfahren Senatsbeschluss vom 8. Januar 1998 VII B 102/97, BFH/NV 1998, 729, m.w.N.).
§ 46 Abs. 5 AO, der der Vorschrift des § 409 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nachgebildet ist und das durch die Abtretungsanzeige des Gläubigers erzeugte Vertrauen des Schuldners darauf, dass die Forderung abgetreten ist, schützen soll, setzt voraus, dass die Abtretung gegenüber dem Schuldner wirksam angezeigt worden ist. Unabhängig von der Frage, ob für die Anwendung des § 46 Abs. 5 AO sämtliche Formerfordernisse einer Abtretungsanzeige gemäß § 46 Abs. 3 AO erfüllt sein müssen, kann eine Abtretungsanzeige jedenfalls nur dann die Rechtsfolgen des § 46 Abs. 5 AO auslösen, wenn sie dem Abtretenden zuzurechnen ist, also entweder wirksam vom Abtretenden selbst oder wirksam für diesen abgegeben worden ist. Es liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung, dass das FA als Schuldner nicht beanspruchen kann, gemäß § 46 Abs. 5 AO mit befreiender Wirkung an den in der Anzeige angegebenen Abtretungsempfänger leisten zu können, wenn die Abtretungsanzeige vom Abtretenden nicht unterschrieben oder dessen Unterschrift gefälscht ist (vgl. Boeker in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 46 AO Rz 40; Pahlke/Koenig, Abgabenordnung § 46 Rz 39; Schwarz, AO, § 46 Rz 20; Senatsurteil vom 22. März 1994 VII R 117/92, BFHE 174, 112, BStBl II 1994, 789). Das Gleiche hat zu gelten, wenn der Abtretende nur durch Vertreter wirksam handeln kann, es jedoch an der Unterschrift dieser Vertreter auf der Abtretungsanzeige fehlt.
Im Streitfall ist das FG davon ausgegangen, dass die Klägerin rechtswirksame Erklärungen seinerzeit nur durch ihre beiden gemeinsam handelnden Gesellschafter abgeben konnte, die Anzeige der Abtretung des Vorsteuervergütungsanspruchs der Klägerin jedoch nur von einem ihrer Gesellschafter unterzeichnet und damit nicht wirksam war. Klärungsbedürftige Rechtsfragen ergeben sich hieraus nicht. Auf die weiteren Erwägungen des FG, auf die sich das angefochtene Urteil stützt, dass das FA "grundlegende Anforderungen an eine Prüfung der Abtretungsanzeige nicht erfüllt" habe bzw. ihm "ein weiteres Organisationsverschulden vorzuhalten" sei, kommt es nicht an. Hat der angebliche Zedent die Abtretung nicht wirksam angezeigt, weil weder er selbst noch seine berufenen Vertreter die dem FA zugeleitete Abtretungsanzeige unterzeichnet haben, treten die Rechtsfolgen des § 46 Abs. 5 AO nicht ein, und zwar unabhängig davon, ob das FA die Abtretungsanzeige evtl. nicht ordnungsgemäß bzw. sogar überhaupt nicht überprüft hat oder ob es trotz sorgfältiger Prüfung den Wirksamkeitsmangel nicht erkennen konnte.
3.
Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht schlüssig dargelegt. Dem Beschwerdevorbringen lassen sich die geltend gemachten Fehler des FG bei der Auslegung revisiblen Rechts, die von erheblichem Gewicht und geeignet sind, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu schädigen, nicht entnehmen.
Ende der Entscheidung
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