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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 21.05.2001
Aktenzeichen: VII B 53/00
Rechtsgebiete: MinöStV, FGO
Vorschriften:
MinöStV § 53 Abs. 1 Nr. 3 | |
FGO § 98 | |
FGO § 135 Abs. 2 |
Gründe
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine Mineralölhändlerin, begehrt von dem Beklagten und Beschwerdegegner (Hauptzollamt --HZA--) wegen Zahlungsausfalls eines in Konkurs gegangenen Warenabnehmers (Tankstelle) die Vergütung des in den ausgefallenen Kaufpreisforderungen enthaltenen Mineralölsteueranteils aus insgesamt zwölf mit Lieferscheinen dokumentierten Lieferungen. Den am 26. November 1996 von der Klägerin gestellten Vergütungsantrag lehnte das HZA ab (Einspruchsentscheidung vom 22. September 1998). Auch die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) urteilte, bei acht Lieferungen fehle es bereits an der vom Gesetz geforderten Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts, weil der Kunde die Lieferscheine und somit auch den Hinweis darauf, dass der Geschäftsbeziehung die umseitig genannten Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen zugrunde lägen, nicht unterschrieben habe. Eine schriftliche oder mündliche Vereinbarung eines generellen Eigentumsvorbehalts zu Beginn der Geschäftsbeziehung mit dem betreffenden Kunden habe die Klägerin nicht dargetan.
Bei den weiteren vier Lieferungen, und zwar bei zwei Lieferungen von ... Liter Benzin bzw. Super (vom 22. September 1995, zahlbar bis 6. Oktober 1995), bei einer Lieferung von ... Liter Diesel (10. (richtig: 18.) Oktober 1995; zahlbar bis 2. November 1995) sowie bei einer weiteren Lieferung von ... Liter Diesel (vom 20. Oktober 1995; zahlbar bis 3. November 1995), sei zwar ein Eigentumsvorbehalt vereinbart worden; hier fehle es jedoch an der Voraussetzung, dass der Zahlungsausfall trotz rechtzeitiger Mahnung bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung nicht zu vermeiden gewesen sei. Die Klägerin habe in den betreffenden Rechnungen dem Kunden regelmäßig ein Zahlungsziel von 14 Tagen eingeräumt, es dann aber versäumt, rechtzeitig bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung zu mahnen. Die Zahlungserinnerungen vom 11., 18. und 25. Oktober 1995 enthielten sämtlich keine Fristsetzung. Auch der Mahnbescheid vom 21. November 1995 sei nicht als rechtzeitige Mahnung anzusehen, da dieser erst sechs Wochen nach Ablauf des Zahlungsziels der Rechnung Nr. ..., vier Wochen nach Ablauf des Zahlungsziels der Rechnung Nr. ..., ja selbst noch 19 Tage bzw. 18 Tage nach dem Ende des Zahlungsziels der Rechnungen Nr. ... und ... beantragt worden sei.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (soweit das FG die Abweisung der Klage bei acht Lieferungen auf das Fehlen der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts gestützt hatte) und wegen Divergenz und eines Verfahrensfehlers (soweit das FG bei den restlichen vier Lieferungen die Rechtzeitigkeit der Mahnungen in Abrede gestellt hatte) begehrt.
Das HZA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.
1. Maßgeblich für die Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde sind noch die bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Vorschriften, da die angefochtene Entscheidung vor dem 1. Januar 2001 verkündet worden ist (Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze --2.FGOÄndG-- vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757).
2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, soweit die Klägerin vorträgt, das angefochtene Urteil werfe eine entscheidungsrelevante Frage von grundsätzlicher Bedeutung auf (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), nämlich ob in Bezug auf die Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts im Verfahren nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStV) vom 15. September 1993 (BGBl I, 1602) für das Tatbestandsmerkmal der Vereinbarung des Eigentumsvorbehalts durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) andere Maßstäbe als die in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung (entwickelten) heranzuziehen seien. Diese Frage war nämlich für die Entscheidung des FG im Streitfall ersichtlich ohne Bedeutung.
Das FG hat seine Auffassung, die Klägerin habe mit ihrem Abnehmer den vom Gesetz geforderten Eigentumsvorbehalt nicht vereinbart, zunächst darauf gestützt, dass bei acht Lieferungen die Lieferscheine mit dem Hinweis darauf, dass der Geschäftsbeziehung die auf der Rückseite genannten Allgemeinen Verkaufs- und Lieferbedingungen der Klägerin (deren Nr. 8 einen Eigentumsvorbehalt vorsieht) zugrunde liegen, vom Käufer nicht unterzeichnet gewesen seien. Daraus folgt zunächst, dass ein auf das jeweilige Kaufgeschäft bezogener Einzeleigentumsvorbehalt mangels Billigung durch den Käufer nicht gegeben war. Das FG hat indes durchaus erkannt, dass ein Eigentumsvorbehalt auch generell zu Beginn einer Geschäftsbeziehung für alle im Rahmen dieser Geschäftsbeziehung erfolgenden Kaufgeschäfte vereinbart werden kann. Eine solche schriftliche oder auch nur mündliche Vereinbarung --so die weitere Begründung des FG-- habe die Klägerin jedoch nicht dargetan, wobei das FG --zutreffend-- die von der Klägerin vorgetragene Auffassung, bei mehrjähriger Geschäftsbeziehung sei ein bloßes Wissenmüssen des Käufers, dass der Geschäftsbeziehung die AGB des Verkäufers mit einem dort geregelten Eigentumsvorbehalt zugrunde lägen, für die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts nicht für ausreichend erachtet hat. Insoweit ist weder dargelegt noch ersichtlich, weshalb das FG hinsichtlich der Frage der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts von anderen Maßstäben als von den in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zugrunde gelegten ausgegangen sein sollte, zumal sich diese Frage nach der vom FG gegebenen Begründung, wonach die Klägerin nichts zu der Frage der generellen Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts durch AGB dargetan habe, gar nicht stellen konnte.
Wenn die Klägerin nunmehr in der Beschwerdebegründung entsprechende Ausführungen zu der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts durch AGB, sei es in ausdrücklicher oder konkludenter Weise, vorträgt, so kommt dies zu spät. Mangels einer insoweit erhobenen Verfahrensrüge wäre der Senat in einem künftigen Revisionsverfahren an die Feststellung des FG, die Klägerin habe weder eine schriftliche noch eine mündliche Vereinbarung eines generellen Eigentumsvorbehalts dargetan, gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage beruht auf einer davon abweichenden Tatsachenlage und wäre schon deshalb in einem künftigen Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Soweit die Klägerin darüber hinaus die vom FG zur Frage des Eigentumsvorbehalts getroffene Wertung auch in rechtlicher Hinsicht für verfehlt hält, so kann sie damit im vorliegenden Verfahren über die Zulassung der Revision nicht gehört werden, denn materielle Rechtsfehler des FG, sofern sie denn vorlägen, gäben als solche keinen Grund für die Zulassung der Revision ab.
3. Die Beschwerde hat hingegen Erfolg, soweit die Klägerin die Auffassung des FG, bei den verbleibenden vier Lieferungen unter Eigentumsvorbehalt sei jeweils die Mahnung unter Fristsetzung nicht rechtzeitig erfolgt, unter dem Gesichtspunkt der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zu dem Senatsbeschluss vom 2. Februar 1999 VII B 247/98 (BFHE 188, 217) angreift. Dort hatte der Bundesfinanzhof (BFH) im letzten Absatz seiner Entscheidung, von der Klägerin zutreffend zitiert, ausgeführt, dass ein Mahnsystem, bei dem die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs 20 Tage nach Lieferung bei gleichzeitigem Verzugseintritt im Falle der Nichtzahlung eintritt, und dann ein abgestuftes System von Mahnungen, denen lediglich die Funktion von Zahlungserinnerungen zukommt, auslöst, wobei erst die 3. Mahnung am 34. Tag nach Fälligkeit mit der erforderlichen kurzen Fristsetzung unter Androhung der gerichtlichen Geltendmachung verbunden wird, ebenso zu akzeptieren wäre wie jedes andere Mahnsystem, bei dem sichergestellt ist, dass im Falle der Nichtbegleichung einer Forderung spätestens etwa zwei Monate nach der Belieferung die gerichtliche Verfolgung des Anspruchs in die Wege geleitet wird.
Zwar waren diese Aussagen in die Form eines obiter dictum gekleidet, sodass eine Abweichung hiervon jedenfalls nicht ohne weiteres im Wege der Divergenzbeschwerde geltend gemacht werden kann. Tragend war dabei jedoch, wie die dieser Passage vorangegangenen Ausführungen des BFH in dieser Entscheidung zeigen, die Aussage, dass nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 MinöStV nicht jede Mahnung, insbesondere nicht die erste in einem solchen Mahnsystem mit einer Fristsetzung verbunden sein muss, sondern dass es lediglich darauf ankommt, dass die letzte und entscheidende Mahnung unter Fristsetzung zu erfolgen hat, weil dem Schuldner durch die "Mahnung unter Fristsetzung" eine letzte Chance eingeräumt werden soll, den Zahlungsanspruch, mit dessen Erfüllung er in Verzug geraten ist, außergerichtlich, d.h. ohne Einleitung einer gerichtlichen Verfolgung des Anspruchs, zu erfüllen. Gleichzeitig mit der Fristsetzung für einen letzten Zahlungstermin muss aus dieser entscheidenden Mahnung hervorgehen, dass nach erfolglosem Ablauf dieser letzten, kurz bemessenen Zahlungsfrist der Zahlungsanspruch unabweislich rechtshängig gemacht wird.
Die Klägerin hat demgegenüber zutreffend dargelegt, dass das FG bei seinem Urteil von diesen Grundsätzen abgewichen ist, indem es für jede Mahnung innerhalb des abgestuften Mahnsystems nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung eine Fristsetzung für erforderlich hielt und aus dem Fehlen einer solchen Fristsetzung geschlossen hat, die Klägerin habe es versäumt, rechtzeitig bei Zahlungsverzug unter Fristsetzung zu mahnen. Die Klägerin hat ferner vorgetragen, dass das Urteil des FG auch auf dieser Abweichung beruht. Nach Auffassung des Senats ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass das angefochtene Urteil auf dieser Abweichung beruhen kann. Denn die Fixierung des FG auf die drei Zahlungserinnerungen vom 11., 18. und 25. Oktober 1995 hinsichtlich der Lieferungen vom 22. September 1995 (... Liter Benzin bzw. Super; Lieferscheine Nr. ... und ..., Rechnung Nr. ..., zahlbar bis 6. Oktober 1995) und das dabei festgestellte Fehlen einer Fristsetzung haben dem FG offensichtlich einerseits den Blick dafür verstellt, dass die Klägerin in einer weiteren Mahnung vom 7. November 1995 dem Kunden eine letzte Zahlungsfrist bis zum 17. November 1995 gesetzt hatte, und es andererseits zu der Feststellung verleitet, dass selbst der am 21. November 1995 beantragte Mahnbescheid, mit dem die Klägerin die gerichtliche Geltendmachung der Forderung in die Wege geleitet hatte, sechs Wochen nach Ablauf des Zahlungsziels zu spät erfolgt sei.
Diese Beurteilung entspricht nicht den Maßstäben, die der Senat in seiner von der Klägerin angeführten Divergenzentscheidung aufgezeigt hat. Wird, wie im Streitfall, im Rahmen eines abgestuften Mahnsystems am 32. Tag nach Fälligkeit der Forderung die letzte und entscheidende Frist zur Zahlung des Rückstands gesetzt und wird nach Ablauf dieser Frist (am 42. Tag nach Fälligkeit) am 46. Tag nach Fälligkeit die gerichtliche Verfolgung durch Beantragung eines Mahnbescheids in die Wege geleitet, liegen also zwischen der Lieferung des Mineralöls (22. September) und der gerichtlichen Verfolgung des daraus resultierenden Zahlungsanspruchs (21. November) gerade 60 Tage, so fiele eine solche Vorgehensweise der Klägerin ohne weiteres in den Rahmen, den der Senat in seiner früheren Entscheidung für den Vorgaben des Gesetzes entsprechend und damit hinsichtlich des Vergütungsanspruchs bei schließlichem Ausfall der Forderung für anspruchserhaltend angesehen hat, sofern ferner, was unstreitig geschehen ist, die ausgefallene Forderung später auch zur Konkurstabelle angemeldet wird.
Diese Ausführungen gelten entsprechend für die beiden Lieferungen vom 18. und 20. Oktober 1995 (Lieferscheine Nr. ... und ...), da hier die Zeiträume zwischen Lieferung und Fristsetzung bzw. Geltendmachung der Forderungen durch Mahnbescheid noch wesentlich kürzer als bei den beiden ersten Lieferungen waren und, was ebenfalls zu beachten ist, sich für die Klägerin die Verhängung einer Liefersperre wegen Nichtzahlung der Rechnungen aus den beiden ersten Lieferungen vom 22. September 1995 noch nicht zwingend aufdrängen musste.
Da mithin bereits der Gesichtspunkt der Divergenz hinsichtlich der vier bezeichneten Lieferungen zur Zulassung der Revision führt, brauchte sich der Senat mit dem von der Klägerin diesbezüglich ferner behaupteten Verfahrensmangel der Verletzung der Aufklärungspflicht durch das FG (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht näher zu befassen.
4. Nach alldem ist die Revision zuzulassen, soweit es um die Durchsetzung der Ansprüche der Klägerin auf den Vergütungsbetrag an Mineralölsteuer geht, der sich aus den vier genannten Lieferungen von Mineralöl ergibt. Nach der Berechnung in der Anlage zum Vergütungsantrag handelt es sich dabei um einen Steuerbetrag in Höhe von ... DM. Da der zugrunde liegende Streitgegenstand teilbar ist und hinsichtlich der Vergütung der Mineralölsteuer aus jeder einzelnen Lieferung ein Teilurteil i.S. des § 98 FGO hätte ergehen können, konnte der Senat die Zulassung der Revision entsprechend beschränken. In dem Umfang, in dem die Revision nicht zugelassen worden ist, ist demgemäß das FG-Urteil rechtskräftig. Der Senat weist ferner auf seine Rechtsprechung hin, wonach der sich nach § 53 MinöStV ergebende Vergütungsbetrag dem Lieferanten von nachweislich voll versteuertem Mineralöl nur insoweit zugesprochen werden darf, als er den Selbstbehalt von 10 000 DM übersteigt (vgl. das Senatsurteil vom 1. Dezember 1998 VII R 21/97, BFHE 187, 177).
5. Hinsichtlich des erfolglosen Teils der Beschwerde folgt die Kostenentscheidung aus § 135 Abs. 2 FGO; im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Revisionsverfahren vorbehalten.
Ende der Entscheidung
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