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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 20.05.1998
Aktenzeichen: VII B 64/98
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 56 Abs. 2 Satz 2 | |
FGO § 115 Abs. 3 Satz 1 |
Gründe
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehrt den Erlaß von Kraftfahrzeugsteuer. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage durch in der mündlichen Verhandlung verkündetes Urteil abgewiesen. Das vollständige Urteil ist dem Kläger am 13. November 1997 durch Niederlegung bei dem Postamt seines Wohnsitzes zugestellt worden. Erst am 29. Januar 1998 hat der Kläger Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil erhoben und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Beschwerdefrist beantragt. Er trägt dazu vor, er habe im November 1997 eine Benachrichtigung der Post in seinem Briefkasten vorgefunden. Er sei davon ausgegangen, daß es sich dabei um die Zustellung der Niederschrift über die mündliche Verhandlung handele. Ihm sei es zwar ungewöhnlich erschienen, daß das FG es für erforderlich halte, diese Niederschrift zuzustellen. Er habe sich das jedoch damit erklärt, daß es sich gewissermaßen um eine "Zwischennachricht" handele. Da er das zugestellte Schriftstück bei der Post nicht selbst habe abholen können, habe er die Post schriftlich gebeten, ihm das Schriftstück mit einfachem Brief zuzusenden. Auf Nachfrage vom 15. Januar 1998 sei ihm von der Post bestätigt worden, daß dies geschehen sei. Er habe jedoch die Sendung nicht erhalten. Nur durch Nachfrage beim FG am gleichen Tage habe er erfahren, daß das Urteil zugestellt worden ist.
Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Frist des § 115 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht gewahrt worden ist.
Wiedereinsetzung (§ 56 FGO) ist dem Kläger nicht zu gewähren. Wiedereinsetzung kommt nach dieser Vorschrift nur in Betracht, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Nach § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO sind die Tatsachen, aus denen sich dies ergibt, in dem Antrag auf Wiedereinsetzung darzulegen und spätestens in dem Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen, und zwar durch präsente Beweismittel (st. Rspr., vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 9. März 1993 VI R 60/90, BFH/NV 1993, 616; vom 26. November 1993 VIII R 53/93, BFH/NV 1994, 644, und vom 10. März 1994 IX R 43/90, BFH/NV 1994, 813). Dieses Erfordernis, Mittel der Glaubhaftmachung --etwa eine eidesstattliche Versicherung-- (unaufgefordert) vorzulegen, gilt insbesondere dann, wenn der Sachvortrag, mit dem der Wiedereinsetzungsantrag begründet wird, nicht aus sich heraus schlüssig und glaubhaft ist.
Der Kläger hat keinerlei Mittel zur Glaubhaftmachung vorgelegt. Sein Vorbringen ist auch nicht aus sich heraus glaubhaft. Denn es steht zu den feststehenden Tatsachen im Widerspruch. Fest steht nämlich, daß die Sendung mit dem Urteil des FG von der Post am 20. Februar 1998 an das FG zurückgeleitet worden ist, weil sie bis dahin nicht abgeholt worden war. Daß dem Kläger gleichwohl einen Monat zuvor von dem gleichen Postamt bestätigt worden sein soll, die Sendung sei ihm im November 1997 zugesandt worden und darüber könne dem Gericht ein Nachweis erbracht werden, ist nicht glaubhaft. Das bedarf aber keiner weiteren Erörterung, weil dem Kläger Wiedereinsetzung auch dann nicht gewährt werden könnte, wenn man seinem Vortrag Glauben schenken könnte. Denn der Kläger hat die Beschwerdefrist nicht ohne Verschulden versäumt.
Verschulden i.S. des § 56 FGO liegt vor, wenn ein Beteiligter diejenige Sorgfalt außer acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften Beteiligten nach den Umständen des Einzelfalls geboten und zumutbar war, um die gesetzlichen Fristen einzuhalten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 3. August 1978 VI R 171/75, BFHE 125, 493, BStBl II 1978, 667, und den Beschluß vom 10. August 1988 III R 221/84, BFH/NV 1989, 787). Der Kläger hat seine Sorgfaltspflichten im groben Maße verletzt. Nach seinem Auftreten vor dem FG, aber auch nach dem Beschwerdevorbringen, dem Kläger sei die Zustellung einer Niederschrift über die mündliche Verhandlung ungewöhnlich, dann aber nach dem Verlauf des Verfahrens doch plausibel erschienen, fehlt dem Kläger nicht jede zumindest laienhafte Vorstellung von dem Ablauf eines Gerichtsverfahrens und der --im allgemeinen naheliegenden-- Möglichkeit, daß durch eine gerichtliche Zustellung eine Frist in Lauf gesetzt wird. Selbst wenn aber zugunsten des Klägers völlige Unerfahrenheit unterstellt würde, hätte sich der Kläger nach der Niederlegung eines ihm zugestellten Schriftstückes im November 1997 nicht damit begnügen dürfen, die Post um Weiterleitung dieser Sendung zu bitten, um dann --obwohl diese erkennbar ausblieb-- die Sache zwei Monate lang auf sich beruhen zu lassen. Eine solche Sorglosigkeit kann um so weniger entschuldigt werden, als der Kläger durch Nachfrage beim Gericht den Inhalt der Sendung ohne weiteres hätte klären können und auf diese Weise einfacher und sicherer als durch die von ihm angeblich angestellten Überlegungen, ob und aus welchen Gründen ihm das Gericht eine "Zwischennachricht" zustelle, eine Fristversäumnis hätte vermeiden können.
Ende der Entscheidung
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