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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.10.2002
Aktenzeichen: VII B 73/02
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977
Vorschriften:
FGO § 76 Abs. 1 | |
FGO § 101 Abs. 1 Satz 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3 | |
AO 1977 § 171 Abs. 3a Satz 3 |
Gründe:
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war Geschäftsführer einer GmbH, über deren Vermögen das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet wurde. Der neben dem Kläger zum Geschäftsführer bestellte K wurde mit Gesellschafterbeschluss vom ... abberufen. Die diesbezügliche Eintragung im Handelsregister erfolgte am ... .
Wegen rückständiger Lohnsteuern und Nebenabgaben der GmbH für Dezember 1993 und Januar 1994 nahm der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) den Kläger mit Haftungsbescheid vom 21. Juni 1995 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27. Juni 1997 in Anspruch. In dem nachfolgenden Klageverfahren hob das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 27. Januar 1999 den Haftungsbescheid wegen fehlerhafter Ermessenserwägungen auf.
Mit Haftungsbescheid vom 30. Juni 1999 nahm das FA den Kläger erneut wegen rückständiger Lohnsteuern nebst Nebenabgaben der GmbH in Anspruch.
Das FG wies die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage als unbegründet ab. Das FA habe den Kläger zu Recht wegen der Lohnsteuerrückstände in Anspruch genommen, weil er trotz der erkennbaren Liquiditätsschwierigkeiten der GmbH die Löhne nicht gekürzt ausgezahlt und die einbehaltenen Gelder zur Zahlung der Lohnsteuern verwendet habe. Das FA habe auch ermessensfehlerfrei den ehemaligen Geschäftsführer K nicht in Anspruch genommen, da dieser ausweislich des vom FA vorgelegten Protokolls der Gesellschafterversammlung bereits vor Entstehung der streitbefangenen Lohnsteuer abberufen worden sei und ab diesem Zeitpunkt die steuerlichen Pflichten nicht mehr habe erfüllen können und dürfen. Die erst später erfolgte Eintragung im Handelsregister habe lediglich deklaratorische Wirkung. Auch die Festsetzungsfrist sei noch nicht abgelaufen gewesen. Der ursprüngliche Haftungsbescheid sei gemäß § 101 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) wegen fehlerhafter Ausübung des Auswahlermessens aufgehoben worden. Der Ablauf der Festsetzungsfrist sei daher gemäß § 171 Abs. 3a Satz 3 der Abgabenordnung (AO 1977) bis zur unanfechtbaren Entscheidung über den streitgegenständlichen Haftungsbescheid gehemmt gewesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, die er auf das Vorliegen von Verfahrensfehlern sowie die Fehlerhaftigkeit des FG-Urteils stützt.
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil ein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO nicht hinreichend dargelegt ist (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Mit dem Vorbringen, das FG habe nicht in gehöriger Weise aufgeklärt, ob der Gesellschafterbeschluss zur Abberufung des K unwirksam sei, rügt der Kläger die Verletzung der gemäß § 76 Abs. 1 FGO bestehenden Sachaufklärungspflicht des FG. Zu einer schlüssigen Rüge der Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung hätte der Kläger jedoch, wenn er, wie im Streitfall, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war, darlegen müssen, welche Tatsachen, die auf eine Unwirksamkeit des Abberufungsbeschlusses hätten schließen lassen, das FG hätte aufklären müssen, und darüber hinaus, warum er nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat oder warum sich die unterlassene Beweiserhebung dem FG --auch ohne besonderen Antrag-- hätte aufdrängen müssen (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Juli 1999 VII B 19/99, BFH/NV 1999, 1635). Derartige Ausführungen enthält die Beschwerdeschrift nicht. Mit der Behauptung, der Abberufungsbeschluss sei unwirksam gewesen, legt der Kläger lediglich seine Rechtsansicht dar. Tatsachen, die diese rechtliche Bewertung nahe legen könnten und aufgrund derer sich dem FG eine weitere Sachaufklärung oder Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, trägt der Kläger indes nicht vor.
2. Aufgrund der Ausführungen zu 1. ist ein Verfahrensfehler durch die Rüge des Klägers, das FG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) verletzt, weil es ihm nicht ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem neuen Sachverhaltsvortrag des FA in der mündlichen Verhandlung eingeräumt habe, ebenfalls nicht schlüssig dargelegt. Zudem fehlt es auch insoweit an der Darlegung, warum der durch einen Prozessbevollmächtigten vertretene Kläger nicht von sich aus die Vertagung der mündlichen Verhandlung angeregt und die Gewährung einer Schriftsatzfrist beantragt hat. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung hat das FG nach Stellung der gegenseitigen Anträge den Beschluss verkündet, dass eine Entscheidung im Anschluss an die Beratung verkündet wird. Der Kläger hat bis zu diesem Zeitpunkt weder um die Gewährung einer Schriftsatzfrist gebeten noch deren Nichtgewährung gerügt. Auf die Rüge der Nichtgewährung (weiteren) Gehörs hat er damit verzichtet.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang im Übrigen ausführt, der dem Abberufungsbeschluss zugrunde liegende Sachverhalt sei vom FA erst in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden, steht dies im Widerspruch zu den tatsächlichen Feststellungen im Urteil des FG. Danach war der Sachverhalt dem Kläger bereits im Einspruchsverfahren bekannt gegeben worden.
3. Soweit der Kläger des Weiteren sinngemäß ausführt, das FA habe das Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt, da es den K hinsichtlich der Haftungssumme überhaupt nicht in Anspruch genommen habe, und die Festsetzungsfrist sei durch die rechtskräftige Kassationsentscheidung des FG über den ursprünglichen Haftungsbescheid abgelaufen, rügt er --nach Art einer Revisionsbegründung-- ausschließlich die Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils. Abgesehen davon, dass die Ausführungen des FG in vollem Umfang zutreffen, wird mit diesem Vorbringen ein die Zulassung der Revision rechtfertigender Grund i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO nicht dargelegt.
Ende der Entscheidung
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