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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 24.11.1998
Aktenzeichen: VII B 75/98
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, AO 1977, EStG
Vorschriften:
FGO § 142 | |
ZPO § 114 | |
AO 1977 § 34 Abs. 1 | |
AO 1977 § 34 Abs. 1 Satz 2 | |
AO 1977 § 168 | |
AO 1977 § 169 | |
AO 1977 § 69 Satz 2 | |
EStG § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 |
Gründe
I. Das Finanzgericht (FG) hat mit Beschluß vom 3. Februar 1998 den Antrag des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) für seine Klage gegen die Haftungsbescheide des Beklagten (Finanzamt --FA--) abgelehnt. Mit den angefochtenen Haftungsbescheiden hat das FA den Antragsteller als alleinigen Geschäftsführer mehrerer GmbH's zur Haftung für rückständige Lohnsteuer, Säumniszuschläge hierzu, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer herangezogen. In seiner Begründung führt das FG aus, die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage habe keine Aussicht auf Erfolg. Der Antragsteller habe zumindest grob fahrlässig seine Pflicht zur Abführung von Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag verletzt. Sofern den GmbH's im Zeitpunkt der Fälligkeit noch genügend Geldmittel zur Verfügung gestanden hätten, hätte er die Löhne entsprechend kürzen und die auf die gekürzten Löhne entfallenden Steuern anmelden und an das FA abführen müssen. Daß er auf die Auszahlung von mehr als 300 000 DM durch eine Bundesbehörde vertraut haben will, entlaste ihn nicht. Er sei bewußt das Haftungsrisiko eingegangen, wenn er auf die Behebung der Liquiditätsschwierigkeiten vertraut habe. Für Ermessensfehlgebrauch oder einen Ermessensausfall gäben die Entscheidungen des FA keine Anhaltspunkte. Mit seiner Beschwerde gegen die Ablehnung der Gewährung von PKH durch das FG trägt der Antragsteller vor, grobe Fahrlässigkeit sei ihm nicht vorzuwerfen, denn er hätte auf die mit der Bundesbehörde geschlossene Vereinbarung, die eine sofortige Auszahlung der ausstehenden Summe geregelt habe, vertrauen dürfen. Damit, daß die Behörde die Auszahlung nicht pflichtgemäß vornehmen werde, hätte er nicht rechnen müssen. Bedingt durch die Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens über das Vermögen der GmbH's hätte er auch keine Möglichkeit mehr gehabt, auf die Auszahlung hinzuwirken.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die Rechtsverfolgung bei summarischer Prüfung nicht die nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Wie das FG bereits zutreffend dargelegt hat, ist der Geschäftsführer einer GmbH nach § 34 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) verpflichtet, deren steuerliche Pflichten zu erfüllen. Der Antragsteller hatte danach die Steuerabzugsbeträge einzubehalten und die rechtzeitige Abgabe von Lohnsteueranmeldungen zu besorgen (§ 34 Abs. 1 AO 1977, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes). Dazu gehört auch die Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, daß die GmbH die von ihr geschuldeten Steuern zahlt (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO 1977). Es besteht auch kein Zweifel, daß der Antragsteller dieser Verpflichtung in zumindest grob fahrlässiger Weise nicht nachgekommen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) wird der Arbeitgeber auch bei Liquiditätsproblemen nicht von der Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer frei, sondern darf die Löhne nur gekürzt als Vorschuß oder als Teilbetrag auszahlen und muß aus den dann übrig bleibenden Mitteln die entsprechende Lohnsteuer an das FA abführen. Von dieser Verpflichtung wird er auch nicht dadurch frei, daß er sich um die Erlangung der fehlenden Mittel zur Bezahlung der Steuerschulden bemüht und daß er auf den Eingang ausstehender Forderungen vertraut (vgl. Senatsurteile vom 26. Juli 1988 VII R 83/87, BFHE 153, 512, BStBl II 1988, 859, und vom 20. April 1993 VII R 67/92, BFH/NV 1994, 142). Das Bemühen des Antragstellers um die Realisierung der ihm fest zugesagten Leistung der Behörde zur Zahlung der geschuldeten Steuerbeträge vermag deren Nichteinbehaltung und Abführung an das FA nicht zu entschuldigen (vgl. Senatsbeschluß vom 25. Februar 1997 VII B 190/96, BFH/NV 1997, 594).
Zutreffend sieht das FG auch keinen Anhaltspunkt für eine fehlerhafte Ermessensausübung des FA bei Inanspruchnahme des Antragstellers als Haftungsschuldner. Die Behörde hat ausreichend zum Ausdruck gebracht, daß sie den Antragsteller als Haftungsschuldner deshalb in Anspruch genommen hat, weil eine Realisierung der Steuerrückstände bei den Steuerschuldnern infolge der Gesamtvollstreckung über deren Vermögen nicht mehr möglich ist.
Auch der Einwand des Antragstellers, die Haftungssumme sei zu hoch angesetzt, weil sie auf den von ihm als Geschäftsführer abgegebenen Lohnsteueranmeldungen beruhe, in denen die Steuerabzugsbeträge nach den geschuldeten Löhnen berechnet worden seien, obwohl er die Löhne tatsächlich nicht, bzw. nicht in voller Höhe ausbezahlt habe, rechtfertigt bei der im PKH-Verfahren gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten der erhobenen Klage keine andere Beurteilung. Zwar könnten die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden unrichtigen Lohnsteueranmeldungen, solange die Festsetzungsfrist nicht abgelaufen ist, noch geändert werden (§§ 168, 164 Abs. 2 AO 1977; vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 1998 VII R 80/97, BFH/NV 1998, 814). Indes ergibt sich weder aus dem Vortrag des Antragstellers im Klageverfahren, noch aus den Akten ein Anhaltspunkt dafür, ob und in welcher Höhe tatsächlich zu hohe Steuerbeträge vorangemeldet worden sind.
Die Haftung des Antragstellers umfaßt nach § 69 Satz 2 AO 1977 auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge. Dafür, daß diese als Haftungsschulden geltend gemachten Säumniszuschläge vom FA fehlerhaft berechnet und gegenüber dem Haftungsschuldner festgesetzt worden sind, hat der Antragsteller nichts vorgetragen.
Auch aus dem weiteren Akteninhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte, aus denen sich eine hinreichende Erfolgsaussicht für den Antragsteller ableiten ließe.
Ende der Entscheidung
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