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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.10.2008
Aktenzeichen: VII B 9/08
Rechtsgebiete: AO, InsO, FGO, AnfG
Vorschriften:
AO § 278 Abs. 2 | |
AO § 278 Abs. 1 | |
InsO § 129 | |
InsO § 134 | |
InsO § 133 | |
InsO § 129 ff. | |
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3 | |
FGO § 115 Abs. 2 | |
AnfG § 4 Abs. 1 |
Gründe:
I.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war für die Jahre 1999 und 2000 zusammen mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer veranlagt worden. Nach einem von beiden Ehegatten beantragten Aufteilungsbescheid entfielen 100 % der festgesetzten Steuern auf den Ehemann. Nachdem der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) festgestellt hatte, dass der Ehemann im Jahre 2003 rund 67 000 EUR auf ein Konto der Klägerin überwiesen hatte, erließ er einen Ergänzungsbescheid, mit dem er die Klägerin gemäß § 278 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) wegen rückständiger Abgaben in Höhe von 7 957,48 EUR in Anspruch nahm.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Abgesehen davon, dass das Finanzgericht (FG) die Unentgeltlichkeit der Zuwendung als durch die Einwände der Klägerin nicht widerlegt ansah, stellte es fest, dass, selbst wenn sämtliche Einwände zu berücksichtigen wären, noch unentgeltliche Leistungen in Höhe der zu vollstreckenden Forderung vorlägen. Die Anwendung des § 278 Abs. 2 AO sei auch nicht durch die Anfechtungsvorschriften der Insolvenzordnung (InsO) ausgeschlossen, da das Insolvenzverfahren allein den Ehemann betreffe und die sich aus diesem Verfahren ergebenden Vollstreckungsbeschränkungen und Anfechtungstatbestände allein die Vermögensmasse des Ehemannes als Insolvenzschuldner beträfen. Außerdem träten die Wirkungen der Aufteilung einer Gesamtschuld auf das Vollstreckungsverfahren, d.h. die Vollstreckungsbeschränkungen des § 278 Abs. 1 AO und im Falle unentgeltlicher Vermögenszuwendungen die Verpflichtung des Zuwendungsempfängers, die Zwangsvollstreckung nach § 278 Abs. 2 AO zu dulden, kraft Gesetzes ein. Daraus werde deutlich, dass die allein den Insolvenzschuldner treffenden Regelungen der InsO den Erlass eines Ergänzungsbescheides nach § 278 Abs. 2 AO nicht ausschließen könnten.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage geltend, ob die Anwendbarkeit der Anfechtungsvorschriften der InsO gemäß §§ 129, 134 InsO die Anwendung des § 278 Abs. 2 AO ausschließen.
Das FA tritt der Beschwerde entgegen.
II.
Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Nach dieser Vorschrift müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Allein das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch erst recht das erforderliche Allgemeininteresse (z.B. BFH-Beschluss vom 14. September 2007 VIII B 20/07, BFH/NV 2008, 25, und vom 30. Januar 2008 V B 57/07, BFH/NV 2008, 611).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin rügt, das FG übersehe die Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Aufgrund der allumfänglichen Wirkungen des Insolvenzrechts seien sämtliche Gläubiger gleichgestellt worden. Eine bevorzugte Behandlung oder Befriedigung des Fiskus sei nicht mehr vorgesehen. Das über § 278 Abs. 2 AO im Rahmen der Vollstreckung angegriffene Vermögen der Klägerin gehöre zum anfechtbaren Vermögen des Ehemannes als Insolvenzschuldner. Ob und inwieweit eine Insolvenzanfechtung auf diese Vermögensgegenstände durchgeführt werde, obliege der Herrschaft des Insolvenzverwalters. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens genieße das Insolvenzrecht in Ausgestaltung des Insolvenzanfechtungsrechts Vorrang gegenüber der Vollstreckungsnorm des § 278 Abs. 2 AO. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens müsse ebenso wie die Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz (AnfG) auch die Anwendung des § 278 Abs. 2 AO im Rahmen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung gesperrt sein.
Die Klägerin wiederholt hier ihr Vorbringen im finanzgerichtlichen Verfahren, ohne sich jedoch mit den diesbezüglichen Ausführungen im finanzgerichtlichen Urteil auseinanderzusetzen. Insbesondere bleibt offen, was der Rechtsauffassung des FG entgegenzuhalten ist, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesamtschuldners könne die Anwendung des § 278 Abs. 2 AO hinsichtlich des anderen, nicht vom Insolvenzverfahren betroffenen Gesamtschuldners nicht hindern, weil dieser bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 278 Abs. 2 AO die Zwangsvollstreckung kraft Gesetzes zu dulden habe.
Die Ausführungen der Klägerin erschöpfen sich im Kern in der Behauptung, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei § 278 Abs. 2 AO nicht mehr anwendbar. Das ist bereits insofern unschlüssig, als die Wirkung des § 278 Abs. 2 AO mit Vollzug der unentgeltlichen Zuwendung kraft Gesetzes eintritt und deshalb durch ein nachfolgendes Insolvenzverfahren nicht verhindert werden kann (die Vollstreckungsbeschränkung des § 278 Abs. 1 AO wird bei Vorliegen unentgeltlicher Vermögenszuwendungen insoweit kraft Gesetzes aufgehoben, vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 2001 VII R 56/99, BFHE 197, 19, BStBl II 2002, 214). Aber auch die dafür sinngemäß gegebene Begründung, die Norm stelle eine Begünstigung des Fiskus im Insolvenzverfahren dar, die der nach der Insolvenzordnung gebotenen Gleichrangigkeit aller Insolvenzgläubiger zuwider laufe, geht an der Rechtslage vorbei. Sie lässt außer Acht, dass die Anfechtungsmöglichkeiten des Insolvenzverwalters nach der Insolvenzordnung durch § 278 Abs. 2 AO nicht berührt werden. Die Klägerin hat nicht berücksichtigt, dass § 278 Abs. 2 AO einen Sonderfall der Anfechtung einer Vermögensverschiebung zwischen Ehegatten regelt, während die §§ 133 und 134 InsO dem Insolvenzverwalter für den Fall, dass ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gestellt worden ist, die Anfechtung einer unentgeltlichen Leistung des Schuldners ermöglichen, ebenso wie Gläubiger allgemein nach § 4 Abs. 1 AnfG zur Anfechtung berechtigt sind, wenn die unentgeltliche Leistung früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden ist (Senatsurteil in BFHE 197, 19, BStBl II 2002, 214).
2. Sofern die Klägerin mit der Beschwerde für klärungsbedürftig hält, in welchem Verhältnis das Vollstreckungsrecht des Fiskus aus § 278 Abs. 2 AO zur Rückführung der unentgeltlichen Zuwendung zur Insolvenzmasse im Wege der Anfechtung nach §§ 133 und 134 InsO steht, fehlt es schon an der Klärungsfähigkeit dieser Frage im Revisionsverfahren. Zum einen ist nicht dargelegt, dass der Insolvenzverwalter im Streitfall von einem möglichen Anfechtungsrecht nach den §§ 129 ff. InsO Gebrauch gemacht hat. Zum anderen wäre die sich in einem solchen Fall stellende Konkurrenzfrage im Rahmen eines Anfechtungsverfahrens vor den Zivilgerichten zu entscheiden.
Ende der Entscheidung
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