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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 30.04.2003
Aktenzeichen: VII E 8/03
Rechtsgebiete: InsO, GKG


Vorschriften:

InsO § 38
GKG § 2 Abs. 1 Satz 1
GKG § 11 Abs. 1
GKG § 49 Satz 1
GKG § 54 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der X-GmbH (Schuldnerin).

Auf die von der Schuldnerin erhobene Klage verpflichtete das Finanzgericht (FG) München mit Urteil vom 9. Mai 2000 das Finanzamt (FA), die Körperschaftsteuer für das Jahr 1993 mit ./. ... DM festzusetzen. Im Übrigen wies das FG die Klage ab.

Gegen dieses Urteil legte das FA am 12. Juli 2000 Revision ein. Am 24. Januar 2001 erließ der Bundesfinanzhof (BFH) einen Gerichtsbescheid, mit dem das finanzgerichtliche Urteil aufgehoben, die Klage abgewiesen und der Schuldnerin die Kosten des gesamten Rechtsstreits auferlegt wurden. Dieser Gerichtsbescheid wurde den Beteiligten nicht mehr zugestellt, weil das FA dem BFH mitgeteilt hatte, dass über das Vermögen der Schuldnerin am 1. Februar 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war.

Der Kostenschuldner nahm am 16. Mai 2001 als Insolvenzverwalter das Verfahren auf. Mit Gerichtsbescheid vom 27. Juni 2001 hob der BFH das finanzgerichtliche Urteil auf, wies die Klage ab und legte dem Kostenschuldner die Kosten des gesamten Rechtsstreits auf. Der Kostenschuldner beantragte mündliche Verhandlung.

Der BFH traf mit Urteil vom 10. Juli 2002 I R 69/00 (BFH/NV 2002, 1545) eine seinem Gerichtsbescheid vom 27. Juni 2001 entsprechende Entscheidung. Hinsichtlich der getroffenen Kostenentscheidung führte der BFH aus, es sei durch den Kostenbeamten im Kostenfestsetzungs- und Kostenansatzverfahren zu entscheiden, ob und ggf. in welchem Umfang die gegenüber dem Kostenschuldner festzusetzenden Kosten Insolvenzforderungen (§ 38 der Insolvenzordnung --InsO--) oder Masseschulden (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) darstellten. Dabei könne sich die Frage stellen, ob die Kosten nach Aufnahme des Rechtsstreits durch den Kostenschuldner im Revisionsverfahren im Hinblick auf das vor Insolvenzeröffnung abgeschlossene erstinstanzliche Verfahren aufzuteilen und in jenem Umfang, in dem sie auf das erstinstanzliche Verfahren entfielen, zum Zwecke der Gleichbehandlung aller Insolvenzgläubiger als Insolvenzforderungen zu behandeln seien.

Mit Kostenrechnung vom .. Oktober 2002 legte die Kostenstelle des BFH dem Kostenschuldner Kosten von ... € auf. Dabei setzte sie Gebühren für das Revisionsverfahren im Allgemeinen, für einen Gerichtsbescheid und für ein die Instanz abschließendes Urteil an.

Hiergegen wendet sich der Kostenschuldner mit seiner Erinnerung. Er trägt vor, die Kostenrechnung entspreche nicht dem BFH-Urteil vom 10. Juli 2002. Die angesetzten Kosten seien danach in solche aufzuteilen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und nach der Aufnahme des Rechtsstreits durch ihn entstanden seien. Die Gebühren für das Revisionsverfahren könnten bei einer Aufnahme des Verfahrens durch den Insolvenzverwalter lediglich Insolvenzforderungen darstellen, weil sie vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden seien.

II. Die Erinnerung ist unbegründet.

Die Kosten für das finanzgerichtliche Verfahren werden gemäß § 1 Abs. 1 Buchst. c und § 11 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben. Nach Teil 3, I, 2 Nr. 3130, 3133 und 3134 des Kostenverzeichnisses sind für das Revisionsverfahren im Allgemeinen zwei, für einen Gerichtsbescheid 1,5 und für ein die Instanz abschließendes Urteil, soweit die Gebühr nach Nr. 3133 entstanden ist, nochmals 1,5 Gebühren anzusetzen. Dem entspricht die Kostenrechnung vom .. Oktober 2002.

Anders als der Kostenschuldner meint, sind die angesetzten Gebühren im Streitfall nicht nach Insolvenzforderungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind (§ 38 InsO), und Masseverbindlichkeiten aufzuteilen, die durch Handlungen des Insolvenzverwalters begründet worden sind (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Der Kostenschuldner beruft sich insoweit zu Unrecht auf das BFH-Urteil in BFH/NV 2002, 1545. Der BFH hat dort lediglich hinsichtlich der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einerseits und der Kosten des Revisionsverfahrens andererseits ausgeführt, dass der Kostenbeamte über eine derartige Aufteilung im Kostenansatzverfahren ohne Bindung an die getroffene Kostengrundentscheidung zu befinden habe. Im Streitfall geht es indes ausschließlich um die Kosten für das Revisionsverfahren.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die vom Kostenschuldner begehrte Aufteilung der Kosten für das Revisionsverfahren überhaupt auf der Grundlage der getroffenen Kostengrundentscheidung im Kostenansatzverfahren durchgeführt werden kann. Eine derartige Aufteilung scheidet im Streitfall jedenfalls deshalb aus, weil die vom Kostenbeamten angesetzten Gebühren nicht zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens --am 1. Februar 2001-- gegen die Schuldnerin begründet waren, wie dies § 38 InsO voraussetzt. Dies versteht sich von selbst hinsichtlich der für den Gerichtsbescheid vom 27. Juni 2001 und für das Urteil vom 10. Juli 2002 angesetzten Gebühren nach Nr. 3133 und 3134 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zum GKG. Nichts anderes gilt für die für das Revisionsverfahren im Allgemeinen nach Nr. 3130 des Kostenverzeichnisses angesetzten Gebühren.

Diese Gebühren sind zwar bereits mit Eingang der Revision des FA beim BFH am 12. Juli 2000 entstanden (vgl. hierzu etwa Senatsbeschluss vom 4. Juli 1986 VII E 4/85, BFH/NV 1986, 693). Der entsprechende Gebührenanspruch richtete sich jedoch nicht mehr gegen die Schuldnerin. Da die Revision vom FA eingelegt worden ist, wäre nach § 49 Satz 1 GKG allenfalls dieses Kostenschuldner der Gebühren nach Nr. 3130 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zum GKG geworden. Der Umstand, dass das FA nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GKG von der Zahlung der Gerichtskosten befreit ist (vgl. BFH-Beschluss vom 29. September 1977 V R 46/75, BFHE 123, 312, BStBl II 1978, 13), ändert nichts daran, dass die Schuldnerin das Revisionsverfahren nicht beantragt hat und daher nicht nach § 49 Satz 1 GKG Kostenschuldnerin geworden ist.

Die Schuldnerin ist auch nicht mehr nach § 54 Nr. 1 GKG Kostenschuldnerin geworden. Der Gerichtsbescheid vom 24. Januar 2001, mit dem der Schuldnerin die Kosten des gesamten Rechtsstreits auferlegt worden sind, ist den Beteiligten weder zugestellt noch sonst formlos bekannt gegeben worden. Dieser Gerichtsbescheid hat deshalb keine Wirksamkeit erlangt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. Dezember 1996 IX R 1/95, BFH/NV 1997, 582; vom 6. Juni 2001 X B 169/00, BFH/NV 2001, 1143, 1144). § 54 Nr. 1 GKG setzt indessen eine wirksam gewordene gerichtliche Entscheidung voraus, mit der dem Kostenschuldner die Kosten des Verfahrens auferlegt werden (vgl. Kammergericht, Beschluss vom 21. Dezember 1999 1 W 1578/99, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2000, 1239; Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 54 GKG Rz. 5).

Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 5 Abs. 6 GKG).

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