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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.04.1998
Aktenzeichen: VII R 102/97
Rechtsgebiete: GG, FGO
Vorschriften:
GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2 | |
FGO § 6 Abs. 1, Abs. 3 | |
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 1 |
Hat der zuständige Senat des FG eine Rechtsstreitigkeit nach § 6 Abs. 1 FGO durch ordnungsgemäßen Beschluß auf den Einzelrichter übertragen, so bleibt bei einer durch Präsidiumsbeschluß festgelegten Übertragung der Rechtssache auf einen anderen Senat bei diesem als gesetzlicher Richter der Einzelrichter zuständig. Welcher Richter das ist, bestimmt sich nach dem senatsinternen Mitwirkungsplan.
GG Art. 101 Abs. 1 Satz 2 FGO § 6 Abs. 1, Abs. 3, § 116 Abs. 1 Nr. 1
Beschluß vom 28. April 1998 - VII R 102/97 -
Vorinstanz: FG Düsseldorf
Gründe
I.
Der zuständige Senat des Finanzgerichts (FG) übertrug den Rechtsstreit mit den Beteiligten ordnungsgemäß bekanntgegebenem Beschluß vom 10. September 1993 gemäß § 6 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die namentlich benannte Einzelrichterin G zur Entscheidung. Vor Ergehen einer Entscheidung wurde die Streitsache durch Präsidiumsbeschluß des FG vom 10. auf den 18. Senat übertragen. Der Vorsitzende des 18. Senats erklärte, aufgrund der Zuständigkeitsänderung sei nunmehr Richter am Finanzgericht R für die Bearbeitung der Sache zuständig. Der Einzelrichter wies die Klage zum überwiegenden Teil als unbegründet ab. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Dagegen hat der Kläger und Revisionskläger --Kläger-- (zulassungsfreie) Revision mit der Begründung eingelegt, die Übertragung auf den Einzelrichter habe mit Änderung der Senatszuständigkeit ihre Wirkung verloren und eine erneute --wirksame-- Bestellung eines Einzelrichters durch entsprechenden Beschluß des neuen Spruchkörpers sei nicht erfolgt. Daraus folge, daß das FG nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO) und ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) vorliege.
II.
Die Revision ist unzulässig und deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO).
Der behauptete Verfahrensmangel der nicht ordnungsgemäßen Besetzung des erkennenden Gerichts (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO) ist nicht schlüssig gerügt.
Hat der zuständige Senat des FG die Rechtsstreitigkeit durch ordnungsgemäßen Beschluß nach § 6 Abs. 1 FGO auf den Einzelrichter übertragen, bedarf es bei einem durch Präsidiumsbeschluß festgelegten Wechsel der Zuständigkeit der Streitsache auf einen anderen Senat keines erneuten Beschlusses des zuständig gewordenen Senats.
Mit der Übertragung der Streitsache auf den Einzelrichter geht der Rechtsstreit im vollen Umfang auf den Einzelrichter über und ist dem Kollegium entzogen (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 6 FGO Rz. 8; Buciek in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 6 FGO Rz. 97; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 6 Rz. 18; zu dem gleichlautenden § 348 der Zivilprozeßordnung --ZPO-- vgl. Zöller/Stefan, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., § 348 Rz. 13; Baumbach/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 56. Aufl., Rz. 3). Der Einzelrichter wird anstelle des Senats der gesetzliche Richter i.S. des § 101 Abs. 1 Satz 2 GG (List in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 6 FGO Rz. 18). Die Streitsache konnte daher allenfalls unter den besonderen Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Satz 1 FGO durch Zurückverweisung oder Rückübertragung wieder in die Senatszuständigkeit zurückgelangen. Eine solche Zurückverweisung oder Rückübertragung ist nicht erfolgt. War demnach die Sache dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, so blieb sie eine Einzelrichtersache, auch bei der im Zusammenhang mit anderen Verfahren erfolgten --generellen-- Übertragung von Streitsachen durch das Präsidium nach § 21e Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) auf einen anderen Senat. Es besteht weder ein verfassungsrechtliches noch ein einfachgesetzliches Gebot für das Präsidium, bei der Neuverteilung schon anhängiger Streitsachen solche auszunehmen, die bereits auf einen Einzelrichter übertragen worden sind. Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG garantiert lediglich den gesetzlichen Richter, also den nach dem Gesetz zuständigen Richter, und begründet weder eine Bindung an eine bestimmte Richterperson noch schließt die Verfassungsnorm eine Übertragung aufgrund eines Gesetzes auf einen anderen Richter aus (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof --BayVGH--, Beschluß vom 28. Februar 1996 19 AA 96.30023, Bayerische Verwaltungsblätter --BayVBl-- 1996, 506). Damit war das Präsidium nicht gehindert, bei der generellen Übertragung von Streitsachen vom 10. auf den 18. Senat des FG auch solche mit zu übertragen, für die durch Senatsbeschluß bereits ein Einzelrichter bestellt worden war.
War der Rechtsstreit einem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, so änderte die nachträgliche Übertragung auf den anderen Senat daran nichts (vgl. Buciek, a.a.O., § 6 FGO Rz. 106; Zöller/Greger, a.a.O., § 348 Rz. 13; wohl auch Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, § 6 Rz. 4; Deubner in Münchener Kommentar zur Zivilprozeßordnung, § 348 Rz. 18; a.A. Geiger in Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 10. Aufl., § 6 Rz. 7, und Gräber/Koch, a.a.O., § 6 Rz. 18). Denn auch bei diesem wird wegen der fortbestehenden Prozeßlage der Einzelrichter zuständig; d.h. das Verfahren wird dort unmittelbar in der Lage fortgesetzt, in der es sich bei der Verweisung befunden hat, so daß die Übertragung auf den Einzelrichter auch den aufnehmenden Senat bindet (vgl. BayVGH in BayVBl 1996, 506).
Im Streitfall ist das Verfahren mit Beschluß vom 10. September 1993 von dem damals zuständigen Senat auf die Einzelrichterin G übertragen worden. Welche Richterperson dabei zuständiger Einzelrichter geworden ist, ist ebenso wie ihre Nennung im Beschluß für das Verfahren ohne Bedeutung (vgl. Buciek in Beermann, a.a.O., Rz. 86; Zöller/Greger, a.a.O., § 348 Rz. 14, m.w.N.). Die Person des Einzelrichters, dem die Sache zur Entscheidung übertragen werden kann, ergibt sich aus dem vom Vorsitzenden des Senats gemäß § 4 FGO i.V.m. § 21g GVG aufzustellenden senatsinternen Mitwirkungsplan (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 1 GVG; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 24. Oktober 1996 IV R 57/95, BFH/NV 1997, 417, und vom 26. Februar 1996 VI R 66/95, BFH/NV 1996, 572). Mit der Übertragung der streitbefangenen Sache durch das Präsidium auf den 18. Senat blieb es -- ohne daß es eines erneuten Beschlusses bedurft hätte-- bei der einmal vorgenommenen Einzelrichterbestellung. Welcher Richter in dem die Streitsache aufnehmenden 18. Senat des FG als Einzelrichter zuständig geworden ist, bestimmt sich wiederum nach den vom Vorsitzenden zu Beginn des Jahres aufgestellten senatsinternen Mitwirkungsplänen (§ 21g GVG). Dafür, daß der Vorsitzende des 18. Senats des FG von den aufgestellten Mitwirkungsplänen aus sachfremden Gründen abgewichen wäre, ergibt sich kein Anhaltspunkt.
Danach liegen die Voraussetzungen einer zulassungsfreien Revision nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht vor. Die Zulassung kommt auch nicht aus anderen Gründen in Betracht; die von dem Kläger eingelegte Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist durch Beschluß des erkennenden Senats vom heutigen Tage (VII B 183/97) als unbegründet zurückgewiesen worden.
Ende der Entscheidung
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