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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 02.02.1999
Aktenzeichen: VII R 106/96
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 126 Abs. 3 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erhielt von dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) Ausfuhrerstattung für drei ausgeführte Sendungen mit gefrorenen Geflügelteilen, Hähnchen-Hinterhälften mit Schenkeln, wie gewachsen von der Rückenhaut zusammengehalten. Diese Ware war in den Kontrollexemplaren und in den Anträgen auf Gewährung der Ausfuhrerstattung als "Hälften oder (bzw. und) Viertel, (nicht entbeint)" der Marktordnungswarenlistennummer 0207 4111 000 bezeichnet. Nachdem das HZA aufgrund zolldienstlicher Ermittlungen zu der Auffassung gelangt war, daß es sich bei den Waren um (nicht begünstigte) "andere" Geflügelteile der Listennummer 0207 4171 900 gehandelt habe, nahm es die Erstattungsbescheide mit Änderungsbescheid unter Rückforderung der Ausfuhrerstattung in Höhe von insgesamt ... DM zurück.

Die hiergegen vom Kläger erhobene Klage, mit der er sich gegen die der Rückforderung zugrundeliegende Umtarifierung wandte, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht hielt die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts infolge unzutreffender Einreihung der ausgeführten Waren in die Nomenklatur der landwirtschaftlichen Erzeugnisse für Ausfuhrerstattungen (Erstattungsnomenklatur).

Im Verlauf des Revisionsverfahrens hat der Senat mit Beschluß vom 26. Juni 1997 VII R 106/96 (BFH/NV 1998, 234), auf den wegen der Darstellung des Streitstandes im einzelnen verwiesen wird, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) die folgende Auslegungsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"Ist die für die Zeit vom 21. Juni 1988 bis 16. Januar 1989 gültige Ausfuhrerstattungsnomenklatur - Verordnung (EWG) Nr. 3846/87 der Kommission vom 17. Dezember 1987 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften L 366/1), Anlage Nr. 8 'ex 0207 4111' dahin auszulegen, daß unter den Begriff (Hühner-)'Viertel' auch voneinander noch nicht vollständig getrennte Geflügelteile ('posteriori') fallen, wie sie in den Gründen dieses Beschlusses näher beschrieben sind?"

Der EuGH hat daraufhin mit Urteil vom 10. Dezember 1998 Rs. C-290/97 wie folgt entschieden:

"Teile von Hühnern, die aus den beiden von der Rückenhaut zusammengehaltenen Hintervierteln bestehen, sind 'Viertel' (Code 0207 41 11 000) im Sinne der durch die Verordnung (EWG) Nr. 3846/87 der Kommission vom 17. Dezember 1987 erstellten Nomenklatur der landwirtschaftlichen Erzeugnisse für Ausfuhrerstattungen."

Die Beteiligten hatten Gelegenheit, sich zu diesem Vorabentscheidungsurteil zu äußern.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung und den Änderungsbescheid des HZA vom 18. Juli 1990 sowie die Einspruchsentscheidung vom 27. Oktober 1994 aufzuheben.

Das HZA hat erklärt, keine Stellungnahme mehr abgeben zu wollen. Dies versteht der Senat als Festhalten am ursprünglichen Antrag, nämlich die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Die Revision des Klägers ist begründet; sie führt antragsgemäß zur Aufhebung der Vorentscheidung und der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

1. Die Revision ist zulässig, insbesondere zulassungsfrei statthaft gemäß § 116 Abs. 2 FGO. Als Zolltarifsache im Sinne der bezeichneten Vorschrift ist auch eine Streitigkeit über die Einordnung einer Ware in die Erstattungsnomenklatur anzusehen, denn diese Nomenklatur gehört zum Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften (Art. 20 Abs. 3 Buchst. b Zollkodex; vgl. auch Lux in Dorsch, Zollrecht, B I/20 Rz. 9). Im übrigen hängt die Vorentscheidung auch von der Anwendung zolltariflicher Vorschriften im eigentlichen Sinne ab.

2. Die Revision ist auch begründet. Die Rücknahme der ursprünglichen Erstattungsbescheide durch den angefochtenen Änderungsbescheid verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Änderungsbescheid ist rechtswidrig, weil er von einer fehlerhaften Einreihung der ausgeführten Waren in die zu den jeweiligen marktordnungsrechtlich maßgebenden Zeitpunkten gültige Erstattungsnomenklatur ausgeht.

Nach der vom Senat in diesem Verfahren eingeholten Vorabentscheidung des EuGH, an die der Senat gebunden ist, steht fest, daß die streitgegenständlichen Teile von Hühnern, die jeweils aus den beiden von der Rückenhaut zusammengehaltenen Hintervierteln bestehen, "Viertel" im Sinne des Produktcodes 0207 41 11 000 der damals maßgeblichen Erstattungsnomenklatur sind. Folglich ist der Änderungsbescheid mit seiner abweichenden Einreihung (Produktcode 0207 41 71 900) mitsamt den daraus gezogenen Folgerungen rechtswidrig und muß aufgehoben werden.

3. Da das vorinstanzliche Urteil auf einer anderen Rechtsauffassung beruht, muß auch dieses aufgehoben werden. Da die Sache spruchreif ist, ist nach dem Antrag des Klägers durchzuerkennen.

Ende der Entscheidung

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