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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 13.01.2005
Aktenzeichen: VII R 12/04
Rechtsgebiete: KraftStG, StVZO
Vorschriften:
KraftStG § 3b Abs. 1 Satz 7 | |
StVZO § 23 Abs. 1b |
Gründe:
I.
Auf den Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde am 9. Februar 2001 ein PKW (Fremdzündungsmotor mit 1 781 ccm, sog. Euro-4-PKW) zugelassen. Die Erstzulassung des Fahrzeugs war bereits am 5. Mai 2000 erfolgt. Mit Bescheid vom Februar 2001 befreite der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) das Halten des Fahrzeugs für die Zeit vom 9. Februar 2001 bis 3. September 2003 gemäß § 3b Abs. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) von der Kraftfahrzeugsteuer. Der Wert der Steuerbefreiung entsprach danach ab dem Tag der Erstzulassung einer Steuerersparnis von 600 DM.
Nachdem dem Kläger für das Fahrzeug ab dem 2. November 2001 ein Saisonkennzeichen für die Monate März bis November zugeteilt worden war, änderte das FA den ursprünglichen Bescheid dahin gehend, dass das Halten des Fahrzeugs nunmehr für die Zeit vom 2. November 2001 bis 3. September 2003 von der Kraftfahrzeugsteuer befreit wurde (Änderungsbescheid vom 15. November 2001). Der gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch, mit dem der Kläger begehrte, die befristet gewährte Steuerbefreiung um die Zeiten, in denen der PKW wegen des Saisonkennzeichens nicht betrieben werden durfte, zu verlängern, blieb ohne Erfolg.
Nach Klageerhebung erließ das FA am 1. August 2003 einen Kraftfahrzeugsteuerbescheid, mit welchem die Kraftfahrzeugsteuer für den PKW für die Zeit vom 4. September 2003 bis 30. November 2003 auf 22 € und jeweils für die Monate März bis November auf 91 € festgesetzt worden ist.
Mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 771 veröffentlichten Urteil hat das Finanzgericht (FG) die Klage abgewiesen.
Gegen die finanzgerichtliche Entscheidung wendet sich die Revision des Klägers, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Es werde nicht in Zweifel gezogen, dass sich der Steuerbefreiungszeitraum um den Zeitraum, in dem das Fahrzeug vorübergehend stillgelegt war (11. Juli 2000 bis 8. Februar 2001), nicht verlängere. Denn nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Juni 2001 VII R 74/00 (BFHE 195, 433, BStBl II 2001, 615) seien die Tage der vorübergehenden Stilllegung des PKW bei der Ermittlung der Dauer der Steuerbefreiung nach § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG mitzuzählen. Dies gelte jedoch nicht für Zeiträume, in denen das Fahrzeug aufgrund einer Saisonzulassung im Straßenverkehr nicht benutzt werden darf. Dieser negative Betriebszeitraum sei kein Unterfall einer vorübergehenden Stilllegung, mit der Folge, dass der Zeitraum der Nichtinbetriebnahme des PKW wegen eines Saisonkennzeichens bei der Berechnung der Dauer der Steuerbefreiung nicht gemäß § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG berücksichtigt werden dürfe. Entgegen der Auffassung des FG könne aber auch § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 1 KraftStG nicht dahin gehend verstanden werden, dass eine Verlängerung der Steuerbefreiung um den negativen Betriebszeitraum ausgeschlossen sei. Eine derart weite Auslegung dieser Vorschrift sei wegen deren klaren und eindeutigen Wortlauts nicht gerechtfertigt, so dass auch insoweit nicht auf den mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers abgestellt werden dürfe. Der Gesetzgeber habe in § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG eindeutig nur den Fall geregelt, dass die Zeit einer vorübergehenden Stilllegung eines Fahrzeugs bei der Berechnung des Steuerbefreiungszeitraums mitgezählt werden müsse. Nicht erwähnt und gleichgestellt habe er die Fälle der anderen Stilllegungs- und Zulassungsarten. Hierdurch sei ein Vertrauen darauf erzeugt worden, dass eben die nicht genannten Stilllegungs- und Zulassungsarten --so wie auch eine Saisonzulassung-- von § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG nicht betroffen seien und damit nicht zu einem Verbrauch des Steuerbefreiungszeitraums führten.
Mit einer Verlängerung des Steuerbefreiungszeitraums um den negativen Betriebszeitraum, welcher sich aufgrund eines Saisonkennzeichens ergebe, werde auch dem Normzweck des § 3b Abs. 1 KraftStG nicht widersprochen. Vielmehr würden Halter eines saisonal zugelassenen PKW mit einer entsprechenden Verlängerung stärker motiviert, frühzeitig auf ein schadstoffarmes Fahrzeug umzusteigen. Wollte man dagegen den negativen Betriebszeitraum bei der Berechnung des Steuerbefreiungszeitraums miteinbeziehen, würde sich der Anreiz zum frühzeitigen Umstieg verringern, was allerdings dem erklärten Ziel des Gesetzgebers zur Verbesserung der Umweltbedingungen zuwiderlaufe.
Das FA schließt sich den Ausführungen des finanzgerichtlichen Urteils an und führt im Wesentlichen ergänzend aus: Im KraftStG seien keine Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass Zeiten der vorübergehenden Stilllegung für die Frage der Steuerbegünstigung von Kfz nach § 3b KraftStG anders behandelt werden sollten als Zeiten, in denen ein Fahrzeug mit Saisonkennzeichen nicht betrieben werden dürfe. Entscheidend im kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Sinne --und unabhängig von der zulassungsrechtlichen Einordnung-- sei, dass in beiden Fällen die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr nicht erlaubt sei. Aus der Nichterwähnung der Saisonkennzeichen in § 3b Abs. 1 Satz 7 KraftStG könne nicht darauf geschlossen werden, dass das Gesetz den negativen Betriebszeitraum einer Saisonzulassung anders behandeln wollte.
II.
Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 1. August 2003, durch den der angefochtene Kraftfahrzeugsteuerbescheid vom 15. November 2001 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung i.S. des § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geändert bzw. ersetzt worden sind (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 2001 VII R 59/99, BFHE 194, 466, BStBl II 2001, 506) und der nach der vorgenannten Norm Gegenstand des Verfahrens geworden ist, rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die dem Kläger für sein Fahrzeug gewährte Steuerbefreiung ist nicht über den 3. September 2003 hinaus um die Zeiten hinauszuschieben, in denen das Fahrzeug wegen des Saisonkennzeichens im Straßenverkehr nicht betrieben werden darf.
1. Gemäß § 3b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 sowie Sätze 3 und 4 KraftStG ist das Fahrzeug des Klägers --was zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- ab dem 5. Mai 2000, dem Tag der Erstzulassung, steuerbefreit. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten ebenfalls, dass die Dauer der Steuerbefreiung beim streitgegenständlichen PKW (ein besonders schadstoffreduzierter, sog. Euro-4-PKW) gemäß § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 1 KraftStG endet, sobald die Steuerersparnis vor dem 1. Januar 2006 auf der Grundlage der Steuersätze gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a KraftStG (vorliegend 10 DM --ab 1. Januar 2002: 5,11 €-- je 100 ccm) einen Betrag von 600 DM (ab 1. Januar 2002: 306,78 €) erreicht hat, die Steuerbefreiung also bei der Möglichkeit einer ununterbrochenen Benutzung des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen mit dem 3. September 2003 abgelaufen wäre. Schließlich ist unstreitig, dass die Tage der vorübergehenden Stilllegung des PKW (11. Juli 2000 bis einschließlich 8. Februar 2001) bei der Berechnung der Dauer der Steuerbefreiung gemäß § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG mitgezählt werden (vgl. Senatsurteil in BFHE 195, 433, BStBl II 2001, 615).
2. Streitig ist vorliegend allein, ob und wie die Zeiten, in denen der PKW aufgrund des zugeteilten Saisonkennzeichens auf öffentlichen Straßen nicht in Betrieb gesetzt oder abgestellt werden darf, bei der zu ermittelnden Steuerbefreiungsfrist zu berücksichtigen sind. Der erkennende Senat legt § 3b Abs. 1 Satz 7 KraftStG in Übereinstimmung mit der Vorinstanz dahin aus, dass die Tage, die außerhalb des Betriebszeitraums liegen, bei der Ermittlung der Dauer der Steuerbefreiung mitgezählt werden und es für die Berechnung der Dauer der Steuerbefreiung nicht darauf ankommt, ob ein Fahrzeug wegen eines Saisonkennzeichens für einen gewissen Zeitraum im Jahr im Straßenverkehr nicht betrieben werden darf.
a) Durch die 23. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 12. November 1996 (BGBl I 1996, 1738) wurde mit Wirkung ab dem 1. März 1997 das sog. Saisonkennzeichen eingeführt, das in jedem Jahr für einen bestimmten Zeitraum gültig ist. Gemäß § 23 Abs. 1b Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) wird auf Antrag für ein Fahrzeug ein auf einen nach vollen Monaten bemessenen Zeitraum (Betriebszeitraum) befristetes amtliches Kennzeichen zugeteilt, das jedes Jahr in diesem Zeitraum auch wiederholt verwendet werden darf. Nach Satz 2 dieser Vorschrift darf das Fahrzeug auf öffentlichen Straßen nur während des auf diesem Kennzeichen angegebenen Zeitraums in Betrieb gesetzt oder abgestellt werden. Durch diese Regelung sollen die Fahrzeughalter von den früher notwendigen Behördengängen und den Kosten für eine vorübergehende Stilllegung des Fahrzeugs und die anschließende Wiederanmeldung entlastet werden (vgl. Recktenwald, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht --UVR-- 1997, 225, 234; Bruschke, UVR 2001, 324).
Durch die Zuteilung eines Saisonkennzeichens wird allerdings lediglich die Befugnis zum Betrieb des Fahrzeugs, nicht dagegen die Geltung der Zulassung zeitlich begrenzt. Ein Fahrzeug mit Saisonkennzeichen ist daher ununterbrochen zugelassen, also auch während des jeweiligen negativen Betriebszeitraums (Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. August 2001 3 Bf 385/00, Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht 2002, 150; vgl. auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 23 StVZO, Rz. 22a; Lütkes/Ferner/Kramer, Straßenverkehr, Bd 3, § 23 StVZO Rz. 40). Rechtstechnisch stellt daher der negative Betriebszeitraum eines Saisonkennzeichens keinen Unterfall einer vorübergehenden Stilllegung dar (so aber Urteil des Niedersächsischen FG vom 31. August 2000 14 K 679/98, EFG 2001, 236; Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, Kommentar, § 3b Rn. 4 a.E.). § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG ist folglich im Streitfall nicht unmittelbar anwendbar.
b) Gleichwohl führt im Streitfall der negative Betriebszeitraum i.S. des § 23 Abs. 1b Satz 2 StVZO (Dezember bis einschließlich Februar eines jeden Jahres) --entgegen der Ansicht der Revision-- nicht zu einer Verlängerung der Dauer der gewährten Steuerbefreiung.
Schon der Wortlaut des § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 1 KraftStG spricht gegen eine Verlängerung. Nach dieser Vorschrift wird die befristete Steuerbefreiung auf der Grundlage der Steuersätze nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a KraftStG gewährt. Damit wird bei der Berechnung der Steuerbefreiung nicht auf einen individuell zu errechnenden Geldbetrag, sondern auf eine zeitraumbezogene Ermittlung auf der Grundlage der regulären Steuersätze abgestellt (Senat in BFHE 195, 433, BStBl II 2001, 615). Es handelt sich um eine pauschale Regelung ohne Rücksichtnahme auf individuelle Besonderheiten.
Aus den Gesetzesmaterialien zu § 3b KraftStG, der mit dem Gesetz zur stärkeren Berücksichtigung der Schadstoffemissionen bei der Besteuerung von PKW (Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997) vom 18. April 1997 (BGBl I 1997, 805) eingeführt wurde, lässt sich nichts anderes ableiten. Nach der Gesetzesbegründung der Bundesregierung soll die Steuerbefreiung enden, falls und sobald deren Wert den jeweiligen Steuerersparnisbetrag erreicht hat (BTDrucks 13/4918, S. 9). Wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 195, 433, BStBl II 2001, 615 (auf das insoweit Bezug genommen wird) ausführlich erläutert hat, wollte der Gesetzgeber mit der Einfügung des Halbsatzes 2 in § 3b Abs. 1 Satz 7 KraftStG die vorübergehenden Stilllegungszeiten --wie bisher bei den Steuerbefreiungen nach §§ 3e und 3f KraftStG a.F.-- berücksichtigt wissen (vgl. auch Stellungnahme der Bundesregierung, BTDrucks 13/5360, S. 2 Nr. 3). Von einer Berechnung der Steuerersparnis unter Beachtung individueller Besonderheiten ist also nicht die Rede.
Wenn auch § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG im Streitfall nicht unmittelbar anwendbar ist, ist überdies von entscheidender Bedeutung, dass während einer vorübergehenden Stilllegung nicht anders als innerhalb des durch ein Saisonkennzeichen festgelegten negativen Betriebszeitraums ein Fahrzeug im Straßenverkehr nicht benutzt werden darf. Insoweit sind beide Fälle miteinander vergleichbar. Wenn Zeiten einer vorübergehenden Stilllegung nicht zu einer Verlängerung der Dauer der Steuerbefreiung nach § 3b Abs. 1 KraftStG führen, so muss dies auch für den Fall gelten, in dem ein PKW aufgrund eines Saisonkennzeichens für einen gewissen Zeitraum im Jahr im Straßenverkehr nicht betrieben werden darf.
Der Senat vermag nicht der Ansicht der Revision zu folgen, § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG enthalte eine eindeutige Regelung, die über ihren Wortlaut hinaus einer Auslegung nicht zugänglich sei. Die vom Senat gefundene Auslegung läuft auch nicht dem Gesetzeszweck der auszulegenden Regelung zuwider. Eine Auslegung dahin gehend, dass sich die Dauer der Steuerbefreiung nicht um den negativen Betriebszeitraum eines Saisonkennzeichens verlängert, mag zwar dem Normzweck des § 3b KraftStG widersprechen, einen steuerlichen Anreiz zum schnellen Umstieg auf schadstoffarme Fahrzeuge zu schaffen (vgl. Gesetzesmaterialien in BTDrucks 13/6112, S. 22; Strodthoff, a.a.O., § 3b Rn. 4). Denn es mag sein, dass im Einzelfall ein Halter eines Fahrzeugs mit Saisonkennzeichen stärker motiviert wäre, auf ein emissionsarmes Fahrzeug umzusteigen, wenn sich die Dauer der Steuerbefreiung um den negativen Betriebszeitraum verlängerte. Diese Denkmöglichkeit besteht aber auch in den Fällen, in denen ein Fahrzeug vorübergehend stillgelegt wird. Das hat den Gesetzgeber allerdings nicht daran gehindert, die Zeiten der vorübergehenden Stilllegung in die Berechnung des Steuerbefreiungszeitraums gemäß § 3b Abs. 1 Satz 7 Halbsatz 2 KraftStG einzubeziehen. Die Berücksichtigung auch des negativen Betriebszeitraums i.S. des § 23 Abs. 1b Satz 2 StVZO bei der Berechnung der Dauer der Steuerbefreiung fügt sich daher in die Systematik des § 3b Abs. 1 Satz 7 KraftStG ein, so dass vermutet werden kann, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, die Dauer der Steuerbefreiung auch nicht um den Zeitraum zu verlängern, in welchem ein schadstoffarmes Fahrzeug mit Saisonkennzeichen im Straßenverkehr nicht betrieben werden darf.
Ende der Entscheidung
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