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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 17.10.2006
Aktenzeichen: VII R 17/05
Rechtsgebiete: StBerG, LStHVDV, AO 1977
Vorschriften:
StBerG § 10 Abs. 2 | |
StBerG § 23 Abs. 4 Nr. 2 | |
StBerG § 23 Abs. 5 | |
StBerG § 23 Abs. 6 | |
LStHVDV § 4a | |
LStHVDV § 4b | |
AO 1977 § 92 Satz 1 |
Gründe:
I.
Der klagende und revisionsbeklagte Lohnsteuerhilfeverein (Verein) hat der Beklagten und Revisionsbeklagten (Oberfinanzdirektion --OFD--) im Dezember 2002 die Eröffnung einer Beratungsstelle angezeigt und der Anzeige die in dem § 4a und § 4b der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über die Lohnsteuerhilfevereine --LStHVDV-- (BGBl I 1975, 1906, zuletzt geändert BGBl I 2000, 874) vorgeschriebenen Erklärungsvordrucke sowie Unterlagen über den beruflichen Werdegang der Person beigefügt, die er als Beratungsstellenleiter vorgesehen hatte. Die OFD möchte neue Beratungsstellen aber nur dann in das Verzeichnis der Beratungsstellen aufnehmen, wenn zuvor zusätzlich für den künftigen Beratungsstellenleiter eine "Bescheinigung in Steuersachen" dessen Wohnsitzfinanzamtes nach von der Landesfinanzverwaltung vorgegebenem Muster vorgelegt worden ist, welche unter anderem Aufschluss darüber gibt, ob dieser seine steuerlichen Pflichten erfüllt und keine Steuerschulden hat, ob gegen ihn Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen oder Steuerstrafen verhängt worden sind und dergleichen. Hierauf hat die OFD die Lohnsteuerhilfevereine im Februar 2003 hingewiesen und darüber hinaus auch den klagenden Verein im April 2003 um Vorlage einer solchen Bescheinigung auf Vordruck gebeten. Der Verein sieht dafür jedoch keine gesetzliche Grundlage und verwahrte sich deshalb gegen diese Aufforderung gegenüber der OFD. Schließlich legte er jedoch diese Bescheinigung vor, woraufhin die neue Beratungsstelle in das vorgenannte Verzeichnis eingetragen wurde.
Der Verein hat gegen die OFD Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die OFD nicht berechtigt war, als Voraussetzung für die Eintragung einer Beratungsstelle eine "Bescheinigung in Steuersachen" für den künftigen Beratungsstellenleiter zu verlangen.
Das Finanzgericht (FG) hat diesem von ihm als Fortsetzungsfeststellungsklage behandelten Begehren mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2005, 1805 veröffentlichten Urteil entsprochen und festgestellt, dass die Ablehnung der Eintragung der Beratungsstelle des Vereins bis zur Vorlage der "Bescheinigung in Steuersachen" rechtswidrig gewesen sei.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom FG zugelassene Revision der beklagten OFD, zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt wird:
Es sei sachgerecht, vorab zu prüfen, ob der künftige Beratungsstellenleiter seinen eigenen steuerlichen Erklärungspflichten pünktlich nachgekommen und ob er persönlich zuverlässig sei, insbesondere in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe. Die Maßgeblichkeit des persönlichen steuerlichen Verhaltens werde durch die Neufassung des § 10 Abs. 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) und deren Entstehungsgeschichte bestätigt. Steuerschulden des Beratungsstellenleiters seien vom Gesetzgeber explizit als Grund für Zweifel an dessen persönlicher Zuverlässigkeit angesehen worden. Die Finanzämter könnten die in der Vorschrift vorgesehenen Mitteilungen jedoch erst dann machen, wenn sie von der Eintragung eines Steuerpflichtigen als Beratungsstellenleiter erfahren hätten. Werde die steuerliche Zuverlässigkeit nicht vorab geprüft, müsste ein kürzlich eingetragener Beratungsstellenleiter aufgrund seiner Steuerschulden wieder gestrichen werden; dies widerspreche dem Interesse der Mitglieder und berge die Gefahr, dass der Beratungsstellenleiter zwischenzeitlich Mitgliedsbeiträge veruntreue oder nicht die erforderliche Beratungsleistung erbringe.
Die auf § 23 Abs. 4 Nr. 2 und Abs. 5 StBerG beruhende Konkretisierung der vor der Eintragung einer Beratungsstelle zu erbringenden Nachweise in § 4b LStHVDV schließe nicht aus, dass die OFD weitere Nachweise verlangen könne, um die Angaben über den künftigen Beratungsstellenleiter zu überprüfen. Die Finanzbehörde dürfe sich nach § 92 der Abgabenordnung (AO 1977) der Beweismittel bedienen, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts für erforderlich halte. Es sei überdies lebensfremd, wenn das FG verlange, dass weitere Unterlagen nur angefordert werden dürften, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit des künftigen Beratungsstellenleiters bestünden. Denn dieser werde regelmäßig bislang noch nicht im Rahmen eines Lohnsteuerhilfevereins tätig geworden sein. Das Verlangen, die Bescheinigung in Steuersachen nach nordrhein-westfälischem Vordruck vorzulegen, sei deshalb zur Sachverhaltsaufklärung geeignet und notwendig; es vermeide eine sonst ggf. erforderliche spätere Schließung von Beratungsstellen.
Der Verein trägt vor, es stelle eine rechts- und grundrechtswidrige Berufsausübungsbeschränkung dar, eine vom Gesetz nicht verlangte "Unbedenklichkeitsbescheinigung" für den künftigen Beratungsstellenleiter zu fordern. Der OFD stehe nur die Aufsicht über die Lohnsteuerhilfevereine und deren Beratungsstellen zu, nicht die Rechtsmacht, von vornherein quasi jedem Beratungsstellenleiter die persönliche Zuverlässigkeit abzusprechen. Sie dürfe die Berufsausübung nicht schon am Anfang verhindern, statt sich der Mühe zu unterziehen, ggf. nachträglich einzugreifen; zunächst einmal müsse eine Zulassung erfolgen und erst bei Beanstandungen dürfe eingegriffen werden. Das gebiete auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es sei zu befürchten, dass schon bei Eintragungen in der Bescheinigung, die auf geringfügige steuerliche Unregelmäßigkeiten deuteten, oder solchen, die unter Umständen schon lange zurücklägen, die Eintragung des Beratungsstellenleiters versagt werde.
II.
Die zulässige Revision ist begründet (§ 126 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das angegriffene Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).
1. Das FG hat die Klage zu Recht als zulässige Fortsetzungsfeststellungsklage angesehen. Dabei kann dahinstehen, ob das erste Schreiben der OFD, mit dem der Verein lediglich gebeten worden ist, entsprechend der allgemeinen Verfügung der OFD auch für die hier strittige Beratungsstelle eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für den künftigen Beratungsstellenleiter vorzulegen, als Verwaltungsakt angesehen werden kann. Denn jedenfalls verletzt es nicht Bundesrecht, dass das FG das Schreiben der OFD vom 7. April 2003, in dem die OFD trotz der vom Verein gegen das Vorlageverlangen erhobenen Bedenken ihren Rechtsstandpunkt bekräftigt hat, als verbindliche Entscheidung über das Begehren des Vereins, die Beratungsstelle aufgrund der bis dahin vorliegenden Unterlagen einzutragen, angesehen hat. Das ist für die revisionsrechtliche Prüfung nicht zu beanstanden (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 14. Aufl., § 137 Rz. 25a). Das FG konnte ohne Rechtsirrtum in vorgenanntem Schreiben einen die Fortsetzungsfestsstellungsklage, die auch gegen einen vor Klageerhebung erledigten Verwaltungsakt erhoben werden kann, eröffnenden Verwaltungsakt sehen, durch den sinngemäß das Begehren des Vereins, die Beratungsstelle aufgrund der vorliegenden Unterlagen einzutragen, abgelehnt worden ist.
Dieser --später erledigte-- Verwaltungsakt betrifft den Verein in seinen eigenen Rechten. Denn er hatte zur Folge, dass die Beratungsstelle ihre Tätigkeit zunächst nicht aufnehmen durfte, wie sich aus § 23 Abs. 6 StBerG ergibt, der Verein also insofern seine Aufgabe nicht erfüllen konnte, Hilfeleistung in Steuersachen zu erbringen.
Ohne Rechtsirrtum ist das FG ferner davon ausgegangen, dass der Verein das für eine solche Klage erforderliche Feststellungsinteresse geltend machen kann, was sich ohne weiteres schon daraus herleiten lässt, dass ein weiterer Eintragungsantrag bei der OFD anhängig ist und dieser die gleiche, gerichtlich zu klärende Rechtsfrage aufwerfen wird.
2. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Ablehnungsbescheides hängt, wie das FG richtig erkannt hat, von der Beantwortung dreier Fragen ab, nämlich
- erstens, ob die LStHVDV eine abschließende, also nicht nach dem Ermessen der Behörde erweiterbare Aufzählung der --vorbehaltlich besonderer, sich aus den Gegebenheiten des Einzelfalls ergebender Umstände-- vor der Eintragung einer Beratungsstelle vorzulegenden Unterlagen enthält;
- zweitens, ob, wenn diese Frage zu verneinen sein sollte, das Verlangen nach Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung für den künftigen Beratungsstellenleiter einer rechtsförmlichen Grundlage im StBerG oder einer auf diesem beruhenden Rechtsverordnung bedarf und nicht nach dem Ermessen der Behörde im Einzelfall aufgrund des § 92 AO 1977 ausgesprochen werden kann; sowie, wenn auch diese Frage zu verneinen sein sollte,
- drittens, ob bei einer Sinn und Zweck des der Behörde eröffneten Ermessens gerechten Ermessensausübung, welche die diesem Ermessen durch das Rechtsstaatsprinzip gesetzten Grenzen, insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wahrt, die Vorlage einer solchen Unbedenklichkeitsbescheinigung gleichsam routinemäßig, d.h. ohne besonderen, einzelfallbezogenen Anlass nicht verlangt werden darf, ein solches Verlangen also einen sich aus den sonst nach Maßgabe des Gesetzes und der genannten Verordnung vorgelegten Unterlagen oder sonstigen der OFD verfügbaren Informationen ergebenden Anfangsverdacht der persönlichen Unzuverlässigkeit des künftigen Beratungsstellenleiters voraussetzt, dem die Behörde durch das strittige Verlangen nachgehen will; ferner ob, wie der klagende Verein offenbar meint, selbst bei einem solchen Anfangsverdacht ein solches Verlangen rechtswidrig wäre, weil sich aus dem Verhalten des künftigen Beratungsstellenleiters in eigenen steuerlichen Angelegenheiten nichts für seine Eignung als Leiter einer Beratungsstelle herleiten lässt und daher eine Bescheinigung der vorgenannten Art keine für die Eintragung erheblichen Erkenntnisse vermitteln könnte.
Keine dieser Fragen ist indes zu bejahen.
a) Nach § 4b Abs. 2 LStHVDV ist der Mitteilung eines Lohnsteuerhilfevereins über die Bestellung des Leiters einer Beratungsstelle eine Reihe von Unterlagen beizufügen. Das FG hat dazu angenommen, die dort enthaltene Aufstellung der vorzulegenden Unterlagen sei --vorbehaltlich dessen, dass sich in Ausnahmefällen aufgrund konkreter Umstände des Einzelfalls die Notwendigkeit für die Vorlage weiterer Unterlagen ergibt-- abschließend; die für die Eintragung zuständige Behörde dürfe also nicht nach ihrem Ermessen die Vorlage weiterer Unterlagen verlangen.
Diese Rechtsansicht will das FG offenbar darauf stützen, dass Abs. 2 der vorgenannten Vorschrift eine "genügende" Konkretisierung der vor einer Eintragung in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine zu erfüllenden Mitteilungspflichten darstelle. Ergänzend will das FG ferner eine Bestätigung für die Richtigkeit seiner Rechtsauffassung aus der Entstehungsgeschichte des § 4b LStHVDV, insbesondere daraus gewinnen, dass der Verordnungsgeber in der BRDrucks 66/91, S. 9 die in Abs. 2 dieser Vorschrift aufgeführten beiden Unterlagen als die zur Prüfung der Voraussetzungen für die Bestellung eines Beratungsstellenleiters erforderlichen bezeichnet hat.
Das überzeugt indes nicht. Aus der zuletzt angeführten Begründung des Verordnungsgebers lässt sich lediglich entnehmen, dass dieser jedenfalls die in Abs. 2 aufgeführten Unterlagen für unverzichtbar hielt, um die Voraussetzungen für die Bestellung eines Beratungsstellenleiters beurteilen zu können; man mag daraus allenfalls noch folgern können, dass der Verordnungsgeber für den Regelfall die Vorlage dieser Unterlagen auch für ausreichend hielt, um dies zu beurteilen. Etwas anderes, was daraus entgegen der Ansicht des FG nicht logisch zwingend folgt, ist, ob der Verordnungsgeber diese Einschätzung der für den Verwaltungsvollzug zuständigen Behörde als verbindlich vorschreiben und ihr mithin verbieten wollte, nach ihrem Ermessen weitere Unterlagen zu verlangen.
Womit das FG seine Auffassung meint rechtfertigen zu können, dass die Vorlage der dort vorgeschriebenen Unterlagen im Regelfall genüge, um die Erfüllung der materiellen Voraussetzungen des StBerG für die Eintragung der Beratungsstellen und Beratungsstellenleiter zu prüfen, vermag der Senat dem Urteil nicht eindeutig zu entnehmen. Die Revision hat dazu Einwände vorgetragen, die nicht von der Hand zu weisen sind. Ungeachtet dessen verkennt die Argumentation des FG jedenfalls, dass es in erster Linie Aufgabe der Verwaltungsbehörde ist und in deren Ermessen steht zu beurteilen, welche Unterlagen erforderlich oder zumindest zweckmäßig sind, um die Voraussetzungen für ihr Verwaltungshandeln, hier: die Eintragung eines Beratungsstellenleiters, zu beurteilen, welches sie zu verantworten hat. Die Gerichte würden ihre Berufung zur Rechtskontrolle der Verwaltung verkennen und ihnen nicht übertragene Aufgaben an sich ziehen, wenn sie der Verwaltungsbehörde jene --ihrer Natur nach in gewisser Weise prognostische-- Einschätzung abnehmen und sie aus ihrer Verantwortung für die vollständige Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts verdrängen wollten.
Der erkennende Senat vermag auch keinen zureichenden Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass der bundesstaatliche Verordnungsgeber mit § 4b Abs. 2 LStHVDV die grundsätzlich der für den Vollzug des StBerG und der vorgenannten Verordnung zuständigen Landesbehörde obliegende und von dieser zu verantwortende Beurteilung der Eintragungsvoraussetzungen bzw. der Bestimmung der dafür erforderlichen Beurteilungsgrundlagen abnehmen wollte und den Landesbehörden kraft Bundesverordnungsrechtes verboten hat, ohne konkreten, einzelfallbezogenen Anlass über die in der vorgenannten Vorschrift aufgeführten Unterlagen hinaus weitere Unterlagen anzufordern. Ob er dazu durch § 31 Abs. 1 Nr. 4 StBerG überhaupt ermächtigt wäre, ob dies also eine Bestimmung über die zur Bestellung eines Beratungsstellenleiters erforderlichen Nachweise wäre, und ob die von Verfassungs wegen den Ländern zustehende Kompetenz zum verwaltungsmäßigen Vollzug des StBerG eine solche bundesrechtliche Verordnungsregelung zuließe, kann unerörtert und unentschieden bleiben.
b) Die beklagte Behörde bedurfte auch nicht etwa einer verordnungsrechtlichen Ermächtigung, um von dem Verein vor einer Eintragung seiner Beratungsstelle eine Bescheinigung zu verlangen, auf deren Grundlage die OFD meinte, die von § 23 Abs. 3 Satz 2 StBerG verlangte persönliche Zuverlässigkeit des Beratungsstellenleiters überprüfen zu müssen. Vielmehr verweist die OFD insofern mit Recht darauf, dass die Bestimmung der zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderlichen oder zweckmäßigen Erkenntnismittel nach § 92 AO 1977 grundsätzlich in ihrem Ermessen steht. Gleichwohl für bestimmte Ermittlungsmaßnahmen eine rechtsförmliche Grundlage zu verlangen, käme danach nur dann in Betracht, wenn mit diesen schwerwiegende Eingriffe in subjektive öffentliche Rechte des Lohnsteuerhilfevereins oder Dritter verbunden sind. Davon kann bei der Anforderung einer Bescheinigung des Wohnsitzfinanzamtes des künftigen Beratungsstellenleiters über sein steuerliches Verhalten keine Rede sein.
Solches folgt auch nicht etwa daraus, dass die beklagte OFD die Bescheinigung nicht aufgrund einzelfallbezogener Erwägungen verlangt, sondern generell vor einer Eintragung eines Beratungsstellenleiters. Das FG hat in diesem Zusammenhang aus der Sicht der Berufsfreiheit beanstandet, dass es die Aufsichtsbehörden bei der Zulassung des strittigen Vorlageverlangens in der Hand hätten, über die vom Gesetzes- und Verordnungsrecht aufgestellten Anforderungen hinaus unabhängig von einzelfallbezogenen Anhaltspunkten die Eintragung von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen. Das trifft insofern nicht den Kern, als es auch aus der Sicht der beklagten OFD nicht darum geht, die Eintragung eines Beratungsstellenleiters von im Gesetz nicht angelegten materiell-rechtlichen Voraussetzungen abhängig zu machen, sondern wie das Vorliegen der dort aufgestellten materiell-rechtlichen Voraussetzungen zu ermitteln ist; das Verlangen der Vorlage der strittigen Bescheinigung stellt nämlich nicht eine unselbständige Eintragungsvoraussetzung auf, sondern hat lediglich dienende Funktion.
Es gibt auch, anders als das FG möglicherweise annimmt, weder einen verfassungsrechtlichen Grundsatz noch eine Auslegungsmaxime, dass nur einzelfallbezogene Aufklärungsmaßnahmen keiner ausdrücklichen Grundlage im Gesetzes- oder Verordnungsrecht bedürfen bzw. dort vorgeschriebene Maßnahmen im Zweifel weitere nur zulassen, wenn sie einzelfallbezogen sind. Es gibt auch keinen Rechtsgrundsatz, dass Aufklärungsmaßnahmen nur dann zulässig sind, wenn sie durch die konkreten Umstände des einzelnen Falls veranlasst sind; es liegt vielmehr im Rahmen des der Behörde durch § 92 Satz 1 AO 1977 eröffneten Ermessensspielraums, das Vorliegen der vom Gesetz für den Erlass eines Verwaltungsaktes aufgestellten Tatbestandsmerkmale --hier: persönliche Zuverlässigkeit des Beratungsstellenleiters-- durch dafür geeignete Maßnahmen zu überprüfen, auch wenn sie nicht über einen konkreten, einzelfallbezogenen Anlass für die Annahme verfügt, es könne daran fehlen. Das gilt zumal dann, wenn es der Behörde zum Schutz der von ihr zu wahrenden öffentlichen Interessen nicht ausreichend erscheint, diesen Verwaltungsakt --hier: die Eintragung der Beratungsstelle bzw. ihres Leiters-- erst dann rückgängig zu machen, wenn sich nachträglich herausstellen sollte, dass es an den Voraussetzungen für den Erlass desselben gefehlt hat.
c) Das Verlangen der OFD ist auch nicht deshalb rechtlich zu beanstanden, weil es unverhältnismäßig gewesen wäre.
Zum Leiter einer Beratungsstelle darf nach § 23 Abs. 3 Satz 2 StBerG nicht bestellt werden, wer sich so verhalten hat, dass die Besorgnis begründet ist, er werde die Pflichten des Lohnsteuerhilfevereins nicht erfüllen. Wie sich aus § 23 Abs. 5 StBerG ergibt, ist der Mitteilung über die Bestellung des Leiters einer Beratungsstelle der Nachweis beizufügen, dass dies nicht der Fall ist. Erst wenn die zuständige Behörde überprüft hat, dass der Beratungsstellenleiter zu einer Besorgnis im vorgenannten Sinne keinen Anlass gibt, darf sie die Beratungsstelle im Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine eintragen und die Beratungsstelle ihre Tätigkeit aufnehmen, wie sich ohne weiteres aus § 23 Abs. 6 StBerG ergibt. Anders als der Verein offenbar meint, kann die Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit des Beratungsstellenleiters also nicht etwa zurückgestellt und abgewartet werden, ob dessen Tätigkeit in der Beratungsstelle Anlass zu Beanstandungen gibt, selbst wenn, wie der Verein geltend gemacht hat, aufgrund des eigenen Interesses des Lohnsteuerhilfevereins und dessen dadurch ausgelöster eigener Bemühungen, nur als zuverlässig einzuschätzende Persönlichkeiten zum Beratungsstellenleiter zu bestellen, mit solchen Beanstandungen im Allgemeinen nicht zu rechnen sein sollte. Das Risiko, unter Umständen mit der Behörde über die Beurteilung der Zuverlässigkeit des als Beratungsstellenleiters Benannten streiten und unter Umständen eine Verzögerung der Eröffnung einer neuen Beratungsstelle hinnehmen zu müssen, hat der Gesetzgeber den Lohnsteuerhilfevereinen zugemutet. Es kann nicht etwa, wie offenbar dem Verein vorschwebt, dadurch verringert werden, dass der Behörde verwehrt wird, sich alle für die ihr obliegende Prüfung geeigneten Informationen zu verschaffen und zu überprüfen.
Die OFD, die danach auch hier vor der Eintragung der Beratungsstelle verpflichtet war, die Zuverlässigkeit deren Leiters selbst zu überprüfen, konnte sich folglich gemäß § 92 Satz 1 AO 1977 nach ihrem Ermessen aller Beweismittel bedienen, die ihr zur Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit des künftigen Beratungsstellenleiters erforderlich und zweckmäßig erschienen.
Von dem Verein eine Bescheinigung des Wohnsitzfinanzamtes des Beratungsstellenleiters zu verlangen, aus der sich dessen Zuverlässigkeit in eigenen steuerlichen Angelegenheiten ergibt, war entgegen der Ansicht des Vereins auch kein zur Aufklärung ungeeignetes Beweismittel. Das Verhalten eines künftigen Beratungsstellenleiters in eigenen steuerlichen Angelegenheiten kann Anhaltspunkte dafür geben, inwiefern dieser willens und in der Lage ist, die Interessen des Fiskus durch ordentliche, insbesondere fristgerechte Erfüllung der bestehenden steuerlichen Pflichten zu wahren. Welche Folgerungen im Übrigen aus diesbezüglichen Unregelmäßigkeiten und Pflichtverstößen zu ziehen sind, dass etwa die gelegentlich verspätete Abgabe von Steuererklärungen es schwerlich rechtfertigen würde, die steuerliche Zuverlässigkeit des Betreffenden zu verneinen, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden; denn ein Beweismittel ist nicht deshalb zur Aufklärung des Sachverhalts ungeeignet, weil die durch dasselbe zu gewinnenden Erkenntnisse nicht ohne weiteres und erst recht nicht zwingend einen Rückschluss auf die beweisbedürftige Haupttatsache gestatten oder sogar hierfür allenfalls ein schwaches Indiz liefern. Gegen einen offenbar --wenn auch ohne erkennbaren konkreten Anlass-- befürchteten Missbrauch der von der OFD verlangten Informationen über das bisherige steuerliche Verhalten des künftigen Beratungsstellenleiters muss sich der Verein nötigenfalls mit Rechtsbehelfen gegen die Versagung der Eintragung der Beratungsstelle wehren; er kann nicht etwa gleichsam vorbeugenden Rechtsschutz dergestalt beanspruchen, dass der Behörde die betreffenden Informationen vorenthalten werden.
Das Verlangen der Vorlage einer Bescheinigung des Wohnsitzfinanzamtes ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der mit dem Verlangen verfolgte Zweck nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem Verlangen verbundenen Eingriff in die Rechtssphäre des Vereins bzw. des künftigen Beratungsstellenleiters stünde. Für den Verein schonender könnte eine Anfrage der Eintragungsbehörde bei dem betreffenden Wohnsitzfinanzamt des künftigen Beratungsstellenleiters sein; nach der hier maßgeblichen Rechtslage --vor der Änderung des § 10 Abs. 2 StBerG durch das Steueränderungsgesetz 2003 vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645), auf welches das FG mit Recht hingewiesen hat-- hätte das Wohnsitzfinanzamt eine solche Anfrage freilich nur beantworten können, wenn der künftige Beratungsstellenleiter das betreffende Wohnsitzfinanzamt von der Wahrung des Steuergeheimnisses (§ 30 AO 1977) entbunden hätte. Ein solches Vorgehen aber dürfte in der Regel ebenfalls die Einschaltung des Vereins erfordern, so dass es für ihn insgesamt nicht weniger belastend als der von der beklagten OFD eingeschlagene Weg ist, sofern in diesem Zusammenhang überhaupt von einer nennenswerten Belastung des Vereins gesprochen werden kann.
§ 10 Abs. 2 StBerG n.F. rechtfertigt im Übrigen auch sonst nicht die aus ihm vom FG gezogenen Schlüsse. Er gibt für die Entscheidung der hier strittigen Fragen nichts Wesentliches her. Denn dass der Gesetzgeber jetzt die Finanzämter ermächtigt hat, die für die Eintragung der Lohnsteuerhilfevereine zuständigen Behörden von sich aus über dem Beratungsstellenleiter anzulastende steuerliche Unregelmäßigkeiten zu unterrichten, schließt nicht aus, dass die betreffenden Behörden darüber hinaus das Recht haben, vor der Eintragung von Beratungsstellen durch eine entsprechende Anfrage oder mittels des strittigen Vorlageverlangens zu ermitteln, ob solche Unregelmäßigkeiten bereits eingetreten sind.
Der erkennende Senat vermag auch nicht anzuerkennen, dass es ein unangemessenes oder unzumutbares Eindringen in die Privatsphäre oder sonstige schützenswerte Belange des Vereins bzw. des künftigen Beratungsstellenleiters darstellt, zu verlangen, dass dieser durch Vorlage der strittigen Bescheinigung etwaige Unregelmäßigkeiten, die ihm in der Vergangenheit in steuerlicher Hinsicht unterlaufen sind, der für seine Eintragung als Beratungsstellenleiter zuständigen Behörde offenbart. Er kann sich insofern insbesondere nicht auf die Unverletzlichkeit des Steuergeheimnisses berufen, dessen Aufhebung gegenüber der genannten Behörde von ihm nicht verlangt werden könne. Eine entsprechende Wertung liegt auch der eben genannten Neufassung des § 10 Abs. 2 StBerG zu Grunde.
In diesem Zusammenhang ist entscheidend, dass der Beratungsstellenleiter eine Tätigkeit ausüben möchte, die vom Gesetzgeber in zulässiger Bewertung öffentlicher Interessen unbeschadet ihrer beruflichen Ausübung durch Private umfangreichen öffentlich-rechtlichen Restriktionen unterworfen ist, zu denen die vorherige Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit gehört. Wer eine solche Tätigkeit aufnehmen will, muss es hinnehmen, dass die zuständigen Behörden so weit in seine Privatsphäre eindringen, wie es aus ihrer Sicht erforderlich ist, um zu entscheiden, ob der Betreffende den öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen für die Aufnahme der betreffenden beruflichen Tätigkeit genügt (vgl. hierzu auch Urteil des Senats vom 28. November 1995 VII R 5/94, BFHE 179, 529, BStBl II 1996, 171). Darin liegt ebenso wenig ein unverhältnismäßiger Eingriff in die Rechte des Betroffenen wie die dem zu Grunde liegende materiell-rechtliche Regelung, die Aufnahme der Tätigkeit von der persönlichen Zuverlässigkeit abhängig zu machen, einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit darstellt.
d) Der erkennende Senat hat in diesem Verfahren nicht darüber zu befinden, ob die in der "Bescheinigung in Steuersachen" vorgesehenen Angaben im Einzelnen sachgerecht sind, um die persönliche Zuverlässigkeit des künftigen Beratungsstellenleiters zu beurteilen, was insbesondere hinsichtlich der Frage, ob einmal Aussetzung der Vollziehung von Steuerbeträgen gewährt worden ist, nicht erkennbar ist, und z.B. hinsichtlich der Frage, ob Stundung gewährt und zu welchen Steuern der Betreffende veranlagt worden ist, sehr zweifelhaft erscheinen könnte.
Denn die auf Feststellung, dass die Versagung der Eintragung der Beratungsstelle rechtswidrig gewesen ist, gerichtete Klage müsste auch dann erfolglos bleiben, wenn es die Grenzen des Ermessens der OFD bei der Aufklärung des Sachverhalts überschreiten sollte, vorgenannte Angaben zu verlangen, und dies auch nicht deshalb hinzunehmen sein sollte, weil der strittige --zu anderen Zwecken als dem der Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit eines Beratungsstellenleiters konzipierte-- Vordruck der OFD bereits zur Hand war und seine Verwendung auch bei der Eintragung einer Beratungsstelle die Entwicklung eines neuen, zweckbezogenen und auch mehr zweckgenutzten Auskunftsformulars erübrigte. Denn die OFD konnte, wie ausgeführt, die Eintragung von Auskünften abhängig machen, die Aufschluss über die persönliche Zuverlässigkeit des künftigen Beratungsstellenleiters zu geben geeignet sind, an denen es ihr aber wegen der Weigerung des Vereins, vorgenannte Bescheinigung vorzulegen, fehlte. Der Verein war auch nicht etwa in einer der OFD anzulastenden Weise gehindert, diese Auskünfte durch das Wohnsitzfinanzamt erteilen zu lassen, selbst wenn er einzelne in der Bescheinigung vorgesehene, von ihm nicht als zweckgerecht angesehene Fragen nicht beantwortet wissen wollte. Deshalb bedürfen auch die Einwände hier keiner näheren Erörterung, die dahin geltend gemacht worden sind, es dürften nicht auch lange zurückliegende steuerliche Unregelmäßigkeiten abgefragt werden, und es müssten einige der Fragen präziser gefasst werden.
3. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen und sein Urteil auch nicht im Ergebnis richtig ist, ist es aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO), da das strittige Vorlageverlangen der OFD und folglich auch der erledigte Ablehnungsbescheid nicht rechtswidrig waren.
Ende der Entscheidung
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