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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.03.2009
Aktenzeichen: VII R 24/08
Rechtsgebiete: VO Nr. 1788/2003/EG, MilchAbgV


Vorschriften:

VO Nr. 1788/2003/EG Art. 5k
VO Nr. 1788/2003/EG Art. 10 Abs. 3
VO Nr. 1788/2003/EG Art. 11 Abs. 2 S. 1
VO Nr. 1788/2003/EG Art. 11 Abs. 3 S. 1
MilchAbgV § 14
1. Hat ein Erzeuger während eines Zwölfmonatszeitraums Milch an eine Molkerei geliefert und dadurch von seiner Referenzmenge Gebrauch gemacht, kann in demselben Zwölfmonatszeitraum weder von ihm noch von einem anderen Erzeuger auf die so ausgenutzte Referenzmenge Milch abgabenfrei geliefert werden. Die Übertragung einer bereits ausgenutzten Referenzmenge kann das Recht zur abgabenfreien Milchlieferung in dem betreffenden Zwölfmonatszeitraum nicht wieder aufleben lassen.

2. Dem EuGH werden folgende Fragen vorgelegt:

a) Ist das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, dahin zu verstehen, dass die Referenzmenge eines Erzeugers, der einen Betrieb während eines laufenden Zwölfmonatszeitraums von einem anderen Erzeuger übernommen hat, nicht die Menge umfasst, auf die während des betreffenden Zwölfmonatszeitraums von jenem anderen Erzeuger vor dem Betriebsübergang Milch geliefert worden ist?

b) Stehen Regelungen des Gemeinschaftsrechts oder allgemeine Grundsätze der gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse einer Regelung des nationalen Rechts entgegen, die im Rahmen der in Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 vorgesehenen Saldierung des ungenutzten Anteils der einzelstaatlichen Referenzmenge mit Überlieferungen in dem in der ersten Frage zugrunde gelegten Fall den Erzeuger, der den Betrieb während des Zwölfmonatszeitraums übernommen hat, auch mit dem von dem anderen Erzeuger belieferten Teil der Referenzmenge an der Zuteilung jenes Anteils teilnehmen lässt?


VII R 23/08 VII R 24/08

Gründe:

I.

Das vorlegende Gericht hat über folgende Streitfälle zu entscheiden:

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Milcherzeuger und haben in dem Zwölfmonatszeitraum 2004/2005 die von ihnen erzeugte Milch an einen Abnehmer (im Folgenden: Molkerei) geliefert. Sie haben den Betrieb, in dem die gelieferte Milch erzeugt worden ist, erst im Laufe des Zwölfmonatszeitraums übernommen. Bereits vor der Betriebsübernahme ist von dem vormaligen Betriebsinhaber Milch erzeugt und an einen Abnehmer verkauft worden. Die Kläger haben die ihnen in dem Zwölfmonatszeitraum für eine Belieferung verbliebene Referenzmenge (Milchquote) überschritten. Deshalb ist vom Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt --HZA--) gegen sie eine Milchabgabe festgesetzt worden. Dem Grunde nach wenden sich die Kläger gegen diese Festsetzung nicht. Denn sie gehen ebenso wie das HZA davon aus, dass sie Milch nur in dem Umfang abgabenfrei liefern konnten, in dem die für den übernommenen Betrieb festgesetzte Referenzmenge von dem vormaligen Betriebsinhaber in dem Zwölfmonatszeitraum noch nicht beliefert worden ist.

Die Beteiligten streiten jedoch darüber, ob bei der in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 (VO Nr. 1788/2003) des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. 1 270/123) vorgesehenen und in Deutschland durch die Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung vom 9. August 2004 (Milchabgabenverordnung --MilchAbgV--, BGBl. I, 2143) näher ausgestalteten Saldierung von anderen Erzeugern ungenutzter Referenzmengen (Unterlieferungen) mit den Milchmengen, die Erzeuger über ihre Referenzmenge hinaus geliefert haben (Überlieferungen), zugunsten der Kläger die für den übernommenen Betrieb festgesetzte einzelbetriebliche Referenzmenge (ggf. unter Berücksichtigung von Übertragungen, Überlassungen, Umwandlungen und zeitweiligen Neuzuweisungen während des Zwölfmonatszeitraums) ungeachtet der Milchlieferungen des vormaligen Betriebsinhabers in dem betreffenden Zwölfmonatszeitraum zu berücksichtigen ist, sodass ihr Saldierungsvorteil entsprechend größer ausfallen würde, als wenn nur der ihnen beim Betriebsübergang noch für abgabenfreie Milchlieferungen verbliebene Teil der Referenzmenge zugrunde gelegt würde.

Das HZA hat bei der Festsetzung der Milchabgabe den Klägern von anderen Erzeugern ungenutzte Referenzmengen nur entsprechend dem Teil ihrer einzelbetrieblichen Referenzmenge zugeteilt, der von ihnen nach dem Betriebsübergang noch beliefert werden konnte; es hat die Milchabgabe in entsprechender Höhe festgesetzt. Deswegen haben die Kläger gegen den Abgabenbescheid Klage erhoben. Das Finanzgericht (FG) hat den Klagen stattgegeben, weil es durch die (gemäß deutschen Verfahrensvorschriften, nämlich die MilchAbgV, ausgestellte) Bescheinigung der Landwirtschaftsbehörde über die auf die Kläger von dem vormaligen Betriebsinhaber übergegangene Referenzmenge als für das HZA verbindlich (im Sinne der Kläger) entschieden angesehen hat, dass bei der Saldierung von Über- und Unterlieferungen die dem Betrieb zustehende Referenzmenge ungeachtet der von dem vormaligen Betriebsinhaber vorgenommenen Milchlieferungen zugunsten der Kläger zu berücksichtigen ist. Der beschließende Senat hat gegen die Entscheidungen des FG jedoch die Revision zugelassen, über die er nunmehr zu entscheiden hat.

II.

Der rechtliche Rahmen der von dem Senat zu treffenden Entscheidungen wird durch folgende Vorschriften bestimmt:

Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 bestimmt:

"Je nach Entscheidung des Mitgliedstaats wird der Beitrag der Erzeuger zur Zahlung der fälligen Abgabe, ggf. nach Neuzuweisung des ungenutzten Anteils der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge, die proportional zu den Referenzmengen der einzelnen Erzeuger oder nach objektiven, von den Mitgliedstaaten festzulegenden Kriterien erfolgt, wie folgt festgelegt:

a)

entweder auf nationaler Ebene nach Maßgabe der Überschreitung der verfügbaren Referenzmenge des einzelnen Erzeugers,

b)

oder zunächst auf der Ebene des Abnehmers und anschließend ggf. auf einzelstaatlicher Ebene."

Deutschland hat sich für die unter Buchst. b skizzierte Möglichkeit entschieden. In der MilchAbgV ist dazu in § 14 Abs. 1 Satz 1 und 2 Folgendes bestimmt:

"Der Käufer kann Anlieferungs-Referenzmengen, die im jeweiligen Zwölfmonatszeitraum nicht genutzt worden sind (Unterlieferungen) anderen Milcherzeugern, deren Lieferungen die ihnen zugeteilten Anlieferungs-Referenzmenge überschritten haben (Überlieferer), zuteilen. Die Zuteilung der nicht genutzten Anlieferungs-Referenzmengen an die jeweiligen Überlieferer erfolgt nach folgender Berechnungsformel:

Summe der Unterlieferungen x Anlieferungs-Referenzmenge des Überlieferers

Summe der Anlieferungs-Referenzmengen der Überlieferer."

Das deutsche Recht enthält keine näheren Bestimmungen darüber, was in dem unter I. beschriebenen Fall eines Betriebsübergangs während eines Zwölfmonatszeitraums unter einer "zugeteilten" Anlieferungs-Referenzmenge und unter der "Anlieferungs-Referenzmenge des Überlieferers" im Sinne der eben wiedergegebenen Berechnungsformel zu verstehen ist. Sofern deshalb von einer stillschweigenden Bezugnahme auf das Gemeinschaftsrecht bzw. von der Verwendung gemeinschaftsrechtlicher Begriffe auszugehen ist, wäre bei der Ermittlung des rechtlichen Rahmens der vom Senat zu treffenden Entscheidung --abgesehen von der allgemeinen Bedeutung des im Rahmen der Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse in verschiedenen Vorschriften verwendeten Begriffes "Referenzmenge"-- insbesondere auch Art. 5 Buchst. j und k VO Nr. 1788/2003 zu berücksichtigen. Die Vorschrift lautet:

"Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck ...

-j)

'einzelbetriebliche Referenzmenge' die Referenzmenge eines Erzeugers zum 1. April eines jeden Zwölfmonatszeitraums;

-k)

'verfügbare Referenzmenge' die Referenzmenge, die dem Erzeuger am 31. März des Zwölfmonatszeitraums, für den die Abgabe berechnet wird, zur Verfügung steht, wobei alle in dieser Verordnung vorgesehenen Übertragungen, Überlassungen, Umwandlungen und zeitweiligen Neuzuweisungen, die während dieses Zwölfmonatszeitraums erfolgt sind, berücksichtigt werden."

Schließlich mag Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 dieser Verordnung, der die Rolle des Abnehmers bei der Erhebung der Beiträge von den Erzeugern betrifft, in Betracht zu ziehen sein, welcher Folgendes regelt:

"(2)

Tritt ein Abnehmer ganz oder teilweise an die Stelle eines oder mehrerer Abnehmer, so werden für den Rest des laufenden Zwölfmonatszeitraums die für die Erzeuger verfügbaren einzelbetrieblichen Referenzmengen, abzüglich der bereits gelieferten Mengen unter Berücksichtigung von deren Fettgehalt, in Rechnung gestellt. ...

(3)

Überschreiten die von einem Erzeuger gelieferten Mengen im Laufe des Referenzzeitraums die für ihn verfügbare Referenzmenge, so kann der Mitgliedstaat entscheiden, dass der Abnehmer nach Bedingungen, die vom Mitgliedstaat festgelegt werden, bei jeder Lieferung des Erzeugers, die die für ihn verfügbare Referenzmenge für Lieferungen überschreitet, einen Teil des Milchpreises als Vorauszahlung auf den Beitrag des Erzeugers zur Abgabe einbehält. ..."

III.

Der beschließende Senat geht davon aus, dass die eben mitgeteilte deutsche Regelung über die Zuteilung nicht genutzter Referenzmengen an Überlieferer nach Maßgabe des Gemeinschaftsrechts auszulegende und anzuwendende Begriffe verwendet und ihre Auslegung und Anwendung jedenfalls in Einklang mit etwa einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Grundsätzen erfolgen muss. Wenn auch die Zuteilung nach Maßgabe der in der Bescheinigung der Landwirtschaftsverwaltung bzw. derjenigen der (ihrerseits an diese Bescheinigung gebundenen) Molkerei festgestellten Referenzmenge zu erfolgen hat, wird der Senat ohne Bindung an die Rechtsauffassung der Landwirtschaftsbehörde, welche die erwähnte Referenzmengen-Bescheinigung erteilt hat, zu entscheiden haben, ob die von dem vormaligen Betriebsinhaber gelieferten Milchmengen bei der Bestimmung der für die Kläger zu berücksichtigenden Referenzmenge mitzurechnen sind oder nicht, weil diese Frage durch die vorliegende Bescheinigung nicht entschieden wird.

Die Bedeutung der für diese mithin dem Senat obliegende Entscheidung maßgeblichen Begriffe und Grundsätze erscheint dem Senat im Fall des Betriebsübergangs während eines Zwölfmonatszeitraums nach teilweiser Belieferung der Anlieferungs-Referenzmenge durch den vormaligen Betriebsinhaber nicht zweifelsfrei, weshalb der Senat den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) um eine diesbezügliche Entscheidung ersucht.

1.

Die Referenzmenge, die dem Erzeuger zugeteilt wird, beziffert den Umfang seines Rechts, in seinem Betrieb erzeugte Milch an einen Abnehmer zu liefern, ohne dafür eine Milchabgabe abführen zu müssen; auf diesem Wege wird sein Recht garantiert, aber auch begrenzt, an der gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse teilzunehmen und in den Genuss der durch dieses System garantierten Erzeugerpreise zu gelangen. Die Referenzmenge als das Recht zur abgabenfreien Lieferung von Milch bezieht sich auf die Summe der Milchlieferungen in einem jeden Zwölfmonatszeitraum. Soweit während eines Zwölfmonatszeitraums --nach Maßgabe des einschlägigen Rechts-- Übertragungen, Überlassungen, Umwandlungen oder zeitweilige Neuzuweisungen von Referenzmengen erfolgt sind, sind diese, wie aus Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 zu folgern ist, bei der nach Ablauf des Zwölfmonatszeitraums erfolgenden Prüfung, ob der Erzeuger mehr Milch geliefert hat, als seinem Lieferrecht entspricht, und deshalb abgabenpflichtig geworden ist, zu berücksichtigen; die zum 1. April des betreffenden Zwölfmonatszeitraums zugeteilte einzelbetriebliche Referenzmenge ist also entsprechend zu korrigieren, woraus sich die in Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 als verfügbare Referenzmenge bezeichnete Menge ergibt.

Von dem in dieser Weise durch die Referenzmenge kenntlich gemachten Lieferrecht kann der Erzeuger, für den dieses festgesetzt bzw. für den es bei Ablauf eines Zwölfmonatszeitraums am 31. März eines Jahres verfügbar ist, ganz oder teilweise Gebrauch machen, in dem er entsprechende Milchmengen an Abnehmer liefert. Tut er dies, und zwar mit Hilfe in seinem eigenen Betrieb erzeugter Milch, nicht, schöpft er also mit der Summe seiner Milchlieferungen bis zum Ablauf eines Zwölfmonatszeitraums am 31. März eines Jahres die Referenzmenge nicht aus, so verfällt sein Lieferrecht für den betreffenden Zwölfmonatszeitraum und geht insoweit ggf. in die in Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 vorgesehene Saldierung zugunsten anderer Betriebe ein.

Liefert ein Erzeuger während eines Zwölfmonatszeitraums Milch an eine Molkerei, macht er also von seiner Referenzmenge Gebrauch, so kann die Referenzmenge bzw. der so ausgenutzte Teil der Referenzmenge in demselben Zwölfmonatszeitraum weder von ihm noch von irgendeinem anderen Erzeuger dafür in Anspruch genommen werden, Milch abgabefrei liefern zu dürfen. Denn die Referenzmenge stellt, wie dargelegt, das Recht zu einer einmaligen Milchlieferung in jedem Zwölfmonatszeitraum in der festgesetzten Höhe dar und dieses Recht ist verbraucht, wenn es genutzt worden ist. Die Übertragung einer einmal bereits ausgenutzten Referenzmenge kann also, in welchem rechtlichen Zusammenhang sie auch immer vorgenommen wird, das Recht zur abgabenfreien Milchlieferung in dem betreffenden Zwölfmonatszeitraum nicht wieder aufleben lassen. Der beschließende Senat hat daher keinen Zweifel, dass derjenige, der einen Milcherzeugungsbetrieb --wie in den Streitfällen-- übernommen hat, die in dem Zwölfmonatszeitraum des Betriebsübergangs festgesetzte oder sonst i.S. des Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 aufgrund von Übertragungs- oder Umwandlungsvorgängen verfügbare Referenzmenge nur noch in dem Umfang zur abgabenfreien Milchlieferung nutzen kann, in dem sie nicht von dem vormaligen Betriebsinhaber bereits genutzt und dadurch verbraucht worden ist.

Anders als das HZA meint, ließe sich allerdings die Ansicht vertreten, dass durch ein solches Gebrauchmachen von der Referenzmenge und den dadurch bewirkten Verbrauch derselben für den betreffenden Zwölfmonatszeitraum die Referenzmenge als das abstrakte Recht, in jedem Zwölfmonatszeitraum eine bestimmte Milchmenge abgabenfrei liefern zu können, nicht verändert oder sonst wie beeinträchtigt wird. Dementsprechend erwähnt das Gemeinschaftsrecht auch für den Fall eines Betriebsübergangs während eines Zwölfmonatszeitraums nicht die Festsetzung oder Berechnung einer zweiten Referenzmenge, sondern spricht stets nur von einer einzigen Referenzmenge, deren Gebrauch allerdings zunächst dem einen und dann einem anderen Erzeuger zu Gebote steht, wobei sie von dem Letzteren nur insoweit gebraucht werden kann, als sie nicht durch die Milchlieferungen des Ersteren bereits verbraucht ist. Auch im Falle des Betriebsübergangs während eines Zwölfmonatszeitraums scheint es also nicht geboten, die Referenzmenge nach irgendeinem Schlüssel auf den vormaligen und den späteren Erzeuger aufzuteilen --etwa zeitanteilig oder gar nach dem Verhältnis der von den beiden Erzeugern tatsächlich vorgenommenen Milchlieferungen--.

Wenn Art. 10 Abs. 3 VO Nr. 1788/2003 vorsieht, den ungenutzten Anteil der für Lieferungen zugewiesenen einzelstaatlichen Referenzmenge "proportional zu den Referenzmengen der einzelnen Erzeuger" neu zuzuteilen --und dementsprechend das deutsche Recht eine entsprechende Zuteilungsformel, wie eingangs erwähnt, aufstellt--, so könnte folglich auch im Fall eines Betriebsübergangs während eines Zwölfmonatszeitraums die Zuteilung nach Maßgabe jener einheitlichen Referenzmenge vorzunehmen sein, welche in dem für die Zuteilung maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich am Ende des Zwölfmonatszeitraums, dem Betriebsübernehmer zur Verfügung steht, auch wenn er niemals das volle --vielmehr teilweise von dem vormaligen Betriebsinhaber verbrauchte-- Recht zur abgabenfreien Milchlieferung besessen hat und es erst recht nicht mehr in dem für die Saldierung maßgeblichen Zeitpunkt, dem Ende des Zwölfmonatszeitraums, besitzt (was ja auch bei anderen Überlieferern nicht der Fall ist). Denn eine Aufspaltung der Referenzmenge in eine solche, die dem vormaligen Betriebsinhaber zustand, und eine solche, die dem Betriebsübernehmer verblieben ist, ist, soweit erkennbar, im Gemeinschaftsrecht (und auch im deutschen Recht) nicht vorgesehen oder angelegt.

Diese vom Senat erwogene Betrachtungsweise läuft mithin darauf hinaus, dass auch bei einem Betriebsübergang während eines Zwölfmonatszeitraums dem Erzeuger, der den Betrieb übernommen hat, die volle, nicht um die Lieferungen des vormaligen Betriebsinhabers gekürzte einzelbetriebliche bzw. nach den in Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 vorgesehenen Korrekturen verfügbare Referenzmenge zusteht und dementsprechend das Gemeinschaftsrecht einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die ihn mit dieser Referenzmenge am Saldierungsverfahren teilnehmen lässt (statt den von dem vormaligen Betriebsinhaber belieferten Teil der Referenzmenge im Saldierungsverfahren --zugunsten anderer Erzeuger-- unberücksichtigt zu lassen oder --was mangels Überlieferung des vormaligen Erzeugers in der Regel ohne Rechtsfolge bleiben würde-- den vormaligen Betriebsinhaber mit diesem Teil der Referenzmenge am Saldierungsverfahren zu beteiligen).

2.

Hiergegen wird allerdings eingewandt, der vormalige Betriebsinhaber könne das in der Referenzmenge ausgedrückte Recht nur auf einen anderen übertragen, wenn er dieses Recht noch innehabe. Durch die Belieferung der Referenzmenge, d.h. die Inanspruchnahme dieses Rechts für Milchlieferungen, gehe dieses Recht jedoch verloren; es könne folglich auf den übernehmenden Milcherzeuger nur insoweit übertragen werden, als es von dem vormaligen Betriebsinhaber noch nicht genutzt worden ist. Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 mache dies deutlich; wenn dort die verfügbare Referenzmenge als diejenige angesprochen wird, die demjenigen zur Verfügung steht, "für den die Abgabe berechnet wird", lasse dies erkennen, dass die Referenzmenge gemeinschaftsrechtlich allein abgabenrechtliche Bedeutung hat. Zu der am 31. März eines Zwölfmonatszeitraums abgabenrechtlich "verfügbaren Referenzmenge" gehöre demnach nicht derjenige Teil einer in diesem Zwölfmonatszeitraum dem Milcherzeuger (vorgeblich) übertragenen bzw. mit dem Betrieb übergegangenen Referenzmenge, der von dem Vorgänger bereits beliefert worden ist. Der Grundsatz, dass eine einmal belieferte Referenzmenge nicht mehr übertragen werden oder übergehen könne, also der von dem vormaligen Betriebsinhaber belieferte Teil der Referenzmenge nicht zur am 31. März des Zwölfmonatszeitraums verfügbaren Referenzmenge des Betriebsübernehmers gehören könne, ergebe sich zudem aus Art. 11 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 VO Nr. 1788/2003.

Es könne auch kein Unterschied zwischen dem Recht, Milch abgabenfrei liefern zu dürfen, und der Referenzmenge gemacht werden, mit welcher ein Erzeuger am Saldierungsverfahren teilnimmt. Hierfür wird unterstützend auf die Notwendigkeit hingewiesen, eine Ausnutzung der Referenzmenge zu spekulativen Zwecken zu verhindern. Wäre es möglich, eine bereits belieferte Referenzmenge eines anderen Milcherzeugers nur zu dem Zweck zu übernehmen, bei der anschließenden Saldierung eigener Überlieferungen besser dazustehen, sei eine spekulative Übertragung von Referenzmengen nicht auszuschließen, welche dem Willen des Verordnungsgebers zuwiderliefe.

Zu berücksichtigen sind außerdem die weiteren, insbesondere vom HZA vorgetragenen Einwände. Die Teilnahme eines Erzeugers am Saldierungsverfahren auch mit dem von dem vormaligen Betriebsinhaber bereits belieferten Teil der Referenzmenge stelle eine durch das Gemeinschaftsrecht nicht zugelassene "doppelte Nutzung" der Referenzmenge dar. Eine solche doppelte Nutzung sei mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz unvereinbar, dass eine Referenzmenge für dasselbe Milchwirtschaftsjahr nicht "zugleich" zwei Personen zustehen könne; dies widerspreche der ebenfalls gemeinschaftsrechtlich verankerten "Höchstpersönlichkeit der Milchabgabenpflicht". Diese Einwände wären jedenfalls dann nicht überzeugend, wenn in der Tat, wie unter 1. ausgeführt, zwischen der Referenzmenge als abstraktem Recht und dem konkreten Gebrauchmachen von diesem Recht zu differenzieren wäre.

3.

Der Senat vermag nach alledem nicht auszuschließen, dass aufgrund der unter 2. angeführten Gesichtspunkte eine gedankliche Differenzierung zwischen der Ausnutzung der Referenzmenge für Lieferungen --welche nur in Betracht kommt, soweit die Referenzmenge noch nicht, ggf. von einem anderen Erzeuger, beliefert worden ist-- und der Berücksichtigung der vollen Referenzmenge im Saldierungsverfahren (aber z.B. auch der Gewährung einer Prämie nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe ..., ABlEU Nr. 1 270/01) als der i.S. des Art. 5 Buchst. k VO Nr. 1788/2003 "verfügbaren Referenzmenge" dem Buchstaben und dem Geist des Gemeinschaftsrechts oder allgemeinen Grundsätzen des Milchmarktordnungsrechts widerspricht. Er ersucht deshalb den EuGH gemäß Art. 234 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um eine entsprechende Vorabentscheidung der folgenden Fragen:

1.

Ist das Gemeinschaftsrecht, insbesondere Art. 5 Buchst. k der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, dahin zu verstehen, dass die Referenzmenge eines Erzeugers, der einen Betrieb während eines laufenden Zwölfmonatszeitraums von einem anderen Erzeuger übernommen hat, nicht die Menge umfasst, auf die während des betreffenden Zwölfmonatszeitraums von jenem anderen Erzeuger vor dem Betriebsübergang Milch geliefert worden ist?

2.

Stehen Regelungen des Gemeinschaftsrechts oder allgemeine Grundsätze der gemeinsamen Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse einer Regelung des nationalen Rechts entgegen, die im Rahmen der in Art. 10 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 vorgesehenen Saldierung des ungenutzten Anteils der einzelstaatlichen Referenzmenge mit Überlieferungen in dem in der ersten Frage zugrunde gelegten Fall den Erzeuger, der den Betrieb während des Zwölfmonatszeitraums übernommen hat, auch mit dem von dem anderen Erzeuger belieferten Teil der Referenzmenge an der Zuteilung jenes Anteils teilnehmen lässt?



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