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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.03.1998
Aktenzeichen: VII R 24/97
Rechtsgebiete: VO (EWG)


Vorschriften:

VO (EWG) Nr. 611/93 Art. 2
BUNDESFINANZHOF

Art. 2 VO (EWG) Nr. 611/93 ist rechtsgültig. Die darin enthaltene unterschiedliche Regelung betreffend die endgültige Vereinnahmung des durch die VO (EWG) Nr. 2686/92 der Kommission und des durch die VO (EWG) Nr. 53/93 des Rates festgesetzten vorläufigen Antidumpingzolls auf DRAMS aus Korea widerspricht nicht dem Gleichheitssatz. Die Anforderungen an die Begründung der Regelung sind erfüllt.

VO (EWG) Nr. 611/93 Art. 2

Urteil vom 19. März 1998 - VII R 24/97 -

Vorinstanz: Hessisches FG (ZfZ 1996, 385)


Gründe

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ließ im November 1992 elektronische Mikroschaltungen (sogenannte DRAMS) der Unterposition 8548 00 00 der Kombinierten Nomenklatur, angemeldet mit Ursprung in Singapur und von einem dortigen Unternehmen (Y) verkauft, zum freien Verkehr abfertigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--), der bei der Beschau der Ware feststellte, daß die Erzeugnisse von dem koreanischen Hersteller S gefertigt worden waren, erhob den für die entsprechenden Produkte in der Verordnung (EWG) Nr. 2686/92 (VO Nr. 2686/92) der Kommission vom 16. September 1992 zur Einführung eines vorläufigen Antidumpingzolls ... (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 272/13) vorgesehenen vorläufigen Antidumpingzoll und vereinnahmte ihn vorläufig als Sicherheit. Nachdem durch Verordnung (EWG) Nr. 611/93 (VO Nr. 611/93) des Rates vom 15. März 1993 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls ... (ABlEG Nr. L 66/1) ein endgültiger Antidumpingzoll u.a. für Einfuhren der vorliegenden Art (auch von S hergestellte Waren, soweit nicht durch bestimmte Unternehmen --nicht Y-- verkauft) festgesetzt worden war (Art. 1 der Verordnung) und aufgrund von Art. 2 derselben Verordnung die bis zum 17. Januar 1993 für den vorläufigen Antidumpingzoll geleisteten Sicherheiten endgültig zu vereinnahmen waren, setzte das HZA den Zoll endgültig fest und vereinnahmte die von der Klägerin dafür geleisteten Sicherheiten. Die hiergegen gerichtete Klage hatte aus den in Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern (ZfZ) 1996, 385 veröffentlichten Gründen keinen Erfolg.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, daß die endgültige Vereinnahmung der für den vorläufigen Antidumpingzoll bis zum 17. Januar 1993 geleisteten Sicherheiten in Höhe von ... DM rechtswidrig gewesen sei, weil Art. 2 VO Nr. 611/93 gegen den auch im Gemeinschaftsrecht zu beachtenden Gleichbehandlungssatz verstoße und deshalb unwirksam sei. Es sei kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich, warum nach Art. 2 VO Nr. 611/93 die aufgrund der VO Nr. 2686/92 verlangten Sicherheitsleistungen für den vorläufigen Antidumpingzoll in dem Zeitraum vom 18. September 1992 bis zum 17. Januar 1993 (erster Zeitraum) endgültig zu vereinnahmen, während die aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 53/93 (VO Nr. 53/93) des Rates vom 8. Januar 1993 zur Verlängerung der Geltungsdauer des vorläufigen Antidumpingzolls ... (ABlEG Nr. L 9/1) für den Zeitraum 18. Januar bis zum 18. (richtig: 17.) März 1993 (zweiter Zeitraum) geleisteten Sicherheiten für den vorläufigen Antidumpingzoll nicht endgültig zu vereinnahmen gewesen seien.

Im übrigen sei Art. 2 VO Nr. 611/93 auch deswegen unwirksam, weil es an einer ausreichenden Begründung für diese Regelung fehle und deshalb ein Verstoß gegen Art. 190 des EWG-Vertrages (jetzt Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft --EGV--) vorliege. Aus der Begründung unter Nr. 46 der Erwägungsgründe der VO Nr. 611/93 werde für die betroffenen Unternehmer die Rechtmäßigkeit oder auch nur der Sinn dieser Regelung nicht ersichtlich. Dies müsse insbesondere deshalb gelten, weil gerade die Begründung der Ungleichbehandlung von Sicherheiten in anderen Verordnungen besonders gründlich vorgenommen worden sei.

Da die VO Nr. 611/93 nichtig sei, müßten die vereinnahmten Sicherheiten zumindest bis zu einer erneuten --diesmal rechtmäßigen-- Regelung freigegeben werden. Für eine Freigabe der von der Klägerin geleisteten Sicherheiten spreche insbesondere, daß sie den Antidumpingzoll wegen bereits vorher abgeschlossener Verträge mit den Endabnehmern nicht weitergeben könne.

Da nach Auffassung der Klägerin zumindest ernstliche Zweifel an der Gültigkeit des Art. 2 VO Nr. 611/93 bestehen, hält sie es für erforderlich, eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) zu der Frage einzuholen, ob Art. 2 VO Nr. 611/93 wirksam ist.

Sie beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung und den Steuerbescheid vom 30. März 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Oktober 1993 aufzuheben.

Das HZA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II.

1. Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Das Finanzgericht (FG) hat, ohne daß dies im Revisionsverfahren bestritten wird, zutreffend entschieden, daß die endgültige Vereinnahmung der für den vorläufigen Antidumpingzoll geleisteten Sicherheit im Streitfall den maßgebenden Rechtsvorschriften (hier Art. 2 VO Nr. 611/93 --endgültiger Antidumpingzoll-- und Art. 1 VO Nr. 2686/92 --vorläufiger Antidumpingzoll--) entspricht. Rechtsfehlerfrei hat das FG auch --ohne vorherige Anrufung des EuGH-- erkannt, daß keine Bedenken gegen die Rechtsgültigkeit des Art. 2 VO Nr. 611/93 bestehen.

a) Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 (AntidumpingVO) des Rates vom 11. Juli 1988 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern (ABlEG Nr. L 209/1) ermächtigt die Kommission, für bestimmte Waren untere bestimmten Voraussetzungen einen vorläufigen Antidumpingzoll festzusetzen. In diesem Fall ist die Überführung der betreffenden Waren in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft von der Leistung einer Sicherheit in Höhe des vorläufigen Zolls abhängig; über die endgültige Vereinnahmung dieses Betrages entscheidet der Rat im Rahmen eines späteren Beschlusses gemäß Art. 12 Abs. 2 dieser Verordnung. Gemäß Art. 11 Abs. 5 AntidumpingVO gelten vorläufige Zölle höchstens 4 Monate lang. Sie können jedoch unter bestimmten Voraussetzungen vom Rat um weitere 2 Monate verlängert werden (Art. 11 Abs. 5 und 6 AntidumpingVO). Aufgrund der genannten Ermächtigung hat die Kommission durch Art. 1 Abs. 5 i.V.m. Art. 3 VO Nr. 2686/92 festgelegt, daß die Abfertigung der streitgegenständlichen DRAMS mit Ursprung in Korea zum zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft während eines Zeitraums von vier Monaten ab Inkrafttreten der VO Nr. 2686/92 am 18. September 1992 von einer Sicherheitsleistung in Höhe des vorläufigen Zolls abhängig war. Diese Regelung wurde durch Art. 1 VO Nr. 53/93 um weitere zwei Monate verlängert. Gemäß Art. 2 VO Nr. 611/93 waren die Sicherheitsleistungen für den durch die VO Nr. 2686/92 festgesetzten vorläufigen Antidumpingzoll endgültig zu vereinnahmen, während die aufgrund der Verlängerungsverordnung (VO Nr. 53/93) geleisteten Sicherheiten für den vorläufigen Antidumpingzoll mangels eines gegenteiligen Ratsbeschlusses gemäß Art. 11 Abs. 7 AntidumpingVO freizugeben waren.

Der Rat hat seinen Beschluß zur Vereinnahmung der vorläufigen Zölle in Nr. 46 der Erwägungsgründe zur VO Nr. 611/93 wie folgt begründet:

"Es entspricht ständiger Praxis der Gemeinschaft, den vorläufigen Zoll endgültig zu vereinnahmen, wenn ein erhebliches schädigendes Dumping in der endgültigen Phase bestätigt wird und wenn sich die Lage hinsichtlich der schädigenden Auswirkungen der gedumpten Einfuhren auf den Gemeinschaftsmarkt seit der Einführung des vorläufigen Zolls nicht grundlegend verändert hat. In vorliegendem Falle wurde das Dumping endgültig bestätigt. Wegen der Besonderheit der Lage, insbesondere der Tatsache, daß seitens aller drei koreanischer Hersteller --die die Gesamtheit der Einfuhren aus Korea abdecken-- annehmbare Verpflichtungen angeboten wurden, wurde es im Interesse der Gemeinschaft liegend angesehen, diesen Zoll nicht für die gesamte Geltungsdauer, vielmehr nur für die anfängliche Geltungsdauer von vier Monaten zu vereinnahmen."

b) Für die Rechtmäßigkeit von Gemeinschaftsrechtsakten spricht eine Vermutung. Über die Gültigkeit von Gemeinschaftsrechtsakten kann nur der EuGH entscheiden (Art. 177 Abs. 1 Buchst. b EGV). Wird in einem Revisionsverfahren die Gültigkeit eines Gemeinschaftsrechtsakts bestritten, so ist der Senat auch als letztinstanzliches Gericht (Art. 177 Abs. 3 EGV) nur dann verpflichtet, eine Vorabentscheidung betreffend die Gültigkeit des Rechtsakts einzuholen, wenn er selbst Zweifel an der Gültigkeit des Rechtsakts hat (vgl. Senatsurteil vom 27. September 1994 VII R 75/93, BFHE 176, 83, m.w.N.). Zweifel, wie sie die Klägerin bezüglich Art. 2 VO Nr. 611/93 unter Berufung auf den Gleichheitssatz und die Pflicht zur Begründung von Verordnungen (Art. 190 EGV) vorträgt, bestehen für den Senat indessen nicht.

c) Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß Art. 2 VO Nr. 611/93 nicht gegen den auch vom Gemeinschaftsgesetzgeber als allgemeinen Rechtsgrundsatz zu beachtenden Gleichheitssatz verstößt. Nach diesem Grundsatz dürfen vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich behandelt werden, es sei denn, daß eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt wäre (vgl. z.B. EuGH, Urteile vom 19. Oktober 1977 117/76 und 16/77, EuGHE 1977, 1753, 1770 Tz. 7; vom 15. Juli 1982 245/81, EuGHE 1982, 2745, und vom 29. Juni 1988 300/86, EuGHE 1988, 3443).

Besteht ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung der für den vorläufigen Antidumpingzoll geleisteten Sicherheiten, so bietet sich schon aus formalen Gründen eine Unterscheidung zwischen dem ersten und dem zweiten Zeitraum an, wie sie Art. 2 VO Nr. 611/93 vorsieht. Denn für den ersten Zeitraum hat die Kommission den vorläufigen Antidumpingzoll durch die VO Nr. 2686/92 festgesetzt, während dies der Rat für den zweiten Zeitraum durch die VO Nr. 53/93 getan hat. Für jeden Zeitraum liegt also ein eigenständiger Rechtsakt vor.

Seine Gründe für die unterschiedliche Behandlung der im ersten und der im zweiten Zeitraum geleisteten Sicherheiten hat der Rat in Nr. 46 der bereits erwähnten Erwägungsgründe zur VO Nr. 611/93 genannt. Diese Gründe rechtfertigen nach Auffassung des Senats die unterschiedliche Behandlung der in den genannten zwei Zeiträumen geleisteten Sicherheiten.

Wie in Satz 1 der Gründe ausgeführt wird, bestand an sich Anlaß, den vorläufigen Antidumpingzoll für die gesamte Dauer der Maßnahme (erster und zweiter Zeitraum) endgültig zu vereinnahmen. Lediglich wegen besonderer Gründe (Satz 2) wurde der Antidumpingzoll für den zweiten Zeitraum nicht endgültig vereinnahmt. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Nichtvereinnahmung der Sicherheiten nicht allein damit begründet worden, daß seitens der Hersteller in Korea annehmbare Verpflichtungen angeboten worden sind, sondern allgemein auch damit, daß es wegen der Besonderheit der Lage im Interesse der Gemeinschaft liege, insoweit die geleisteten Sicherheiten nicht endgültig zu vereinnahmen. Hierbei handelt es sich zwar um eine sehr allgemein gehaltene Begründung. Ihr liegt aber eine wirtschaftspolitische Bewertung zugrunde, die dem Gemeinschaftsgesetzgeber im Rahmen des Art. 12 Abs. 2 Buchst. b AntidumpingVO obliegt. Er hat hierbei ein weites Beurteilungsermessen, das nur in sehr beschränktem Umfang gerichtlich überprüft werden kann. Die gerichtliche Kontrolle einer solchen Beurteilung ist auf die Prüfung der Frage beschränkt, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt, der der getroffenen Wahl zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmißbrauch vorliegen (vgl. EuGH, Urteil vom 10. März 1992 C-175/87, EuGHE 1992, I-1409, 1487). Die Klägerin ihrerseits hat keine Gründe vorgetragen, aus denen sich Anhaltspunkte dafür ergeben könnten, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber bei der Beurteilung des Gemeinschaftsinteresses fehlerhaft vorgegangen ist oder das ihm eingeräumte weite Ermessen mißbraucht haben könnte. Der Umstand, daß der Gemeinschaftsgesetzgeber in anderen Fällen seine Entscheidungen nach Meinung der Klägerin eingehender begründet hat, rechtfertigt es jedenfalls nicht, in diesem Fall auf einen Fehler in dem oben ausgeführten Sinne zu schließen. Sollte die Bewertung das Ergebnis eines Kompromisses gewesen sein, so würde auch dieser Umstand allein, wie das FG mit Recht ausgeführt hat, nicht die Annahme rechtfertigen, daß diese Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers willkürlich ist.

Im Rahmen der allgemeinen Beurteilung des Gemeinschaftsinteresses stellte die Tatsache, daß die koreanischen Hersteller Angebote zur Beseitigung des Dumpings abgegeben hatten, einen wichtigen Teilaspekt dar. Es ist aber --anders als die Klägerin meint-- für die Frage, ob deswegen ein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung der für beide Zeiträume festgesetzten Antidumpingzölle vorliegt, nicht entscheidend, wann genau die Angebote während des zweiten Zeitraums abgegeben wurden, und daß sie überhaupt erst durch ihre Annahme aufgrund des Beschlusses der Kommission vom 4. März 1993 über die Annahme der Verpflichtungsangebote von drei Herstellern im Rahmen des Antidumpingverfahrens ... (ABlEG Nr. L 66/37) rechtliche Verbindlichkeit erlangten. Denn willkürlich erscheint es jedenfalls nicht, wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber, wie Absatz 46 Satz 2 der Erwägungsgründe zur VO Nr. 611/93 zu entnehmen ist, schon aufgrund der Tatsache, daß die Angebote überhaupt innerhalb des zweiten Zeitraums abgegeben wurden, den für diesen Zeitraum festgesetzten vorläufigen Antidumpingzoll nicht mehr meinte endgültig vereinnahmen zu müssen.

Dem Vortrag der Klägerin ist schließlich kein überzeugender Grund dafür zu entnehmen, daß die im ersten Zeitraum geleisteten Sicherheiten nicht endgültig hätten vereinnahmt werden dürfen. Der Umstand, daß die Klägerin angeblich wegen vor Festsetzung des vorläufigen Antidumpingzolls eingegangener Verbindlichkeiten den später eingeführten Antidumpingzoll nicht an ihre Kunden weitergeben konnte, ist unerheblich. Er liegt allein im wirtschaftlichen Risikobereich der Klägerin und kann nicht als Argument für die Rechtswidrigkeit der endgültigen Vereinnahmung der im ersten Zeitraum geleisteten Sicherheiten aufgrund von Art. 2 VO Nr. 611/93 angeführt werden. Eine verbotene Rückwirkung der maßgebenden Vorschriften liegt insoweit nicht vor. Denn der vorläufige Antidumpingzoll ist nicht rückwirkend, sondern durch die VO Nr. 2686/92 erst für die Zukunft festgesetzt worden. Aufgrund von Art. 2 VO Nr. 611/93 waren zwar bereits in der Vergangenheit geleistete Sicherheiten zu vereinnahmen, diese Regelung war aber in der Festsetzung des vorläufigen Antidumpingzolls angelegt (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Mai 1989 246/87, EuGHE 1989, 1151, 1174 Tz. 16). Das Fehlen einer Übergangsregelung verstößt auch nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Denn nach den Grundsätzen des Zollrechts wird jeweils der Zoll geschuldet, der im maßgebenden Zeitpunkt gilt, ohne daß es darauf ankommt, ob der Einführer die Höhe der Zollbelastung bei Vertragsabschluß kannte oder hätte kennen können (vgl. Lux in Bail/Schädel/Hutter, Kommentar Zollrecht, F III 1/12 Rz. 12).

d) Was das von der Klägerin beanstandete Fehlen einer ausreichenden Begründung für die Regelung in Art. 2 VO Nr. 611/93 angeht, so muß nach ständiger Rechtsprechung die nach Art. 190 EGV vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepaßt sein. Sie muß die Überlegungen des Gemeinschaftsgesetzgebers so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, daß die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und letztlich der EuGH seine Kontrolle ausüben kann (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 9. November 1995 C-466/93, EuGHE 1995, I-3799, 3809 Tz. 16; und Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 14. Juli 1995 T-166/94, EuGHE 1995, II-2129, 2165). Diesen Anforderungen wird die in Nr. 46 der Erwägungsgründe zu der VO Nr. 611/93 gegebene Begründung entgegen der Auffassung der Klägerin gerecht. Denn jedenfalls die Überlegungen, die den Rat zu der in Art. 2 VO Nr. 611/93 getroffenen Regelung geführt haben (wirtschaftspolitische Interessen der Gemeinschaft), sind daraus eindeutig zu entnehmen. Ob diese Überlegungen überzeugend sind und insbesondere die Nichtvereinnahmung der für den zweiten Zeitraum festgesetzten vorläufigen Antidumpingzölle tatsächlich zu rechtfertigen vermögen, ist hingegen in diesem Zusammenhang, in dem es nur formal auf das Vorhandensein einer Begründung überhaupt ankommt, nicht erheblich.

e) Da nach alledem keine Zweifel an der Rechtsgültigkeit des Art. 2 VO Nr. 611/93 bestehen, deshalb ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH nicht in Betracht kommt und die von der Klägerin für den vorläufigen Antidumpingzoll geleisteten Sicherheiten in Übereinstimmung mit dieser Vorschrift endgültig vereinnahmt worden sind, ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung).

Ende der Entscheidung

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