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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 02.12.2003
Aktenzeichen: VII R 26/02
Rechtsgebiete: KraftStG
Vorschriften:
KraftStG § 3 Nr. 7 Buchst. a |
Gründe:
I.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) begehrt für ein Fahrzeug, das er in seinem landwirtschaftlichen Betrieb als Futtermischwagen einsetzt, die Steuerbefreiung für Sonderfahrzeuge gemäß § 3 Nr. 7 Buchst. a des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG).
Die Verkehrsbehörde, die das Fahrzeug für den Kläger zugelassen hat, hat dem Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) mitgeteilt, es handle sich um ein Sonder-Kfz für die Landwirtschaft, nämlich einen Futtermischwagen mit Silofräse.
Das FA hat indes gegen den Kläger Kraftfahrzeugsteuer nach Maßgabe des zulässigen Gesamtgewichts des Fahrzeuges von 7 500 kg festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Klage, die vor dem Finanzgericht (FG) Erfolg hatte. Das FG führt in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 868 veröffentlichten Urteil im Wesentlichen aus, der Bundesfinanzhof (BFH) habe in dem Urteil vom 19. September 1984 II R 139/82 (BFHE 142, 181, BStBl II 1985, 108) zwar einem Fahrzeug, das Schlempe mittels einer besonderen Vorrichtung zu transportieren bestimmt war, die Anerkennung als Sonderfahrzeug für die Landwirtschaft mit der Begründung versagt, die Rindermast könne Gegenstand eines landwirtschaftlichen Betriebes sein, in dem die Produktionsfaktoren Boden, Betriebsmittel und menschliche Arbeit zusammengefasst sind; sie könne aber auch außerhalb eines solchen Betriebes betrieben werden, etwa dort, wo der Produktionsfaktor Boden nicht eingesetzt werden kann und die Rinder mit gekaufter Schlempe gefüttert werden. Ebenso wie dieses Urteil, so meint das FG, beträfen die übrigen Urteile des BFH, in denen eine Steuerbefreiung wegen der Verwendbarkeit des Fahrzeuges auch außerhalb eines landwirtschaftlichen Betriebes versagt worden sei, "stets hauptsächlich nur Beförderungen". Erst in dem Beschluss vom 19. November 1998 VII B 127/98 (BFH/NV 1999, 673) habe der BFH diese Rechtsprechung auch auf einen Futtermischwagen übertragen und damit die Auslegung des § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG über Gebühr ausgedehnt, wenn er jetzt auch in anderen Fällen als denen der Beförderung, in denen jedoch der Produktionsfaktor Boden (Futter) maßgeblich sei, die bloße Möglichkeit, das Fahrzeug auch in einem gewerblichen Viehmastbetrieb einsetzen zu können, als schädlich ansehe. Das Abstellen auf diese Möglichkeit widerspreche "zumindest im Bereich der Urproduktion" dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Theoretisch lasse sich in einem gewerblichen Betrieb alles ebenso verwenden, besonders wenn man bereits die bloße Rechtsform einer GmbH für schädlich halte. Eine betriebswirtschaftlich abwegige Nutzung außerhalb der Landwirtschaft dürfe aber nicht schädlich sein. Ein selbstfahrendes Kfz könne immer etwas befördern, so dass nie eine völlig zweckfremde Verwendung außerhalb der Landwirtschaft gegeben wäre. Damit werde der Begriff des Sonderfahrzeuges als Ausnahmefahrzeug ausgelegt. Demzufolge könne man auch mit einem Futtererntewagen in einem gewerblichen Mastbetrieb Futtertransport vornehmen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des FA.
Der Kläger ist der Meinung, das Abstellen auf die Möglichkeit einer Verwendung des Fahrzeuges auch in einem gewerblichen Betrieb würde dazu führen, dass § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG inhaltslos werde. Die Frage der Rechtsform oder die Zuordnung eines landwirtschaftlichen Betriebes zum gewerblichen Bereich gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) führe zu groben Ungerechtigkeiten, da eine sachfremde oder gar zufällige Entscheidung über die Frage der Anwendbarkeit des § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG entscheide und darüber hinaus im Ergebnis Abgrenzungsschwierigkeiten entstünden.
II.
Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es ist von einem unzutreffenden Verständnis des § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG ausgegangen. Ob allerdings die Vorschrift im Streitfall anzuwenden ist, so dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt, bedarf erneuter tatrichterlicher Überprüfung.
1. Der BFH hat in seinem Urteil in BFHE 142, 181, BStBl II 1985, 108, das zu § 2 Nr. 6 Buchst. a KraftStG 1972, welcher § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG in seiner jetzt geltenden Fassung entspricht und das Halten von "Sonderfahrzeugen" von der Steuer befreit, solange diese Fahrzeuge ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden, ein Fahrzeug, das auch außerhalb eines solchen landwirtschaftlichen Betriebs zum Transport von gekauftem Futter wie z.B. Schlempe für in einem gewerblichen Betrieb gemästetes Vieh eingesetzt werden kann, nicht als Sonderfahrzeug im Sinne dieser Vorschrift anerkannt. Er ist dabei von der --im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegenden-- Würdigung ausgegangen, dass der Einsatz eines solchen Fahrzeuges in einem gewerblich betriebenen Viehmastbetrieb keine nur entfernt denkbare, statistisch wenig wahrscheinliche und deshalb kraftfahrzeugsteuerrechtlich außer Betracht zu lassende, sondern eine übliche Nutzung sei.
An dem diesem Urteil zugrunde liegenden Ausgangspunkt der rechtlichen Würdigung hält der erkennende Senat fest. Er entspricht Satz 2 der vorgenannten Vorschrift, wonach als Sonderfahrzeug ausschließlich solche Fahrzeuge gelten, die nach ihrer Bauart und ihren besonderen, mit ihnen fest verbundenen Einrichtungen nur für die Verwendung in der Land- oder Forstwirtschaft geeignet und bestimmt sind. Dies setzt, worauf bereits das vorgenannte Urteil hingewiesen hat, dem Wirkungsbereich der Befreiungsvorschrift vom Gesetzgeber gewollte, enge Grenzen. Denn in Betrieben, in denen der Produktionsfaktor Boden nicht eingesetzt werden kann und die deshalb keine landwirtschaftlichen Betriebe sind, kann gleichwohl Vieh gehalten werden und wird Vieh tatsächlich gehalten, wobei die Betriebsabläufe bei der eigentlichen Mast oder Zucht weitgehend denen in einem landwirtschaftlichen Betrieb gleichen dürften, in welchem das für das Vieh benötigte Futter typischerweise selbst produziert wird und welcher dieser Einheit der drei Produktionsfaktoren Boden, Betriebsmittel und menschliche Arbeit wegen ein landwirtschaftlicher Betrieb ist. Demzufolge werden auch Fahrzeuge, die dazu bestimmt sind, bei solchen Betriebsabläufen eingesetzt zu werden, oftmals oder sogar in der Regel keine Sonderfahrzeuge in dem vorgenannten Sinne sein, weil sie von landwirtschaftlichen Betrieben ebenso wie von gewerblichen Betrieben benötigt und verwendet werden. Fahrzeuge, die auch in einem Betrieb verwendet werden können, der gewerbliche Viehwirtschaft betreibt, sind folglich keine Sonderfahrzeuge für die Landwirtschaft im Sinne des Kraftfahrzeugsteuergesetzes, wobei allerdings eine in anderen Steuergesetzen der Rechtsform eines Unternehmens wegen fiktiv angeordnete Gewerblichkeit des Betriebes außer Betracht bleibt.
Demgegenüber vermag den erkennenden Senat die Ansicht des FG nicht zu überzeugen, die in dem Urteil in BFHE 142, 181, BStBl II 1985, 108 im Anschluss an den Wortlaut des Gesetzes und die Absichten des Gesetzgebers vorgenommene enge Eingrenzung der für die Anwendung des § 3 Nr. 7 Buchst. a KraftStG in Betracht kommenden Fahrzeuge dürfe nur bei Fahrzeugen angewandt werden, die reinen Beförderungszwecken dienen. Denn dem Gesetz ist eine Differenzierung danach, ob das Sonderfahrzeug Transportmittel oder einem anderen Zweck dienlich ist, fremd. Wenn das FG ferner der Rechtsprechung des BFH entgegenhält, theoretisch lasse sich jedes Fahrzeug auch in einem gewerblichen Betrieb verwenden, so verkennt es --abgesehen davon, dass der erkennende Senat diese These bei zahlreichen von der Finanzverwaltung immerhin als Sonderfahrzeug anerkannten Fahrzeugen (vgl. dazu die Zusammenstellung bei Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuergesetz, § 3 Rdnr. 79) nicht nachzuvollziehen vermag--, dass, wie dargelegt, bei der kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Würdigung nicht die theoretischen, sondern nur übliche oder doch jedenfalls nicht aus der Sicht der Bestimmung und eigentlichen Eignung des Fahrzeuges völlig zweckfremde Nutzungsmöglichkeiten zu berücksichtigen sind (vgl. Beschluss des Senats in BFH/NV 1999, 673, m. zahlr. Nachw.).
2. Demnach kommt es darauf an, ob das streitgegenständliche Fahrzeug nach seiner Bauart und Einrichtung in einem gewerblichen Viehwirtschaftsbetrieb (nicht nur theoretisch) verwendet werden kann oder ob eine solche Verwendung völlig zweckfremd wäre. Der erkennende Senat ist nicht berufen, diese im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegende Frage zu entscheiden, deren Beantwortung zunächst genaue Feststellungen über Bauart und Einrichtung des betreffenden Fahrzeuges und dessen sich daraus ergebende Verwendungsmöglichkeiten, ferner darüber erfordert, ob unter Berücksichtigung dieser Verwendungsmöglichkeiten einerseits und der gewöhnlichen Betriebsabläufe in der gewerblichen Viehwirtschaft andererseits ein Fahrzeug der streitgegenständlichen Art dort eingesetzt werden könnte, ohne dass ein solcher Einsatz völlig widersinnig und zweckfremd erscheinen müsste.
Der Senat verweist den Rechtsstreit gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO an das FG zurück, damit dieses die für diese Beurteilung erforderlichen Feststellungen treffen und die auf deren Grundlage vorzunehmende rechtliche Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse vornehmen kann.
Ende der Entscheidung
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