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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 29.07.2003
Aktenzeichen: VII R 39/02
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO, GewO
Vorschriften:
AO 1977 § 30 Abs. 1 | |
AO 1977 § 30 Abs. 4 Nr. 5 | |
FGO § 41 | |
FGO § 56 Abs. 1 | |
FGO § 56 Abs. 2 | |
GewO § 35 Abs. 1 |
2. Die Finanzbehörde hat nur die Offenbarung von solchen Tatsachen zu unterlassen, die eindeutig von vornherein nicht geeignet sind, alleine oder in Verbindung mit anderen Tatsachen eine Gewerbeuntersagung zu rechtfertigen. Dabei muss die Finanzbehörde die Maßstäbe anlegen, die von den Verwaltungsbehörden und -gerichten aufgestellt worden sind; ihr ist nicht gestattet, selbst zu beurteilen, ob die Voraussetzungen des § 35 GewO tatsächlich vorliegen.
3. Eine Mitteilung auch über nicht bestandkräftig festgesetzte Steuerforderungen ist danach grundsätzlich zulässig und nicht unverhältnismäßig.
4. Eine Klage auf Feststellung eines Bruchs des Steuergeheimnisses gegenüber der Gewerbebehörde ist aufgrund des Genugtuungsinteresses des Steuerpflichtigen zulässig; das Festsstellungsinteresse hängt nicht davon ab, dass die Feststellung, das Steuergeheimnis sei verletzt worden, die rechtliche und tatsächliche Position des Klägers gegenüber der Gewerbebehörde verbessern könnte.
VII R 39/02 VII R 43/02
Gründe:
Gegen den Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) ist bei dem zuständigen Regierungspräsidium ein Gewerbeuntersagungsverfahren nach § 35 der Gewerbeordnung (GewO) anhängig. Dessen Einleitung hat der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) im November 1997 angeregt und dem Regierungspräsidium dabei eine Aufstellung der angeblichen Steuerrückstände des Klägers, damals angeblich ... DM, übersandt. Später hat das FA dem Regierungspräsidium dazu auf dessen Anfrage mitgeteilt, die Steuern seien nach Zurückweisung von Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) vollstreckbar; sie entfielen auf die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb, nicht auf dessen Ehefrau. Es liege ein Aufteilungsbescheid vor. Auf weitere Anfrage des Regierungspräsidiums hat das FA im Juni 1998 die Rückstände auf aktuell ... DM beziffert; hiervon seien ... DM streitbefangen.
Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass die Offenbarung der Steuerrückstände rechtswidrig gewesen sei, weil sie das Steuergeheimnis verletze. Er berief sich dabei im Wesentlichen darauf, dass es für die Offenbarung seiner angeblichen Steuerrückstände an einem zwingenden öffentlichen Interesse fehle, insbesondere insoweit, als die betreffenden Steuern nicht bestandskräftig festgesetzt seien und die Steuerfestsetzungen keinen Bestand haben könnten. Der ihnen zugrunde liegende Tatbestand sei Gegenstand eines Steuerstrafverfahrens gewesen, in welchem er freigesprochen worden sei. Er habe nicht in krimineller Absicht Steuern verkürzt, sondern sei Opfer einer Täuschung geworden.
Die Klage hatte zum überwiegenden Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, sie sei als Feststellungsklage zulässig. Der Kläger habe ein berechtigtes Interesse an der von ihm begehrten Feststellung, weil bei einem Erfolg der Klage das laufende Gewerbeuntersagungsverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit eingestellt werde. Die Klage sei insoweit begründet, als die dem Regierungspräsidium mitgeteilten Steuerrückstände auf noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen beruhten. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) habe die Finanzbehörde zwar aufgrund des § 30 Abs. 4 Nr. 5 der Abgabenordnung (AO 1977) die Befugnis zur Erteilung von Auskünften an die Gewerbebehörden über die steuerliche Unzuverlässigkeit eines Gewerbetreibenden. Bei der Prüfung des grundsätzlich zu bejahenden zwingenden öffentlichen Interesses an einer Offenbarung von Steuerrückständen seien jedoch stets auch etwaige besondere Umstände des Einzelfalls mit zu berücksichtigen und eine Korrektur über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geboten, um die Interessen des Steuerschuldners angemessen zu wahren. Es dürften nur steuerliche Unregelmäßigkeiten offenbart werden, die tatsächlich einen Rückschluss auf eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit erlauben. Das sei der Fall, insoweit sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Gewerbes gründet, insbesondere bei der Lohn- und Umsatzsteuer, und bei den Personensteuern, soweit die Steuerpflicht ganz oder zumindest im Wesentlichen auf den aus dem Gewerbebetrieb gezogenen Einkünften beruht, was im Streitfall im vollen Umfange zutreffe. Ein zwingendes öffentliches Interesse an der Offenbarung auch nicht bestandskräftiger Steuerfestsetzungen könne aber nicht bejaht werden. Aufgrund der Ablehnung der AdV durch das FG seien die Rückstände des Klägers zwar vollstreckbar. Es könne aber schwerlich ein berechtigtes Interesse der Allgemeinheit daran anerkannt werden, dass ein Gewerbe aufgrund einer aus noch nicht bestandskräftigen, der gerichtlichen Prüfung in einem Hauptsacheverfahren noch harrenden Steuerfestsetzungen abgeleiteten Unzuverlässigkeit untersagt und damit eine Erwerbs- oder gar Existenzgrundlage vor einer endgültigen Klärung im Klageverfahren vernichtet wird. Das gelte umso mehr, als die Mitteilung hier nicht in einem bereits anhängig gewesenen Gewerbeuntersagungsverfahren erfolgt ist, sondern erst die Anregung des FA, ein solches Verfahren einzuleiten, stützen sollte.
Gegen dieses Urteil richten sich die vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen des Klägers und des FA.
Der Kläger hat seine Revision fristgerecht eingelegt, jedoch die am 20. August 2002 abgelaufene Revisionsbegründungsfrist nicht gewahrt. Er hat deshalb Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Er hat dabei eine ärztliche Bescheinigung vorgelegt, in der dem Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft, die ihn im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren vertritt, vom 20. bis voraussichtlich 30. August 2002 Arbeitsunfähigkeit bescheinigt wird. Der Kläger lässt vortragen, der Fristverlängerungsantrag habe vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist gestellt werden sollen; dem Geschäftsführer sei es jedoch bereits vor dem 20. August 2002 nicht mehr möglich gewesen, seinen Dienstgeschäften nachzugehen. Erst unmittelbar nach seiner Genesung habe er sich der Sache gewidmet.
Die Revisionsbegründung macht geltend, das FA habe § 30 Abs. 4 AO 1977 falsch angewandt und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz missachtet. Für die Durchbrechung des Steuergeheimnisses fehle es dem FA an jedweder Rechtsgrundlage. Die Mitteilungen an die Gewerbebehörden sollten offenbar ausschließlich als Druckmittel gegen den Steuerpflichtigen eingesetzt werden. Hätte der Gesetzgeber eine Offenbarungsbefugnis gegenüber den Gewerbebehörden gewollt, so hätte eine spezialgesetzliche Regelung in die GewO aufgenommen werden müssen. Überdies habe selbst der BFH die Offenbarung bei Personensteuern nur erlaubt, sofern durch Steuerunregelmäßigkeiten besondere Vorteile im Wettbewerb erlangt würden; hiervon könne im Streitfall keine Rede sein, da der Kläger unabhängig von seinen steuerlichen Verhältnissen feste Preisvorgaben für jeden Auftrag erhalte.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des FG, soweit die Klage abgewiesen worden ist, festzustellen, dass die Offenbarung seiner Steuerrückstände rechtswidrig war.
Das FA beantragt, die Revision des Klägers als unzulässig zu verwerfen. Die von ihm fristgerecht eingelegte und begründete Revision, mit der es begehrt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, begründet das FA im Wesentlichen folgendermaßen:
Die Klage sei unzulässig, aber auch unbegründet. Sie sei unzulässig, weil der Kläger sein Prozessziel, die Aufhebung des laufenden Gewerbeuntersagungsverfahrens, durch ein Feststellungsurteil des FG nicht erreichen könne. Das Urteil des FG verletze im Übrigen § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO 1977.
Der Kläger begehrt, die Revision des FA zurückzuweisen. Zu seinem Feststellungsinteresse trägt er vor, die Mitteilung des FA sei allein ausschlaggebend gewesen für das Ingangsetzen des Gewerbeuntersagungsverfahrens, das vom Regierungspräsidium bis zur Klärung der Frage ausgesetzt worden sei, ob die Mitteilung gegen § 30 AO 1977 verstoße. Damit sei klar, dass das Verfahren gänzlich vermieden werde, sofern die Frage der Rechtswidrigkeit respektive der Nichtigkeit der der Gewerbebehörde gemachten Mitteilungen positiv entschieden werde. Die Rechtsprechung erkenne ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung auch dann an, wenn die zu entscheidende Rechtsfrage eine erhebliche Vorfrage für eine auf einem anderen Rechtsweg zu erhebende Klage darstelle; so könne der Kläger, wenn seine Feststellungsklage Erfolg hätte, sein weiter gehendes Rechtsschutzziel, die Annullierung des Gewerbeuntersagungsverfahrens, auch ohne die Durchführung eines Verwaltungsgerichtsprozesses erreichen.
1. Die Revision des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründet worden ist. Wiedereinsetzung wegen dieser Fristversäumnis ist nicht nach § 56 FGO zu gewähren, weil sich aus dem Vorbringen des Klägers in seinem Wiedereinsetzungsantrag ein Wiedereinsetzungsgrund nicht ergibt.
Wiedereinsetzung ist nach § 56 Abs. 1 FGO demjenigen zu gewähren, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Dabei ist dem Beteiligten ein etwaiges Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten und dessen gesetzlicher Vertreter zuzurechnen.
Es ist kein Sachverhalt vorgetragen worden oder --was nach § 56 Abs. 2 Satz 4 FGO berücksichtigt werden könnte-- sonst ersichtlich, der dem Geschäftsführer der vom Kläger mit seiner Vertretung betrauten Steuerberatungsgesellschaft erlaubt hätte, ohne Verschuldensvorwurf die Revisionsbegründungsfrist ungenutzt verstreichen zu lassen, d.h. innerhalb derselben weder für eine Begründung der Revision noch für einen Antrag auf Fristverlängerung zu sorgen. Denn es entschuldigt ihn nicht, dass er, wie offenbar geltend gemacht werden soll, zu einem --nicht näher bezeichneten-- Zeitpunkt vor Ablauf jener Frist erkrankt sein mag (wozu im Übrigen die vorgelegte ärztliche Bescheinigung nichts besagt, so dass mit ihr insofern nichts gemäß § 56 Abs. 2 Satz 2 FGO glaubhaft gemacht wird). Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH entschuldigt nämlich Krankheit eine Fristversäumnis nur dann, wenn sie plötzlich auftritt und mit ihr nicht gerechnet werden musste und wenn sie so schwer war, dass weder die Wahrung der laufenden Fristen noch die Bestellung eines Dritten, der sich um sie kümmern konnte, möglich war (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 9. November 1999 XI R 17/99, BFH/NV 2000, 583, sowie Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 56 Rdnr. 20 Stichwort "Krankheit" mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dazu ist schon nichts vorgetragen worden.
Wer wie die vom Kläger bevollmächtigte Steuerberatungsgesellschaft geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten besorgt, muss überdies grundsätzlich dafür Vorkehrungen treffen, dass auch bei einer nicht vorhergesehenen Erkrankung Fristen in den Verfahren gewahrt werden, deren Betreuung im Rahmen des betreffenden Geschäftsbetriebes übernommen worden ist (vgl. Bundesgerichtshof --BGH--, Beschluss vom 26. November 1998 IX ZB 84/98, Anwaltsblatt --AnwBl-- 1999, 227, und BFH-Beschluss vom 7. Februar 2002 III R 12/01, BFH/NV 2002, 794). Fehlt es an solchen Vorkehrungen, fällt dies dem Beteiligten als ihm, wie erwähnt, zuzurechnendes Organisationsverschulden seines Bevollmächtigten zur Last. Dass im vorliegenden Fall die Steuerberatungsgesellschaft solche Vorkehrungen getroffen hätte, ist nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich.
Was der Geschäftsführer der Bevollmächtigten des Klägers zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, konnte bei dieser Entscheidung --ungeachtet der Frage, ob es sonst die Fristversäumnis entschuldigen würde--, nicht berücksichtigt werden, weil der eine Wiedereinsetzung rechtfertigende Sachverhalt innerhalb der Frist des § 56 Abs. 2 Satz 1 FGO vorzutragen ist.
2. Die Revision des FA ist hingegen zulässig und begründet und führt zur Entscheidung in der Sache selbst durch Abweisung der Klage als unbegründet (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
a) Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Dessen Auffassung, das FA dürfe --jedenfalls unter Berücksichtigung der Umstände des hier vorliegenden Falls-- den Gewerbebehörden Steuerrückstände im Rahmen eines gewerberechtlichen Untersagungsverfahrens nur offenbaren, wenn die betreffenden Steuern bestandskräftig festgesetzt seien, ist mit § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO 1977 unvereinbar.
Nach dieser Vorschrift ist die Offenbarung unter das Steuergeheimnis, das Amtsträger nach § 30 Abs. 1 AO 1977 zu wahren haben, fallender Kenntnisse dann zulässig, wenn dafür ein zwingendes öffentliches Interesse besteht. Der zweite Halbsatz der vorgenannten Bestimmung enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, bei deren Vorliegen ein zwingendes öffentliches Interesse zu bejahen ist. Keiner dieser Tatbestände ist freilich im Streitfall bzw. im Allgemeinen dann erfüllt, wenn es darum geht, den Gewerbebehörden zum Zwecke der Durchführung eines gewerberechtlichen Untersagungsverfahrens nach § 35 GewO zu offenbaren, dass ein Gewerbetreibender durch seine gewerbliche Tätigkeit ausgelöste Steuerrückstände hat. Die eben erwähnte enumerative Aufzählung ist indes nicht abschließend. Ein zwingendes öffentliches Interesse an der Offenbarung unter das Steuergeheimnis fallender Kenntnisse ist vielmehr nur "namentlich" dann gegeben, wenn diese gesetzlichen Tatbestände vorliegen; es kann aber auch in anderen, im Gesetz nicht beschriebenen Fällen anzunehmen sein. Einen solchen Fall hat die Rechtsprechung des erkennenden Senats grundsätzlich dann angenommen, wenn die Offenbarung von erheblichen Steuerrückständen gegenüber den Gewerbebehörden dazu dienen kann, diesen die Erfüllung der ihnen durch § 35 GewO im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit auferlegten Aufgabe zu ermöglichen, also bei gegebenem Anlass gegen steuerlich unzuverlässige Gewerbetreibende das Mittel der Gewerbeuntersagung zu verhängen, um so das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des Geschäftsverkehrs und die ordnungsgemäße Arbeit der Gewerbebehörden zu bewahren. Die Gewerbebehörden sind nämlich verpflichtet, mit den Mitteln der Gewerbeuntersagung gegen solche Gewerbetreibende einzuschreiten, die ihre steuerlichen Pflichten nicht erfüllen. Der erkennende Senat hat mithin die Finanzbehörden aufgrund eines zwingenden öffentlichen Interesses an der Durchbrechung des Steuergeheimnisses zur Offenbarung von Steuerrückständen im Hinblick auf diejenigen Tatsachen für befugt gehalten, aus denen sich die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden i.S. des § 35 Abs. 1 GewO ergeben kann (Senatsurteil vom 10. Februar 1987 VII R 77/84, BFHE 149, 387, BStBl II 1987, 545).
Diese Rechtsprechung ist zwar auf Kritik gestoßen (vgl. Kruse in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 30 AO 1977 Rdnr. 137; Hofmann in Kühn/Hofmann, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 30 AO 1977 Anm. 4 e; App, Gewerbearchiv --GewArch-- 1990, 10; Arndt, GewArch 1988, 281; Dittmann, Die Verwaltung, Bd. 21 (1988), S. 43; Hofmann, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1999, 201), hat jedoch im Schrifttum auch viel Zustimmung gefunden (Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 8. Aufl. 2003, § 30 Rdnr. 193; Koch in Koch/Scholtz, Abgabenordnung, § 30 Rdnr. 31; Metzner in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 30 AO 1977 Rdnr. 129; Krömker, DStR 2000, 1419). Der erkennende Senat hält an ihr fest. Er vermag weder der Ansicht zu folgen, weil § 30 Abs. 4 AO 1977 "Ausnahmen" von dem Grundsatz des § 30 Abs. 1 AO 1977 normiere, sei er eng auszulegen (so Dittmann, a.a.O.) --denn Ausnahmevorschriften sind nicht anders als andere nach ihrem Wortlaut, nach Sinn und Zweck u. dgl. auszulegen, was auch eine "weite" Auslegung erfordern kann--, noch kann er der sinngemäß von Kruse (a.a.O.) und Hofmann (a.a.O., § 30 AO 1977 Anm. 4 e) vertretenen Auffassung beistimmen, das von der Vorschrift geforderte öffentliche Interesse an der Offenbarung geschützter Daten könne nicht aus einer "Gesamtbetrachtung" (nämlich den Erfordernissen einer wirksamen Durchführung des § 35 GewO), sondern nur aus den besonderen Umständen eines (gleichsam außergewöhnlichen) konkreten Einzelfalls hergeleitet werden. Es wäre auch verfehlt und weder durch den Wortlaut des § 30 Abs. 4 AO 1977 noch durch den Zweck der dort enthaltenen Aufführung von Beispielen für ein zwingendes öffentliches Offenbarungsinteresse gerechtfertigt, diese Vorschrift nur bei schweren (steuerlichen) Straftaten des Steuerpflichtigen eingreifen zu lassen (so aber Hofmann, DStR 1999, 201, 204).
Die weitere Frage, ob das FA der Gewerbebehörde im Gewerbeuntersagungsverfahren nach § 35 GewO auch Steuerschulden eines Gewerbetreibenden mitteilen darf, deren Festsetzung noch nicht bestandskräftig ist, wurde, soweit ersichtlich, in der bisherigen Rechtsprechung des BFH noch nicht ausdrücklich erörtert. Sie ist auch im Schrifttum, soweit erkennbar, noch nicht aufgeworfen worden. Sie ist aber entgegen der Auffassung des FG zu bejahen.
Nach der Rechtsprechung des Senats dient die Offenbarung von (erheblichen) Steuerrückständen gegenüber den Gewerbebehörden, wie ausgeführt, dazu, diesen die Erfüllung der ihnen durch § 35 GewO im Interesse des Schutzes der Allgemeinheit auferlegten Aufgabe zu ermöglichen. Welche Tatsachen die Finanzbehörde den Gewerbebehörden offenbaren darf und wegen des von diesen wahrzunehmenden öffentlichen Interesses offenbaren muss, ist folglich eine Frage, die auf der Grundlage der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu § 35 GewO zu beantworten ist. Zwar hat der Senat in seinem eben genannten Urteil im Anschluss an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 2. Februar 1982 1 C 146.80 (BVerwGE 65, 1) von den Finanzbehörden vor der Offenbarung durch das Steuergeheimnis geschützter Tatsachen eine "Vorbeurteilung" verlangt, ob es sich um Tatsachen handelt, aus denen sich eine Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden i.S. des § 35 Abs. 1 GewO ergibt. Auf Grund einer solchen Vorbeurteilung haben die Finanzbehörden indes nur die Offenbarung von Tatsachen zu unterlassen, die eindeutig von vornherein nicht geeignet sind, alleine oder in Verbindung mit anderen Tatsachen eine Gewerbeuntersagung zu rechtfertigen. Dabei muss die Finanzbehörde die Maßstäbe anlegen, die insofern von den Verwaltungsbehörden, den Verwaltungsgerichten und dem BVerwG auf der Grundlage des § 35 GewO aufgestellt worden sind. Denn die richtige Auslegung und Anwendung des § 35 Abs. 1 GewO in einem gewerberechtlichen Untersagungsverfahren, welche die betreffenden Mitteilungen der Finanzbehörde ermöglichen sollen, obliegt diesen und nicht den Finanzbehörden und folglich auch nicht der Jurisdiktionsgewalt der FG. Daran ändert nichts, dass die Finanzbehörde allerdings nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO 1977 in eigener Verantwortung zu prüfen hat, ob ein zwingendes öffentliches Interesse die Durchbrechung des Steuergeheimnisses rechtfertigt. Denn das öffentliche Interesse zwingt nach der Rechtsprechung des Sentas dazu, der Gewerbebehörde das Bestehen von Steuerrückständen zu offenbaren, weil diese sonst nicht in der Lage wäre, diese Tatsache gewerberechtlich zu bewerten und ggf. eine Entscheidung nach § 35 GewO zu treffen. Das von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO 1977 verlangte zwingende öffentliche Interesse ist also nicht davon abhängig, ob die Voraussetzungen des § 35 GewO tatsächlich vorliegen, der Gewerbetreibende also unzuverlässig ist und es deshalb im öffentlichen Interesse liegt, ihm die Ausübung des Gewerbes zu untersagen. Das zu beurteilen gestattet § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO 1977 der Finanzbehörde nicht, die damit vielmehr dem Vollzug des § 35 GewO, der allein der Gewerbebehörde obliegt, unzulässig vorgreifen würde.
Nicht bestandskräftig festgesetzte Steuerschulden sind nicht von vornherein ungeeignet, bei einer Entscheidung nach § 35 GewO Bedeutung zu erlangen.
Die Rechtsprechung des BVerwG stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, ob Steuern nicht entrichtet worden sind, obwohl sie von Rechts wegen hätten gezahlt werden müssen. Steuerrückstände, die zur Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit führen können, sind danach solche nicht gezahlten Steuern, die der Steuerschuldner nach den einzelnen Steuergesetzen und § 220 AO 1977 hätte zahlen müssen. Dazu gehören auch wirksam festgesetzte und fällige Steuern, die streitig sind und gegen deren Festsetzung der Steuerschuldner Rechtsbehelfe eingelegt hat, über die noch nicht oder jedenfalls noch nicht bestandskräftig entschieden ist. Nur wenn die Vollziehung eines Steuerbescheides nach § 361 AO 1977 oder § 69 FGO ausgesetzt ist, darf die Nichtzahlung der festgesetzten Steuer folglich im gewerberechtlichen Untersagungsverfahren nicht berücksichtigt werden (vgl. Beschluss des BVerwG vom 30. September 1998 1 B 100/98, GewArch 1999 S. 31, mit Hinweis auf den Beschluss vom 5. März 1997 1 B 56/97, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, 451.20, § 35 GewO Nr. 66 = GewArch 1997, 244). Das BVerwG hebt in diesem Zusammenhang nämlich mit Recht hervor, dass Steuerbescheide grundsätzlich auch dann vollziehbar sind, wenn Rechtsbehelfe gegen sie eingelegt werden (Beschluss des BVerwG vom 25. Oktober 1996 1 B 214/96, juris, und Beschluss vom 12. Januar 1996 1 B 177/95, Buchholz, a.a.O., Nr. 62), und dass die festgesetzten Steuern ungeachtet der gegen die Festsetzung vom Steuerpflichtigen erhobenen Einwendungen bezahlt werden müssen. Auf die materielle Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung kommt es also nach der Rechtsprechung des BVerwG gewerberechtlich grundsätzlich ebenso wenig an wie auf deren Bestandskraft oder z.B. darauf, ob die in einem Steuerbescheid festgesetzte Steuer lediglich nach § 162 AO 1977 geschätzt worden ist.
Kann danach die Nichtentrichtung von Steuern, die sich aus vollziehbaren, wenn auch nicht bestandskräftigen Steuerbescheiden ergeben, den Vorwurf der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigen, so bedürfen die Gewerbebehörden, um ihre Aufgabe erfüllen zu können, diesbezüglicher Mitteilungen der Finanzbehörden, die folglich grundsätzlich im zwingenden öffentlichen Interesse i.S. des § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO 1977 liegen. Auch das Urteil des Senats in BFHE 149, 387, BStBl II 1987, 545 hat im Übrigen eine Mitteilungsbefugnis der Finanzbehörden angenommen, wenn der Gewerbetreibende "seinen steuerlichen Verpflichtungen" nicht nachkomme. Zu diesen steuerlichen Verpflichtungen gehört es aber auch, strittige, jedoch vollziehbar festgesetzte Steuern zu bezahlen, und das Unterlassen solcher Zahlungen verschafft dem betreffenden Steuerpflichtigen ähnliche Wettbewerbsvorteile wie die Nichtentrichtung bestandskräftig festgesetzter Steuern; auf diese Vorteile aber hat der Senat zur Rechtfertigung seiner Rechtsprechung über die Durchbrechung des Steuergeheimnisses hinsichtlich der Mitteilungsbefugnis des FA gegenüber den Gewerbebehörden ausdrücklich hingewiesen.
Anhand der Umstände des Einzelfalls des Weiteren zu beurteilen, ob die mitgeteilten Steuerschulden nach Art und Umfang ggf. in Verbindung mit anderen Tatsachen die Gewerbeuntersagung rechtfertigen, obliegt allein den Gewerbebehörden und nicht den Finanzbehörden. Daher verpflichtet es die Finanzbehörden nicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses, dass die Nichtentrichtung noch nicht bestandskräftig festgesetzter Steuern bei der Entscheidung über eine Gewerbeuntersagung möglicherweise nur ein geringeres Gewicht haben darf oder eine solche Entscheidung sogar nur ausnahmsweise tragen kann. Nur wenn für die Gewerbebehörden nach der einschlägigen Rechtsprechung des BVerwG eine Gewerbeuntersagung allein wegen Nichtentrichtung noch nicht bestandskräftig festgesetzter Steuern bzw. eine Berücksichtigung solcher Steuerforderungen bei ihrer Entscheidung offensichtlich nicht in Betracht kommen dürfte, könnte die Finanzbehörde diesbezügliche Mitteilungen an die Gewerbebehörde von vornherein unterlassen. Das aber ist, wie ausgeführt, nicht der Fall.
Eine danach grundsätzlich zulässige Mitteilung über strittige Steuerforderungen ist auch anders als das FG meint nicht unverhältnismäßig. Denn davon könnte allenfalls die Rede sein, wenn eine solche Mitteilung für das gewerberechtliche Untersagungsverfahren keine wesentliche, gemessen an der Bedeutung der durch das Steuergeheimnis geschützten Belange ins Gewicht fallende Bedeutung hätte. Der Rechtsprechung des BVerwG und der Verwaltungsgerichte ist indes nicht zu entnehmen, dass es nicht zulässig wäre, ein Gewerbe aufgrund einer aus noch nicht bestandskräftigen oder strittigen Steuerfestsetzungen abgeleiteten Unzuverlässigkeit zu untersagen, ja nicht einmal, dass die Nichtentrichtung solcher Steuerschulden für die gewerberechtliche Beurteilung der Zuverlässigkeit des Steuerpflichtigen ein wesentlich geringeres Gewicht hätte als die Nichtentrichtung bestandskräftig festgesetzter Steuern. Vielmehr stellt die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung in diesem Zusammenhang sinngemäß zutreffend darauf ab, dass in beiden Fällen steuerliche Pflichten nicht erfüllt und ungerechtfertigte Wettbewerbsvorteile erlangt werden. Für den daraus herzuleitenden Vorwurf der Unzuverlässigkeit macht es in der Tat keinen wesentlichen Unterschied, dass in dem letztgenannten Fall (Nichtentrichtung bestandskräftig festgesetzter Steuern) dem Fiskus etwas vorenthalten wird, was ihm endgültig zusteht, während bei Nichtentrichtung noch strittiger Steuern diese ihm möglicherweise nur vorübergehend (bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache) zustehen.
Verhältnismäßig ist eine Mitteilung über noch nicht bestandskräftig festgesetzte Steuern erst recht dann, wenn die strittigen Steuerforderungen --wie im Streitfall-- Gegenstand eines erfolglosen gerichtlichen AdV-Verfahrens waren, die noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen also nach der summarischen Prüfung des FG voraussichtlich Bestand haben werden und der Steuerschuldner im Rahmen der ihm im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes obliegenden Glaubhaftmachung der gegen die Steuerfestsetzung erhobenen (tatsächlichen) Einwendungen nichts gegen die von ihm verlangte Steuerzahlung vorzubringen vermocht hat. In einem solchen Fall ist weder die offenbar für das FG entscheidende Befürchtung gerechtfertigt, durch eine Gewerbeuntersagung in einem solchen Fall werde vorschnell die Existenz eines Gewerbebetriebes vernichtet, ohne dass über die Voraussetzungen, die nach dem Gesetz eine solche Maßnahme gebieten, hinreichende Gewissheit besteht, noch können dem öffentlichen Interesse an dem Vollzug des § 35 GewO die Belange des Steuerpflichtigen übergeordnet werden, dass das Steuergeheimnis (bis zur endgültigen Klärung der Berechtigung der Steuerforderungen des FA) einstweilen gewahrt wird. Gegen ungerechtfertigte oder jedenfalls zweifelhafte Steuerforderungen und deren gewerberechtliche Berücksichtigung gewährt vielmehr das Verfahren der AdV nach § 361 AO 1977 und § 69 FGO den erforderlichen Schutz.
Ein Rechtssatz, nicht bestandskräftige Steuerbescheide dürften den Gewerbebehörden des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes wegen nicht offenbart werden, kann im Übrigen umso weniger ernstlich in Betracht gezogen werden, als es um die Offenbarung von nicht bestandskräftig festgesetzten Steuern geht, die neben bereits bestandskräftig festgesetzten Steuern geschuldet werden, welche --wie es das FG selbst für den Streitfall annimmt-- für sich allein geeignet erscheinen, eine Gewerbeuntersagung zu rechtfertigen. Denn es liegt auf der Hand, dass ein Gewerbetreibender, der seine bestandskräftig festgesetzten Steuerschulden nicht begleicht, umso mehr unzuverlässig erscheinen kann, wenn er darüber hinaus auch seinen vorläufigen Zahlungspflichten nicht nachkommt.
Das FA hat nach alledem das Steuergeheimnis nicht verletzt. Es war durch das zwingende öffentliche Interesse geboten, der Gewerbebehörde auch nicht bestandskräftig festgesetzte Steuerforderungen gegen den Kläger mitzuteilen. Die Offenbarung sämtlicher Steuerschulden des Klägers gegenüber der zuständigen Gewerbebehörde war also nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO 1977 befugt. Die Steuerrückstände des Klägers sind insbesondere offensichtlich nicht ungeeignet, die Gewerbebehörde zur Prüfung einer Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO zu veranlassen. Dass der Kläger keine Steuerstraftat begangen haben, sondern Opfer einer Täuschung geworden sein mag, steht der Möglichkeit einer Gewerbeuntersagung jedenfalls nicht entgegen, sofern diesem Umstand überhaupt gewerberechtlich Bedeutung zukommt. Denn eine Gewerbeuntersagung setzt nicht Verschulden des Gewerbetreibenden oder sonst einen ihn persönlich treffenden Vorwurf der Unredlichkeit voraus, sondern ist nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung auch dann gerechtfertigt, wenn der Gewerbetreibende lediglich objektiv nicht in der Lage ist, seinen steuerlichen Zahlungspflichten zumindest im Rahmen eines realistischen Planes zur finanziellen Sanierung seines Gewerbebetriebes nachzukommen (vgl. Urteil des BVerwG in BVerwGE 65, 1).
b) Das Urteil des FG kann folglich keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und die Klage auch, soweit ihr das FG stattgegeben hat, als unbegründet abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
Zu Recht hat nämlich das FG angenommen, dass die Klage nicht bereits daran scheitert, dass sie nach § 41 FGO unzulässig wäre. Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Feststellung, dass das FA das Steuergeheimnis verletzt habe. Der Kläger begehrt damit die Feststellung eines Rechtsverhältnisses. Denn Rechtsverhältnis im Sinne der vorgenannten Vorschrift ist jede auf eine bestimmte, aus einem konkreten Sachverhalt resultierende, aufgrund von Rechtsnormen geordnete rechtliche Beziehung zwischen Personen oder zwischen Personen und Sachen (vgl. statt aller Gräber/von Groll, a.a.O., § 41 Rdnr. 12, mit zahlreichen Nachweisen aus der übereinstimmenden Rechtsprechung aller Gerichtsbarkeiten; s. insbesondere auch zu § 30 AO 1977 das Urteil des Senats in BFHE 149, 387, BStBl II 1987, 545). Zwischen dem FA und dem Kläger besteht ein (Steuerrechts-)Verhältnis, welches allein dadurch begründet wird, dass der Kläger dem FA als Steuerpflichtiger seine wirtschaftlichen Verhältnisse offenbart hat und das FA verpflichtet ist, die ihm dadurch oder im Wege der Amtsermittlung über den Kläger bekannt gewordenen Tatsachen geheimzuhalten.
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob das FA diese aufgrund jenes Rechtsverhältnisses bestehende Verpflichtung, das Steuergeheimnis zu wahren (§ 30 Abs. 1 AO 1977), ohne einen nach § 30 Abs. 4 AO 1977 rechtfertigenden Grund dafür zu haben, verletzt hat. Das festzustellen, kann nach § 41 Abs. 1 FGO durch Klage begehrt werden. Denn eine Feststellungsklage kann sich auf eine solche aus einem Rechtsverhältnis entstehende Rechtsfrage zulässigerweise beziehen (vgl. Gräber/von Groll, a.a.O., Rdnr. 14, m.w.N.). Zweifelhaft ist insofern nur, ob der Kläger sich auf das von § 41 Abs. 1 FGO verlangte Feststellungsinteresse mit Erfolg berufen kann, ob er also ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung geltend machen kann, das FA habe das Steuergeheimnis ungerechtfertigt verletzt.
Für ein berechtigtes Interesse im Sinne der vorgenannten Vorschrift genügt nach ständiger Rechtsprechung jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art, sofern die begehrte Feststellung geeignet ist, in einem der genannten Bereiche zu einer Verbesserung der Position des Klägers zu führen (Urteil des Senats vom 2. Juni 1992 VII R 35/90, BFH/NV 1993, 46), wobei dies vom Rechtsschutzsuchenden substantiiert darzulegen ist (BFH-Beschlüsse vom 11. April 2000 VII B 221/99, BFH/NV 2000, 1229, und vom 20. September 2000 VII B 33/00, BFH/NV 2001, 458). Ferner kann ein Feststellungsinteresse unabhängig von einer solchen Verbesserung der Position des Klägers in Fällen tiefgreifender Grundrechtseingriffe in Betracht gezogen werden, vor allem bei Anordnungen, die das Grundgesetz (GG) dem Richter vorbehalten hat (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 15. Juli 1998 2 BvR 446/98, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1999, 273).
Um einen solchen tiefgreifenden Grundrechtseingriff handelt es sich vorliegend freilich nicht. Das Steuergeheimnis, das der Kläger verletzt glaubt, genießt zwar insofern verfassungsrechtlichen Schutz, als es Ausfluss des von der Rechtsprechung des BVerfG anerkannten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist (vgl. dazu BVerfG-Urteile vom 17. Juli 1984 2 BvE 11, 15/83, BVerfGE 67, 100, und vom 15. Dezember 1983 1 BvR 209/83 u.a., BVerfGE 65, 1; Benda, DStR 1984, 351). Die seinetwegen vorbehaltlich eines der zahlreichen Tatbestände, die seine Durchbrechung gestatten, geheimzuhaltenden Kenntnisse sind indes in der Regel nicht von der Art, dass ihre unbefugte Offenbarung den innersten Bereich privater Lebensführung oder die Intimsphäre des Bürgers oder einen sonst besonders sensiblen und deshalb mehr als dessen Rechtssphäre überhaupt schutzwürdigen und -bedürftigen Bereich berühren würde. Deshalb stellt eine Verletzung des Steuergeheimnisses nicht schon als solche einen tiefgreifenden Grundrechtseingriff im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung dar, der stets ein Feststellungsinteresse gemäß § 41 FGO begründen würde. Auch besondere, den Grundrechtseingriff qualifizierende Umstände, die im Streitfall zu einer anderen Bewertung führen könnten, liegen nicht vor; der vom FA der Gewerbebehörde offenbarte Umstand, dass der Kläger Steuerschulden in bestimmter (beträchtlicher) Höhe habe, beeinträchtigt insbesondere den Anspruch des Klägers auf gesellschaftliche Achtung nicht und ist auch nicht ehrenrührig.
Gleichwohl hält es der erkennende Senat für geboten, dem Kläger ein Feststellungsinteresse zuzugestehen. Der Kläger sieht sich in seinem subjektiven Recht auf Wahrung seiner steuerlichen Geheimnisse durch das FA verletzt. Ein Steuerpflichtiger in dieser Lage wäre in weitem Umfang rechtsschutzlos gestellt, wenn er diese angebliche Rechtsverletzung ohne die Möglichkeit einer gerichtlichen Prüfung des Vorgehens des FA hinnehmen müsste. Eine solche anderweitige Rechtsschutzmöglichkeit wird sich für ihn beim Bruch des Steuergeheimnisses zumeist nicht ergeben und dürfte insbesondere für den Kläger nicht bestehen. Denn die Verletzung des Steuergeheimnisses kann ihrer Natur nach nicht rückgängig gemacht werden. Ob sie ein Verwertungsverbot z.B. in einem gewerberechtlichen Verfahren nach sich zieht, welches der Betroffene unmittelbar in jenem Verfahren oder mittelbar im Wege einer Klage auf Feststellung des ungerechtfertigten Bruches des Steuergeheimnisses vor dem FG geltend machen kann, erscheint nicht zweifelsfrei (zur Verwertungsbefugnis trotz rechtswidrigen Vorverhaltens vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 23. Januar 2002 XI R 10, 11/01, BFHE 198, 7, BStBl II 2002, 328; ein Verwertungsverbot bejahend allerdings Krömker, DStR 2000, 1419, m.w.N.); jedenfalls würde auch dies dem Steuerpflichtigen keine Rechtsschutzmöglichkeit eröffnen, wenn die angeblich einem Dritten unzulässig verratenen steuerlichen Geheimnisse von diesem nicht bei einer ihrerseits rechtsschutzfähigen Maßnahme weiter verwertet werden, im Streitfall etwa deshalb, weil die Entscheidung der Gewerbebehörde ungeachtet der vom FA offenbarten streitigen Steuerschulden getroffen werden kann. Auch an einer Wiederholungsgefahr, aus welcher sich ein Interesse an einer gerichtlichen Feststellung des ungerechtfertigten Bruches des Steuergeheimnisses herleiten ließe, wird es im Allgemeinen fehlen, ebenso an einem liquidierbaren wirtschaftlichen Folgeschaden (vgl. zur Zulässigkeit der Feststellungsklage bei Wiederholungsgefahr und Vorbereitung eines Amtshaftungsverfahrens Urteil des Senats vom 11. August 1998 VII R 72/97, BFHE 187, 159, BStBl II 1998, 750, und Urteil des BVerwG vom 21. November 1980 7 C 18.79, BVerwGE 61, 164).
Auch wo solche Voraussetzungen für die Annahme eines Interesses an der Feststellung einer Rechtsverletzung fehlen, hat indes die Rechtsprechung seit jeher bei einem erheblichen Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Betroffenen ein berechtigtes Interesse anerkannt, zumindest eine gewisse Genugtuung für erlittenes Unrecht dadurch zu erlangen, dass dieses Unrecht festgestellt wird (Senatsurteile vom 5. Dezember 2000 VII R 18/00, BFHE 193, 234, BStBl II 2001, 263, m.w.N.; vom 17. Januar 1995 VII R 47/94, BFH/NV 1995, 737; vom 23. März 1976 VII R 106/73, BFHE 118, 503, BStBl II 1976, 459, und vom 4. März 1986 VII R 78/84, BFH/NV 1986, 622; BVerwG, Urteile vom 29. April 1997 1 C 2.95, Buchholz, a.a.O., 310, § 43 VwGO Nr. 127, und vom 23. März 1999 1 C 12.97, Buchholz, a.a.O., 402.44, VersG Nr. 12). Das gilt nicht nur bei Maßnahmen mit diskriminierendem oder ehrverletzendem Charakter, sondern ist vom Senat auch bei solchen Rechtsverletzungen anerkannt worden, die sonst eine besondere Beziehung zu dem Recht des Betroffenen haben, als Persönlichkeit mit einem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung anerkannt zu werden (vgl. Urteil des Senats in BFHE 187, 159, BStBl II 1998, 750). Beim Bruch des Steuergeheimnisses handelt es sich um eine Rechtsverletzung von solcher Art (vgl. auch Urteil des Senats vom 16. November 1999 VII R 95, 96/98, BFHE 190, 522 = Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2000, 124; FG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Juli 2002 4 V 3074/02 AE (KV), Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2002, 1130). Die Zulässigkeit der vom Kläger nach rechtskräftiger Teilabweisung im Revisionsverfahren aufrechterhaltenen Klage wegen der Offenbarung streitiger Steuerschulden hängt mithin nicht davon ab, dass die Feststellung, das Steuergeheimnis sei insofern verletzt worden, die rechtliche und tatsächliche Position des Klägers gegenüber der Gewerbebehörde verbessern könnte, und ob dies unbeschadet dessen für die Zulässigkeit der Klage ausreichte, dass das Interesse an einer diesbezüglichen Feststellung gerade gegenüber dem FA als beklagter Behörde bestehen müsste (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 1997 8 C 23.96, NJW 1997, 3257, mit zahlreichen Nachweisen), wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil vom 23. November 1993 VII R 56/93 (BFHE 173, 201, BStBl II 1994, 356) hervorgehoben hat. Es bedarf deshalb keiner näheren Untersuchung, ob --wie der Kläger meint und woraus er selbst in erster Linie sein Feststellungsinteresse abzuleiten versucht-- die Feststellung, die der Kläger in diesem Verfahren erstreiten möchte, die Gewerbebehörde zu einer Einstellung des vorgenannten Verfahrens zwingen oder jedenfalls voraussichtlich veranlassen würde, was allerdings wenig wahrscheinlich sein dürfte, nachdem offenbar schon die bestandskräftig festgesetzten Steuerschulden des Klägers --vorbehaltlich der insofern allerdings der Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht vorbehaltenen abschließenden Beurteilung des gewerberechtlich relevanten Sachverhalts-- eine Gewerbeuntersagung rechtfertigen.
Sofern der Senat in dem Urteil in BFHE 149, 387, BStBl II 1987, 545 maßgeblich auf eine solche Auswirkung eines Feststellungsurteils abgestellt hat und folglich in dem Urteil in BFHE 173, 201, BStBl II 1994, 356 eine auf Feststellung eines Bruchs des Steuergeheimnisses gerichtete Klage deswegen als unzulässig angesehen hat, weil der Kläger sein eigentliches Ziel, die Aufhebung der --auch auf außersteuerlichen Umständen beruhenden-- Gewerbeuntersagung mit der Feststellungsklage aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht mittelbar erreichen könne, hält er daran nicht fest.
Der Zulässigkeit der Klage steht § 41 FGO auch sonst nicht entgegen. Der Vorbehalt des Absatzes 2 dieser Vorschrift, dass die Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, ist hier offenkundig nicht einschlägig; denn die von dem FA erteilte, von dem Kläger beanstandete Auskunft gegenüber der Gewerbebehörde ist kein Verwaltungsakt, gegen den sich der Kläger mit der Anfechtungsklage hätte wenden können. Deshalb erübrigen sich auch Erörterungen darüber, ob die angebliche Verletzung des Steuergeheimnisses bei Erteilung dieser Auskunft, wie der Kläger meint, zu deren Nichtigkeit führen könnte, wenn sie ein Verwaltungsakt wäre, und in diesem Falle die Zulässigkeit der Feststellungsklage aus § 41 Abs. 1 2. Alternative FGO hergeleitet werden könnte und die Vorbehaltsklausel des § 41 Abs. 2 Satz 1 FGO wegen § 41 Abs. 2 Satz 2 FGO von vornherein nicht einschlägig wäre.
Ende der Entscheidung
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