Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 01.04.1999
Aktenzeichen: VII R 41/98
Rechtsgebiete: FGO, AbschG, UStG, ZG


Vorschriften:

FGO § 68
FGO § 126 Abs. 4
FGO § 138 Abs. 2
FGO § 123 Satz 2
FGO § 118 Abs. 2
FGO § 135 Abs. 2
FGO § 138 Abs. 2 Satz 1
AbschG § 2
UStG § 21 Abs. 2
ZG § 11
ZG § 12
ZG § 5 Abs. 3 Nr. 1
ZG § 5 Abs. 3
ZG § 15
ZG § 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war der ungarischen Firma P bei der zollamtlichen Abfertigung von drei Sendungen mit Putenfleisch, die Mitte August 1993 aus Ungarn mit den Carnets TIR nämlich Carnet 1, Carnet 2 und Carnet 3 eingeführt wurden, behilflich. Die Waren sollten verzollt und bei der Klägerin für den vorgesehenen Warenempfänger D eingelagert werden. Da die Klägerin nicht bereit war, die anfallenden Eingangsabgaben auf ihr Aufschubkonto anrechnen zu lassen, sollten sie von P unmittelbar an den Beklagten und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --HZA--), gezahlt werden. Am Tage vor Ankunft der Waren unterrichtete die Klägerin, die eine Bewilligung als zugelassene Empfängerin besaß, das HZA von der bevorstehenden Ankunft der Waren auf ihrem Betriebsgelände. Sie unterrichtete das HZA gleichfalls von der Ankunft der Waren am 16. August 1993. Der dafür zuständige Abfertigungsleiter nahm die Meldung von der Ankunft der Waren in das Anschreibebuch für eingehende Sendungen bei "ZE-Zulassungen" (zugelassener Empfänger) auf und entschied, daß Proben entnommen werden sollten. Aus praktischen Gründen ließ er die Probenentnahme auf dem Betriebsgelände der Klägerin zu; sie wurde am selben Tage von dem damit beauftragten Abfertigungsbeamten O durchgeführt. Die Klägerin gab dem O die Trennblätter (Volet Nº2) aus den für die Waren jeweils ausgestellten Carnets TIR und eine für die drei Sendungen zusammengefaßte Zollanmeldung mit.

Am folgenden Tag (17. August 1993) wurden die Zollanmeldung und der Zollantrag beim Zollamt (ZA) registriert und bearbeitet. Dabei fiel dem Abfertigungsleiter auf, daß die Klägerin nicht --wie sonst üblich-- Zahlungsaufschub beantragt hatte, sondern im Feld 48 der Zollanmeldung (Einheitspapier) der Vermerk "V-Scheck/bar durch P" enthalten war. Eine Rückfrage bei der Klägerin ergab, daß diese die Sendungen weder im ZE-Verfahren gestellen noch die Eingangsabgaben auf ihr Aufschubkonto anrechnen lassen wollte. Der Abfertigungsleiter ließ daraufhin den Freigabevermerk in Feld 15 des Zusatzblattes zum Einheitspapier unausgefüllt und forderte den Beteiligten zur Zahlung der Abgaben auf. Die Klägerin lieferte die erste Sendung (Carnet 3) bereits am 16. August 1993, die übrigen Sendungen lieferte sie später an D aus.

Da P die Eingangsabgaben nicht zahlte, setzte das HZA mit Steuerbescheid die Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt 153 030,90 DM (Abschöpfung und Einfuhrumsatzsteuer) gegen die Klägerin fest. Das HZA begründete den Steuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung damit, daß die Klägerin über die bei ihr in der vorübergehenden Verwahrung lagernden Waren bestimmungswidrig verfügt und dadurch ihre Pflicht verletzt habe, die Waren unverändert zu erhalten und innerhalb der gesetzten Frist einer zollrechtlichen Bestimmung zuzuführen. Die Waren seien vom HZA nicht freigegeben worden, das HZA habe auch ihrer Auslieferung an D nicht zugestimmt. Während des Klageverfahrens hat das HZA die Eingangsabgaben mit Steueränderungsbescheid auf 133 754 DM herabgesetzt. Der Bescheid wurde zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Das Finanzgericht (FG) hielt die Klage für unbegründet. Die Zollschuld sei, wie das FG im einzelnen ausgeführt hat, nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EWG) Nr. 2144/87 (ZollschuldVO) des Rates vom 13. Juli 1987 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 201/15) entstanden, weil die Klägerin die eingeführten Waren in der vorübergehenden Verwahrung gehabt und ohne Zustimmung der Zollstelle an D ausgeliefert habe. Die vorübergehende Verwahrung dauere von der durch die Klägerin erfolgten Gestellung bis zum Eintritt einer zollrechtlichen Bestimmung (hier der Überführung in den freien Verkehr), zu der es nicht gekommen sei (Art. 5 Abs. 2, Art. 8, Art. 9, Art. 14 Abs. 1 Buchst. a, Art. 16 der Verordnung (EWG) Nr. 4151/88 --VerbringungsVO-- des Rates vom 21. Dezember 1988, ABlEG Nr. L 367/1). Die Klägerin sei nach Art. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1031/88 (ZollschuldnerVO) des Rates vom 18. April 1988 (ABlEG Nr. L 102/5) Zollschuldnerin geworden, weil sie die ihr aus der vorübergehenden Verwahrung obliegenden Pflichten mit der unbefugten Auslieferung der Waren an D verletzt habe.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin die Verletzung von Bundesrecht (ZollschuldVO und VerbringungsVO) geltend. Nach ihrer Meinung wurde die Zollanmeldung bereits am 16. August 1993 angenommen, weil zu diesem Zeitpunkt durch die Entnahme der Proben aus den Sendungen die zollamtliche Behandlung begonnen habe, für deren Vornahme die vorherige Annahme der Zollanmeldung zwingende Voraussetzung sei. Die Abgaben seien gemäß Art. 3 Buchst. a ZollschuldVO bereits mit der Annahme der Zollanmeldung entstanden, ihre Entstehung sei nicht davon abhängig, daß die Waren ordnungsgemäß in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt würden. Die Klägerin habe die Waren nicht gestellt. Nach den Feststellungen des FG habe sie für diese Waren das ihr bewilligte Verfahren als "zugelassener Empfänger" nicht in Anspruch genommen. Die Gestellungspflicht sei deshalb nicht auf sie übergegangen. Gestellungspflichtige seien die Fahrer der Lastwagen gewesen, mit denen die Waren transportiert worden seien. Diese hätten die Waren mit Erlaubnis der Zollstelle außerhalb des Amtsplatzes auf dem Betriebsgelände der Klägerin gestellt. Die eingeführten Waren seien niemals in die vorübergehende Verwahrung der Klägerin gelangt, weil die Zollanmeldung unmittelbar nach der Gestellung der Waren schon am 16. August 1993 angenommen worden sei; damit habe die vorübergehende Verwahrung geendet.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und den Steuerbescheid i.d.F. der Einspruchsentscheidung und des Steueränderungsbescheides aufzuheben.

Während des Revisionsverfahrens hat das HZA einen weiteren Steueränderungsbescheid (vom 15. September 1998) erlassen, mit dem es der Klägerin die Abgaben für die mit den Carnets 1 und 2 eingeführten Waren in Höhe von 89 361,70 DM erstattete. Die Klägerin beantragte daraufhin (Eingang beim Bundesfinanzhof --BFH-- am 2. Oktober 1998), diesen Bescheid gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Revisionsverfahrens zu machen.

Das HZA beantragt, die Revision zurückzuweisen, soweit dem Revisionsbegehren nicht durch Erteilung des Steueränderungsbescheides vom 15. September 1998 entsprochen worden ist.

Es meint, für die mit dem Carnet 3 am 16. August 1993 gestellten Einfuhrwaren habe das ZA die Zollanmeldung am 17. August 1993 angenommen. Da diese Waren vor dem Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung durch die Zollstelle vom Ort der vorübergehenden Verwahrung entfernt worden seien, sei für sie die Zollschuld nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. d i.V.m. Art. 3 Buchst. d ZollschuldVO entstanden. Zollschuldnerin sei die Klägerin, weil sie die ihr im Rahmen der vorübergehenden Verwahrung obliegenden Pflichten verletzt habe (Art. 5 ZollschuldnerVO).

II. Die Revision der Klägerin ist, soweit die Sache nach Erlaß des Steueränderungsbescheides vom 15. September 1998 noch streitig ist, unbegründet. Das FG hat insoweit im Ergebnis zutreffend erkannt (§ 126 Abs. 4 FGO), daß die Klägerin Schuldnerin der auf den mit dem Carnet 3 beförderten Waren ruhenden Abgaben (Abschöpfung und Einfuhrumsatzsteuer), für die die für Zölle geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden sind (§ 2 des Abschöpfungserhebungsgesetzes, § 21 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes), geworden ist.

1. Die Sache ist hinsichtlich des auf die mit den Carnets 1 und 2 beförderten Sendungen entfallenden, der Klägerin mit Steueränderungsbescheid vom 15. September 1998 erstatteten Abgabenbetrages von 89 361,70 DM i.S. von § 138 Abs. 2 FGO erledigt. Nachdem die Klägerin gemäß § 123 Satz 2 i.V.m. § 68 FGO beantragt hat, diesen Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens zu machen, ist über den angefochtenen Steuerbescheid i.d.F. der Einspruchsentscheidung und des Steueränderungsbescheides nur noch insoweit zu entscheiden, als er sich auf die mit dem Carnet 3 beförderten Waren bezieht und damit ein Abgabenbetrag in Höhe von 44 392,30 DM (= 133 754 DM ./. 89 361,70 DM) streitig geblieben ist.

2. Insoweit ist die Klägerin durch den Steuerbescheid in seiner jetzigen Fassung nicht in ihren Rechten verletzt, weil die verbliebenen Eingangsabgaben gegen sie zu Recht festgesetzt worden sind.

a) Zutreffend hat das FG erkannt, daß sich die Waren noch in der vorübergehenden Verwahrung befanden, als sie die Klägerin bereits am 16. August 1993 an D auslieferte. Gestellte Waren befinden sich nämlich gemäß Art. 16 VerbringungsVO vom Zeitpunkt ihrer Gestellung an bis zum Erhalt einer der in Art. 14 VerbringungsVO genannten Bestimmungen in der vorübergehenden Verwahrung.

Die mit dem Carnet 3 im TIR-Verfahren in das Zollgebiet der Gemeinschaft beförderten Waren sind der Zollstelle gestellt worden, indem ihr das Eintreffen der Waren an dem von der Zollstelle zugelassenen Ort, nämlich dem Firmengelände der Klägerin, mitgeteilt worden ist. Nach den vom FG festgestellten Umständen spricht zwar viel dafür, daß die Klägerin die Gestellung im Rahmen des ihr bewilligten Verfahrens als "zugelassener Empfänger" (vgl. Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung Z 35 15 Abs. 8 ff.) bewirkt hat. Denn da sie über ein solches Verfahren verfügte, in dem ihr die Gestellung der von ihr im Versandverfahren empfangenen Waren auf ihrem Firmengelände durch telefonische Mitteilung an die Zollstelle gestattet war, hätte sie der Zollstelle gegenüber unmißverständlich zum Ausdruck bringen müssen, daß ihre Mitteilung, die in Rede stehende Sendung sei auf ihrem Firmengelände eingetroffen, ausnahmsweise nicht als Gestellungsmitteilung im Rahmen des ihr bewilligten Verfahrens verstanden werden sollte.

Aber selbst wenn davon auszugehen wäre, daß eine Gestellung der Sendung nicht im Rahmen der der Klägerin erteilten Zulassung als zugelassener Empfänger bewirkt worden ist, ändert dies nichts daran, daß die Waren der Zollstelle tatsächlich gestellt wurden. Die Gestellung ist ein Realakt, bei dem es nur darauf ankommt, daß bestimmte tatsächliche Voraussetzungen (Verbringen der Waren an einen von der Zollstelle bestimmten Ort und Mitteilung darüber an die Zollstelle) erfüllt werden. Dies ist im Streifall geschehen. Während in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbrachte Waren üblicherweise bei der Zollstelle zu gestellen sind, hatte sich die Zollstelle im Streitfall mit der Gestellung der Waren außerhalb ihres Amtsplatzes auf dem Firmengelände der Klägerin einverstanden erklärt, was nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. a VerbringungsVO zulässig ist. Die Klägerin hat darüber hinaus der Zollstelle die nach Art. 5 Unterabs. 2 VerbringungsVO vorgeschriebene Mitteilung über das Eintreffen der Waren gemacht und damit die Waren gestellt. Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob die Klägerin --was sie bestreitet-- nach Art. 5 Unterabs. 1 VerbringungsVO gestellungspflichtig war. Entscheidend ist nur, daß die Gestellungsmitteilung von ihr als der über die Waren Verfügungsberechtigten abgegeben worden ist.

Die Abgabe der nach Art. 8 VerbringungsVO vorgeschriebenen summarischen Zollanmeldung, die von der in Art. 3 Buchst. a ZollschuldVO genannten Anmeldung zu unterscheiden ist, ist für die Wirksamkeit der Gestellung nicht Voraussetzung, sondern eine neben der Gestellung bestehende Pflicht. Es kann daher dahinstehen, ob das von O mit zur Zollstelle genommene Trennblatt (Volet No 2) des Carnet 3 in entsprechender Anwendung von Art. 22 Abs. 2 VerbringungsVO als summarische Zollanmeldung anzusehen ist, die von der Klägerin abgegeben wurde.

Mit der Gestellung durch die Klägerin befand sich die Sendung daher --wie das FG mit Recht ausgeführt hat-- in der vorübergehenden Verwahrung der Klägerin (Art. 16 VerbringungsVO), die jedenfalls am 16. August 1993 noch nicht beendet war, als die Ware von der Klägerin an D ausgeliefert wurde. Denn die vorübergehende Verwahrung endet erst dadurch, daß die Ware eine der in Art. 14 VerbringungsVO genannten zollrechtlichen Bestimmungen erhält (Art. 16 VerbringungsVO). Diese erhält die Ware nicht bereits durch die Stellung des Zollantrags (§ 11 des Zollgesetzes --ZG--) und die Abgabe der Zollanmeldung (§ 12 ZG), sondern im Falle der hier beantragten Überführung in den freien Verkehr erst durch die Freigabe der Ware (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 ZG), die nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) im Streitfall nicht erfolgt ist.

Das FG hat darin, daß die Klägerin die Waren ohne Zustimmung der Zollstelle an D auslieferte, eine Pflichtverletzung i.S. von Art. 2 Abs. 1 Buchst. d ZollschuldVO gesehen und von diesem Rechtsstandpunkt aus zu Recht die Anwendung der "es sei denn Regelung" (Art. 2 Abs. 1 Buchst. d letzter Halbsatz ZollschuldVO) verneint. Ob in dem Verhalten der Klägerin nicht zugleich eine den Tatbestand einer Pflichtverletzung ggf. ausschließende Entziehung der Waren aus der zollamtlichen Überwachung zu sehen ist (Art. 2 Abs. 1 Buchst. c ZollschuldVO), weil die Waren mit der Auslieferung an D so behandelt wurden, als befänden sie sich bereits im freien Verkehr und damit die nach den Regeln über die vorübergehende Verwahrung vorgesehene zollamtliche Überwachung der Waren nicht mehr möglich war (vgl. Senatsurteile vom 13. August 1985 VII R 93/81, BFHE 144, 311, und vom 26. August 1997 VII R 82/96, BFH/NV 1998, 1008, zum Versandverfahren), braucht der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden. Denn unabhängig davon, nach welcher der beiden Vorschriften die Zollschuld entstanden ist, ist die Klägerin mit der Auslieferung der Waren an D am 16. August 1993 Schuldnerin der entstandenen Eingangsabgaben geworden (Art. 4, 5 ZollschuldnerVO).

b) Der Umstand, daß eine Zollanmeldung für die in Rede stehende Ware auf Überführung in den freien Verkehr abgegeben wurde, schließt die Inanspruchnahme der Klägerin als Abgabenschuldnerin nicht aus, weil sie bereits Abgabenschuldnerin war, bevor eine Zollschuld aufgrund der Anmeldung der Waren zwecks Überführung in den freien Verkehr entstehen konnte.

aa) Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a ZollschuldVO entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eingangsabgabenpflichtige Waren in den zollrechtlich freien Verkehr übergeführt werden. Nach Art. 3 Buchst. a derselben Verordnung gilt in diesem Fall als Zeitpunkt der Entstehung der Einfuhrzollschuld der Zeitpunkt, zu dem die zuständigen Behörden die Anmeldung der Waren zum zollrechtlich freien Verkehr annehmen. Daraus folgt zwar --wie die Klägerin zutreffend ausgeführt hat und inzwischen auch das HZA einräumt--, daß die Einfuhrzollschuld entgegen der Auffassung des FG nicht erst mit der Freigabe der Waren (§ 5 Abs. 3 ZG), sondern bereits mit der Annahme der Zollanmeldung auf Überführung der Waren in den freien Verkehr entsteht. Das gilt unabhängig davon, ob die Ware später tatsächlich freigegeben wird (zweifelnd in bezug auf die entsprechenden Vorschriften in der Verordnung (EWG) Nr. 2913/93 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften vom 12. Oktober 1992, ABlEG Nr. L 302/1; FG Bremen, Beschluß vom 2. Februar 1999 295032K 2, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern, ZfZ 1999, 161). Die in Art. 8 Abs. 2 Buchst. a ZollschuldVO getroffene Regelung bestätigt dieses Ergebnis. Nach dieser Vorschrift erlischt die Einfuhrzollschuld, wenn die Anmeldung der Ware zum freien Verkehr vor Überlassung der Waren mit Zustimmung der Zollbehörde zurückgenommen oder von der Zollbehörde für ungültig erklärt wird oder diese dem Anmelder gestattet, seine Anmeldung durch eine Anmeldung zu einem anderen Verfahren zu ersetzen. Die Regelung solcher Erlöschenstatbestände setzt logisch voraus, daß vor ihrem möglichen Eintreten bereits die Einfuhrzollschuld mit der Annahme der Anmeldung nach Art. 3 Buchst. a ZollschuldVO entstanden ist (vgl. auch Witte, Zollkodex, 2. Aufl., Art. 201 Rz. 5).

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Zollstelle die Anmeldung aber nicht bereits am 16. August, sondern erst am 17. August 1993, also nach dem Zeitpunkt der Entstehung der Zollschuld angenommen.

Die Annahme der Zollanmeldung ist nicht mit deren Zugang bei der Zollstelle oder ihrer Empfangnahme durch die Zollstelle gleichzusetzen. Sie ist vielmehr eine Entscheidung, die die Zollstelle nach Prüfung der Anmeldung daraufhin, ob hinsichtlich der Anmeldung Zurückweisungsgründe vorliegen (§ 15 ZG), trifft. Diese Entscheidung wird auf dem Zusatzblatt zum Einheitspapier (Feld 2), auf dem die bezüglich der auf dem Einheitspapier abgegebenen Anmeldung getroffenen zollamtlichen Maßnahmen festgehalten werden, durch Eintragung des Datums, an dem die Anmeldung angenommen wurde, dokumentiert. Das FG hat sich zwar --von seinem Rechtsstandpunkt aus gesehen zu Recht-- nicht damit auseinandergesetzt, wann die Anmeldung von der Zollstelle angenommen worden ist. Seinen Feststellungen läßt sich aber dennoch entnehmen, das dies erst am 17. August 1993 geschehen ist.

Dieses Datum ergibt sich zum einen aus der entsprechenden Eintragung in dem genannten Zusatzblatt zum Einheitspapier und zum anderen daraus, daß die Anmeldung dem Abfertigungsbeamten O nach den Feststellungen des FG mitgegeben wurde, jedoch nicht festgestellt worden ist, daß nach ihrer Prüfung auf mögliche Zurückweisungsgründe hin eine Entscheidung über ihre Annahme getroffen wurde. Nach dem Vorbringen der Beteiligten bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, daß eine solche Entscheidung getroffen worden sein könnte. Allein aus der Tatsache, daß O der Sendung eine Probe entnahm, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Zwar ist die Probenentnahme Teil der Zollbeschau, die gemäß § 16 ZG erst stattfindet, wenn die Zollstelle den Zollantrag nicht zurückgewiesen, also angenommen hat. Die Probenentnahme wurde von dem Abfertigungsleiter jedoch nicht aufgrund der von O erst mitgenommenen Zollanmeldung, sondern schon vor deren Abgabe aus praktischen Gründen angeordnet, weil er davon ausging, daß die Klägerin die ihr als zugelassene Empfängerin bewilligten Verfahrensvereinfachungen für die Sendung in Anspruch nehmen wolle. Zum Zeitpunkt der Anordnung der Probenentnahme lag dem Abfertigungsleiter somit nicht einmal eine Anmeldung vor, die hätte angenommen werden können. Aus der späteren Mitnahme der Anmeldung durch O zur Zollstelle kann ebenfalls nicht auf deren Annahme geschlossen werden, weil sich auch daraus nicht ergibt, daß die Anmeldung auf das Vorliegen etwaiger Zurückweisungsgründe hin geprüft und über ihre Annahme entschieden wurde. Dazu dürfte der Abfertigungsbeamte O im übrigen auch nicht befugt gewesen sein, weil er vom Abfertigungsleiter nur mit der Probenentnahme beauftragt worden war. Da die Zollanmeldung nach den Feststellungen des FG erst am folgenden Tag (17. August 1993) von der Zollstelle bearbeitet wurde, ist daher davon auszugehen, daß auch erst an diesem Tag die Entscheidung über ihre Annahme getroffen worden ist. Zu diesem Zeitpunkt war aber die Einfuhrzollschuld in der Person der Klägerin bereits entstanden, so daß die Einfuhrzollschuld für dieselbe Ware nicht ein zweites Mal entstehen konnte.

3. Der Senat hält es nicht für erforderlich, in dieser Sache eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) nach Art. 177 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft einzuholen, weil er keine Zweifel hinsichtlich der Auslegung der maßgebenden Gemeinschaftsvorschriften, insbesondere der richtigen Auslegung von Art. 3 Buchst. a ZollschuldVO in dem Sinne hat, daß mehrere Auslegungsmöglichkeiten denkbar wären (EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415-3442, und Senatsurteil vom 23. Oktober 1985 VII R 107/81, BFHE 145, 266).

4. Die Kosten des Verfahrens bis zum Eingang des Antrags der Klägerin nach § 68 FGO beim BFH sind für einen Streitwert von 133 754 DM der Klägerin zu 1/3 und dem HZA zu 2/3 aufzuerlegen. Für die Zeit danach trägt die Klägerin die gesamten Kosten des Verfahrens unter Zugrundelegung eines Streitwerts von 44 392,30 DM.

Die Vorentscheidung ist durch den am 2. Oktober 1998 eingegangenen zulässigen Antrag nach § 68 FGO zwar nur insoweit wirkungslos geworden, als damit der Steueränderungsbescheid vom 15. September 1998 zum Gegenstand des Verfahrens wurde, mit dem von dem im finanzgerichtlichen Verfahren bis dahin noch anhängigen Steuerbetrag von 133 754 DM ein Betrag von 89 361,70 DM erstattet worden ist. Damit hat sich der Rechtsstreit insoweit erledigt und es war ab diesem Zeitpunkt nur noch über den nicht erledigten Teil des Steueränderungsbescheides vom 26. Mai 1994 in Höhe von 44 392,30 DM zu entscheiden. Soweit der Streitgegenstand wie im Streitfall nach Einfuhrfällen aufgeteilt werden kann, ist die Erledigung des Rechtsstreits jedenfalls hinsichtlich der sich aus den einzelnen Einfuhrfällen ergebenden Beträge möglich. Wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung ist die Kostenentscheidung des FG aber insgesamt aufzuheben, weil über die Kosten nur einheitlich entschieden werden kann. Da sich der Rechtsstreit zum Teil durch die Erstattung der auf den mit den Carnets 1 und 2 ruhenden Abgaben durch den Steueränderungsbescheid vom 15. September 1998 erledigt hat und die Klägerin nur mit dem verbleibenden Betrag von 44 392,30 DM unterlegen ist, war über die Kosten nach § 135 Abs. 2 i.V.m. § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO wie geschehen zu entscheiden.

Ende der Entscheidung

Zurück