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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 12.12.2006
Aktenzeichen: VII R 42/05
Rechtsgebiete: MinöStG
Vorschriften:
MinöStG § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 | |
MinöStG § 25b Abs. 2 |
2. Ein Fahrzeug, das für die Beförderung von land- oder forstwirtschaftlichen Erzeugnissen und Bedarfsgütern auf öffentlichen Straßen bestimmt und dafür besonders hergerichtet ist, ist ein Sonderfahrzeug für die Land- oder Forstwirtschaft.
Gründe:
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), die einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhält, beantragte im September 2002 eine Mineralölsteuervergütung nach § 25b des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) für das Kalenderjahr 2001. Der Vergütungsantrag umfasste den Verbrauch von versteuertem Gasöl (Diesel) für einen LKW der Marke Daimler-Benz, der mit einem Spezialaufbau für die Beförderung von Rindern und Schweinen versehen ist.
Das Hauptzollamt X, dessen Zuständigkeit im Laufe des Klageverfahrens auf den Beklagten und Revisionskläger (Hauptzollamt --HZA--) übergegangen ist, setzte mit Bescheid vom Dezember 2002 die Steuervergütung für das Jahr 2001 fest. Dabei lehnte es die Gewährung einer Vergütung für das in dem Viehtransporter verwendete Gasöl ab, weil dieser nicht als Sonderfahrzeug anerkannt werden könne.
Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren hiergegen erhobene Verpflichtungsklage hatte Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 2005, 389 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt das HZA die Verletzung materiellen Rechts. Ein Fahrzeug könne nur dann als Sonderfahrzeug i.S. des § 25b MinöStG eingestuft werden, wenn es durch seine Bauart ausschließlich für einen Einsatz in der Land- und Forstwirtschaft bestimmt sei. Maßgeblich sei dafür grundsätzlich die Bestimmung, die der Hersteller dem Fahrzeug verleihe. Nachträgliche Umbauten am Fahrzeug veränderten die ursprüngliche Bestimmung des Fahrzeugs nicht bzw. nur dann, wenn sie seinen Charakter in solchem Maße veränderten, dass es nicht mehr seiner ursprünglichen Bestimmung gemäß verwendet werden könne und damit eine neue Bestimmung erhalte. Folgte man der Argumentation des FG, hätte der letzte Teil des § 25b Abs. 2 MinöStG, wonach die Anerkennung von Fahrzeugen als Sonderfahrzeuge davon abhänge, dass diese nach ihrer Bauart für die Verwendung in landwirtschaftlichen Betrieben geeignet und bestimmt seien, keine Funktion. Es würde dann genügen, die tatsächliche Verwendung des Fahrzeugs in einem landwirtschaftlichen Betrieb festzustellen, denn es sei wirklichkeitsfremd anzunehmen, dass in einem landwirtschaftlichen Betrieb Fahrzeuge verwendet würden, die sich dafür nicht eignen und die ihr Verwender nicht für den gewählten Einsatzzweck bestimmt habe. Abgesehen davon habe das Gericht nicht berücksichtigt, dass § 25b Abs. 1 Satz 1 MinöStG den Kreis der Sonderfahrzeuge ohnehin auf Fahrzeuge beschränke, die regelmäßig außerhalb des öffentlichen Straßennetzes verwendet werden. Für die in der dort enthaltenen Aufzählung genannten Ackerschlepper, Arbeitsmaschinen und Motoren sei charakteristisch, dass sie außerhalb des Straßenverkehrs eingesetzt würden. Daraus folge, dass mit dem Begriff "Sonderfahrzeuge" ebenfalls nur Fahrzeuge gemeint seien, die nicht zur Verwendung auf öffentlichen Straßen bestimmt sind.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die theoretisch mögliche Verwendung des Viehtransporters in einem Betrieb, der nicht zur Land- und Forstwirtschaft gehört, nicht zum Ausschluss von der Begünstigung führe. Wofür das jeweilige Fahrzeug bestimmt sei, richte sich allein nach der tatsächlichen Bestimmung vor Ort und damit nach dem tatsächlichen Einsatz des Fahrzeugs. Dementsprechend seien zahlreiche Fahrzeuge wie beispielsweise Düngerstreuer, Pflanzenschutzspritzen oder Selbstfahrladewagen als Sonderfahrzeuge anerkannt, obwohl sie auch bei gewerblichen Golfclubs, in städtischen oder privaten Grünanlagen, Sportarenen, auf Flugplätzen etc. Verwendung finden könnten. Noch deutlicher werde dies bei Arbeitsmaschinen wie Baggern, Bodenfräsen und Schaufelladern, die zwar durchaus auch in landwirtschaftlichen Betrieben verwendet, häufiger aber in der gewerblichen Bauwirtschaft eingesetzt würden.
Gegen die Auffassung des HZA sprächen auch verfassungsrechtliche Argumente: Wenn einem landwirtschaftlichen Betrieb eine Mineralölsteuervergütung für Gasöl verweigert werde, das beim Transport eigener Tiere mit einem selbst fahrenden LKW-Viehtransporter verbraucht wird, während ein Betrieb sie erhalte, der den gleichen Transport mit einem von einem Ackerschlepper gezogenen Viehanhänger durchführt, liege darin eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung. Entscheidend sei, dass das Gasöl in beiden Fällen für den gleichen förderungswürdigen Zweck verbraucht werde, nämlich zum Transport eigener Tiere im Rahmen des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft.
II.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das angefochtene Urteil entspricht dem Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das FG hat das HZA zu Recht verpflichtet, der Klägerin die Mineralölsteuer auch für das in dem von ihr eingesetzten Viehtransporter verwendete Gasöl zu gewähren.
1. Gemäß § 25b Abs. 1 MinöStG wird die Mineralölsteuer für nachweislich versteuerte Mineralöle nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 MinöStG, die in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft zum Betrieb von Ackerschleppern, Arbeitsmaschinen und Motoren oder Sonderfahrzeugen bei der Ausführung von Arbeiten zur Gewinnung pflanzlicher oder tierischer Erzeugnisse durch Bodenbewirtschaftung oder durch mit Bodenbewirtschaftung verbundene Tierhaltung vom 1. Januar 2001 an verwendet worden sind, nach näherer Maßgabe der §§ 25c und 25d auf Antrag vergütet. Als Sonderfahrzeuge i.S. von § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 gelten nach § 25b Abs. 2 MinöStG Maschinen und Fahrzeuge, die in Betrieben der Land- und Forstwirtschaft verwendet werden und nach ihrer Bauart und ihren Vorrichtungen für die Verwendung in diesen Betrieben geeignet und bestimmt sind (vgl. jetzt § 57 Abs. 3 des Energiesteuergesetzes).
2. a) Die Voraussetzung, dass ein Fahrzeug nach seiner Bauart und seinen Vorrichtungen für die Verwendung in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb bestimmt ist, ist --entgegen der Ansicht des HZA-- bereits dann erfüllt, wenn das betreffende Fahrzeug bestimmte bauartbedingte Merkmale aufweist oder über besondere (technische) Vorrichtungen verfügt, aufgrund derer es in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben für Arbeiten zur Bodenbewirtschaftung oder zur bodengebundenen Tierhaltung eingesetzt zu werden pflegt. Erforderlich ist lediglich, dass das Fahrzeug aufgrund seiner objektiven Merkmale und Eigenschaften erkennbar dazu bestimmt ist, einem Verwendungszweck zu dienen, der einen spezifischen Bezug zur Land- und Forstwirtschaft hat.
Allein der Umstand, dass das betreffende Fahrzeug, obgleich allgemein für die Beförderung von Personen und/oder Gütern hergerichtet, für die Verwendung in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb geeignet ist und dort tatsächlich verwendet wird, genügt für eine Einstufung als Sonderfahrzeug für die Land- und Forstwirtschaft dann nicht, wenn es an einem solchen, objektiv feststellbaren spezifischen Verwendungszweck fehlt, der in Bauart und Einrichtung zum Ausdruck kommt. Durch die §§ 25b ff. MinöStG soll nämlich nicht allgemein die Verwendung von Gasöl in Betrieben der Land- oder Forstwirtschaft begünstigt werden, sondern nur die Verwendung von Gasöl in bestimmten Maschinen und Fahrzeugen zur Bodenbewirtschaftung und bodengebundenen Tierhaltung (vgl. BTDrucks 14/4218, S. 7). Zu den vom Gesetzgeber als förderungswürdig anerkannten Arbeiten der Land- und Forstwirtschaft gehört allerdings nach § 25b Abs. 3 Nr. 1 MinöStG ausdrücklich auch die Beförderung von im eigenen Betrieb gewonnenen Erzeugnissen sowie von land- und forstwirtschaftlichen Bedarfsgütern durch den Betrieb, so dass eine Mineralölsteuervergütung auch für das Gasöl zu gewähren ist, das in einem Fahrzeug verwendet wird, das erkennbar für solche Transporte bestimmt und dafür besonders hergerichtet ist.
Das trifft auf den von der Klägerin eingesetzten Viehtransporter zu: Er ist, wie das FG für den erkennenden Senat bindend festgestellt hat, nach seiner Bauart speziell zur Beförderung von Rindern und Schweinen geeignet und bestimmt. Damit ist er zugleich erkennbar für typisch landwirtschaftliche Transportaufgaben bestimmt, was sich ohne weiteres daraus ergibt, dass solche Transporte zwangsläufig in jedem landwirtschaftlichen Betrieb anfallen, der neben Ackerbau auch Viehzucht betreibt.
b) Entgegen der Auffassung des HZA behält bei einer solchen Auslegung der Norm das Merkmal der "Bestimmung" eine eigenständige Bedeutung. Es dient in diesem Fall dazu, den Begriff des "Sonder"-Fahrzeugs näher zu beschreiben und von seinem Anwendungsbereich alle diejenigen Fahrzeuge auszunehmen, die allgemein zur Beförderung von Personen und Gütern bestimmt sind, ohne dass nach ihren objektiven Merkmalen und Eigenschaften ein Verwendungszweck erkennbar wäre, der einen spezifischen Bezug zur Land- oder Forstwirtschaft hat.
c) Dass vergleichbare Transporte in gewerblichen Tierzuchtbetrieben, Viehhandelsbetrieben oder auf Tiertransporte spezialisierten Speditionen gleichermaßen anfallen und das von der Klägerin eingesetzte Fahrzeug möglicherweise auch hierfür verwendet werden könnte, steht der Einstufung des Fahrzeugs als Sonderfahrzeug nicht entgegen. Diese setzt nämlich nicht voraus, dass das betreffende Fahrzeug nicht auch in anderen Bereichen als der Land- und Forstwirtschaft sinnvoll eingesetzt werden kann.
Die Rechtsprechung des Senats zu § 3 Nr. 7 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG), nach der die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Anerkennung als Sonderfahrzeug grundsätzlich nicht für solche Fahrzeuge in Betracht kommt, die außer in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben auch in Betrieben verwendet werden können, die den Produktionsfaktor Boden nicht einsetzen (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. Juni 2004 VII R 42/03, BFHE 206, 383, BStBl II 2004, 903), kann nicht auf § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 MinöStG übertragen werden. Die letztgenannte Bestimmung verlangt im Gegensatz zu § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG nicht, dass das Sonderfahrzeug "ausschließlich" in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet wird. Vor allem aber setzen § 25b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 MinöStG im Unterschied zu § 3 Nr. 7 Satz 2 KraftStG nicht voraus, dass die Fahrzeuge "nur" für die bezeichneten Verwendungszwecke geeignet und bestimmt sind (a.A. Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 26. November 1991 4 K 638/91, Recht der Landwirtschaft 1992, 100, zur Vorgängerregelung).
Ursprünglich war zwar die Vorgängerregelung zur heutigen Mineralölsteuervergütung für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, die Gasölverbilligung für Betriebe der Landwirtschaft nach dem Landwirtschafts-Gasölverwendungsgesetz (LwGVG), in enger Anlehnung an den entsprechenden Befreiungstatbestand für die Kraftfahrzeugsteuer (damals § 2 Nr. 6 Satz 2 KraftStG a.F., jetzt § 3 Nr. 7 Satz 2 KraftStG) konzipiert worden (BTDrucks V/2194, S. 6). Das seinerzeit in § 1 Abs. 3 LwGVG aufgenommene Erfordernis, wonach Fahrzeuge, die als Sonderfahrzeuge in den Genuss der Förderung kommen sollen, "ausschließlich" in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden mussten, ist freilich später durch Art. 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b des Subventionsabbaugesetzes vom 26. Juni 1981 (BGBl I, 537) gestrichen worden, was damit begründet wurde, dass es nach den übrigen Vorschriften nicht erforderlich sei, dass die Fahrzeuge ausschließlich in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verwendet würden (BTDrucks 9/92, S. 18). Grammatikalisch bezog sich das gestrichene Wort zwar nur auf das im ersten Halbsatz aufgestellte Erfordernis der tatsächlichen Verwendung in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, doch ergäbe es keinen Sinn, die anderweitige Verwendung der betroffenen Fahrzeuge zuzulassen, wenn es aufgrund der Bauart dieser Fahrzeuge keinen anderen Bereich gibt, in dem sie sinnvoll eingesetzt werden können. Bei der Überleitung der Gasölverbilligung nach dem LwGVG in das Verfahren der Mineralölsteuerrückvergütung nach den §§ 25b bis 25d MinöStG war beabsichtigt, die wesentlichen Regelungsinhalte des LwGVG in seiner damaligen Fassung in das MinöStG zu übernehmen (vgl. die Begründung zu Art. 1 Nr. 3 des Agrardieselgesetzes, BTDrucks 14/4218, S. 7). Der Wortlaut des § 25b Abs. 2 MinöStG unterscheidet sich dementsprechend nur unwesentlich von dem des bis zum 31. Dezember 2000 geltenden § 1 Abs. 3 LwGVG.
d) Der Systematik des Gesetzes lässt sich nicht entnehmen, dass der Kreis der Sonderfahrzeuge i.S. von § 25b Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 MinöStG auf Fahrzeuge beschränkt ist, die regelmäßig außerhalb des öffentlichen Straßennetzes verwendet werden. Dass Ackerschlepper und Arbeitsmaschinen überwiegend außerhalb öffentlicher Straßen eingesetzt werden, besagt nicht, dass Gleiches auch für Sonderfahrzeuge gelten müsste. Im Gegenteil: Aus der amtlichen Begründung zur entsprechenden Regelung des LwGVG ergibt sich, dass der Gesetzgeber mit dem Begriff der Sonderfahrzeuge ausdrücklich auch Fahrzeuge (nämlich Milchtankwagen, vgl. BTDrucks V/2194, S. 6) erfassen wollte, die nicht überwiegend außerhalb des öffentlichen Straßennetzes verwendet werden. Die Beschränkung der Förderung auf Fahrzeuge, die regelmäßig außerhalb des öffentlichen Straßennetzes eingesetzt werden, würde auch nicht dem Förderungsziel des § 25b Abs. 3 Nr. 1 MinöStG gerecht werden, der die regelmäßig auf öffentlichen Straßen erfolgende Beförderung von im eigenen Betrieb gewonnenen Erzeugnissen sowie von land- und forstwirtschaftlichen Bedarfsgütern als förderungswürdige Tätigkeit definiert.
Ende der Entscheidung
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