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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 24.01.2006
Aktenzeichen: VII R 44/04
Rechtsgebiete: StromStG


Vorschriften:

StromStG § 2 Nr. 3
StromStG § 9 Abs. 3
Der Betrieb eines Augenoptikers ist kein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. von § 9 Abs. 3 StromStG. Die Gewährung einer Stromsteuerbegünstigung kommt deshalb nicht in Betracht.
Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) vertreibt augenoptische Erzeugnisse, insbesondere Korrektionsbrillen. Ihre Tätigkeit umfasst u.a. das Schleifen und Einpassen der vorgefertigten Gläser in fertige Brillengestelle. Ihren Antrag vom September 2001 auf Erteilung einer Erlaubnis zur steuerbegünstigten Verwendung von Strom gemäß § 9 Abs. 3 i.V.m. § 2 Nr. 3 des Stromsteuergesetzes (StromStG) i.d.F. von Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Fortentwicklung der ökologischen Steuerreform vom 23. Dezember 2002 (BGBl I, 4602, 4604), in dem sie angab, dass ihre Tätigkeit schwerpunktmäßig in der Herstellung von augenoptischen Erzeugnissen bestehe, lehnte das Hauptzollamt Hamburg-St. Annen, an dessen Stelle im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) getreten ist, mit der Begründung ab, dass das Unternehmen der Klägerin nicht dem Produzierenden Gewerbe zuzuordnen sei.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass das HZA die begehrte Erlaubnis zu Unrecht abgelehnt habe. Nach der Unterklasse 33.40.1 der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1993 (WZ 93) --Klassifikation der Wirtschaftszweige-- werde die Herstellung von Korrektionsbrillen dem Produzierenden Gewerbe und nicht dem Handel zugeordnet. Dies sei sachgerecht, denn die Herstellung von Korrektionsbrillen gehe weit über den Erwerb und Weiterverkauf von beweglichen Waren hinaus. Zwar würden Augenoptiker in der Unterklasse 52.48.4 des Abschnitts G der Klassifikation der Wirtschaftszweige ausdrücklich benannt und damit dem Handel zugerechnet, doch könne dies nicht für die stromsteuerrechtliche Beurteilung gelten. Denn die vom Gesetzgeber gewollte Begünstigung des Produzierenden Gewerbes beruhe auf dem erhöhten Energieverbrauch. Ein solcher trete aber auch bei Augenoptikern auf, soweit die Tätigkeit in der Herstellung von augenoptischen Erzeugnissen bestehe. Der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit der Klägerin sei daher zutreffend der Unterklasse 33.40.1 des Unterabschnitts DL der Klassifikation der Wirtschaftszweige zuzuordnen. Insbesondere dem Schleifen und Einpassen der vorgefertigten Gläser komme ein verarbeitender Charakter zu.

Hiergegen richtet sich die Revision des HZA, mit der es eine Verletzung von § 2 Nr. 3 StromStG geltend macht. Es ist der Auffassung, dass die Klassifikation der Wirtschaftszweige die Tätigkeit eines Augenoptikers eindeutig dem Handel und nicht dem Produzierenden Gewerbe zuweise. Dies ergebe sich aus der Einordnung von Augenoptikern in die Unterklasse 52.48.4 der Klassifikation der Wirtschaftszweige und ihrem ausdrücklichen Ausschluss aus der Unterklasse 33.40.1, die die Herstellung von augenoptischen Erzeugnissen erfasse. Bei der Tätigkeit der Klägerin handle es sich lediglich um ein Randschleifen der vorgefertigten Gläser, das dem Einpassen dieser Gläser in die ebenfalls vorgefertigten Brillengestelle diene. Diese Tätigkeiten seien als handelsübliche Manipulationen zu werten. Der für die Interpretation der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (EG) zuständige Ausschuss beim Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften habe 1994 entschieden, dass das Einfassen der fremdbezogenen Gläser in ebenfalls fremdbezogene Brillenfassungen sowie das Anpassen der Brille an die individuelle Gesichtsform des Kunden als Einzelhandelstätigkeit anzusehen seien. Nach Anschauung breiter Bevölkerungskreise und der Fachkreise werde die Filiale eines Augenoptikers nicht als Produktionsstätte angesehen. Die Zuweisung zum Handel sei daher nicht als offensichtlich falsch zu werten. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Klassifikation der Wirtschaftszweige auch bei anderen Branchen ähnliche Abgrenzungen vornehme. So werde unterschieden zwischen der Herstellung von Teilen und Zubehör von Kraftwagen und der Instandhaltung und Reparatur von Kraftwagen, z.B. das Aufziehen von vorgefertigten Reifen auf Felgen und das Auswuchten und Montieren der Räder.

Die Klägerin schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an. Sie ist der Auffassung, dass das HZA den Begriff der handelsüblichen Manipulation verkenne. Die auftragsbezogene Fertigung von Korrektionsbrillen gehe weit über eine solche Manipulation hinaus. Nach Eingang der nach den Kundenangaben gefertigten Gläser würden diese in einem Schleifprozess entsprechend der Formgebung der Fassung unter Berücksichtigung der individuellen Pupillendistanz und Pupillenhöhe geschliffen und danach entgratet. Soweit erforderlich würden an den Gläsern auch Bohrungen vorgenommen und Auskerbungen oder Rillen gefräst. Hinsichtlich der von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten bestehe eine Meisterpflicht, die es z.B. im Reifendienst nicht gebe. Zudem gehe § 12 des Medizinproduktegesetzes (MPG) bei Brillen von einer Sonderanfertigung aus. Es müsse eine Unterscheidung vorgenommen werden zwischen Augenoptikern, die lediglich fertige Produkte oder optische Geräte verkauften, und Augenoptikern, deren Tätigkeiten diese Mindestgrenze überstiegen. Ergänzend verweist die Klägerin auf die Ergebnisse eines Workshops der Deutschen Statistischen Gesellschaft vom 3. September 2002. Danach sei der Begriff der handelsüblichen Manipulation tendenziell eng zu fassen, so dass eine solche nicht vorliege, wenn sich durch einen Bearbeitungsvorgang die Meldenummer des Güterverzeichnisses für Produktionsstatistiken ändere. Den 2003 veröffentlichten Erläuterungen des Jahresberichts für Mehrbetriebsunternehmen des Verarbeitenden Gewerbes sei zu entnehmen, dass zum Umsatz aus Handelsware u.a. Umsätze aus dem Verkauf von zugekauften Erzeugnissen gehören, die unbearbeitet und ohne fertigungstechnische Verbindung mit eigenen Erzeugnissen weiterverkauft bzw. an denen nicht mehr als handelsübliche Manipulationen vorgenommen werden. Darüber hinaus sehe der Zolltarif unterschiedliche Positionen für fertige Korrektionsbrillen und für Gläser sowie Brillenfassungen vor.

II.

Die Revision des HZA ist begründet (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das erstinstanzliche Urteil verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO) und ist daher aufzuheben. Die Klage ist abzuweisen.

Die Klägerin betreibt kein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. von § 9 Abs. 3 StromStG; ihr steht deshalb ein Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur steuerbegünstigten Verwendung von Strom nicht zu. Denn die Tätigkeit eines Augenoptikers, die innerhalb des Abschnitts G (Handel) der Unterklasse 52.48.4 zuzuordnen ist, kann nach den statistischen Vorgaben nur einheitlich betrachtet werden, selbst wenn einzelne Tätigkeitsbereiche einen verarbeitenden Charakter aufweisen.

1. Gemäß § 9 Abs. 3 StromStG unterliegt Strom einem ermäßigten Steuersatz, wenn er von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes oder der Land- und Forstwirtschaft für betriebliche Zwecke entnommen wird und die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 StromstG nicht vorliegen. Als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes werden in § 2 Nr. 3 StromStG u.a. Unternehmen des Bergbaus, des Verarbeitenden Gewerbes, des Baugewerbes, der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- oder Wasserversorgungswirtschaft angesprochen, die einem entsprechenden Wirtschaftszweig der Klassifikation der Wirtschaftszweige des Statistischen Bundesamtes zuzuordnen sind. Im Rahmen der Zuordnung eines Unternehmens zu einem Abschnitt oder gegebenenfalls einer Klasse der Klassifikation der Wirtschaftszweige sind nach § 15 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes die in der Klassifikation der Wirtschaftszweige und in deren Vorbemerkungen genannten Abgrenzungsmerkmale maßgebend.

a) Nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem FG und nach dessen eigenen Feststellungen besteht die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit insbesondere im Randschleifen von Gläsern, die zentralisiert in einem stromsteuerbegünstigten Betrieb der Klägerin vorgefertigt werden, und der Einpassung der Gläser in ebenfalls vorgefertigte Brillengestelle. Ergänzend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass je nach Art der Fassungen weitere Arbeiten an den Gläsern, wie das Bohren von Löchern und das Fräsen von Auskerbungen und Rillen, erforderlich werden können. Neben diesen Arbeiten führt die Klägerin weitere berufstypische Tätigkeiten eines Augenoptikers aus. Das Berufsbild des Augenoptikers umfasst u.a. die Beratung des Kunden bei der Auswahl der Brillengestelle und Gläser, gegebenenfalls die Prüfung der Sehschärfe, die Erhebung von biometrischen Daten (z.B. Ausmessung des Pupillenabstandes), die Anpassung der Brille an die individuelle Gesichtsform sowie die Erteilung von Hinweisen zum Gebrauch und zur Pflege von Sehhilfen; hinzu tritt der Verkauf von optischen Geräten (Näheres zum Berufsbild des Augenoptikers ist der Verordnung über die Berufsausbildung zum Augenoptiker/ zur Augenoptikerin vom 4. März 1997, BGBl I 436, zu entnehmen).

Angesichts dieser Vielfalt berufstypischer Tätigkeiten vermag der Senat nicht der Ansicht des FG zu folgen, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin in der Facettierung der Gläser und der Einpassung in vorgefertigte Brillenfassungen liegt. Aber selbst wenn dies so wäre, könnte dies nicht dazu führen, von den eindeutigen Wertungen der Klassifikation der Wirtschaftszweige abzuweichen und die Tätigkeiten insgesamt als eine der Unterklasse 33.40.1 zuzuordnende Herstellung von augenoptischen Erzeugnissen anzusehen.

b) Im Streitfall ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klassifikation der Wirtschaftszweige hinsichtlich des Berufsbildes des Augenoptikers keinerlei Differenzierungen vornimmt. Vielmehr werden Augenoptiker ausschließlich dem Einzelhandel mit feinmechanischen, Foto- und optischen Erzeugnissen (Unterklasse 52.48.4) zugeordnet. Dabei wird nicht darauf abgestellt, ob und in welchem Umfang Augenoptiker Tätigkeiten mit verarbeitendem Charakter ausführen. Für die Produktion von Brillengläsern und Brillengestellen enthält die Klassifikation der Wirtschaftszweige eine eigenständige Regelung. Denn die Herstellung von augenoptischen Erzeugnissen wird von der Unterklasse 33.40.1 erfasst und damit dem Verarbeitenden Gewerbe zugewiesen. Als augenoptische Erzeugnisse werden Brillengläser und Kontaktlinsen, Brillengestelle sowie Brillen (z.B. Sonnen-, Schutz- oder Korrektionsbrillen) angesprochen. Dabei ist es unerheblich, ob die Gläser der Brillen optisch bearbeitet sind oder nicht. In der Anmerkung zu dieser Unterklasse wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie Augenoptiker nicht erfasst. Dies legt den Schluss nahe, dass nach den statistischen Vorgaben nur die Produktion von Brillengläsern, Brillengestellen und fertigen Brillen als Herstellung einer Ware anzusehen ist. Nicht darunter fällt das von Augenoptikern vorgenommene Facettieren und Einpassen von vorgefertigten Gläsern in ebenfalls vorgefertigte Brillenfassungen.

c) Die statistische Einstufung der Tätigkeit eines Augenoptikers als dem Einzelhandel zugehörig wird durch die Vorbemerkungen zur Klassifikation der Wirtschaftszweige nicht in Frage gestellt oder für bestimmte Fälle aufgehoben. Nach den für den Abschnitt G (Handel) maßgeblichen Regeln für die Klassifizierung statistischer Einheiten besteht die Haupttätigkeit der von Abschnitt G erfassten Unternehmen im Handel mit Waren, die vom Verkäufer nicht mehr als im Handel üblich verändert wurden. Nach Ziff. 3.5 der Vorbemerkungen zählen zur handelsüblichen Manipulation, die die wesentliche Beschaffenheit der Ware nicht beeinträchtigt, z.B. das Sortieren, Trennen, Zusammenstellen und Verpacken. Dieser nicht abschließend zu betrachtenden Aufzählung ist zu entnehmen, dass für statistische Zwecke nur solche Tätigkeiten als Verarbeitung oder Herstellung anzusehen sind, bei denen das Einwirken auf die Ware zu einer nicht unerheblichen Veränderung ihrer stofflichen Zusammensetzung führt (vgl. Senatsurteil vom 24. August 2004 VII R 23/03, BFHE 207, 88). Das Verarbeitende Gewerbe ist im Wesentlichen durch die Herstellung eines anderen Produktes im Sinne einer substanziellen Veränderung von Materialien oder durch die Veredelung von Erzeugnissen gekennzeichnet (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. März 2005 III R 20/00, BFHE 209, 186, BStBl II 2005, 497).

Durch das Facettieren und anschließende Entgraten der nach den Kundenangaben vorgefertigten und angelieferten Gläser wird deren wesentliche Beschaffenheit und Funktion, nämlich eine Korrektur der Fehlsichtigkeit zu bewirken, nicht verändert oder gar aufgehoben. Auch die Beschaffenheit der Brillenfassungen wird durch das Einsetzen der Gläser nicht wesentlich verändert. Nach den statistischen Vorgaben kann das Zusammenfügen der einzelnen Brillenbestandteile durch Augenoptiker nicht als Herstellung eines augenoptischen Erzeugnisses eingestuft werden. Vielmehr stellen sich die einzelnen Vorgänge im Rahmen der berufstypischen Tätigkeit eines Augenoptikers als handelsübliche Manipulationen dar. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass das typische Berufsbild des Augenoptikers bei der Bildung der Unterklassen 33.40.1 und 52.48.4 hinreichend bekannt war. Unter Beachtung der von den beteiligten Wirtschaftskreisen geprägten Verkehrsauffassung ist die Berufsausübung des Augenoptikers trotz des Anteils an verarbeitenden Tätigkeiten insgesamt als dem Handel zugehörig betrachtet worden. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass diese Einordnung offensichtlich falsch ist, so dass sie nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 209, 186, BStBl II 2005, 497, und vom 14. Januar 1975 VIII R 148/71, BFHE 115, 86, 89, BStBl II 1975, 392) bei der Anwendung von § 9 Abs. 3 i.V.m. § 2 Nr. 3 StromStG außer Acht gelassen bzw. korrigiert werden müsste. Auch der Einwand der Klägerin, dass die Einordnung des Augenoptikers in Unterabschnitt G (Handel) der Klassifikation der Wirtschaftszweige darauf zurückzuführen sei, dass in einigen europäischen Ländern die Tätigkeit des Optikers --anders als in Deutschland-- auf reine Dienstleistung beschränkt sei, rechtfertigt nicht die Annahme, die Zuordnung der deutschen Augenoptiker zum Wirtschaftszweig des Handels sei offensichtlich falsch. Es ist nicht ersichtlich, dass diese Unterschiede --wären sie tatsächlich gegeben-- den an der Erstellung der Klassifikation der Wirtschaftszweige beteiligten Wirtschaftskreisen nicht bekannt gewesen wären. Wenn gleichwohl die Tätigkeit des Augenoptikers ohne Differenzierung nach den nationalen Besonderheiten in die Unterklasse 52.48.4 eingeordnet worden ist, so lässt das den Schluss zu, dass die über den reinen Handel bzw. die reine Dienstleistung hinausgehenden Leistungen des deutschen Optikers nicht als das Berufsbild prägend angesehen wurden.

d) Eine andere Beurteilung ist auch nicht deshalb veranlasst, weil es sich bei Korrektionsbrillen um Medizinprodukte handelt, die nach schriftlicher Verordnung nach spezifischen Auslegungsmerkmalen eigens angefertigt werden und zur ausschließlichen Anwendung bei einem namentlich benannten Patienten bestimmt sind, und die infolgedessen die an eine Sonderanfertigung i.S. von § 3 Nr. 8 MPG zu stellenden Voraussetzungen erfüllen. Selbst wenn Augenoptiker nach den Bestimmungen des MPG als Hersteller von Sonderanfertigungen angesehen werden können, ist diese Qualifizierung für die stromsteuerrechtliche Behandlung nicht bindend. Denn nach § 1 MPG besteht der Zweck des Gesetzes darin, den Verkehr mit Medizinprodukten zu regeln und dadurch für die Sicherheit, Eignung und Leistung der Medizinprodukte sowie die Gesundheit und den erforderlichen Schutz der Patienten, Anwender und Dritter zu sorgen. Daher gelten nach § 3 Nr. 15 MPG die dem Hersteller obliegenden Verpflichtungen auch für Personen, die ein oder mehrere vorgefertigte Medizinprodukte montieren, abpacken, behandeln, aufbereiten oder kennzeichnen. Aufgrund der unterschiedlichen Zielrichtung des MPG (insbesondere Gesundheitsschutz der Bevölkerung) und des StromStG (Abgabenerhebung unter Zugrundelegung der durch die Anwendung der Klassifikation der Wirtschaftszweige vorgenommenen Typisierung) können die Einstufungen und Qualifizierungen nach dem MPG für die stromsteuerrechtliche Behandlung einer Tätigkeit keine Bindungswirkung entfalten (vgl. zu Herstellungshandlungen nach § 4 Abs. 14 des Arzneimittelgesetzes, Senatsurteil vom 23. Februar 2005 VII R 27/04, BFHE 208, 372). Dies gilt auch für den Umstand, dass für die Ausübung einer bestimmten selbständigen Tätigkeit der Erwerb eines Meisterbriefes und die Eintragung in die Handwerksrolle erforderlich sind. Allein aus diesen Erfordernissen kann nicht darauf geschlossen werden, dass es sich um ein Unternehmen der Dienstleistungsbranche bzw. des Handels oder um ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes handelt.

2. Dem vom HZA erst in der Revisionsbegründung zitierten Schreiben des Statistischen Bundesamtes vom 6. April 1994, in dem eine Entscheidung des Ausschusses für das Statistische Programm (Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates vom 9. Oktober 1990 betreffend die Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft --Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften-- Nr. L 293) wiedergegeben wird, kommt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Die von der Klägerin im Rahmen der Erwiderung vorgelegten Unterlagen können gemäß § 118 Abs. 2 FGO im Revisionsverfahren keine Berücksichtigung finden, weil es sich insoweit um neuen Tatsachenvortrag handelt (vgl. Senatsurteil vom 14. Dezember 1999 VII R 78/98, BFH/NV 2000, 898; Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 118 FGO Rz. 46).

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