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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 09.10.2001
Aktenzeichen: VII R 47/00
Rechtsgebiete: ZG, FGO


Vorschriften:

ZG § 17 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 2 a.F.
FGO § 139 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) meldete in dem Zeitraum vom 19. Februar 1993 bis zum 27. Dezember 1995 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt --HZA--) Hunde- und Katzenfutter aus den USA jeweils unter der Unterpos. 2309 10 31 der Kombinierten Nomenklatur (KN), in Aufmachung für den Einzelverkauf, mit einem Gehalt an Stärke von mehr als 10 bis einschließlich 30 Gewichtshundertteilen (GHT), keine Milcherzeugnisse enthaltend, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Das HZA fertigte die Waren entsprechend der Anmeldung ab und erhob die hierfür vorgesehenen Einfuhrabgaben.

Im Rahmen einer Außenprüfung bei der Klägerin entnahmen Bedienstete des HZA im September 1995 aus den vorhandenen Lagerbeständen Proben u.a. von drei verschiedenen Sorten Tierfutter und übersandten diese der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) bei der Oberfinanzdirektion zur Begutachtung. Mit Schreiben vom 18. und 19. Dezember 1995 teilte die ZPLA dem HZA mit, die Waren seien in die Unterpos. 2309 10 51 KN einzureihen, weil der Gehalt an Stärke in diesen Produkten jeweils mehr als 30 GHT (33 bis 36,8 GHT) betrage.

Das HZA folgte der Einreihungsauffassung der ZPLA und erhob hinsichtlich der streitgegenständlichen drei Produktsorten mit Steueränderungsbescheid vom 13. Februar 1996 Abschöpfung, Zoll und Agrarzoll in Höhe von ... DM nach. Auf den dagegen erhobenen Einspruch der Klägerin teilte die ZPLA dem HZA mit, der Stärkegehalt sei bei den fraglichen Waren nach der polarimetrischen Methode ermittelt worden. Die von der Klägerin für allein richtig gehaltene Pankreatin-Analysemethode sei für die Bestimmung des Stärkegehalts in Tierfutter anzuwenden, das Schnitzel und Diffusionsschnitzel von Rüben, getrocknete Rübenblätter und Rübenköpfe, Kartoffelpülpe, Trockenhefe, inulinhaltige Erzeugnisse oder Grieben enthalte. Da das HZA nach Rückfrage bei der Klägerin nicht ausschließen konnte, dass die fraglichen Waren relevante Mengen an Rübenbestandteilen o.Ä. enthielten, bekam die ZPLA den Auftrag, den Stärkegehalt bei der vorhandenen Rückstellprobe auch nach der Pankreatin-Analysemethode zu ermitteln. Da auch die erneuten Untersuchungen der ZPLA Stärkewerte von über 30 GHT ergaben, wies das HZA den Einspruch der Klägerin mit der Einspruchsentscheidung vom 23. Juli 1996 zurück.

Die daraufhin erhobene Klage der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem Urteil aus, das HZA sei zu Recht davon ausgegangen, dass die hier in Frage stehenden Waren in die Unterpos. 2309 10 51 KN einzureihen seien. Soweit die Klägerin diese Waren in ihren Zollanmeldungen als solche mit einem Gehalt an Stärke von mehr als 10 GHT bis 30 GHT der Unterpos. 2309 10 31 KN angemeldet habe, könne dem nicht gefolgt werden. Auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen sei davon auszugehen, dass die in Rede stehenden Zollanmeldungen der Klägerin unrichtig gewesen seien. Es stehe zur Überzeugung des FG fest, dass die fraglichen Waren in dem vom Bescheid umfassten Zeitraum einen Gehalt an Stärke von jeweils mehr als 30 GHT aufgewiesen hätten, sodass sie in die Unterpos. 2309 10 51 KN einzureihen seien.

Ausweislich der vom beklagten HZA vorgelegten Untersuchungsanträge seien die von der ZPLA untersuchten Warenproben am 15. September 1995 im Betrieb der Klägerin entnommen worden; sie könnten zwar keinen konkreten Einfuhrsendungen zugeordnet werden, die Klägerin habe aber eingeräumt, dass die entnommenen und untersuchten Warenproben vermutlich aus Einfuhrsendungen vom Juli, August oder September 1995 stammten. Aus der Sicht des FG bestünden auch keine Bedenken, den Gutachten der ZPLA vom 18. und 19. Dezember 1995 zu folgen, soweit diese den Gehalt an Stärke in den in Rede stehenden Waren nach der in der Anlage I 1. der Dritten Richtlinie der Kommission vom 27. April 1972 zur Festlegung gemeinschaftlicher Analysemethoden für die amtliche Untersuchung von Futtermitteln --Dritte Richtlinie 72/199/EWG-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 123/6) geregelten polarimetrischen Analysemethode ermittelt habe. Die in Anhang V der Verordnung (EWG) Nr. 1822/86 der Kommission vom 30. Mai 1986 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1061/69 hinsichtlich der Analysemethoden zur Bestimmung des Stärkegehalts ... (ABlEG Nr. L 158/1) geregelte enzymatische Methode zur Bestimmung des gewichtsmäßigen Anteils an Stärke sei zutreffend nicht herangezogen worden, da diese Methode nur zur Bestimmung des gewichtsmäßigen Anteils an Stärke für Sojaproteinkonzentrate sowie Waren, die Sojaproteinkonzentrate enthalten, vorgesehen sei.

Für die fraglichen Waren mit den darin enthaltenen Bestandteilen komme allerdings nach Art. 1 i.V.m. der Anlage I der Fünften Richtlinie der Kommission vom 25. März 1974 zur Festlegung gemeinschaftlicher Analysemethoden für die amtliche Untersuchung von Futtermitteln --Fünfte Richtlinie 74/203/EWG-- (ABlEG Nr. L 108/7) auch die Pankreatin-Analysemethode in Betracht. Insoweit habe die ZPLA auf den von der Klägerin erhobenen Einwand hin eingeräumt, entgegen der Anlage I 8. der Fünften Richtlinie 74/203/EWG ein Pankreatin mit einem Glukosegehalt von mehr als 0,50 mg verwendet zu haben. Soweit das beklagte HZA geltend gemacht habe, die von der ZPLA nach der Pankreatin-Analysemethode getroffenen Feststellungen könnten gleichwohl verwertet werden, sei dies zweifelhaft, bedürfe letztlich aber keiner Entscheidung. Denn der Sachverständige habe in seinem Gutachten nachvollziehbar dargelegt, dass nicht von vornherein gesagt werden könne, ob bei der Anwendung der Pankreatin-Analysemethode oder der polarimetrischen Analysemethode höhere oder niedrigere Stärkegehalte festgestellt werden könnten, weil dies von einer Vielzahl von Faktoren abhängig sei. Auch die Klägerin habe eingeräumt, es sei zutreffend, dass die Anwendung der Pankreatin-Analysemethode oder der polarimetrischen Analysemethode keine Auswirkungen auf die Feststellung des Stärkegehalts habe. Da somit davon ausgegangen werden müsse, dass die Anwendung der polarimetrischen Analysemethode und der Pankreatin-Analysemethode zu gleichen Ergebnissen führe, könne auf die von der ZPLA allein nach der polarimetrischen Analysemethode getroffenen Feststellungen zum Stärkegehalt in den in Rede stehenden Waren abgestellt werden. Demgegenüber scheide eine erneute Untersuchung der im September 1995 im Betrieb der Klägerin entnommenen Warenproben nach der Pankreatin-Analysemethode aus. Der Sachverständige habe hierzu ausgeführt, dass sich in komplexen Mischungen, wie sie Lebens- und Futtermittel darstellen, nach einer derart langen Lagerzeit mit den genannten Analysemethoden keine zuverlässigen Messergebnisse mehr erzielen ließen. Dies gelte insbesondere, wenn es darum gehe, Unterschiede im Bereich von bis zu 5 v.H. zu dokumentieren.

Auf der Grundlage der von der ZPLA nach der polarimetrischen Analysemethode festgestellten Gehalte an Stärke in den fraglichen Waren und dem Gutachten des Sachverständigen sei davon auszugehen, dass die Beschaffenheitsvermutung des § 17 Abs. 2 des Zollgesetzes (ZG) bzw. des Art. 71 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften --Zollkodex (ZK)-- (ABlEG Nr. L 302/1) widerlegt sei. Dabei sei es in Anwendung der von dem Sachverständigen ermittelten maximalen Schwankungswerte zulässig, die von der ZPLA in ihren Gutachten vom 18. und 19. Dezember 1995 ermittelten Stärkegehalte für die hier in Rede stehenden Einfuhrvorgänge, für die die Klägerin in dem Zeitraum vom 19. Februar 1993 bis zum 27. Dezember 1995 Zollanmeldungen abgegeben habe, zu verallgemeinern. Denn die Klägerin habe selbst noch in dem vorliegenden Verfahren eingeräumt, dass in dem fraglichen Zeitraum die Rezeptur für die in Frage stehenden Waren nicht verändert worden sei. Ferner habe die Klägerin auch im Einspruchsverfahren eingeräumt, dass sich der Stärkegehalt in den fraglichen Waren seit 1993 nur unwesentlich innerhalb von geringen Toleranzschwankungen geändert habe. Dies habe notwendig zur Folge, dass hinsichtlich sämtlicher hier in Frage stehender Einfuhrsendungen, für die die Klägerin in dem Zeitraum vom 19. Februar 1993 bis zum 27. Dezember 1995 Zollanmeldungen abgegeben habe, der Gehalt an Stärke jeweils mehr als 30 GHT betragen habe.

Gegen dieses Urteil des FG richtet sich die Revision der Klägerin. Sie hält die Revision für zulassungsfrei gegeben, weil es sich bei dem Urteil um eine zolltarifliche Entscheidung handele. Das FG habe festgestellt, dass die von der Futtermittelwissenschaft herausgearbeiteten Grundsätze für die Bestimmung des Stärkegehalts nicht zu berücksichtigen seien. Diese Auslegung der Tarifierungsregelungen sei für die Entscheidung ausschlaggebend gewesen. Das FG führe hierzu u.a. auf S. 25 des Urteils aus, "nach den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, Position 2302 Rdnr. 02.5, ist der Gehalt an Stärke auf die Ware als solche zu beziehen".

Zur Begründetheit der Revision macht die Klägerin geltend, die Gutachten der ZPLA hätten zu Unrecht weder Feuchtigkeitswerte noch Toleranzen berücksichtigt. Nach § 15 der Futtermittelverordnung seien bei der Bestimmung des Stärkegehalts von Futtermitteln absolute Toleranzen von 5 v.H. zu berücksichtigen. Hiernach seien Stärkewerte, die den Grenzwert von 5 v.H. absolut überschreiten würden, noch als zulässige Abweichungen anzusehen. Ferner sei der tatsächlich festgestellte Feuchtigkeitsgehalt zu berücksichtigen. Beachte man diese Toleranzwerte und den tatsächlichen Feuchtigkeitsgehalt von 7 v.H., errechneten sich auf der Grundlage der von der ZPLA festgestellten Werte für alle drei Produkte Stärkewerte von unter 30 GHT. Zwar seien die Bestimmungen des § 15 der Futtermittelverordnung bei der Auslegung der KN nicht unmittelbar anwendbar. Aus § 15 der Futtermittelverordnung folge jedoch, dass bei der Analyse von Futtermitteln regelmäßig Abweichungen aufträten. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) seien die wissenschaftlichen Erkenntnisse bei der Einreihung von Waren in die KN zu berücksichtigen. Selbst bei den von der ZPLA ermittelten Stärkegehalten von 33 bis 36,8 GHT könnten nachweislich bereits natürliche Umwelteinflüsse dazu führen, dass diese Stärkegehalte unter 30 GHT liegen würden.

Das FG vertrete zu Unrecht die Auffassung, dass es im Ermessen der Zollbehörde gelegen habe, entweder die Pankreatin-Methode oder die polarimetrische Methode oder zur Sicherheit beide Methoden anzuwenden. Bei den Produkten der Klägerin sei aufgrund der Zusammensetzung der Waren mit Schnitzeln und Diffusionsschnitzeln von Rüben und getrockneten Rübenblättern zwingend die Pankreatin-Methode anzuwenden gewesen. Nach den Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur (ErlKN) 23.09/6 EE Nr. 39.0, 43.0 und EE 102.0 vom 20. Oktober 1989 i.V.m. Anlage I zur Fünften Richtlinie 74/203/EWG sei entgegen der Auffassung des FG die polarimetrische Methode ausgeschlossen. Danach sei die Bestimmung des Stärkegehalts nach der Pankreatin-Methode vorzunehmen, unabhängig davon, welche Menge an Schnitzeln und Diffusionsschnitzeln in der Ware enthalten sei.

Weiterhin könnten die vom Außenprüfer entnommenen Proben jeweils auch keiner bestimmten Einfuhrsendung zugerechnet werden. Dies sei u.a. auch darauf zurückzuführen, dass unter Verstoß gegen die einschlägige Dienstanweisung des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- (Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung --VSF-- Z 07 12 und VSF-Nachrichten --VSF N-- 39 97 vom 5. August 1997 Nr. 388) keine Niederschriften über die Probenentnahme gefertigt worden seien und so keine Zuordnung zu bestimmten Einfuhrvorgängen möglich gewesen sei. Eine Verallgemeinerung der Untersuchungsergebnisse der entnommenen Warenproben auf den Stärkegehalt von 2 379 Einfuhrsendungen für den Zeitraum von Januar 1993 bis Dezember 1995 sei daher nicht nur unzulässig, sondern auch unschlüssig. Der von der ZPLA festgestellte Stärkegehalt in 14 Warenproben könne nicht repräsentativ sein, wenn im Durchschnitt eine Einfuhrsendung 3 200 kg des jeweiligen Futtermittels enthalte. So sei eine Probe von 470 g einer Ware für die Bestimmung des Stärkegehalts von 2 141 100 kg Futtermittel nicht ausreichend. Bei Untersuchungen von Futtermitteln in dieser Größenordnung könne nur mittels einer Durchschnittsprobe eine genaue Beschaffenheit der angemeldeten Warensendung festgestellt werden. Hierzu sei es erforderlich, die Beschaffenheit eines jeden einzelnen Packstücks oder einer so großen Anzahl von Packstücken zu untersuchen, dass hieraus mittels Durchschnittsproben die Beschaffenheit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne.

Darüber hinaus treffe das beklagte HZA die Feststellungslast für eine von den abgegebenen Zollanmeldungen abweichende Beschaffenheit der in Rede stehenden Waren. Das beklagte HZA habe nicht nachgewiesen, dass die Untersuchungsergebnisse der ZPLA rückwirkend für einen Zeitraum von drei Jahren und für 2 379 Zollanmeldungen Geltung beanspruchen könnten. Bei der Herstellung von Futtermitteln sei, wie bei vielen anderen auf der Basis von Naturprodukten hergestellten Waren, auch bei Anwendung gleicher Rezepturen keinesfalls gesichert, dass sämtliche Waren eine gleiche Beschaffenheit aufweisen würden. Trotz gleicher Anteile von Zutaten und gleicher Mischungsverhältnisse könne der Stärkegehalt in Futtermitteln von Charge zu Charge unterschiedlich sein. Eine Probe des Fertigprodukts könne deshalb nur für die jeweilige Charge repräsentativ sein. Die Vermutung des Art. 70 Abs. 1 ZK erstrecke sich lediglich auf die Beschaffenheit der jeweils in der Zollanmeldung angegebenen Ware. Demgegenüber könne das Ergebnis einer oder mehrerer stichprobenweisen Überprüfungen nicht auf eine unbegrenzte Anzahl von gleichgelagerten Einfuhren von Waren mit gleicher Handelsbezeichnung übertragen werden. Eine solche Verallgemeinerung sei bei Naturprodukten unzulässig. Die im Rahmen der Außenprüfung entnommenen und untersuchten Proben könnten nur für die jeweils angemeldete Warensendung repräsentativ sein. Art. 78 Abs. 1 ZK lege fest, dass die Überprüfung von Zollanmeldungen vorzunehmen sei. Von den 29 im Rahmen der Außenprüfung entnommenen Proben seien tatsächlich nur 14 Proben untersucht worden. Es könne nicht mehr festgestellt werden, ob diese entnommenen Proben aus einer Einfuhrsendung oder aus verschiedenen Einfuhrsendungen gestammt hätten.

Ungeachtet der Fehler bei der Probenentnahme komme das FG zu der unbegründeten Auffassung, dass trotz bestimmter Unregelmäßigkeiten nicht von der von der Klägerin angemeldeten Beschaffenheit der Waren ausgegangen werden könne, weil mittels der Gutachten ein Stärkegehalt von über 30 GHT festgestellt worden sei. Diese Auslegung des FG stehe im Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Danach sei zur Widerlegung der Beschaffenheitsvermutung des § 17 Abs. 2 ZG bzw. des Art. 71 Abs. 2 ZK erforderlich, dass das Gegenteil der angemeldeten Beschaffenheit festgestellt werde, und zwar dergestalt, dass jede Möglichkeit des gesetzlichen Schlusses wegfalle. Die während einer Außenprüfung entnommenen Warenproben könnten nur dann "verallgemeinert" werden, wenn anhand von unumstößlichen Tatsachen nachgewiesen werden könne, dass die Ergebnisse der untersuchten Warenproben sich eindeutig einer bestimmten Zollanmeldung zuordnen ließen. Solche unumstößlichen Tatsachen leite das FG lediglich daraus ab, dass die Klägerin selbst nicht ausgeschlossen habe, die im Betrieb der Klägerin entnommenen Proben seien auf die in Rede stehenden Einfuhrvorgänge bezogen. Richtig sei hingegen, dass die Klägerin eingeräumt habe, die untersuchten Warenproben könnten aus Einfuhrsendungen vom Juli, August oder September des Jahres 1995 stammen. Dabei handele es sich um keine gesicherte Erkenntnis. Es könne ebenso möglich sein, dass die entnommenen Proben aus Lagerbeständen stammten, die nicht zu den genannten Einfuhrvorgängen gehörten.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen --soweit diese Einfuhrabgaben für die streitgegenständlichen Produkte von insgesamt ... DM betreffen-- aufzuheben. Ferner begehrt sie die Feststellung, dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren erforderlich gewesen sei.

Das HZA beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Beide das Urteil des FG tragenden Gründe seien keine zolltariflichen Entscheidungen. Die Widerlegung der Beschaffenheitsvermutung sei für die Einreihung der Ware ohne Bedeutung und beruhe nicht auf der unmittelbaren Anwendung des Zolltarifs, da weder die Richtlinien 72/199/EWG und 74/203/EWG noch die ErlKN Bestimmungen des Zolltarifs darstellten. Die Einreihung von Waren in eine bestimmte Unterposition sei an sich nicht streitig, da die tarifliche Abgrenzung anhand des Wortlauts beider Unterpositionen, nämlich "bis einschließlich 30 GHT" oder "mehr als 30 GHT", eindeutig sei. Die Einreihung der fraglichen Einfuhrwaren in die Unterpos. 2309 10 51 KN sei deshalb nur die logische Folge aus der Feststellung der Warenbeschaffenheit in Verbindung mit der Widerlegung der Beschaffenheitsvermutung und stelle insofern keine zolltarifliche Entscheidung dar.

Auf Grund der Untersuchungsergebnisse der ZPLA seien die fraglichen Waren in die Unterpos. 2309 10 51 KN einzureihen. Die ZPLA habe letztlich für sämtliche in Rede stehenden Waren einen Stärkegehalt von mehr als 30 GHT festgestellt. Insbesondere seien entgegen der Auffassung der Klägerin die Bestimmungen der Futtermittelverordnung für die Einreihung von Waren in die KN unerheblich, so dass auch keine Toleranzen zu berücksichtigen seien.

II. 1. Die Revision der Klägerin ist zulässig. Die Vorentscheidung ist ein Urteil in einer Zolltarifsache (§ 116 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung --FGO a.F.--, vgl. Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000, BGBl I 2000, 1757, 1760).

a) Nach der Rechtsprechung des BFH liegt ein ohne Zulassung revisibles Urteil in einer Zolltarifsache nur vor, wenn das Urteil von einer in ihm getroffenen zolltarifrechtlichen Entscheidung abhängt oder abhängen kann, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die zolltarifrechtliche Frage die einzige oder auch nur die wesentliche Vorfrage war. Die zolltarifrechtliche Frage muss jedoch eine Rolle spielen; das Urteil muss auf der Entscheidung zu der zolltarifrechtlichen Frage beruhen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. Februar 1991 VII R 41/89, BFHE 164, 5, BStBl II 1991, 526, und vom 30. Juni 1994 V R 138/93, BFH/NV 1995, 424, jeweils m.w.N.). Auf ihr beruhen kann es nur, wenn diese Entscheidung, soll das Urteil Bestand haben, nicht fortgedacht werden kann (BFHE 164, 5, BStBl II 1991, 526). Diese Anforderungen an Urteile in Zolltarifsachen gelten auch dann, wenn das Urteil des FG auf zwei selbständig tragende Begründungen gestützt ist. Eine zolltarifrechtliche Entscheidung ist folglich in Bezug auf beide --die Entscheidung tragenden-- Gründe erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. März 1996 VII R 19/96, BFH/NV 1996, 760).

Nur bei Beachtung dieser Voraussetzung ist die in § 116 Abs. 2 FGO a.F. bestehende Sonderregelung für "Zolltarifsachen" gerechtfertigt, die allein dazu dient, eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Zolltarifs zu gewährleisten. Ohne Beachtung dieser Voraussetzung würde es sich bei jeder Sache, in der es lediglich bei einem von mehreren tragenden Gründen um die Einreihung einer Ware in den Zolltarif geht, um eine Streitsache i.S. des § 116 Abs. 2 FGO a.F. handeln, auch wenn das Urteil letztlich nicht auf der zolltariflichen Einreihung beruht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. Dezember 1998 VII B 239/97, BFH/NV 1999, 1093; vom 9. Oktober 2000 VII R 34/00, BFH/NV 2001, 462, sowie Senatsurteil vom 14. Dezember 1999 VII R 38/98, BFH/NV 2000, 763).

Eine derartige grundsätzliche Bedeutung ist folglich nicht mehr gegeben, wenn ein das finanzgerichtliche Urteil tragender Grund ausschließlich die tatsächliche Beschaffenheit der Ware zum Gegenstand hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 16. Juli 1992 VII R 13/91, BFH/NV 1993, 284, und in BFH/NV 2001, 462, sowie Senatsurteil in BFH/NV 2000, 763), was im Streitfall allerdings nicht zutrifft.

b) Gegen die Annahme einer Zolltarifsache könnte zwar sprechen, dass die Beteiligten hauptsächlich darum streiten, ob das HZA in seinem Nachforderungsbescheid zu Recht davon ausgegangen ist, dass die eingeführten Futtermittel nicht wie angemeldet 10 bis 30 GHT, sondern mehr als 30 GHT Stärkegehalt aufgewiesen haben. Das HZA bezieht sich insoweit auf Untersuchungsergebnisse der ZPLA, wonach die im September 1995 während einer Außenprüfung im Betrieb der Klägerin entnommenen Proben einen Stärkegehalt von über 30 GHT aufgewiesen haben sollen. Ob das HZA daraus auch zu Recht die Schlussfolgerung ziehen konnte, dass sämtliche in den Jahren 1993 bis 1995 eingeführten Futtermittel einen derartigen Stärkegehalt aufgewiesen haben und demzufolge die in diesen Jahren eingereichten Zollanmeldungen unzutreffend gewesen sind, was das FG bejaht hat, ist keine zolltarifliche Entscheidung, sondern betrifft ausschließlich die Frage, ob die Untersuchungsergebnisse aufgrund der Probenentnahme im September 1995 Aufschluss über die Beschaffenheit der eingeführten Waren in den Jahren zuvor geben können.

c) Unabhängig davon hatte das FG aber auch darüber zu befinden, ob die ZPLA die richtige Analysemethode zur Feststellung des Stärkegehalts bei den eingeführten Waren benutzt hat. Die Entscheidung, ob die Warenuntersuchung durch die ZPLA mittels der richtigen Analysemethode vorgenommen wurde, ist als Vorfrage grundsätzlich von der eigentlichen Tarifierungsfrage zu trennen und als solche, separat betrachtet, ebenfalls keine zolltarifliche Entscheidung i.S. von § 116 Abs. 2 FGO a.F.

Anders fällt die Antwort aber dann aus, wenn die vorzunehmende Einreihung ausschließlich von der Wahl gemeinschaftsrechtlich vorgegebener Analysemethoden abhängig ist (vgl. ErlKN 23.09/3, Rz. 01.0 bis 02.5). Muss die Untersuchungsbehörde unter mehreren Analysemethoden auswählen, ist die Entscheidung für eine oder mehrere Methoden mit dem hierauf beruhenden Analyseergebnis gleichsam die eigentliche Tarifierungsentscheidung und damit auch die erforderliche zolltarifliche Entscheidung i.S. von § 116 Abs. 2 FGO a.F. So hängt im Streitfall die Tarifierungsfrage ausschließlich davon ab, ob die eingeführten Waren einen Stärkegehalt von 10 bis zu 30 GHT (dann 2309 10 31 KN) oder mehr (dann 2309 10 51 KN) aufweisen, was unmittelbar vom Analyseergebnis der untersuchten Warenproben abhängt. Für die Ermittlung des Stärkegehalts bei Futtermitteln waren zwischen 1993 und 1995 gemeinschaftsrechtlich zumindest zwei Methoden (polarimetrische, Pankreatin-Methode) in Betracht zu ziehen, unter denen die ZPLA auszuwählen hatte. Da nur bei richtiger Auswahl der Methode der korrekte Stärkegehalt bestimmt und damit zugleich die zutreffende zolltarifliche Einreihung getroffen werden konnte, liegt hierin zugleich die für eine zulassungsfreie Revision notwendige Entscheidung über eine zolltarifliche Frage. Dass im vorliegenden Fall nicht die tarifliche Einordnung einer Ware im engeren Sinne streitig ist, ist für die Frage, ob eine Zolltarifsache gegeben ist, ohne Bedeutung (vgl. Senatsurteil vom 6. Juni 1989 VII R 113/86, BFH/NV 1990, 404).

2. Die Revision der Klägerin ist auch begründet. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin Einfuhrabgaben von insgesamt ... DM nachzuentrichten hat. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Sie waren daher, soweit sie angefochten sind, aufzuheben. Da das FG zur gegenteiligen Auffassung gelangt ist, führt die Revision zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

Die vorliegenden Feststellungen rechtfertigen die Schlussfolgerung des FG nicht, dass es sich bei den von 1993 bis 1995 eingeführten Waren um "Hunde- und Katzenfutter, ... mit einem Gehalt an Stärke von mehr als 30 GHT ..." gehandelt hat, die nicht der Unterpos. 2309 10 31 KN, sondern der Unterpos. 2309 10 51 KN zuzuweisen sind. Die aus den von der Klägerin abgegebenen Zollanmeldungen resultierende Beschaffenheitsvermutung ist vom FG zu Unrecht nach § 17 Abs. 2 ZG (gültig bis 31. Dezember 1993) als widerlegt bzw. nach Art. 78 Abs. 3 ZK (gültig ab 1. Januar 1994) als entkräftet angesehen worden.

a) Da das HZA keine Überprüfung der Zollanmeldungen durchgeführt hat, sind die darin enthaltenen Angaben für die weitere Zollbehandlung maßgebend. Die später im Rahmen der Außenprüfung im Betrieb der Klägerin gezogenen Proben sind keiner bestimmten Zollanmeldung zuzurechnen und können daher auch nicht ihre Unrichtigkeit belegen.

aa) Nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 ZK beginnt die zollamtliche Überwachung einschließlich der Möglichkeit zollamtlicher Prüfungen, wenn Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden. Bereits ab diesem Zeitpunkt müssen die Zollbehörden die erforderlichen Maßnahmen und Regelungen treffen, um die tatsächliche Erfassung der Waren und damit die Einhaltung der Zollvorschriften zu gewährleisten. Die zollamtliche Überwachung dauert über den Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldung hinaus fort und endet gemäß Art. 37 Abs. 2 ZK erst zu dem Zeitpunkt, an dem es zu einem Wechsel des zollrechtlichen Status der Nichtgemeinschaftswaren kommt und diese zu Gemeinschaftswaren werden (EuGH-Urteil vom 1. Februar 2001 Rs. C-66/99, EuGHE 2001, I-873 RdNr. 45).

Innerhalb dieses Zeitrahmens treffen sowohl den Zollanmelder als auch die Zollstellen bestimmte Verpflichtungen, die jeweils aufeinander folgen. So hat der Zollanmelder nach Art. 59 Abs. 1, Art. 61 Buchst. a, Art. 62 Abs. 1 ZK die Ware, auf die sich sein Zollantrag bezieht, mit den für die Zollbehandlung maßgebenden Merkmalen und Umständen anzumelden (früher § 16 Abs. 2 Satz 1 ZG). Gemäß Art. 68 Buchst. b bis Art. 71 ZK (§ 16 Abs. 1 Satz 2 ZG) schließt sich hieran die Entscheidung der Zollstelle an, ob und in welchem Umfang die Beschaffenheit der Ware ermittelt wird (vgl. zur Zollbeschau: Schlussanträge des Generalanwalts Cosmas vom 23. März 1995 Rs. C-459/93, EuGHE 1995, I-1383 Rdnr. 5). Während sich die Überholung auf die Gestellung bezieht, also ein Instrument der Warenerfassung darstellt, dient die Zollbeschau der Überprüfung der Zollanmeldung bezüglich der hierin bezeichneten Waren. In erster Linie soll bei der Abfertigung einer Ware durch die Zollbeschau neben der Warenmenge die Beschaffenheit der Ware ermittelt werden (vgl. Lichtenberg in Dorsch, Zollrecht, Art. 68, 69 ZK Rz. 2), weil spätere Untersuchungen in dieser Hinsicht durch die hierfür zuständigen Stellen in der Regel daran scheitern, dass die Waren beim Zollanmelder nicht mehr zur Verfügung stehen.

Bei der Abfertigung steht den Zollbehörden auch das Recht zu, Muster oder Proben zum Zweck einer Analyse oder eingehenden Prüfung zu entnehmen (vgl. Art. 68 Buchst. b ZK, früher § 16 Abs. 3 ZG). Die Art der Probenentnahme und die Menge der Proben bestimmt das HZA nach seinem Ermessen (Senatsbeschluss vom 18. Juli 1968 VII B 137-139/67, BFHE 93, 256). Sowohl die Entnahme als auch ihre Untersuchung gehören zur Ermittlung der tatsächlichen Verhältnisse, die dem HZA obliegt. Der Zollanmelder kann dann zeitnah Mängel bei der amtlichen Probenuntersuchung rügen und die Richtigkeit des Untersuchungsergebnisses bestreiten (vgl. Senatsurteil vom 21. März 1972 VII R 54/69, BFHE 105, 536, 539). Entsteht ein Streit über die Richtigkeit eines Untersuchungsergebnisses, etwa weil eine Untersuchungsmethode der ZPLA umstritten ist oder die Anzahl der entnommenen Proben nicht für repräsentativ gehalten wird, hat der Zollanmelder --zumal wenn er fortlaufend das gleiche Produkt einführt-- die Möglichkeit, unmittelbar auf die Sicht- oder Verfahrensweise der Zollverwaltung zu reagieren und kann, wenn sich das Einfuhrgeschäft für ihn wegen der hohen Einfuhrabgaben als unrentabel erweist, auch ganz auf die weitere Einfuhr der Waren verzichten.

bb) Ist die Ware in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft übergeführt worden, endet die bestehende zollamtliche Überwachung, weil die Nichtgemeinschaftsware den zollrechtlichen Status einer Gemeinschaftsware erhält (Art. 79 ZK). Für die Zollbehörden besteht allerdings auch nach der Überlassung der Waren die Möglichkeit, die Anmeldung zu überprüfen und die Waren zu beschauen, sofern diese noch vorgeführt werden können (Art. 78 Abs. 2 Satz 3 ZK). Aus der gewählten (einschränkenden) Formulierung wird deutlich, dass auch der Gemeinschaftsgesetzgeber davon ausging, dass die nachträgliche Prüfung der Anmeldungen nur in Ausnahmefällen zur Ermittlung der Beschaffenheit der Ware dienen kann und soll. Da der Anmelder nach der Überführung der Ware in den zollrechtlich freien Verkehr beliebig über die Ware verfügen kann, ist die Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen das zentrale Instrument der nachträglichen Prüfung der Zollanmeldungen; andere Untersuchungen sind zweitrangig. Die Zollbehörden werden daher der ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgabe zur Warenkontrolle nicht gerecht, wenn sie sich darauf beschränken, die Zollanmeldungen im Hinblick auf die Beschaffenheit der Waren nur noch nachträglich zu überprüfen. Es können zwar entsprechend der Regelung in Art. 78 Abs. 2 Satz 3 ZK auch im Betrieb des Anmelders oder bei Dritten aufgefundene Waren überprüft und eingehend untersucht werden, sie müssen jedoch einer bestimmten Zollanmeldung zuzuordnen sein.

Erfolgen die Warenuntersuchungen erstmals anlässlich einer im Betrieb des Einführers angeordneten Außenprüfung, trägt die Zollbehörde die Feststellungslast dafür, dass die im Betrieb des Einführers vorgefundenen Waren der jeweiligen Zollanmeldung zugeordnet werden können. Ist dies nicht mehr möglich und gibt es keine weiteren Tatsachen, die Aufschluss über die Beschaffenheit der eingeführten Ware geben, sind nach Art. 71 Abs. 2 ZK die in der Anmeldung des Zollbeteiligten enthaltenen Angaben für das weitere Zollverfahren maßgebend, weil eine Überprüfung einer Zollanmeldung nicht stattgefunden hat.

cc) So liegt es im Streitfall. Die Zollstelle hat die von der Klägerin eingeführten Waren nahezu drei Jahre lang ohne Beanstandungen abgefertigt und in dieser Zeit keine Probe entnommen, obwohl es sich bei den streitgegenständlichen Waren ersichtlich um Naturprodukte gehandelt hat, bei denen es für die Tarifierung und damit für die Erhebung von Einfuhrabgaben gerade auf den prozentualen Stärkegehalt der Waren ankam, weshalb eine Probenentnahme zur Überprüfung der Zollanmeldung nahe lag, sich sogar aufdrängte. Da das HZA seine Kontrollmöglichkeiten bei der Abfertigung ungenutzt ließ und auf Feststellungen zur Beschaffenheit der Ware bei der Außenprüfung vertraut hat, kann es nicht der Klägerin angelastet werden, wenn die erst bei der Außenprüfung entnommenen Proben, wie das HZA in seiner Revisionserwiderung selbst einräumt, jeweils keiner bestimmten Zollanmeldung mehr zugerechnet werden konnten. Denn dann sind die unzureichenden zollamtlichen Feststellungen hinsichtlich der tatsächlichen Beschaffenheit der Waren letztlich auf das vollständige Absehen von Kontrollmaßnahmen des HZA bei der Abfertigung zurückzuführen. Im Streitfall kommt außerdem hinzu, dass bei der Probenentnahme im Betrieb der Klägerin nicht die hierfür vorgeschriebene (vgl. VSF Z 07 12) Niederschrift gefertigt worden ist, so dass auch nachträglich kein gesicherter Bezug zu bestimmten Einfuhrvorgängen hergestellt werden konnte. Die fragliche Probenuntersuchung reicht folglich als Ausgangspunkt nicht dafür aus, die sich aus § 17 Abs. 2 ZG ergebende Vermutung zu widerlegen bzw. die Rechtswirkungen des Art. 71 Abs. 2 ZK für die Vielzahl der Einfuhren zu beseitigen.

b) Selbst wenn man --wie das FG-- davon ausgeht, dass es nicht erforderlich sei, bei der Ermittlung der tatsächlichen Beschaffenheit einer Ware im Rahmen einer Außenprüfung den konkreten Bezug zu einer Zollanmeldung herzustellen, sondern es für ausreichend hält, dass die entnommene Warenprobe in dem von der Außenprüfung umfassten Zeitraum eingeführt worden ist, führt dies nicht zwingend zu dem Schluss, dass sämtliche von Februar 1993 bis Dezember 1995 eingereichten Zollanmeldungen im Hinblick auf den festgestellten Stärkegehalt unzutreffend gewesen sind.

Die Angaben der Klägerin zur Beschaffenheit der Waren in den Zollanmeldungen können insbesondere nicht durch die Ergebnisse der Probenuntersuchungen entkräftet bzw. widerlegt werden, weil die ZPLA die Waren nicht ordnungsgemäß untersucht hat. Den Feststellungen der ZPLA in den Gutachten vom 18. und 19. Dezember 1995 zum Stärkegehalt der entnommenen Proben kann mithin nicht gefolgt werden.

aa) Nach Art. 242 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 (Zollkodex-Durchführungsverordnung --ZKDVO--) der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABlEG Nr. L 253/1) werden Muster oder Proben nach den in den geltenden Bestimmungen vorgesehenen einschlägigen Bestimmungen von der Zollstelle entnommen. Folglich hat sich die Zollstelle bei der Probenentnahme insbesondere an bestehendem Gemeinschaftsrecht zu orientieren. Das betrifft vom Sinn und Zweck der Regelung nicht nur rein tatsächliche Maßnahmen, wie sie die Probeentnahme selbst darstellt, sondern konsequenterweise auch die Durchführung der eigentlichen Warenuntersuchung, die, weil sie unmittelbar der Feststellung der tariflichen Beschaffenheit dient, für den Beteiligten von weitreichender Bedeutung ist (vgl. Art. 70 Abs. 1 Satz 1 ZK). Werden die entnommenen Proben --wie in Deutschland bei der ZPLA-- untersucht, hat der Zollanmelder einen Anspruch darauf, dass sich die Untersuchungsbehörden an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben halten, um Wettbewerbsverzerrungen in der Gemeinschaft zu vermeiden, die bei der Anwendung von unterschiedlichen Untersuchungsmethoden nahe liegen (vgl. EuGH-Urteil vom 25. März 1993 Rs. C-308/91, EuGHE 1993, I-2787). Insoweit ist es unerheblich, ob die Vorgaben der Europäischen Gemeinschaft in Form von allgemein gültigen Rechtsakten wie Verordnungen oder als Richtlinien erlassen werden.

Zur Ermittlung des Stärkegehalts einer Ware gab es im hier entscheidenden Zeitraum (1993 bis 1995), wie das FG zutreffend festgestellt hat, eine Reihe von Richtlinien und Verordnungen zur Festlegung gemeinschaftlicher Analysemethoden, die die ZPLA bei ihren Warenuntersuchungen zu beachten hatte. Um eine gleichförmige Behandlung bei der Einfuhr von Waren in die Gemeinschaft sicherzustellen, legte die Kommission bereits mit der Verordnung (EWG) Nr. 1061/69 (VO Nr. 1061/69) vom 6. Juni 1969 zur Festlegung der Analysemethoden ... (ABlEG Nr. L 141/24) Analysemethoden für aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen hergestellte Waren fest. Nach Art. 1 Abs. 2 VO Nr. 1061/69 war der gewichtsmäßige Gehalt an Stärke einer Ware nach dem abgewandelten polarimetrischen Ewers-Verfahren zu bestimmen, das in der Anlage zur Verordnung Nr. 228/67/EWG der Kommission vom 28. Juni 1967 über die Bestimmungen des Stärkegehalts von Kleie und Mischfuttermitteln sowie die Denaturierung von Mehl aus Maniok und anderen Wurzeln (ABlEG Nr. L 136/2925) beschrieben war. Die in der Folgezeit mehrmals geänderte Verordnung (vgl. VO (EWG) Nr. 1822/86) konnte für die im Streitfall zu untersuchenden Warenproben allerdings nicht mehr herangezogen werden, weil sie durch die Verordnung (EWG) Nr. 4154/87 der Kommission vom 22. Dezember 1987 zur Festlegung der Analysemethoden ... --VO Nr. 4154/87-- (ABlEG Nr. L 392/19) bereits zum 1. Januar 1988 aufgehoben worden war. Die VO Nr. 4154/87 zeichnet sich außerdem dadurch aus, dass sie anstatt auf Analysemethoden nur auf einzelne Berechnungsschritte mit bestimmten Formeln hinweist. Zum Zeitpunkt der Einfuhr bestanden demnach für die Bestimmung des Stärkegehalts ausschließlich zwei Richtlinien der Gemeinschaft, in denen gemeinschaftliche Analysemethoden für die amtliche Untersuchung von Futtermitteln festgelegt waren.

Der gewichtsmäßige Gehalt an Stärke ist nach Art. 1 der Dritten Richtlinie 72/199/EWG grundsätzlich nach der polarimetrischen Methode zu bestimmen, die die Bestimmung des Gehalts an Stärke und ihrer Abbauprodukte mit hohem Molekulargewicht in Futtermitteln erlaubte, mit Ausnahme derjenigen, die Schnitzel und Diffusionsschnitzel von Rüben, getrocknete Rübenblätter und -köpfe, Kartoffelpülpe, Trockenhefe, inulinhaltige Erzeugnisse oder Grieben enthalten. Für letztgenannte Produkte war nach der Fünften Richtlinie 74/203/EWG, die zum Zeitpunkt der Warenuntersuchungen noch Gültigkeit hatte, die Untersuchung nach der Pankreatin-Methode vorgesehen. Aus diesen Vorgaben der Gemeinschaft bei der Wahl der Analysemethode lässt sich entnehmen, dass bei Waren wie den streitgegenständlichen die alleinige Untersuchung von Proben nach der polarimetrischen Methode zu Ungenauigkeiten führen kann. Bestehen so wie im Streitfall wegen der nicht abschließend geklärten Zusammensetzung der auf ihren Stärkegehalt zu untersuchenden Waren Zweifel, welche Analysemethode im Hinblick auf die vorzunehmende Tarifierung einer Ware heranzuziehen ist, und sind diese nicht auszuräumen, hat die Untersuchungsbehörde grundsätzlich alle --vorliegend zwei-- gemeinschaftsrechtlich in Betracht kommenden Methoden anzuwenden. Andernfalls wird das Gebot der Gleichbehandlung der Wirtschaftsbeteiligten in der Gemeinschaft verletzt.

bb) Anders als das FG meint, ist es in derartigen Fällen weder rechtlich zulässig noch tatsächlich möglich, die vorgeschriebene Untersuchung durch eine Prognose zu ersetzen. Denn ob eine andere Untersuchungsmethode ein anderes Ergebnis erbringt, ist nicht im Wege der Wahrscheinlichkeitsrechnung zu ermitteln, sondern kann nur die ordnungsgemäß durchgeführte Untersuchung mit der anderen Analysemethode belegen. Auch die ZPLA hatte Bedenken, ihr Untersuchungsergebnis ausschließlich auf eine Methode zu stützen und hat sich nach den Einwendungen der Klägerin bereit erklärt, eine weitere Untersuchung der noch vorhandenen Probe nach der Pankreatin-Methode durchzuführen. Diese Untersuchung war jedoch für die Feststellung der Beschaffenheit der eingeführten Waren offenkundig unbrauchbar, weil das verwendete Pankreatin entgegen der Anlage I 8. der Fünften Richtlinie 74/203/EWG einen Glukosegehalt von mehr als 0,50 mg aufwies und damit zur Feststellung des Stärkegehalts nicht mehr benutzt werden konnte.

Den Gutachten der ZPLA vom 18. und 19. Dezember 1995 kann demnach nicht gefolgt werden, weil der Gehalt an Stärke bei den in Rede stehenden Waren nicht zusätzlich in ordnungsgemäßer Weise nach der Pankreatin-Methode ermittelt worden und eine weitere Untersuchung nach den insoweit bindenden Feststellungen des FG (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) nicht mehr möglich ist.

cc) Im Übrigen zeigt auch der Hinweis der Klägerin auf die Praxis der österreichischen Zollverwaltung, die bei vergleichbaren Produkten der Klägerin den Stärkegehalt der Waren neben der polarimetrischen Methode mit einer weiteren Untersuchungsmethode ermittelt und abgesichert hat, dass andere Mitgliedstaaten Entscheidungen nicht allein auf die Messergebnisse der polarimetrischen Methode stützen. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die Zweifel an den ordnungsgemäßen Messergebnissen mittels der polarimetrischen Methode zur Einschränkung des Anwendungsbereichs dieser Methode (mit Wirkung ab 1. Januar 2000) geführt haben, wie der Anhang Abschn. I 7.3 der Richtlinie 1999/79/EG der Kommission vom 27. Juli 1999 zur Änderung der Dritten Richtlinie 72/199/EG ... (ABlEG Nr. L 209/23) belegt. Danach führen bestimmte Bestandteile (wie Rübenerzeugnisse) in Futtermitteln erwiesenermaßen zu Interferenzen bei der Bestimmung des Stärkegehalts durch das polarimetrische Verfahren und können so zu falschen Ergebnissen führen. Dies zeigt nochmals nachdrücklich, dass die bereits zum Einfuhrzeitpunkt bestehenden Bedenken an den Messergebnissen der polarimetrischen Methode nicht zu Unrecht bestanden und sich im Laufe der folgenden Jahre noch verstärkt haben.

Da die allein auf der Grundlage der polarimetrischen Analysemethode ermittelten Stärkegehalte demnach nicht ausreichen, um die in dieser Hinsicht notwendigen Feststellungen mit einer gewissen Sicherheit zu treffen, und das HZA keine weiteren Tatsachen festgestellt hat, die Aufschluss über die Beschaffenheit der eingeführten Waren gebracht hätten, ist die Beschaffenheitsvermutung auch bei dieser Betrachtungsweise (konkreter Bezug zu einer Zollanmeldung nicht zwingend erforderlich) gemäß § 17 Abs. 2 ZG bzw. Art. 71 Abs. 2 ZK hinsichtlich der von der Klägerin in dem Zeitraum vom 19. Februar 1993 bis zum 27. Dezember 1995 abgegebenen Zollanmeldungen nicht widerlegt bzw. entkräftet worden und kann auch nicht mehr widerlegt oder entkräftet werden. Mithin hat das HZA zu Unrecht mit dem Steueränderungsbescheid vom 13. Februar 1996 auf der Grundlage der geänderten Tarifierung die Einfuhrabgaben für die Waren "A", "B" und "C" nacherhoben. Der Revision ist daher in vollem Umfang stattzugeben, so dass es eines Eingehens auf die verschiedenen von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen nicht bedarf.

3. Der Senat ist in Anwendung der Grundsätze des EuGH-Urteils vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 (EuGHE 1982, 3415 --C. I. L. F. I. T.--) nicht nach Art. 234 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH verpflichtet. Die Auslegung der maßgebenden Vorschriften hält der Senat für zweifelsfrei und offenkundig; er ist davon überzeugt, dass für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und für den EuGH die gleiche Gewissheit bestünde.

4. Der Antrag, die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO), ist im Revisionsverfahren unzulässig. Die Entscheidung nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO gehört sachlich zum Kostenfestsetzungsverfahren; zuständig ist daher das Gericht des ersten Rechtszuges, im Streitfall das FG (BFH-Beschluss vom 18. Juli 1967 GrS 5-7/66, BFHE 90, 150, BStBl II 1968, 56).

Ende der Entscheidung

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