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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 19.01.1999
Aktenzeichen: VII R 50/98
Rechtsgebiete: StBerG, BGB, AO 1977, StBerO, AO


Vorschriften:

StBerG § 40 a Abs. 4
StBerG § 40 a
StBerG § 46 Abs. 1 Satz 2
StBerG § 40 a Abs. 1 Satz 3
StBerG § 46 Abs. 1
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 242
AO 1977 § 130 Abs. 1
StBerO § 70 Abs. 1
StBerO § 19 Abs. 3
StBerO § 14 Abs. 1
StBerO § 1
StBerO § 14
StBerO § 15
StBerO § 68
AO § 107a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte seine Ausbildung zum Kaufmannsgehilfen und Bilanzbuchhalter in den alten Bundesländern erhalten, bevor er am 1. Oktober 1990 beim Finanzamt (FA) in X (auf dem Gebiet der ehemaligen DDR) die prüfungsfreie Zulassung als Helfer in Steuersachen beantragte. Am selben Tag beantragte er bei der Stadtverwaltung X die Verleihung der Staatsbürgerschaft der DDR. Nachdem ihn die Prüfungskommission am 5. Oktober 1990 von der Prüfung befreit hatte, erteilte ihm das FA am 10. Oktober 1990 mit Wirkung ab dem 15. Oktober 1990 "die Befugnis zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen" und verlieh ihm die Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Steuerbevollmächtigter" zu führen. Zur Verleihung der Staatsbürgerschaft der DDR kam es nicht mehr. Der Kläger begründete seine berufliche Niederlassung in X. Einen späteren Antrag auf Verlegung seiner Niederlassung nach Thüringen zog er zurück, nachdem ihm mit Schreiben vom ... Juli 1993 unter Berufung auf eine Auskunft der Beklagten und Revisionsbeklagten (der Oberfinanzdirektion --OFD--) mitgeteilt worden war, daß die Genehmigung nicht erteilt werden würde, weil seine Bestellung rechtswidrig gewesen sei. Die OFD kündigte dem Kläger mit Schreiben vom ... Februar 1996 die Rücknahme seiner Bestellung als Steuerbevollmächtigter an und sprach diese durch Schreiben vom ... Juni 1996 aus. Der Einspruch des Klägers dagegen war erfolglos. Nach Klageerhebung hat der Kläger die mündliche Übergangsseminarprüfung gemäß § 40 a Abs. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) bestanden.

Die Klage gegen die Rücknahme der Bestellung als Steuerbevollmächtigter hatte keinen Erfolg. Auf die in Entscheidungen der Finanzgerichte 1998, 1158 --gekürzt-- veröffentlichte Entscheidung des Finanzgerichts (FG) wird verwiesen. Das FG führte --zusammengefaßt-- aus, daß der Rücknahmebescheid der OFD jedenfalls gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StBerG rechtmäßig sei, weil die nach § 40 a StBerG vorläufige Bestellung des Klägers rechtswidrig gewesen sei und er dies habe erkennen müssen. Der Kläger könne gegen den Rücknahmebescheid nicht mit Erfolg geltend machen, die Rücknahme habe zu jenem Zeitpunkt nicht mehr ausgesprochen werden dürfen; § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG sehe keine Frist für die Rücknahme vor. Die Einfügung von § 46 Abs. 1 Satz 2 in das StBerG verstoße nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Einen besonderen Vertrauensschutz könne der Kläger für sich nicht daraus herleiten, daß ihm die Behörde erstmals mit Schreiben vom ... Februar 1996 ihre Absicht mitgeteilt habe, seine Bestellung als Steuerbevollmächtigter zurückzunehmen. Eine Verwirkung der Rücknahmebefugnis komme auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht in Betracht; daran ändere nichts, daß der Kläger inzwischen erfolgreich an dem Übergangsseminar gemäß § 40 a Abs. 1 Satz 3 und Abs. 4 StBerG teilgenommen habe.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision. Er rügt die Verletzung von revisiblem materiellen und Verfahrensrecht. Der Kläger beanstandet (zusammengefaßt), daß das FG § 46 Abs. 1 StBerG unrichtig ausgelegt habe. Weiterhin habe es aus der Verordnung über die Hilfeleistung in Steuersachen (StBerO) vom 27. Juni 1990 (Gesetzblatt der DDR --GBl DDR-- Sonderdruck Nr. 1455) und der Anordnung über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen und der Registrierung von Stundenbuchhaltern (MdF-AnO) vom 7. Februar 1990 (GBl DDR Teil I Nr. 12 S. 92) falsche Schlüsse gezogen und auch die allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) beim Bestellungsvorgang und allgemeine Erfahrungsregeln bei Würdigung des Sachverhalts nicht beachtet. Ferner rügt der Kläger die Verletzung der Verfassungsregeln zum Vertrauensschutz und der Verhältnismäßigkeit (Art. 2, 19, 20 des Grundgesetzes --GG--) sowie der Regeln aus § 242 BGB.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und die Verwaltungsentscheidungen aufzuheben.

Die OFD beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält die Rücknahme der Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter für rechtmäßig, weil die Bestellung rechtswidrig gewesen sei und er dies habe erkennen müssen. Dem Kläger sei bekannt gewesen, daß spätestens im Zusammenhang mit dem Antrag auf endgültige Bestellung als Steuerbevollmächtigter zu prüfen gewesen sei, ob Gründe für eine Rücknahme der vorläufigen Bestellung als Steuerbevollmächtigter vorlägen. Darauf sei er in der Ladung zur Übergangsseminarprüfung ausdrücklich hingewiesen worden. Am ... Februar 1996 sei dem Kläger die Rücknahme seiner Bestellung angekündigt, am ... Juni desselben Jahres sei die Bestellung zurückgenommen worden. Ungeachtet dessen habe er Ende Juni 1996 die mündliche Prüfung gem. § 40 a StBerG abgelegt. Auch in der Ladung zur mündlichen Prüfung sei ihm mitgeteilt worden, daß die endgültige Bestellung als Steuerbevollmächtigter voraussetze, daß Gründe für die Rücknahme der vorläufigen Bestellung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG nicht vorlägen und eine diesbezügliche Prüfung auch nach bestandener Prüfung vorbehalten bleibe.

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das FG hat ohne Rechtsfehler erkannt, daß die am 10. Oktober 1990 mit Wirkung vom 15. Oktober 1990 erfolgte vorläufige (§ 40 a StBerG) Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter rechtswidrig war und der Kläger dies hätte erkennen müssen. Deshalb ist die angefochtene Rücknahme der Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG rechtmäßig und der Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Die gegen die Vorentscheidung geltend gemachten Bedenken des Klägers greifen nicht durch.

1. Soweit der Kläger die Verletzung von Verfahrensrecht sollte rügen wollen, fehlt es dafür an einer schlüssigen Begründung. Für die ordnungsgemäße Rüge von Verfahrensfehlern ist nicht nur die Bezeichnung der angeblich verletzten Rechtsnorm, sondern auch die Angabe genauer Tatsachen erforderlich, aus denen sich nach Ansicht des Klägers der behauptete Verfahrensverstoß ergibt. Hieran fehlt es in der Revisionsbegründung völlig.

2. Richtig ist, daß § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG die für die Rücknahme der Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter maßgebende Norm ist und darin nicht wie in § 130 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) eine Jahresfrist für die Rücknahme der Bestellung gesetzt ist. Das FG hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (dazu im einzelnen Hein, Die Anwendung und Abwicklung von Steuerberatungsrecht der DDR nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1998, 79, 81 f., mit Rechtsprechungsnachweisen) weiterhin zutreffend ausgeführt, daß die Vorschrift nicht gegen das Rückwirkungsverbot verstößt. Insoweit hat der Kläger im Revisionsverfahren keine Bedenken vorgebracht. Der Senat sieht daher davon ab, auf die damit zusammenhängenden Fragen noch einmal einzugehen.

3. Ebenso wie das FG läßt es auch der Senat dahingestellt, ob die Rücknahme der nach § 40 a StBerG vorläufigen Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter bereits nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 2 StBerG gerechtfertigt gewesen wäre, weil sie möglicherweise von einer sachlich unzuständigen Behörde ausgesprochen wurde. Jedenfalls ist die Rücknahme der Bestellung nach § 46 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StBerG gerechtfertigt, weil die Bestellung rechtswidrig war und der Kläger dies hätte erkennen müssen.

a) Die Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter war rechtswidrig. Unerheblich ist, daß der Kläger den Antrag gestellt hat, ihn als Helfer in Steuersachen zuzulassen. Eine Zulassung als Helfer in Steuersachen wäre im Streitfall nicht mehr in Betracht gekommen, weil der Kläger seinen Antrag erst nach Inkrafttreten der StBerO (27. Juli 1990) gestellt hatte, die diese Berufsbezeichnung nicht mehr vorsah. Statt dessen kam nur noch die Bestellung als Steuerberater, die hier nicht in Rede steht, und die als Steuerbevollmächtigter in Betracht. Rechtsgrundlage dafür war allein die StBerO. Die MdF-AnO galt nicht selbständig, sondern nur noch kraft Verweisung auf sie in § 70 Abs. 1 StBerO weiter. Da der Kläger nicht als Helfer in Steuersachen zugelassen war, kam für ihn eine Bestellung als Steuerbevollmächtigter nur nach § 19 Abs. 3 StBerO oder --sofern diese Vorschrift überhaupt als geeignete Rechtsgrundlage dafür anzusehen sein sollte-- nach § 70 StBerO in Betracht. Die nach diesen Vorschriften erforderlichen Voraussetzungen für die Bestellung als Steuerbevollmächtigter erfüllte der Kläger jedoch nicht.

Abgesehen davon, daß der Kläger weder, wie nach § 19 Abs. 3 i.V.m. § 14 Abs. 1 StBerO verlangt, Bürger der DDR war noch die erforderliche Erfahrung auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR besaß, kam seine Bestellung nach dieser Vorschrift schon deshalb nicht in Betracht, weil er keiner der dort abschließend genannten Berufsgruppen (ehemalige verantwortliche und leitende Mitarbeiter der VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung sowie der Finanzorgane) angehörte.

Es kann im Streitfall dahingestellt bleiben, ob § 70 StBerO auch Personen, die nicht zu dem in § 19 Abs. 3 StBerO genannten Personenkreis gehörten, die Möglichkeit einräumte, eine Bestellung als Steuerbevollmächtigter zu erhalten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Mai 1993 VII R 98/92, BFH/NV 1994, 194, 196 --unentschieden--; dazu auch Hein, DStZ 1998, 79, 85). Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre die Bestellung nur unter den Voraussetzungen der aufgrund der Verweisung in § 70 StBerO noch anzuwendenden Vorschriften der MdF-AnO möglich gewesen. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger jedoch nicht, weil er, obschon von der Eignungsprüfung ausdrücklich befreit, weder Bürger der DDR war noch die erforderlichen Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR besaß (dazu BFH-Urteile in BFH/NV 1994, 194; vom 4. November 1993 VII R 26/93, BFH/NV 1994, 663; vom 1. Februar 1994 VII R 27/93, BFHE 173, 471, BStBl II 1994, 822, und vom 7. März 1996 VII R 61, 62/95, BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334).

b) Wie der Senat bereits ausgeführt hat, reicht es im Rahmen des § 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG nicht aus, wenn der Begünstigte nur die Umstände kennt, die zur Rechtswidrigkeit seiner Bestellung geführt haben, hinzukommen muß vielmehr auch die Kenntnis oder zumindest das Kennenmüssen der sich aus den bekannten Umständen ergebenden Rechtswidrigkeit selbst (BFH in BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334). Diese Voraussetzung ist, wie das FG ebenfalls mit Recht ausgeführt hat, erfüllt.

Maßgebend für die Kenntnis oder das Kennenmüssen der Rechtswidrigkeit der Bestellung ist der Zeitpunkt, zu dem der Kläger als Steuerbevollmächtigter bestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt war für die Bestellung als Steuerbevollmächtigter, ohne daß Zweifel hieran denkbar wären, allein die StBerO maßgebend. Unklarheiten über die Rechtsgrundlage, wie sie in dem Zeitraum bestanden, als die StBerO noch nicht in Kraft getreten war, aber die Ermächtigungsgrundlage in § 107a der Abgabenordnung der Deutschen Demokratischen Republik --AO-DDR-- 1970 zum Erlaß der MdF-AnO mit Inkrafttreten der neuen AO-DDR am 1. Juli 1990 bereits außer Kraft getreten war, gab es im Zeitpunkt der Bestellung des Klägers nicht.

c) Hätte sich der Kläger nicht auf die Behörde und sonstige Informationen verlassen, sondern --wie von ihm als Bewerber um eine Bestellung als Steuerbevollmächtigter zu erwarten-- die einschlägigen Vorschriften betreffend seine Bestellung eingesehen (vgl. BFH-Urteil vom 26. September 1995 VII R 19/94, BFH/NV 1996, 369), so hätte er ohne weiteres erkennen können und müssen, daß er die Voraussetzungen für eine Bestellung als Steuerbevollmächtigter nicht erfüllte und seine Bestellung deshalb rechtswidrig war.

Die für eine Bestellung aufgrund von § 19 Abs. 3 StBerO erforderlichen Voraussetzungen (s.o. unter Nr. 3 Buchst. a) ergeben sich eindeutig aus dem Wortlaut der Vorschrift. Daraus war für den Kläger ohne weiteres ersichtlich, daß er diese Voraussetzungen schon deshalb nicht erfüllte, weil er nicht Angehöriger der dort genannten Berufsgruppen gewesen ist.

Selbst wenn es möglich gewesen sein sollte, daß auch Personen, die den in § 19 Abs. 3 StBerO genannten Berufsgruppen nicht angehörten, nach § 70 StBerO i.V.m. der MdF-AnO als Steuerbevollmächtigte bestellt werden konnten (s.o. unter Nr. 3 Buchst. a), hätte der Kläger erkennen müssen, daß er die auch danach zu erfüllenden Voraussetzungen (Bürger der DDR, praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR von bestimmter Dauer) nicht vorweisen konnte. Denn anders als im Fall der Zulassung als Helfer in Steuersachen galt die MdF-AnO im Falle der Bestellung als Steuerbevollmächtigter nicht mehr unmittelbar, sondern nur noch kraft der Verweisung in § 70 Abs. 1 StBerO. Sie war damit nicht mehr allein aus sich heraus auszulegen, sondern mußte im Lichte der auf sie verweisenden StBerO verstanden werden. Nach der StBerO war aber eindeutig, daß nur Bürger der DDR, die die erforderlichen praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR erlangt hatten, für eine Bestellung als Steuerberater in Betracht kamen (§§ 1, 14, 15 StBerO) und das Gleiche auch für die Bestellung von Steuerbevollmächtigten nach § 19 Abs. 3 StBerO galt (vgl. BFH-Urteil vom 5. November 1996 VII R 36/96, BFH/NV 1997, 266), weil § 19 Abs. 3 insoweit auf die in § 14 Abs. 1 StBerO genannten Voraussetzungen verwies.

Für eine etwaige Bestellung von Steuerbevollmächtigten nach § 70 Abs. 1 StBerO, soweit sie denn überhaupt nach dieser Vorschrift ohne Erfüllung der besonderen Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 StBerO möglich gewesen sein sollte, konnte sinnvollerweise nichts anderes gelten. Es wäre unverständlich, wenn für sie insoweit nur deswegen andere Voraussetzungen gelten sollten, weil § 70 Abs. 1 StBerO auf die MdF-AnO verwies, in der solche Voraussetzungen --Bürger der DDR und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR-- nicht so eindeutig geregelt waren, wie sich das aus §§ 1, 14, 15, 19 Abs. 3 StBerO ergab (vgl. BFH in BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334, 336). Hinzu kommt, daß § 68 StBerO eine ausdrückliche Regelung für die Hilfeleistung in Steuersachen von Bürgern aus der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) und Berlin (West) in der DDR enthielt. Auch daraus folgt unschwer, daß die StBerO ihrem Sinn und Zweck nach nur für Personen gelten konnte, die als DDR-Bürger bzw. ehemalige DDR-Bürger in der damaligen DDR bzw. den neuen Bundesländern bestellt werden wollten und nur die DDR-spezifischen Erfahrungen auf dem Gebiet des dort geltenden Steuerrechts vorweisen konnten. Allein § 68 StBerO trug dem Umstand Rechnung, daß in der damals noch bestehenden DDR zunehmend das Steuerrecht der Bundesrepublik eingeführt wurde und für dessen Anwendung fachkundige Berater benötigt wurden. Die StBerO bot keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß wegen dieser Umbruchsituation ehemals in der Bundesrepublik ansässig gewesenen Personen ein Zugang zu dem steuerberatenden Beruf gerade des Steuerbevollmächtigten ermöglicht werden sollte, zu dem nach dem in der Bundesrepublik geltenden StBerG keine Personen mehr neu zugelassen wurden.

So betrachtet diente die später vorgenommene Berichtigung durch Ergänzung des § 70 Abs. 1 StBerO durch den Satz 2 --anders als der Kläger meint-- allein der Klarstellung ohne konstitutiven Charakter. Auch ohne diese Berichtigung wäre unschwer zu erkennen gewesen, daß die Regelung ihrem Sinn und Zweck nach nur für DDR-Bürger galt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Berichtigung wirksam zustande gekommen ist. Mit ihrer Veröffentlichung gab sie aber einen deutlichen Hinweis für das Verständnis der Regelung, den auch der Kläger hätte beachten müssen.

Der Senat hat zwar im Falle der Zulassung als Helfer in Steuersachen entschieden, daß die entsprechende Auslegung der MdF-AnO nicht so eindeutig war, daß sie ohne weiteres auch von einem Bewerber um die Zulassung als Helfer in Steuersachen hätte erkannt werden können (vgl. BFH-Urteile in BFHE 179, 539, BStBl II 1996, 334; in BFH/NV 1997, 266; vom 25. Februar 1997 VII R 94/96, BFH/NV 1997, 532). Dies trifft aber nur für Fälle zu, in denen die MdF-AnO wie für die Zulassung als Helfer in Steuersachen unmittelbar anwendbar war. Galt sie wie bei der Bestellung als Steuerbevollmächtigter nur kraft Verweisung in § 70 Abs. 1 StBerO weiterhin, so ergibt sich im Zusammenhang mit der StBerO --wie ausgeführt-- eindeutig, daß eine Bestellung als Steuerbevollmächtigter nur für (ehemalige) Bürger der DDR mit praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR in Betracht kam. Diese allein sinnvolle und auf den ersten Blick einleuchtende Auslegung vorzunehmen, wäre auch vom Kläger als Bewerber um die Bestellung in einem rechtsberatenden Beruf zu erwarten gewesen, wenn er sich überhaupt mit der Problematik auseinandergesetzt hätte.

Im übrigen ist die Vorinstanz für den Senat mangels durchgreifender Verfahrensrügen des Klägers bindend (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) zu der Überzeugung gelangt, daß der Kläger nach seinen allein aus dem im September 1990 erschienenen "Telegramm für Mitglieder des Verbandes der Buchführungshelfer Bfh e.V." bezogenen Informationen wußte, daß es für seinen Antrag entscheidend auf das Merkmal der Staatsbürgerschaft der DDR ankam, die er zwar noch beantragt, aber nicht mehr erhalten hatte. Schon daraus mußte der Kläger, wenn er es nicht für notwendig hielt, die Vorschriften selbst zu Rate zu ziehen, schließen, daß seine trotz nicht erlangter Staatsbürgerschaft der DDR erfolgte Bestellung als Steuerbevollmächtigter rechtswidrig war. Der gegenteiligen Auffassung des Klägers vermag der Senat nicht zu folgen. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb die vom FG gezogene Schlußfolgerung aus den diesbezüglichen Äußerungen des Klägers allgemeinen Erfahrungsregeln widersprechen soll.

Der Umstand, daß der Kläger von der Ablegung der Eignungsprüfung befreit wurde, gab ebenfalls keinen Anlaß zu der Annahme, daß er die sonstigen Voraussetzungen für die Bestellung als Steuerbevollmächtigter nicht zu erfüllen hätte. Denn die Entscheidung über die Befreiung von der Eignungsprüfung betraf nur die fachliche Eignung, nicht aber die sonst für die Bestellung erforderlichen Voraussetzungen (Bürger der DDR, praktische Erfahrungen auf dem Gebiet des Steuerrechts der DDR).

4. Im Streitfall stehen der Rücknahme der Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter --anders als er meint-- weder die aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) herzuleitenden Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes noch der allgemein auch im öffentlichen Recht zu beachtende Grundsatz von Treu und Glauben entgegen.

a) Der Senat hat mehrfach entschieden, daß die hier maßgebende Rücknahmevorschrift (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StBerG) nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen die Verfassungsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes sowie Grundrechte des Betroffenen verstößt (vgl. BFH-Urteil vom 3. März 1998 VII R 97/97, BFH/NV 1998, 883, 886, m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht hat diese Rechtsprechung im Ergebnis bestätigt (Beschluß vom 5. Februar 1997 1 BvR 127/87, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1997, 336). Der Senat hat in der zuvor genannten Entscheidung weiter ausgeführt, daß der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und der Vertrauensschutz nicht dadurch verletzt wird, daß die Rücknahme der vorläufigen Bestellung erst ausgesprochen wurde, nachdem der Betroffene erfolgreich an dem Überleitungsseminar nach § 40 a Abs. 1 Satz 3, Abs. 4 StBerG teilgenommen hatte. Diese Ausführungen, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt, gelten erst recht für den Fall, daß der Kläger wie hier die mündliche Prüfung im Überleitungsseminar erst nach der Rücknahme seiner Bestellung durch die OFD bestanden hat.

b) Auch der Umstand, daß eine verhältnismäßig lange Zeit zwischen der Bestellung des Klägers am 10., mit Wirkung ab dem 15. Oktober 1990 und der Rücknahme dieser Bestellung im Juni 1996 verstrichen ist, gibt keinen Anlaß von einer Verwirkung der Rücknahme durch die OFD auszugehen. Zwar gilt das Rechtsinstitut der Verwirkung als Ausfluß des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben auch im öffentlichen Recht. Die Verwirkung des Rücknahmeanspruchs durch die Behörde setzt aber voraus, daß sie einen besonderen Vertrauenstatbestand gegenüber dem Betroffenen geschaffen hat, der ihn außer dem zeitlichen Ablauf in besonderer Weise zu der Annahme berechtigte, die Behörde werde ihrer Verpflichtung zur Rücknahme seiner Bestellung nicht mehr nachkommen (vgl. BFH-Urteil vom 4. Juli 1979 II R 74/77, BFHE 129, 201, BStBl II 1980, 126; Beschluß vom 14. Mai 1998 VII B 171/97, BFH/NV 1999, 3).

Dies ergibt sich im Streitfall aus § 40 a Abs. 1 Satz 5 StBerG, der die Prüfung der Rücknahmegründe ausdrücklich bis zur Entscheidung über den Antrag auf endgültige Bestellung vorbehält, und aus § 40 a Abs. 1 Satz 6 StBerG, wonach die vorläufige Bestellung von Ausnahmen abgesehen automatisch spätestens mit dem 31. Dezember 1997 erlosch. Innerhalb dieses Zeitraums mußten die Betroffenen, die die Rechtswidrigkeit ihrer Bestellung kannten oder kennen mußten, allgemein mit der Möglichkeit rechnen, daß ihre vorläufige Bestellung entweder zurückgenommen wurde oder sie wegen Vorliegens von Rücknahmegründen nicht endgültig bestellt wurden. Selbst wenn die Behörde innerhalb dieses Zeitraums vollständig untätig geblieben wäre, wäre die vorläufige Bestellung kraft der gesetzlichen Regelung in § 40 a Abs. 1 Satz 6 StBerG automatisch erloschen. Über das Zeitmoment hinaus hat aber die OFD keinen Anlaß gegeben, der ein Vertrauen des Klägers darauf hätte rechtfertigen können, daß sie seine rechtswidrige Bestellung nicht zurücknehmen werde.

Ende der Entscheidung

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