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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 03.02.2004
Aktenzeichen: VII R 62/02
Rechtsgebiete: KraftStG, AO 1977


Vorschriften:

KraftStG § 10
AO 1977 § 175 Abs. 2
Kraftfahrzeugsteuer kann für Anhänger wegen deren nicht steuerbefreiter Verwendung nach § 10 Abs. 4 KraftStG nur erhoben werden, wenn das FA dem Halter eine solche zweckwidrige Verwendung ausreichend nachweisen kann.
Gründe:

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt ein Transportunternehmen. Er ist Halter zweier Sattelanhänger, für die er die Erteilung grüner Kennzeichen und die Nichterhebung der Kraftfahrzeugsteuer nach § 10 Abs. 1 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) beantragt hat. Den Anträgen ist entsprochen worden mit dem Hinweis, die Sattelanhänger dürften nur hinter Fahrzeugen mitgeführt werden, für die ein Anhängerzuschlag erhoben worden ist. Als das seinerzeit zuständige Finanzamt (FA) feststellte, dass der Kläger nicht Halter eines Zugfahrzeuges ist, für das ein solcher Anhängerzuschlag entrichtet worden ist, und der Kläger dem FA auch keinen Nachweis darüber erbrachte, dass die vorgenannten Sattelanhänger hinter solchen Zugmaschinen mitgeführt worden sind, hat das FA gegen den Kläger für die beiden Sattelanhänger Kraftfahrzeugsteuer festgesetzt.

Die hiergegen erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2003, 883 veröffentlichten Urteil abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der die Verletzung des § 10 KraftStG gerügt wird.

Das FA trägt im Wesentlichen vor, eine Steuerbefreiung für Kfz-Anhänger trete nur dann ein, wenn diese einer nach dem Unternehmenszweck ausgerichteten tatsächlichen Nutzung zugeführt werden, welche in der Regel in der Mitführung hinter eigenen Zugmaschinen bestehe. Würden Anhänger ausnahmsweise zur Vermietung an Fremdfirmen angeschafft, liege eine die Steuerbefreiung begründende Nutzung erst zu dem Zeitpunkt vor, zu dem der Anhänger erstmals vermietet wurde. Im Übrigen obliege es nach § 10 Abs. 4 KraftStG im Falle einer unzulässigen Verwendung dem Halter des Anhängers, nachzuweisen, dass der Anhänger in bestimmten Zeiträumen nicht unzulässig verwendet wurde. Diesen Nachweis habe der Kläger nicht erbracht.

II.

Die Revision des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide. Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es hat § 10 Abs. 1 KraftStG unzutreffend ausgelegt.

Nach § 10 Abs. 1 KraftStG wird die Kraftfahrzeugsteuer für das Halten von Kfz-Anhängern nicht erhoben, "solange die Anhänger ausschließlich hinter Kfz ... mitgeführt werden, für die eine um einen Anhängerzuschlag erhöhte Steuer erhoben wird ...". Die Vorschrift geht davon aus, dass die Steuerbefreiung (zum Charakter der Bestimmung als Steuerbefreiungsvorschrift Urteil des Senats vom 10. Februar 1987 VII R 152/84, BFHE 149, 239, BStBl II 1987, 510) vor Beginn des betreffenden Nutzungszeitraums gewährt wird. Das wird schon daran deutlich, dass es heißt, die Kraftfahrzeugsteuer solle auf Antrag "nicht erhoben" werden. Ein solcher Antrag ist nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 5. April 2001 VII B 224/00, BFH/NV 2001, 1457) Voraussetzung für die Gewährung der Steuerbefreiung; er muss vor Beginn der begünstigten Verwendung hinter einer Zugmaschine, für welche die Steuer um einen Anhängerzuschlag erhöht worden ist, gestellt werden. Nur weil die Vorschrift die Steuerbefreiung bereits aufgrund der "erklärten Absicht" des Steuerpflichtigen gewährt (Urteil des Senats vom 12. August 1999 VII R 112/98, BFHE 189, 561, BStBl II 1999, 799), einen Kfz-Anhänger (künftig) im Inland hinter einer solchen Zugmaschine zu verwenden, kann die Steuerbefreiung überhaupt sinnvoll von der zusätzlichen Voraussetzung abhängig gemacht werden, dass der betreffende Anhänger ein Kennzeichen in grüner Schrift auf weißem Grund führt (§ 10 Abs. 1 Satz 2 KraftStG).

Die Nichterhebung der Kraftfahrzeugsteuer nach § 10 Abs. 1 KraftStG setzt mithin lediglich --erstens-- einen Antrag mit der in ihm zumindest sinngemäß enthaltenen Erklärung voraus, den Anhänger ausschließlich hinter Kfz verwenden zu wollen, für den ein Anhängerzuschlag erhoben worden ist, und --zweitens--, dass für den Anhänger ein grünes Kennzeichen zugeteilt worden ist. Dabei muss sich die Verwendungsabsicht nicht auf eine bestimmte Zugmaschine beziehen und der Halter des Anhängers auch nicht selbst Halter einer solchen Zugmaschine sein; kraftfahrzeugsteuerlich privilegiert ist vielmehr mangels einer diesbezüglichen gesetzlichen Einschränkung des Steuerbefreiungstatbestandes auch derjenige, der einen Anhänger hält, um ihn an Halter von Kfz zu vermieten, die für diese die um einen Anhängerzuschlag erhöhte Kraftfahrzeugsteuer entrichtet haben. Demzufolge hat der Senat bereits in dem Urteil in BFHE 189, 561, BStBl II 1999, 799 ausgesprochen, § 10 Abs. 1 KraftStG setze kein fortdauerndes Mitführen des Anhängers hinter einem Zugfahrzeug, für das ein Anhängerzuschlag erhoben worden ist, voraus, sondern verlange lediglich für den Fall eines Mitführens des Anhängers hinter einem Fahrzeug, dass dieses ausschließlich hinter Fahrzeugen geschehe, für die ein Anhängerzuschlag erhoben wird. Ruhezeiten des Anhängers seien folglich steuerunschädlich. Nur so wird die vom FA zutreffend hervorgehobene Zielsetzung der Steuerbefreiungsvorschrift erreicht, trotz der grundsätzlich auch für Anhänger bestehenden Steuerpflicht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 KraftStG) durch das Halten von Anhängern, die in der Regel nur hinter eine Zugmaschine gespannt am öffentlichen Verkehr teilnehmen, die Kraftfahrzeugsteuerlast von der Zahl der bereitgehaltenen Anhänger gleichsam abzukoppeln und die Anhänger-Besteuerung nach Maßgabe des § 10 Abs. 2 KraftStG als antragsabhängigen Steuerzuschlag bei der Besteuerung von Zugmaschinen umzugestalten.

Wird ein auf Antrag nach § 10 Abs. 1 KraftStG steuerbefreiter Anhänger nicht hinter Zugmaschinen verwendet, für die eine um einen (ausreichenden) Anhängerzuschlag erhöhte Steuer erhoben worden ist, so lässt dies die nach § 10 Abs. 1 KraftStG gewährte Steuerbefreiung als solche grundsätzlich unberührt. Die Steuerbefreiung entfällt nicht rückwirkend mit der Folge einer Nacherhebung der Steuer für den Anhänger nach § 175 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977). Für den Fall der zweckwidrigen Verwendung eines steuerbefreiten Anhängers sieht das Gesetz keine Änderung des Kfz-Steuer-Befreiungsbescheides wegen Zweckverfehlung gemäß § 175 Abs. 2 AO 1977 vor, sondern es trifft in § 10 Abs. 4 KraftStG eine Spezialregelung (Urteil des Senats vom 28. November 1995 VII R 106/94, BFHE 180, 188, BStBl II 1996, 168). Diese Vorschrift schreibt eine Erhebung von Kraftfahrzeugsteuer vor, sobald der Anhänger entgegen der in dem Antrag nach § 10 Abs. 1 Satz 1 KraftStG erklärten Absicht und der danach im Inland gebotenen Verwendung hinter einer Zugmaschine, für die ein (ausreichender) Anhängerzuschlag nach § 10 Abs. 3 KraftStG nicht festgesetzt worden ist, verwendet wird. Die Steuer ist dann --abweichend von § 11 KraftStG-- für einen Monat zu erheben; sofern in dem an diesen Monatszeitraum anschließenden Monatszeitraum erneut eine solche Verwendung durchgeführt wird, ist die Steuer für einen weiteren Monatszeitraum zu entrichten (Senatsurteil in BFHE 189, 561, BStBl II 1999, 799). Hingegen ist das bloße Abstellen eines zum öffentlichen Verkehr zugelassenen Anhängers keine Verwendung "hinter anderen als den nach Absatz 1 zulässigen Kraftfahrzeugen" i.S. des § 10 Abs. 4 KraftStG; es vermag daher eine Nacherhebung der nach § 10 Abs. 1 KraftStG nicht erhobenen Steuer nicht zu rechtfertigen.

Der Bescheid des FA, mit dem dieses Kraftfahrzeugsteuer, von der es den Kläger zuvor bestandskräftig befreit hatte, erhoben hat, kann nach alledem nur dann auf § 10 Abs. 4 KraftStG gestützt werden, wenn die Anhänger in den streitigen Zeiträumen hinter Zugmaschinen verwendet worden sind, für die nicht nach Maßgabe des § 10 Abs. 2 KraftStG eine um einen (ausreichenden) Anhängerzuschlag erhöhte Steuer erhoben worden ist. Das setzt allerdings voraus, dass dem Kläger eine solche zweckwidrige Verwendung der von ihm gehaltenen Kfz-Anhänger ausreichend nachgewiesen wird. Denn die Verwendung hinter anderen als den nach § 10 Abs. 1 KraftStG zulässigen Kraftfahrzeugen ist Teil des Besteuerungstatbestandes (vgl. schon Senatsurteil vom 20. August 1996 VII R 1, 6/96, BFH/NV 1997, 152). Dass dieser vorliegt, ist --unbeschadet etwaiger Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen-- vom FA nachzuweisen, nicht etwa umgekehrt Steuer für den Anhänger zu erheben, solange der Halter nicht nachgewiesen hat, dass die Absicht, derentwegen Steuerbefreiung nach § 10 Abs. 1 KraftStG gewährt worden ist, tatsächlich verwirklicht und der Anhänger nicht zweckwidrig verwendet worden ist. Sofern allerdings Mieter Anhänger, für die deren Eigentümer Steuerbefreiung gewährt worden ist, zweckwidrig verwenden, hat der Halter dafür kraftfahrzeugsteuerrechtlich einzustehen, wie der Senat bereits in dem Urteil in BFHE 189, 561, BStBl II 1999, 799 entschieden hat.

Das Urteil des FG wird diesen Rechtsgrundsätzen nicht gerecht. Seine Überlegungen laufen im Ergebnis darauf hinaus, dass das Halten von Kfz-Anhängern nur dann von der Kraftfahrzeugsteuer befreit ist, wenn für einen bestimmten Zeitraum ("solange") eine Verwendung des Anhängers hinter Zugmaschinen, für die ein Anhängerzuschlag erhoben worden ist, stattgefunden hat und von demjenigen, der die Steuerbefreiung in Anspruch genommen hat, nachgewiesen wird, anderenfalls das FG offenbar eine Änderung des nach § 10 Abs. 1 KraftStG ergangenen Steuerbescheides gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 KraftStG zulassen will. Das entspricht, wie ausgeführt, der gesetzlichen Regelung nicht. Das FG wird vielmehr im zweiten Rechtsgang zu ermitteln haben, ob die fraglichen Anhänger hinter Zugmaschinen, für die kein Anhängerzuschlag erhoben worden ist, verwendet worden sind, wie das FA mit seinem in einem Revisionsverfahren freilich unzulässigen tatsächlichen Vorbringen behaupten will und schon im erstinstanzlichen Verfahren behauptet hat. Die Sache muss an das FG zurückverwiesen werden, damit dieses den Sachverhalt insofern aufklärt (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Ende der Entscheidung

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