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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.02.2004
Aktenzeichen: VII R 63/02
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 121 Satz 1
FGO § 74
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) führte im Januar 1990 Käse nach Jugoslawien aus und erhielt antragsgemäß Ausfuhrerstattung. Die Klägerin hatte die Ware als Gouda der Marktordnungs-Warenlistennummer 0406 9077 3000 angemeldet. Tatsächlich handelte es sich bei dem ausgeführten Erzeugnis jedoch nicht um handelsüblichen Gouda, sondern um zur Verarbeitung bestimmte Rohware. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) forderte deshalb mit Bescheid vom ... August 1995 die der Klägerin zunächst gewährte Ausfuhrerstattung zurück.

Das Finanzgericht (FG) wies die von der Klägerin erhobene Klage ab. Zur Begründung führte das FG unter anderem aus, der Erstattungsbescheid sei rechtswidrig gewesen, weil die Verordnung (EWG) Nr. 3445/89 (VO Nr. 3445/89) der Kommission vom 15. November 1989 zur Festlegung der vollständigen Fassung der ab 1. Januar 1990 geltenden Nomenklatur der Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 336/1) für Schmelzrohware keine Erstattung vorsehe. Die VO Nr. 3445/89 umfasse im Unterschied zu der Kombinierten Nomenklatur (KN) i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 2886/89 der Kommission vom 2. August 1989 (ABlEG Nr. L 282/1) Käse für die Verarbeitung nicht.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.

II. Der Senat setzt das bei ihm anhängige Revisionsverfahren aus (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 74 der Finanzgerichtsordnung) und legt dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art. 234 Unterabs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft die nachfolgenden Frage zur Vorabentscheidung vor:

Sind die VO Nr. 3445/89 und die VO Nr. 1706/89 dahin auszulegen, dass Käse der Unterpos. 0406 90 KN, der seiner Beschaffenheit nach zur Verarbeitung in einem Drittland bestimmt ist und daher zolltariflich in die Unterpos. 0406 9011 KN in der Fassung der VO Nr. 2886/89 einzureihen wäre, von der Gewährung von Ausfuhrerstattung ausgeschlossen ist?

Die Revision ist zulässig. Die Klägerin hat zwar die Frist für die Begründung der von ihr eingelegten Revision versäumt. Ihr wird jedoch antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sein. Die Entscheidung über die Revision hängt mithin davon ab, ob der Klägerin keine Ausfuhrerstattung gewährt werden durfte, weil der von ihr ausgeführte Käse seiner Beschaffenheit nach zur Verarbeitung in einem Drittland bestimmt war.

Die von der Klägerin ausgeführte Ware ist zolltariflich der Unterpos. 0406 90 11 KN, nicht der Unterpos. 0406 90 89 KN zuzuweisen. Denn Käse für die Verarbeitung der Unterpos. 0406 90 11 KN und anderer Käse der Unterpos. 0406 90 89 KN gehören nicht der gleichen Gliederungsstufe an und sind daher zolltariflich nicht vergleichbar (Nr. 6 Satz 2 der Allgemeinen Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur). Die Unterpos. 0406 90 11 KN ist in der VO Nr. 3445/89 nicht benannt. Allerdings ist nicht ganz eindeutig zu beantworten, ob die Nomenklatur der VO Nr. 3445/89 ein selbständig neben die KN tretendes Tarifschema für die erstattungsrechtliche Einreihung von Ausfuhrwaren enthält oder einen Auszug aus der KN darstellt, der nur die Positionen und Unterpositionen solcher Erzeugnisse enthält, für welche die Gewährung von Ausfuhrerstattungen in Betracht kommt. Ginge man von Ersterem aus, könnte die von der Klägerin ausgeführte und zur Verarbeitung bestimmte Rohware dem Produktcode 0406 90 89 979 der Nomenklatur der VO Nr. 3445/89 zugewiesen werden, für die eine Erstattung vorgesehen ist.

Art. 1 Unterabs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3846/87 (VO Nr. 3846/87) der Kommission vom 17. Dezember 1987 zur Erstellung einer Nomenklatur der landwirtschaftlichen Erzeugnisse für Ausfuhrerstattungen (ABlEG Nr. L 366/1) ist insofern unklar, wenn er davon spricht, der Nomenklatur der landwirtschaftlichen Erzeugnisse liege die KN zugrunde, und damit die Annahme nahe legt, die Nomenklatur der landwirtschaftlichen Erzeugnisse führe zu den Positionen und Unterpositionen der KN lediglich weitere Unterteilungen ein, die für Erstattungszwecke benötigt werden. Der 2. Erwägungsgrund zur VO Nr. 3846/87 deutet allerdings darauf hin, die Nomenklatur der landwirtschaftlichen Erzeugnisse solle nur in Form eines Auszugs aus der KN die für die Erstattung erheblichen Tarifpositionen zusammenstellen. Wenn hiernach die in den Anhängen der Kommissionsverordnungen zur Festsetzung der bei der Ausfuhr geltenden Erstattungen angegebenen Tarifnummern darzustellen sind, könnte dies bedeuten, dass die Nomenklatur der landwirtschaftlichen Erzeugnisse kein im Verhältnis zur KN selbständiges, geschlossenes Tarifschema enthält, sondern nur die in den Anhängen der Kommissionsverordnungen verwandten Tarifpositionen und Unterpositionen der KN zusammenstellt.

In Satz 1 des 10. Erwägungsgrundes zur Verordnung (EWG) Nr. 1706/89 (VO Nr. 1706/89) der Kommission vom 15. Juni 1989 zur Festsetzung der Ausfuhrerstattungen für Milch und Milcherzeugnisse (ABlEG Nr. L 166/36), auf welcher der vom HZA zurückgenommene Erstattungsbescheid beruhte, wird zwar ausgeführt, die Erstattung für Käse werde für zum unmittelbaren Verbrauch bestimmte Erzeugnisse berechnet. Dies könnte dafür sprechen, dass Käse für die Verarbeitung nicht erstattungsfähig ist. In den Festsetzungen der VO Nr. 1706/89 hat dies jedoch keinen Niederschlag gefunden.

Die Fußnote 3 zur Unterpos. 0406 90 11 KN i.V.m. der Fußnote 1 zu dieser Unterposition im Anhang zur KN, wonach die Zulassung zu dieser Unterposition nach den in den einschlägigen Gemeinschaftsbestimmungen festgesetzten Voraussetzungen erfolgt, könnte hingegen dafür sprechen, dass diese Unterposition deshalb nicht in die Nomenklatur der landwirtschaftlichen Erzeugnisse aufgenommen worden ist, weil sie nur bei der Tarifierung von Waren für Zwecke der Erhebung von Einfuhrabgaben angewandt werden soll. Denn die dort sinngemäß in Bezug genommene Verordnung (EWG) Nr. 4142/87 der Kommission vom 9. Dezember 1987 zur Festlegung der Voraussetzungen für die Zulassung bestimmter Waren zur abgabenbegünstigten Einfuhr aufgrund ihrer besonderen Verwendung (ABlEG Nr. L 387/81), die nach ihrem Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 2 i.V.m. der Fußnote 2 Satz 2 zur Unterpos. 0406 90 11 KN des Anhangs grundsätzlich auch auf Käse, der für die Verarbeitung bestimmt ist, anwendbar ist, bezieht sich, ihrem Titel entsprechend, nicht auf Ausfuhren. Dass für eine bei der Erhebung von Einfuhrabgaben vorgenannter Unterposition zuzuweisende Ware keine Ausfuhrerstattungen gewährt werden sollen, dürfte daraus indes nicht zwingend folgen.

Ende der Entscheidung

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