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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 02.02.1999
Aktenzeichen: VII R 87/95
Rechtsgebiete: MGV, FGO


Vorschriften:

MGV § 4 Abs. 1
MGV § 4b Abs. 6
FGO § 126 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Landwirt Milcherzeuger. Die Molkerei (Käuferin), an die er die Milch lieferte, kürzte ihm zum 1. April 1993 die bisherige Anlieferungs-Referenzmenge Milch (ARM) von ... kg Milch um 4,74 % auf ... kg Milch bei einem unveränderten Fettgehalt von 3,86 %. Dabei handelte es sich erstmalig um eine endgültige, entschädigungslose Kürzung der Milchquote um den bisher ausgesetzten Teil. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) bestätigte die Neuberechnung der ARM durch die Käuferin. Die dagegen erhobene Sprungklage hatte keinen Erfolg.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung seiner Grundrechte auf Eigentumsgarantie, Gleichbehandlung und auf Vertrauensschutz. Die genannten Grundrechte seien nicht nur durch das Grundgesetz, sondern auch durch die europäische Rechtsordnung geschützt.

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung und den Bescheid des HZA vom 13. Dezember 1993 aufzuheben sowie das HZA zu verpflichten, die Anlieferungsreferenzmenge des Klägers mit Beginn zum 1. April 1993 auf ... kg mit einem Referenzfettgehalt von 3,86 % festzusetzen.

Das HZA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet.

1. Die angefochtene Kürzung der ARM des Klägers beruht auf Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 (VO Nr. 3950/92) des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 405/1) i.V.m. § 4 Abs. 1 der Milch-Garantiemengen-Verordnung (MGV) i.d.F. der 27. Änderungsverordnung vom 24. März 1993 (BGBl I 1993, 374). Art. 4 Abs. 1 VO Nr. 3950/92 schreibt vor, daß die einzelbetriebliche Referenzmenge der am 31. März 1993 zur Verfügung stehenden Menge entspricht, die ggf. für jeden der betreffenden Zeiträume angepaßt wird, damit die Summe der einzelbetrieblichen Referenzmengen gleicher Art die entsprechenden Gesamtmengen, die für jeden Mitgliedstaat festzusetzen sind (Art. 3 VO Nr. 3950/92), nicht überschreiten. Demgemäß bestimmt § 4 Abs. 1 MGV i.d.F. der 27. Änderungsverordnung, daß die ARM mit Beginn des 1. April 1993 der dem Milcherzeuger mit Ablauf des 31. März 1993 zustehenden Referenzmenge, abzüglich des nach den bisherigen Vorschriften ausgesetzten Teils der Referenzmenge, entspricht. Nur diese Menge stand wegen der in Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 3950/92 getroffenen Regelung tatsächlich zur abgabenfreien Lieferung durch den Erzeuger an den Käufer zur Verfügung. Nach § 4b Abs. 6 MGV i.d.F. der 24. Änderungsverordnung vom 2. April 1992 (BGBl I 1992, 845) sind vom 1. April 1992 an 4,74 % von jeder zugeteilten Referenzmenge ausgesetzt worden. Die dem Kläger am 1. April 1993 zuzuteilende ARM entsprach daher seiner bisherigen ARM abzüglich 4,74 %.

Mit der Aussetzung eines Teils der Referenzmenge in Höhe von 4,74 % der ARM durch § 4b Abs. 6 MGV i.d.F. der 24. Änderungsverordnung trug der nationale Verordnungsgeber dem Umstand Rechnung, daß nach Art. 5c Abs. 3 Buchst. g der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 816/92 des Rates vom 31. März 1992 (ABlEG Nr. L 86/83) die aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 775/87 (VO Nr. 775/87) des Rates vom 16. März 1987 (ABlEG Nr. L 78/5), zuletzt geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 3643/90 (ABlEG Nr. L 362/9), ausgesetzten Referenzmengen bei der Festsetzung der Gesamtgarantiemengen für die einzelnen Mitgliedstaaten nicht mehr berücksichtigt worden sind.

Die noch in der VO Nr. 775/87 vorgesehene Vergütungsregelung für den ausgesetzten Teil der ARM war in der VO Nr. 816/92 nicht mehr enthalten. Desgleichen trifft auch die VO Nr. 3950/92 keine Vergütungsregelung für den Teil der bisherigen ARM, um den die ARM infolge von Art. 4 dieser Verordnung endgültig verringert wird.

2. Aus den in dem Vorabentscheidungsersuchen vom 19. März 1996 VII R 87/95 (BFH/NV 1996, 719) im einzelnen dargelegten Gründen, auf die Bezug genommen wird, hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art. 177 Abs. 1 Buchst. b und Art. 177 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

"Ist die Regelung in Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 VO Nr. 3950/92 mit der Gemeinschaftsrechtsordnung, insbesondere der Eigentumsgarantie, dem Gleichbehandlungs- und Vertrauensschutzgrundsatz vereinbar, durch welche die aufgrund des Art. 5 c Abs. 3 Buchst. g der VO (EWG) Nr. 804/68 i.d.F. der VO (EWG) Nr. 816/92 vorzunehmenden Aussetzungen eines Teils der den Erzeugern zugeteilten Referenzmengen entschädigungslos in eine dauerhafte Kürzung der Referenzmengen umgewandelt worden sind, ohne wenigstens vom Erzeuger hinzuerworbene Referenzmengen von der Kürzung auszunehmen?"

Der EuGH hat darauf mit seinem Urteil vom 17. Dezember 1998 in der Rechtssache C-186/96 wie folgt geantwortet:

"Die Untersuchung der allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze, insbesondere derjenigen des Vertrauensschutzes und des Grundrechts auf Eigentum, hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Artikel 4 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3950/92 des Rates vom 28. Dezember 1992 über die Erhebung einer Zusatzabgabe im Milchsektor beeinträchtigen könnte, soweit durch diese Bestimmungen die vorübergehende Aussetzung eines Prozentsatzes der gegen Entgelt zugeteilten zusätzlichen Referenzmenge ohne Vergütung in eine endgültige Kürzung umgewandelt wurde."

Die Beteiligten haben auf eine Äußerung zu dem angeführten Urteil des EuGH verzichtet.

3. Nach der Vorabentscheidung des EuGH, an die der Senat gebunden ist, steht fest, daß die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen, die den nationalen Bestimmungen zugrunde liegen, aufgrund derer das HZA die ARM des Klägers gekürzt hat, rechtmäßig sind. Daher ist der Kläger durch die beanstandete Kürzung der ARM nicht in seinen Rechten verletzt und die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

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