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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.09.2004
Aktenzeichen: VII S 15/04 (PKH)
Rechtsgebiete: ZPO, FGO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 850i
FGO § 105 Abs. 2 Nr. 5
FGO § 142
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Antragsteller, Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) wegen rückständiger Steuerschulden in Anspruch genommen. Hierzu erließ das FA gegenüber mehreren Gläubigern des Klägers Pfändungs- und Einziehungsverfügungen. Daraufhin stellte der Kläger den Antrag, ihm aus den bei den Auftraggebern I und M gepfändeten und eingezogenen Honoraransprüchen monatlich ... € zur Bestreitung seines Lebensunterhalts auszubezahlen, den das FA ablehnte. Dagegen legte der Kläger "Rechtsmittel" ein und stellte wiederholt Anträge nach § 850i der Zivilprozessordnung (ZPO). Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Kläger begehrte, ihm aus den ausgebrachten Pfändungen auf die Dauer von ... Monaten monatlich ... € zu belassen und einen vom FA bereits vereinnahmten Betrag wieder auszuzahlen, wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet zurück. Gegen den Beschluss, der in seiner Rechtsmittelbelehrung unzutreffend auf die Möglichkeit der Beschwerdeeinlegung hinweist, legte der Kläger "Rechtsmittel" ein und beantragte zugleich die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) und sinngemäß die Beiordnung eines Rechtsanwaltes für dieses Verfahren.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Beantragt der Antragsteller --wie im Streitfall-- PKH für ein fristgebundenes Rechtsmittel, muss er nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) innerhalb der Frist zur Einlegung dieses Rechtsmittels alle Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH und für die Beiordnung eines postulationsfähigen Rechtsbeistandes geschaffen haben. Dazu gehört nicht nur, dass er einen fristgerechten Antrag auf die Gewährung von PKH stellt, sondern auch, dass er innerhalb der Beschwerdefrist eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem dafür vorgeschriebenen Formblatt vorlegt (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 und 4 ZPO, vgl. BFH-Beschlüsse vom 11. Juli 1996 X S 10/96, BFH/NV 1997, 60, und vom 5. November 1996 X B 191/96, BFH/NV 1997, 376). Eine Bezugnahme auf die im Verfahren vor dem FG abgegebene Erklärung reicht nur dann aus, wenn der Rechtsmittelführer innerhalb der Beschwerdefrist unter Bezugnahme auf diese Erklärung versichert, dass die Verhältnisse unverändert sind (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 142 Rdnr. 25, m.w.N.).

Selbst wenn aus der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung die Statthaftigkeit einer fristgebundenen Beschwerde entnommen werden könnte, wären im Streitfall die Voraussetzungen für eine PKH-Gewährung nicht erfüllt. Denn der Kläger hat weder eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht, noch unter Versicherung der unveränderten Sachlage auf früher abgegebene Erklärungen verwiesen. In der Begründung seines Rechtsmittels hat er lediglich ausgeführt, dass ihm bisher in sechs bis acht --datumsmäßig nicht näher bezeichneten-- Verfahren vor verschiedenen Gerichten PKH gewährt worden sei und Antrag auf Parteivernehmung und Beiziehung der Akten gestellt. Diese Angaben reichen jedoch zur zuverlässigen Beurteilung der gegenwärtigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht aus. Auch sind sie nicht geeignet, die zu fordernde Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu ersetzen.

Nach der Rechtsprechung des Senats muss sich der Antragsteller über die Voraussetzungen einer Bewilligung von PKH grundsätzlich selbst kundig machen; die Gerichte treffen insoweit keine besonderen Hinweispflichten (Senatsbeschluss vom 1. Juli 2002 VII B 98/02, BFH/NV 2002, 1337). Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann auch nicht allein deshalb gewährt werden, weil das Gericht den Antragsteller nicht innerhalb der in der Rechtsmittelbelehrung ausgewiesenen Rechtsmittelfrist auf seine Verpflichtung zur Vorlage einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hingewiesen hat (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. August 1991 2 BvR 995/91, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1992, 426). Denn das Versäumnis des Klägers, das bei zumutbarer Sorgfalt vermeidbar gewesen wäre, ist seinem eigenen Verantwortungsbereich zuzurechnen, zumal der Kläger nach seinen eigenen Angaben bereits Erfahrung mit der Einreichung von PKH-Anträgen hat. Weitere Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das FG die Beschwerde gegen den Beschluss weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen zugelassen hat. Ein dennoch eingelegtes Rechtsmittel ist danach unstatthaft (§ 128 Abs. 3 FGO). An der Unstatthaftigkeit vermag auch die im Streitfall unzutreffende Rechtsmittelbelehrung, die nicht zu den Entscheidungsgründen i.S. von § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO gehört, nichts zu ändern, die entgegen dem Inhalt der Entscheidung auf die Möglichkeit einer Beschwerde hinweist. Denn eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung vermag die für die Zulassung des Rechtsmittels erforderliche eigenständige Entscheidung des FG nicht zu ersetzen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. Juli 2003 I B 16/03, BFH/NV 2003, 1601, und vom 31. Januar 2002 III B 170/01, BFH/NV 2002, 673). Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet daher keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass auch aus diesem Grunde die Gewährung von PKH zu versagen ist.

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