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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.11.2008
Aktenzeichen: VII S 21/08 (PKH)
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 96 Abs. 1 S. 1 | |
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 |
Gründe:
I.
Die Antragsteller sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Antragsteller war in den Streitjahren technischer Betriebsleiter der T-GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter sein Bruder war. Die steuerlichen Angelegenheiten der Antragsteller und der T-GmbH wurden von demselben Steuerberater wahrgenommen.
Aufgrund einer Beteiligung des Antragstellers an einer anderen, in Konkurs gefallenen GmbH verzeichnete er einen Auflösungsverlust, dessen steuerliche Berücksichtigung im Wege des Verlustrücktrags bzw. -vortrags für die Jahre 1990 bis 1993 sowie 1994 zu einem Einkommensteuer-Guthaben der Antragsteller führte, welches der Beklagte (das Finanzamt --FA--) am 1. Februar 2000 aufgrund eines vom Steuerberater unterzeichneten Verrechnungsantrags vom 29. Juni 1999 auf Steuerschulden der T-GmbH umbuchte. In der Folgezeit bestritten die Antragsteller die Rechtmäßigkeit der Umbuchung und begehrten die Auszahlung des Erstattungsguthabens, woraufhin das FA einen die Umbuchungen bestätigenden Abrechnungsbescheid zur Einkommensteuer 1990 bis 1999 erließ.
Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, mit der die Antragsteller geltend machen, dass seinerzeit ein Verrechnungsvertrag nicht gewollt gewesen, dieser aber jedenfalls unwirksam sei, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass die Erstattungsansprüche der Antragsteller für die Jahre 1990 bis 1993 sowie 1994 in Höhe von ... DM durch Umbuchung auf die Steuerschulden der T-GmbH erloschen seien, da am 1. Februar 2000 zwischen den Antragstellern und dem FA ein wirksamer Verrechnungsvertrag bestanden habe. Ein entsprechender Antrag sei unter dem 29. Juni 1999 abgegeben worden. Für das FA sei nicht erkennbar gewesen, dass --wie nachträglich behauptet-- eine Abtretung gewollt gewesen sei. Auch habe sich der Verrechnungsantrag nach dem erkennbaren Willen des Steuerberaters nicht lediglich auf die Einkommensteuer 1992 bezogen, sondern auf alle sich aus der Anerkennung des Auflösungsverlustes für das Veranlagungsjahr 1992 ergebenden Folgeänderungen. Das FA habe den Verrechnungsantrag auch nur dahin verstehen können, dass dieser vom Steuerberater im Namen der Antragsteller gestellt worden sei. Es sei davon auszugehen, dass der Steuerberater hierzu auch bevollmächtigt gewesen sei; jedenfalls sei aber durch spätere Schreiben an das FA sein Handeln von den Antragstellern genehmigt worden. Der Antragsteller habe gegenüber dem FA auch zugleich im Namen der Antragstellerin gehandelt, die ihn zumindest konkludent bevollmächtigt habe, sie in steuerlichen Angelegenheiten zu vertreten. Das FA habe den Antrag auf Abschluss eines Verrechnungsvertrags am 1. Juli 1999 angenommen, indem es --wie zuvor vom Steuerberater erbeten-- die voraussichtliche Höhe der Guthaben mitgeteilt habe. Das FA habe daher von dem wirksam zustande gekommenen Verrechnungsvertrag mit der am 1. Februar 2000 vorgenommenen Umbuchung Gebrauch machen dürfen.
Zur Durchführung einer gegen das Urteil des FG noch zu erhebenden Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision haben die Antragsteller Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung, die noch zu erhebende Nichtzulassungsbeschwerde gegen das FG-Urteil, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung).
Für die Beurteilung der Erfolgsaussicht unerheblich ist der Umstand, dass den Antragstellern PKH für die Vorinstanz wegen des --wie die Antragsteller meinen-- komplexen Sachverhalts der Rechtssache sowie schwieriger Rechtsfragen bewilligt worden ist. Vielmehr kommt es für die Erfolgsaussicht der beabsichtigten gegen das FG-Urteil gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde der Antragsteller allein darauf an, ob das Streitverhältnis, wie es sich nach dem angefochtenen Urteil und der Begründung des PKH-Antrags darstellt, die Annahme rechtfertigt, dass sich mit einer Nichtzulassungsbeschwerde Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO voraussichtlich darlegen lassen und auch vorliegen. Dies ist jedoch auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der PKH-Antrag nicht von einem postulationsfähigen Vertreter gestellt und begründet worden ist, nicht der Fall.
1.
Dass der Streitfall Rechtsfragen aufwirft, die in einem Revisionsverfahren wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung oder zur Fortbildung des Rechts zu klären sind, wird weder seitens der Antragsteller geltend gemacht noch ist dies ersichtlich. Im Streitfall geht es vielmehr allein um die im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegende Frage, ob durch einen Verrechnungsantrag und dessen Annahme zwischen den Antragstellern und dem FA ein Verrechnungsvertrag zustande gekommen ist, welcher es dem FA erlaubte, die streitigen Umbuchungen des Erstattungsguthabens auf die Steuerschulden der T-GmbH vorzunehmen.
2.
Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO erfasst zunächst die Fälle der sog. Divergenzrevision und erfordert darüber hinaus auch dann eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), wenn die einheitliche Beantwortung einer Rechtsfrage nur durch eine Entscheidung des BFH gesichert werden kann. Letzteres kann der Fall sein, wenn --was die Antragsteller im Streitfall geltend machen wollen-- dem FG bei der Auslegung und Anwendung des Rechts Fehler von so erheblichem Gewicht unterlaufen sind, dass sie, würden sie nicht von einem Rechtsmittelgericht korrigiert, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 14. Februar 2002 VII B 141/01, BFH/NV 2002, 798, und vom 7. Juli 2004 VII B 344/03, BFHE 206, 226, BStBl II 2004, 896). Weder den Ausführungen des FG noch dem Vorbringen der Antragsteller lassen sich jedoch Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit einer Nichtzulassungsbeschwerde derartige Rechtsfehler des FG dargelegt werden könnten und vorliegen.
Soweit das FG geurteilt hat, dass der Steuerberater unter dem 29. Juni 1999 im Namen der Antragsteller einen Verrechnungsantrag hinsichtlich ihrer aus den Verlustrück- bzw. -vorträgen resultierenden Erstattungsansprüchen abgegeben hat und es sich hierbei nicht um eine Abtretungsanzeige handelte, beruht dies auf einer Würdigung der Gesamtumstände, wie sie seinerzeit dem FA erkennbar waren und wie sie im Einzelnen im Tatbestand des FG-Urteils dargestellt sind. Die vom FG vorgenommene Würdigung der festgestellten Tatsachen ist möglich und keineswegs --wie die Antragsteller meinen-- nicht nachvollziehbar.
Das FG hat des Weiteren festgestellt, dass im Zeitpunkt der Umbuchung die entsprechenden Erstattungsguthaben aufgrund formell wirksamer Einkommensteuerbescheide für eine Verrechnung zur Verfügung standen. Dass dies --wie die Antragsteller vortragen-- im Zeitpunkt des Verrechnungsantrags noch nicht der Fall war, ist unerheblich, da auch hinsichtlich künftiger Erstattungsansprüche ein Angebot zum Abschluss eines Verrechnungsvertrags gemacht werden kann.
Das Vorbringen der Antragsteller, dass der Steuerberater den Verrechnungsantrag allein als Sicherheit für den Stundungsantrag der T-GmbH gestellt habe, hat das FG, wie sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ergibt, zur Kenntnis genommen. Dass es aus diesem Vorbringen nicht die seitens der Antragsteller für zutreffend gehaltenen rechtlichen Schlussfolgerungen gezogen hat, rechtfertigt --ungeachtet der Frage, ob der Ansicht der Antragsteller zu folgen ist-- jedenfalls nicht die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Soweit die Antragsteller geltend machen, dass das FA ihnen die vorgenommene Umbuchung nicht mitgeteilt habe, weshalb sie das in der Umbuchung liegende Angebot zum Abschluss eines Verrechnungsvertrags nicht hätten annehmen können, verkennen sie, dass das FG das Angebot zum Abschluss eines Verrechnungsvertrags in dem Schreiben des Steuerberaters vom 29. Juni 1999 und die Annahme dieses Angebots in der Mitteilung des FA über die voraussichtliche Höhe der Guthaben gesehen hat. Soweit die Antragsteller behaupten, dass überhaupt keine Verrechnung durchgeführt worden sei, widerspricht dies den Feststellungen des FG, an die der Senat in einem Revisionsverfahren gebunden wäre (§ 118 Abs. 2 FGO).
3.
Die geltend gemachten Verfahrensfehler eines Verstoßes gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO und der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegen nicht vor.
Das FG ist nicht verpflichtet, sich in der Urteilsbegründung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen. Es ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen hat (BFH-Beschluss vom 18. Juni 2001 II B 129/00, BFH/NV 2001, 1292). Daher liegt in derartigen Fällen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (BFH-Beschluss vom 19. November 2002 X B 78/01, BFH/NV 2003, 335, m.w.N.). Hierfür ist nichts erkennbar. In dem angefochtenen Urteil sind die Vorgeschichte und das Vorbringen der Beteiligten ausführlich dargestellt. Das FG hat sämtliches Vorbringen der Antragsteller zur Kenntnis genommen, es ist allerdings diesem Vorbringen nicht gefolgt und hat nicht die von den Antragstellern für zutreffend gehaltenen rechtlichen Folgerungen gezogen. Hierin liegt keine Verletzung des Anspruchs auf Gehör.
Das FG ist dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag, den Steuerberater als Zeugen zu vernehmen, nicht gefolgt, weil es --wie in den Urteilsgründen ausführlich dargestellt-- aufgrund seiner Rechtsauffassung die in das Wissen des Zeugen gestellten Behauptungen der Antragsteller für nicht entscheidungserheblich gehalten hat. Hierin ist ebenfalls kein Verfahrensfehler zu sehen.
Ende der Entscheidung
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