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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 19.10.2006
Aktenzeichen: VII S 30/06
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 39
FGO § 39 Abs. 1
FGO § 39 Abs. 1 Nr. 1
FGO § 39 Abs. 2
FGO § 62a Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Antragsteller (Antragsteller) hat vor dem Finanzgericht (FG) Klage wegen der fortgesetzten Besteuerung seines veräußerten Kraftfahrzeuges durch den Beklagten (Finanzamt --FA--) erhoben. Mit Schreiben vom 30. Juni 2006 stellte er beim Bundesfinanzhof (BFH) den Antrag, das Verfahren an ein anderes FG zu verlegen. Zur Begründung seines Antrages beruft sich der Antragsteller im Wesentlichen auf die Untätigkeit des FG, das seit über einem halben Jahr nicht mehr auf Anschreiben reagieren würde, und auf mehrere Gesuche, mit denen er den zum Einzelrichter bestellten Richter X sowie den Vorsitzenden Richter Y wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt habe. Durch Beschluss vom 30. August 2005 habe das FG das Ablehnungsgesuch gegen den Richter X zurückgewiesen. An dem Beschluss habe der ebenfalls abgelehnte Richter Y mitgewirkt. Aufgrund eines bestehenden Zirkels korrupter Finanzbeamter mit Richtern des FG ergebe sich ein Interessenkonflikt der Richter des FG, der eine Weiterführung des Verfahrens beim FG unangebracht erscheinen lasse. Zwar bestehe die Möglichkeit, dass es Richter am FG gebe, die mit dem Korruptionszirkel nicht zusammengearbeitet hätten, doch sei deren Kenntnis und Schweigen anzunehmen.

II. Das Rechtsbegehren des Antragstellers zielt nach seinem ausdrücklich erklärten Willen auf eine Bestimmung des Gerichts nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Antrag ist jedoch als unzulässig abzulehnen, da er ohne Beachtung des vor dem BFH bestehenden Vertretungszwangs gestellt worden ist und der Antragsteller die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 FGO nicht in schlüssiger Weise darzulegen vermocht hat.

1. Im Gegensatz zu Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG), der den Vertretungszwang für Beschwerden, Revisionen und Verfahren im ersten Rechtszug vor dem BFH anordnete (vgl. im BFH-Beschluss vom 30. Juni 1998 IX S 24/97, BFH/NV 1999, 62, der wegen dieses Wortlauts beim Verfahren nach § 39 FGO eine Ausnahme vom Vertretungszwang sieht), normiert § 62a Abs. 1 Satz 1 FGO einen umfassenden Vertretungszwang, der auch bei einem Antrag nach § 39 FGO zu beachten ist (BFH-Beschluss vom 4. Juli 2002 IX S 2/02, BFH/NV 2002, 1477; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 62a Rz 14; Dumke in Schwarz, FGO, § 39 Rz. 7; a.A. Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 39 FGO Tz. 8, und Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 39 FGO Rz. 40 zu Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG und unter Hinweis auf § 53 der Verwaltungsgerichtsordnung). Ausnahmen vom Vertretungszwang kommen regelmäßig nur dann in Betracht, wenn die betreffende Prozesshandlung nach ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts vorgenommen werden kann. Das ist bei dem Antrag eines Beteiligten nach § 39 Abs. 2 FGO nicht der Fall.

Folglich gilt: Vor dem BFH muss sich jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Rechtsanwalt, niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen; zur Vertretung berechtigt sind ferner Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugte Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorherigen Halbsatz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden (§ 62a FGO). Im Streitfall ist der Antrag nicht von einer solchen Person oder Gesellschaft eingelegt worden und somit unzulässig.

2. Der Antrag wäre ungeachtet des Vertretungsmangels aber auch deshalb zurückzuweisen, weil der Antragsteller die Voraussetzungen des § 39 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht schlüssig dargelegt hat. Gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 1 FGO wird das zuständige FG durch den BFH bestimmt, wenn das an sich zuständige FG in einem einzelnen Fall an der Ausübung der Gerichtsbarkeit rechtlich oder tatsächlich verhindert ist. Dazu reicht es nicht aus, dass ein einzelner Richter oder ein einzelner von mehreren Spruchkörpern eines Gerichts verhindert ist, vielmehr müssen so viele Richter des Gerichts im organisatorischen Sinne verhindert sein, dass überhaupt kein beschlussfähiger Spruchkörper mehr besteht (BFH-Beschluss in BFH/NV 1999, 62). Einen Sachverhalt dieser Art hat der Antragsteller nicht schlüssig vorgetragen. Sein Antrag auf Ablehnung des Richters X wegen Besorgnis der Befangenheit ist vom FG abgelehnt worden. Hinsichtlich der übrigen Richter am FG stellt der Antragsteller lediglich die in keiner Weise substantiierte Behauptung auf, sie seien sämtlich schweigende Mitwisser hinsichtlich eines vermeintlich beim FA bestehenden Korruptionszirkels. Dass die Gesamtheit der am FG tätigen Richter an der Ausübung der Gerichtsbarkeit verhindert wäre, wird mit dieser Unterstellung auch nicht ansatzweise belegt.

Ende der Entscheidung

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