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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: VII S 39/06
Rechtsgebiete: FGO
Vorschriften:
FGO § 133a Abs. 1 Satz 1 |
Gründe:
I. Mit Beschluss vom 4. August 2006 VII B 250/05, juris, hat der Senat die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) wegen Nichtzulassung der Revision als unzulässig verworfen, weil dieser die Sachaufklärungsrüge wegen seines Nichterscheinens in der mündlichen Verhandlung nicht schlüssig erhoben habe; sie gehe im Übrigen auch fehl, da das angeblich nicht berücksichtigte Verfahren Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung gewesen sei.
Mit der vorliegenden Eingabe rügt der Kläger Verstöße gegen Verfahrensgrundrechte durch den Senat, insbesondere die Verletzung rechtlichen Gehörs sowie einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip und gegen das Willkürverbot, weil der Bundesfinanzhof (BFH) ohne entsprechende Feststellungen des Finanzgerichts (FG) und ohne ihn, den Kläger, vorher dazu zu hören, davon ausgehe, dass er der mündlichen Verhandlung vor dem FG unentschuldigt ferngeblieben sei, und weil aus diesem Nichterscheinen ein Verzicht auf die Erhebung von Verfahrensrügen abgeleitet werde.
II. Die Eingabe hat keinen Erfolg.
1. Gemäß § 133a Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör ist nicht dadurch verletzt, dass der Senat das Nichterscheinen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem FG zu seinem Nachteil berücksichtigt hat, ohne ihn vor der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde darüber zu informieren. Die Tatsache des Nichterscheinens "aus welchen Gründen auch immer" ergibt sich aus dem finanzgerichtlichen Urteil. Der Kläger hätte sich ohne weiteres zu der Rechtsansicht des FG äußern können, dass sein Fernbleiben ihm zum Nachteil gereiche. Auch hätte er damit rechnen müssen, dass der BFH auf die Begründung des FG eingehen würde. Doch weder in der Nichtzulassungsbeschwerde noch in der hier zu beurteilenden Eingabe hat der Kläger --obwohl er selbst auf die Problematik des Rügeverzichts eingegangen ist und das FG die Rechtsprechung des BFH zu den Folgen des Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung zitiert hat (Ziff. 2 der Entscheidungsgründe, Urteil S. 7)-- Gründe vorgebracht, die dieses Nichterscheinen als entschuldigt im Sinne von nicht von ihm zu vertreten erscheinen ließen.
2. Auch die vom Kläger "hilfsweise" erhobene Gegenvorstellung gegen die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg. Der Senat kann offenlassen, ob er der --allerdings nicht entscheidungserheblichen-- Auffassung des IV. Senats (Beschluss vom 13. Oktober 2005 IV S 10/05, BFHE 211, 13, BStBl II 2006, 76; so auch Senatsbeschluss vom 6. Juli 2005 VII S 30/05, BFH/NV 2005, 2028) weiter folgen könnte, der die Gegenvorstellung mangels einer vom Gesetzgeber bereitgestellten Rechtsgrundlage unmittelbar auf die Rechtsschutz- und Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes stützt und demzufolge selbst diese gegen Gerichtsentscheidungen, die --wie beispielsweise die Zurückweisung oder Verwerfung einer Nichtzulassungsbeschwerde-- in materielle Rechtskraft erwachsen, neben der gesetzlich geregelten Anhörungsrüge (§ 133a FGO) weiterhin für statthaft hält (ebenfalls offengelassen in BFH-Beschluss vom 19. April 2006 VIII S 11/06, nicht veröffentlicht; ablehnend z.B. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., Vor § 115 Rz 29, m.w.N.).
Jedenfalls wäre die Gegenvorstellung nur in Ausnahmefällen eröffnet, insbesondere bei schwerwiegenden Grundrechtsverstößen oder wenn die angegriffene Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. Beschluss in BFHE 211, 13, BStBl II 2006, 76, m.w.N.). Derart schwerwiegende Verfassungsverstöße des angegriffenen Senatsbeschlusses hat der Kläger nicht dargelegt.
Sollte das Vorbringen des Klägers so zu verstehen sein, dass bereits die Annahme des Senats, das Fernbleiben des Klägers von der mündlichen Verhandlung sei unentschuldigt gewesen, einen Verstoß gegen das Willkürverbot und gegen das Rechtsstaatsprinzip darstelle, wäre es unschlüssig. Der Kläger hätte sich zumindest damit auseinandersetzen müssen, dass sich weder aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung, noch aus den Ausführungen, die das FG-Urteil zum Fernbleiben des Klägers enthält, noch aus der von ihm, einem Rechtsanwalt, verfassten Beschwerdeschrift ein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass er, der Kläger, den Verhandlungstermin ohne eigenes Verschulden versäumt haben könnte (vgl. Senatsbeschluss in BFH/NV 2005, 2028).
Die Rüge, die angefochtene Entscheidung verstoße wegen der ihr zu Grunde liegenden Rechtsauffassung, "in einem unterlassenen Erscheinen in einer mündlichen Verhandlung einen Verzicht hinsichtlich der Erhebung von Verfahrensrügen feststellen zu können", gegen die Verfassung, ist ebenfalls unschlüssig. Der Senat hat diese Rechtsauffassung seiner Entscheidung nicht zu Grunde gelegt. Der Senat hat wegen Fernbleibens von der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf die Entscheidung vom 2. März 2005 VII B 142/04 (BFH/NV 2005, 1576) den Verlust des Rügerechts lediglich hinsichtlich der Verletzung der Sachaufklärungspflicht des Gerichts angenommen. Jener Entscheidung hätte der rechtskundige Kläger entnehmen können, dass die Nichtberücksichtigung weiteren klägerischen Vorbringens bei Fernbleiben von der mündlichen Verhandlung auf der Verletzung seiner prozessualen Mitwirkungspflicht beruht (vgl. auch BFH-Beschluss vom 27. Januar 2006 VIII B 90/05, BFH/NV 2006, 966). Dazu verhält sich die Gegenvorstellung des Klägers nicht.
Abgesehen davon hat der Kläger auch außer Acht gelassen, dass der Senat den Einwand des Klägers, das FG habe das Verfahren mangels Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht, unter Hinweis auf die entgegenstehende Protokollnotiz entkräftet hat.
3. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr in Höhe von 50 € erhoben (vgl. Anlage 1 --Kostenverzeichnis-- zum Gerichtskostengesetz).
Ende der Entscheidung
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