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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.03.2008
Aktenzeichen: VII S 45/07 (PKH)
Rechtsgebiete: BGB, AnfG, InsO, FGO, ZPO


Vorschriften:

BGB § 181
AnfG § 3 Abs. 2
AnfG § 4
AnfG § 4 Abs. 1
InsO § 138 Abs. 1 Nr. 2
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 142
ZPO § 114 Satz 1
ZPO § 116 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin, Beschwerdeführerin und Antragstellerin (Antragstellerin) ist eine Ende der 1980er Jahre gegründete GbR, deren Gesellschafter die Geschwister A, B und C sind. Gesellschaftszweck ist das private Erwerben, Halten und Verwalten von Grundbesitz. Geschäftsführer der GbR und notariell Bevollmächtigter der Geschwister ist ihr Vater K., der von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs befreit ist und dem darüber hinaus die Gesellschaftsanteile der Kinder mit der Maßgabe abgetreten sind, dass die Abtretung erst durch eine Annahmeerklärung von K. wirksam werde. Trotz späterer Streitigkeiten zwischen Vater und Kindern gehen sie übereinstimmend von einem Fortbestehen dieser Rechtslage aus.

Nachdem eine ursprünglich an der GbR beteiligte weitere Tochter des K. gegen ihren Vater Strafanzeige mit dem Vorwurf erhoben hatte, erhebliche Summen von Firmenkonten genommen, diese in die Schweiz transferiert und davon Wertpapiere gekauft zu haben, um sich selber zu bereichern, wurde K. im Verlauf des gegen ihn eingeleiteten Strafverfahrens verhaftet. Der Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt, nachdem auf den Namen des K. eine Kaution beim Amtsgericht hinterlegt worden war. Sowohl der Haftbefehl als auch der Außervollzugsetzungsbeschluss wurden später aufgehoben.

Eine Pfändung des Anspruchs des K. auf Rückzahlung der Kaution durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) wegen vollziehbarer und fälliger Steuerforderungen blieb erfolglos, da K. den Anspruch bereits zuvor schriftlich an seine drei Kinder als Gesellschafter der GbR abgetreten hatte. Daraufhin erklärte das FA mit Duldungsbescheiden gegenüber den Geschwistern. als Gesellschaftern der Antragstellerin die Anfechtung der von K. zu ihren Gunsten vorgenommenen Abtretung seines Anspruchs auf Rückzahlung des hinterlegten Betrages gemäß § 4 des Anfechtungsgesetzes (AnfG).

Einspruch und Klage, die die Antragstellerin darauf stützte, dass das Geld für die Kaution aus ihrem Vermögen stamme und dem K. nur leihweise zur Verfügung gestellt worden sei, blieben erfolglos. Eine Aufklärungsverfügung des Finanzgerichts (FG) mit dem Ziel der Klärung, ob und aus welchem Rechtsgrund bestimmte von dem Geschäftskonto der GbR an eine Schweizer Managementfirma überwiesene Beträge auf eine eigene oder eine fremde Verpflichtung geleistet worden waren, beantwortete die Antragstellerin im Wesentlichen damit, dass K. mit diesem Geld für die Antragstellerin in Generalvollmacht gearbeitet habe und es dafür keine Verpflichtungen und darüber keine Unterlagen gebe.

Das FG urteilte, die angefochtenen Duldungsbescheide seien aufgrund der offenen, anderweitig nicht vollstreckbaren Steuerforderungen gegen K. und weil die Anfechtungsvoraussetzungen sowohl des § 4 Abs. 1 AnfG als auch des § 3 Abs. 2 AnfG vorlägen, rechtmäßig. Die Abtretung des Anspruchs auf Rückzahlung der Kaution sei nach § 4 Abs. 1 AnfG anfechtbar, weil die Antragstellerin nicht hinreichend substantiiert dargelegt habe, worin die in der Abtretungserklärung selbst nicht ersichtliche Gegenleistung für die Abtretung bestehe bzw. wann und aus welchem Rechtsgrund eine etwaige Schuld des K. gegenüber der Antragstellerin begründet worden sei und wie diese Schuld von der Abtretung berührt werde. Aber auch, wenn --dem Vortrag der Antragstellerin folgend-- Entgeltlichkeit anzunehmen wäre, sei die Anfechtung nach § 3 Abs. 2 AnfG rechtmäßig erfolgt. Bei den Abtretungsempfängern, den Kindern des K., handele es sich um nahestehende Personen i.S. des § 138 Abs. 1 Nr. 2 der Insolvenzordnung, die Abtretung führe unmittelbar zur Gläubigerbenachteiligung, die Anfechtung sei innerhalb der Zweijahresfrist erfolgt und der der Antragstellerin obliegende Beweis, dass K. ohne Benachteiligungsvorsatz gehandelt oder sie selbst hiervon keine Kenntnis gehabt habe, sei nicht erbracht.

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde, für die Prozesskostenhilfe (PKH) begehrt wird, rügt die Antragstellerin Verfahrensmängel gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Ein Ermittlungsfehler liege vor, weil das FG zu Unrecht davon ausgegangen sei, die Antragstellerin sei hinsichtlich der Unentgeltlichkeit der Abtretung beweisbelastet. Die Antragstellerin habe alles ihr Mögliche zur Sachverhaltsaufklärung getan, das FG habe ihr hingegen rechtliches Gehör nicht gewährt, sondern die beantragte Hinzuziehung der Akten eines anderen FG-Verfahrens betreffend den Nachweis wirtschaftlichen Eigentums des K. unterlassen und die Aussagen der Gesellschafter der GbR in einem Zivilrechtsstreit, dass es sich bei den umstrittenen Geldmitteln um solche der GbR handele, nicht beachtet. Auch liege im Verzicht auf die beantragte Vernehmung des Rechtsanwalts des K. als Zeugen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, da dieser über ausreichende Kenntnisse des vorliegenden Sachverhalts (die familiäre Veranlassung der Kautionsgestellung) verfüge.

Das FA tritt der Beschwerde und dem PKH-Antrag entgegen.

II. Der Antrag auf Gewährung von PKH ist abzulehnen.

Gemäß § 142 FGO i.V.m. § 116 Satz 2, § 114 Satz 1 letzter Halbsatz der Zivilprozessordnung setzt die Bewilligung von PKH jedenfalls voraus, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für den Eintritt des Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Juli 1999 V S 6/99, BFH/NV 2000, 193). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.

Die von der Antragstellerin gerügten Verfahrensmängel könnten, selbst wenn sie vorlägen, die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Denn die Einwendungen richten sich allein gegen die Ausführungen des FG zur Berechtigung der Abtretungsanfechtung nach § 4 Abs. 1 AnfG. Die Antragstellerin hat weder im Klageverfahren noch in der Beschwerde bestritten, dass K. Inhaber des Anspruchs auf Rückerstattung der Kautionssumme war. Wenn die Antragstellerin nun meint, das FG habe weiter aufklären müssen, ob das als Kaution für K. eingezahlte Geld aus ihrem, dem Vermögen der Antragstellerin, stamme, argumentiert sie im Ergebnis gegen die --vom FG als nicht widerlegt angesehene-- Unentgeltlichkeit der Abtretung i.S. des § 4 Abs. 1 AnfG. Es mag schon zweifelhaft sein, ob mit diesem Vorbringen ein die Revision rechtfertigender Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargelegt, oder ob damit nicht vielmehr ein revisionsrechtlich unbeachtlicher materiell-rechtlicher Fehler der Entscheidung behauptet wird. Das gilt insbesondere für die Rüge, das FG habe die Beweislast zu Unrecht umgekehrt (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612).

Das FG hat seine Entscheidung aber alternativ auch darauf gestützt, dass das FA zur Anfechtung nach § 3 Abs. 2 AnfG berechtigt gewesen sei. Hat das FG sein Urteil kumulativ begründet, d.h. auf mehrere selbständig tragende Gründe gestützt, so muss wegen jeder der Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden und vorliegen (z.B. BFH-Beschluss vom 23. Dezember 2004 III B 14/04, BFH/NV 2005, 667). Dieser Anforderung genügt die Beschwerde nicht. Die Einwendungen erschöpfen sich im Ergebnis darin, dass der als Kaution gestellte Betrag aus dem Vermögen der Antragstellerin stamme und dem K. nur leih- bzw. darlehensweise zur Verfügung gestellt worden sei. Dabei übersieht die Beschwerde, dass es aus der Sicht des FG nicht darauf ankam, ob die Kaution aus dem Vermögen der Antragstellerin geleistet worden ist. Ausdrücklich hat das FG darauf hingewiesen, dass K. einen Anspruch abgetreten hat, dessen Inhaber er unstreitig gewesen ist. Im Übrigen erfasst das Anfechtungsrecht nach § 3 Abs. 2 AnfG aber auch entgeltliche Verträge, d.h. es kommt nicht darauf an, ob die Antragstellerin einen Anspruch gegen K. auf Rückzahlung der für ihn verauslagten Kaution hatte. Nach § 3 Abs. 2 AnfG muss das anfechtende FA nur vortragen, dass der Schuldner (K.) mit einer ihm nahestehenden Person (seinen Kindern, den Gesellschaftern der Antragstellerin) innerhalb von zwei Jahren vor der Anfechtung einen --entgeltlichen-- Vertrag geschlossen hat; der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners (K.) sowie die Kenntnis des Anfechtungsgegners davon werden gesetzlich vermutet (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 2005 IX ZR 276/02, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2006, 387). Einwendungen dazu sind der Beschwerde nicht zu entnehmen.

Da nach alledem die Nichtzulassungsbeschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat, kann der Antragstellerin PKH nicht gewährt werden.

Ende der Entscheidung

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