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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.02.2006
Aktenzeichen: VIII B 107/04
Rechtsgebiete: EStG, EGV, FGO
Vorschriften:
EStG § 17 Abs. 1 i.d.F. des StSenkG 2001/2002 | |
EStG § 52 Abs. 1 i.d.F. des StSenkG 2001/2002 | |
EStG § 52 Abs. 34 a i.d.F. des StEuglG | |
EGV Art. 56 | |
FGO § 69 Abs. 3 |
Gründe:
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) erwarb am 10. März 2000 2 v.H. (= 62 400 Shares) des Kapitals einer AG italienischen Rechts (im Folgenden: I-SpA). Die Anschaffungskosten betrugen insgesamt 60 Mio. Lire (= 60 605,58 DM). Nach Börseneinführung der I-SpA entsprach der Gesellschaftsanteil des Antragstellers zum 31. Dezember 2000 noch 1,6335 v.H. Nach Ablauf der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) veräußerte der Antragsteller im Jahre 2001 29 482 Shares zum Preis von 3 059 476,37 DM.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) besteuerte den unter Anwendung von § 3 Nr. 40 EStG ermittelten hälftigen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1 513 405 DM gemäß § 17 EStG. Über den Einspruch gegen die hiernach festgesetzte Einkommensteuer ist noch nicht entschieden. Den nach Ablehnung durch das FA beim Finanzgericht (FG) gestellten Antrag, die Vollziehung des angefochtenen Bescheides auszusetzen, lehnte das FG mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1303 abgedruckten Gründen ab. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, mit der er sinngemäß beantragt, den Beschluss des FG aufzuheben und den angefochtenen Einkommensteuerbescheid bezüglich des Teilbetrags von der Vollziehung auszusetzen, der auf den Gewinn aus der Veräußerung der Kapitalanteile an der I-SpA entfällt.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Beschwerde ist begründet. Der Beschluss des FG ist aufzuheben und die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides antragsgemäß auszusetzen. Es bestehen bei summarischer Prüfung ernsthafte Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 FGO, ob es mit Art. 56 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) vereinbar ist, dass für die Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung von Anteilen an einer ausländischen EU-Körperschaft (hier: I-SpA) nach § 17 EStG im Jahre 2001 ungünstigere Voraussetzungen als für eine Veräußerung von Inlandsbeteiligungen gelten.
1. Gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht auf Antrag die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes bestehen, wenn und soweit bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aufgrund des unstreitigen Sachverhalts, der gerichtsbekannten Tatsachen und der präsenten Beweismittel erkennbar wird, dass aus gewichtigen Gründen Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen oder Unsicherheit oder Unentschiedenheit in der Beurteilung von Rechtsfragen besteht und sich bei abschließender Klärung dieser Fragen der Verwaltungsakt als rechtswidrig erweisen könnte (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Juni 2004 I B 44/04, BFHE 206, 284, BStBl II 2004, 882). Dies gilt auch, wenn i.S. des § 69 Abs. 2 und 3 FGO ernstlich zweifelhaft ist, ob das von der Finanzbehörde angewandte nationale Steuergesetz gegen Grundfreiheiten des EGV verstößt (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Mai 2005 I B 109/04, BFH/NV 2005, 1782).
b) Die Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Mai 2004 III B 127/03, BFH/NV 2005, 382, m.w.N.), nach der bei der Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden wegen der Verfassungswidrigkeit der ihnen zugrunde liegenden Vorschrift die Geltendmachung eines berechtigten Interesses an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes verlangt wird, ist auf die Geltendmachung von Verletzungen des EGV nicht zu übertragen (BFH-Beschlüsse vom 5. Mai 1994 V S 11/93, BFH/NV 1995, 368; vom 24. März 1998 I B 100/97, BFHE 185, 467). Die Grundfreiheiten sind in den Mitgliedstaaten unmittelbar geltendes Recht, das von jedem Gericht unbeschadet der Möglichkeit der Einleitung eines Vorabentscheidungsersuchens zu beachten ist. Dagegen besteht für die Feststellung der Verfassungswidrigkeit einer Gesetzesnorm die ausschließliche Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Dessen Entscheidungen haben in den Fällen des § 13 Nr. 11 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) Gesetzeskraft (§ 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Sie tritt erst mit der Entscheidung selbst ein.
2. Auf die Veräußerung der Anteile an der I-SpA durch den Antragsteller im Jahre 2001 ist § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung 2001/2002 (StSenkG 2001/2002) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) --§ 17 EStG n.F.-- anwendbar, wonach zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zählt, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 v.H. (zuvor: 10 v.H.) beteiligt war.
a) Nach der speziellen Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 34 a EStG i.d.F. des Steuer-Euroglättungsgesetzes (StEuglG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1790, BStBl I 2001, 3) ist § 17 EStG n.F., soweit Anteile an unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaften veräußert werden, erstmals auf Veräußerungen anzuwenden, die nach Ablauf des ersten Wirtschaftsjahrs der Gesellschaft, deren Anteile veräußert werden, vorgenommen werden, für das das Körperschaftsteuergesetz (KStG) i.d.F. des StSenkG 2001/2002 erstmals gilt. Für die Veräußerung der Anteile an der I-SpA durch den Antragsteller kommt diese Vorschrift nicht zum Zuge, weil es sich bei der I-SpA nicht um eine unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtige Gesellschaft nach § 1 KStG handelt. Nach der somit einschlägigen generellen Anwendungsvorschrift des § 52 Abs. 1 EStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002 gilt § 17 EStG n.F. für die Veräußerung einer Auslandsbeteiligung deshalb bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2001 und findet somit auf die Veräußerung der Anteile an der I-SpA durch den Antragsteller Anwendung.
b) Die Anwendung von § 17 EStG n.F. auf die Veräußerung von Auslandsbeteiligungen im Jahre 2001 entspricht nicht nur dem eindeutigen Wortlaut des § 52 Abs. 34 a und Abs. 1 EStG, sondern auch dem Willen des Gesetzgebers.
aa) Die Besteuerung nach § 17 EStG n.F. ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass nach neuem Recht die Belastung von Gewinnen mit Körperschaftsteuer auf 25 v.H. abgesenkt wurde und die Ausschüttungsbesteuerung natürlicher Personen dem Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG) unterfällt. Demgemäß will § 17 EStG n.F. verhindern, dass letzterer Besteuerungszugriff durch eine Veräußerung der Anteilsrechte vermieden wird. Der damit intendierte Umgehungsschutz (vgl. BRDrucks 90/00, S. 159; BTDrucks 14/3366, S. 118) stellt --vorbehaltlich der "Bagatellgrenze" (1 v.H.)-- zugleich konzeptionell die Gleichbehandlung von Gewinnausschüttung und Veräußerung sicher (vgl. BFH-Urteile vom 1. März 2005 VIII R 25/02, BFHE 209, 275, BStBl II 2005, 436; vom 27. Oktober 2005 IX R 15/05, BStBl II 2006, 171; Crezelius, Der Betrieb --DB-- 2001, 221, 226).
bb) Der zeitliche Anwendungsbereich von § 17 EStG n.F. ist erkennbar auf die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens abgestimmt.
(1) Obwohl bei kalendergleichem Wirtschaftsjahr das KStG n.F. für die Kapitalgesellschaft bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2001 gilt (§ 34 Abs. 1 KStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002), ist das Anrechnungsverfahren bei offenen Gewinnausschüttungen des Veranlagungszeitraums 2001 für abgelaufene Wirtschaftsjahre (2000 und früher) sowohl auf der Stufe der Kapitalgesellschaft (§ 34 Abs. 10 a Satz 1 Nr. 1 KStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002; heute: § 34 Abs. 12, Satz 1 Nr. 1 KStG; dazu --einschließlich der Möglichkeit sog. Leerausschüttungen-- BFH-Urteil vom 31. Mai 2005 I R 107/04, BFHE 210, 256, BStBl II 2005, 884) als auch auf der Stufe des Anteilseigners noch anzuwenden (§§ 52 Abs. 4 a Nr. 1, 36 und 50b EStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002; s. hierzu BRDrucks 90/00, S. 185, 171 f.). Offene Gewinnausschüttungen des Veranlagungszeitraums 2002 unterstehen hingegen dem Halbeinkünfteverfahren (§ 52 Abs. 4 a Nr. 2 EStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002; heute: § 52 Abs. 4 b Nr. 2 EStG).
(2) Hierauf sollte auch die Anwendung von § 17 EStG n.F. folgerichtig abgestimmt werden (vgl. Gesetzesentwurf zum StSenkG 2001/2002, BRDrucks 90/00, S. 172). Dabei wurde zu § 52 Abs. 34 a EStG i.d.F. des StSenkG 2001/2002 in der Literatur angemerkt, dass die Vorschrift für den Veranlagungszeitraum 2001 zu einer "Steuerpause" führen könne, da § 17 EStG n.F. einerseits bereits ab Veranlagungszeitraum 2001 gelte (§ 52 Abs. 1 EStG n.F.), andererseits aber erst für Veräußerungen ab Veranlagungszeitraum 2002 greife (§ 52 Abs. 34 a EStG n.F.; Schaumburg/Rödder, Unternehmenssteuerreform 2001, S. 282). Es fehle mithin für den Veranlagungszeitraum 2001 an einer Fortgeltungsanweisung bezüglich § 17 EStG a.F.
(3) Der Gesetzgeber hat daraufhin mit dem StEuglG § 52 Abs. 34 a EStG neu gefasst. Die Korrektur betraf zum einen die Fortgeltung von § 17 EStG a.F. (Halbsatz 2), zum anderen wurde die Koordination zwischen der zeitlich begrenzten Fortgeltung des Anrechnungsverfahrens und der --sich daran anschließenden-- erstmaligen Anwendung von § 17 EStG n.F. auf Anteile an "unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Gesellschaften" beschränkt (Halbsatz 1). Auch wenn nur die erste Änderung (Halbsatz 2) in der Gesetzesbegründung erläutert wurde (vgl. BTDrucks 14/4277, S. 48), kann nicht fraglich sein, dass der Gesetzgeber mit der Präzisierung des 1. Halbsatzes von seiner Konzeption --d.h. dem systematisch und in zeitlicher Hinsicht abgestimmten Gleichlauf bei der Besteuerung von Gewinnausschüttungen und Veräußerungen-- nicht abrücken wollte (vgl. auch Senatsurteil vom 22. Februar 2005 VIII R 41/03, BFH/NV 2005, 1518). Vielmehr wird diese Regelungskonzeption durch das Merkmal der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht verdeutlicht und unterstrichen (vgl. auch §§ 27, 43 KStG 1977 und Abschn. 96 der Körperschaftsteuer-Richtlinien --KStR- 1995; Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, Kommentar zum KStG und EStG, § 27 KStG 1999 Tz. 10 ff., und Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/ Pung/Witt, a.a.O., § 43 KStG 1999 Tz. 1 sowie § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 EStG 1997).
3. Nicht durchzudringen vermag die Beschwerde, insoweit der Antragsteller verfassungsrechtliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids wegen einer fehlenden sog. Wertaufstockung zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens von § 17 EStG n.F. geltend macht. Gleiches gilt für den Einwand eines sog. strukturellen Vollzugsdefizits.
a) Die Verfassungsmäßigkeit des Ansatzes der "historischen", d.h. der tatsächlichen Anschaffungskosten begegnet auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass hierdurch Wertsteigerungen besteuert werden können, die in der Zeit vor Eintritt der Steuerverhaftung der Anteilsrechte eingetreten sind, keinen ernstlichen Zweifeln. Soweit der Antragsteller auf das aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Rückwirkungsverbot verweist, hat der Senat hierzu mit Urteil vom 1. März 2005 VIII R 92/03 (BFHE 209, 285, BStBl II 2005, 398; Verfassungsbeschwerde eingelegt, Az. beim BVerfG 2 BvR 753/05) eingehend Stellung genommen. Zwar ging es bei dieser Entscheidung um eine fehlende sog. Wertaufstockung im Zusammenhang mit der Absenkung der Beteiligungsgrenze von mehr als 25 v.H. auf 10 v.H. durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 (StEntlG 1999/2000/ 2002); die hierfür maßgeblichen Erwägungen gelten jedoch --angesichts der vorstehend aufgezeigten Einbindung von § 17 EStG n.F. in den Systemwechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren (Systemwechsel)-- erst recht für die Absenkung der Beteiligungsgrenze auf 1 v.H. durch das StSenkG 2001/2002 (vgl. Wacker, Kommentierte Finanzrechtsprechung --KFR-- F. 3 EStG § 17, 1/05, S. 299, Hinweis IV.4. unter Bezugnahme auf den Vorlagebeschluss vom 16. Dezember 2003 IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284).
b) Die Besteuerung des Veräußerungsgewinns des Antragstellers im Jahre 2001 nach § 17 EStG n.F. ist bei der gebotenen summarischen Betrachtungsweise auch nicht wegen eines sog. strukturellen Vollzugsdefizits verfassungswidrig.
aa) Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verlangt für das Steuerrecht, dass die Steuerpflichtigen durch ein Steuergesetz rechtlich und tatsächlich gleich belastet werden. Wird die Gleichheit im Belastungserfolg durch eine rechtliche Gestaltung des Erhebungsverfahrens prinzipiell verfehlt, kann dies die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen. Verfassungsrechtlich verboten ist der Widerspruch zwischen dem normativen Befehl der materiell pflichtbegründenden Steuernorm und der nicht auf Durchsetzung angelegten Erhebungsregel. Zur Gleichheitswidrigkeit führt nicht ohne weiteres die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen, wohl aber das normative Defizit des widersprüchlich auf Ineffektivität angelegten Rechts (so BVerfG-Urteil vom 9. März 2004 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56, m.w.N.).
bb) Die Gründe, welche das BVerfG in seinem Urteil in BVerfGE 110, 94, BStBl II 2005, 56 zur Feststellung eines strukturellen Vollzugsdefizits zu § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG für die Jahre 1997/1998 veranlasst haben, sind nicht auf § 17 EStG n.F. übertragbar. Anders als bei § 23 EStG besteht zu § 17 EStG n.F. zum einen das Erfordernis einer Mindestbeteiligungsquote. Zum anderen ist die Veräußerung von Aktienbesitz nur eine von mehreren Besteuerungsalternativen des § 17 EStG. Bei der Veräußerung einer Beteiligung an einer GmbH kann bereits aufgrund der Übersendungspflicht der Notare nach § 54 der Einkommensteuer-Durchführungsrichtlinien (EStDV) an die Finanzämter anlässlich einer Veräußerung nicht von einem strukturellen Vollzugsdefizit ausgegangen werden (so bereits BVerfG-Urteil in BVerfGE 110, 94, 133, BStBl II 2005, 56, 69).
cc) Auch bei der Besteuerung der Veräußerung von Aktien nach § 17 EStG n.F. kann für das Jahr 2001 ein normatives Defizit bei den Erhebungsregeln nicht festgestellt werden. Insoweit gilt nichts anderes als für die Versteuerung privater Wertpapierveräußerungsgeschäfte i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in der Fassung ab 1999, deren Verfassungsmäßigkeit der BFH mit Urteil vom 29. November 2005 IX R 49/04 (BStBl II 2006, 178) bejaht hat. Danach besteht ein normatives Defizit bei den Erhebungsregeln jedenfalls nach der Einführung des sog. Kontenabrufverfahrens nicht mehr. Seit April 2005 haben die Finanzämter die Möglichkeit, gemäß § 93 Abs. 7 und Abs. 8, § 93b der Abgabenordnung (AO 1977) die Stammdaten für alle legitimationsgeprüften inländischen Bankkonten und Depots eines Steuerpflichtigen im Wege der Datenabfrage zu erfahren. Der Umfang der verfügbaren Daten ergibt sich aus § 24c des Kreditwesengesetzes (KWG). Die danach anzulegenden Dateien enthalten auch Daten, welche Sachverhalte aus der Vergangenheit betreffen können (z.B. Tatsachen aus dem Veranlagungszeitraum des Streitjahrs). So kann in die Datei des Kreditinstituts die Nummer eines Depots aufgenommen werden, das bereits im Jahr 2001 oder vorher errichtet worden ist (§ 24c Abs. 1 Nr. 1 KWG), sowie der Name des steuerpflichtigen Verfügungsberechtigten (§ 24c Abs. 1 Nr. 2 KWG).
dd) Insbesondere in Kombination mit der Steuerbescheinigung nach § 24c EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2003 vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2645, BStBl I 2003, 710), die --mit Wirkung nach dem 31. Dezember 2003 (§ 52 Abs. 39 a Buchst. b EStG)-- die für die Besteuerung nach den §§ 20 und 23 EStG erforderlichen Angaben enthalten muss, kann das Kontenabrufverfahren als wirksames Instrument eingesetzt werden, da eine Nichtvorlage der Jahresbescheinigung auf berechtigtes Anfordern durch das Finanzamt zumindest einen hinreichenden Anlass für weitere Ermittlungen darstellen kann (vgl. dazu BFH-Urteil vom 7. September 2005 VIII R 90/04, BFH/NV 2006, 173, 176). Ebenso ist eine Verifikation denkbar, wenn der Steuerpflichtige in den Folgejahren Verluste geltend macht (BFH-Urteil in BStBl II 2006, 178, 181).
ee) Angesichts der vorstehenden Ausführungen kann der Senat offen lassen, ob nach der Systematik des Halbeinkünfteverfahrens bei der Prüfung des strukturellen Vollzugsdefizits nicht von der Gesamtheit von Gewinnausschüttungen (Dividendenerträge) und Veräußerungen mit der Folge ausgegangen werden muss, dass bereits im Hinblick auf die Belastung der Dividenden mit Kapitalertragsteuer in Höhe von 20 v.H. (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG; dazu Hey, DB 2004, 724, 728; Wacker, Betriebs-Berater --BB-- 2005, 867, 868, m.w.N.) ein signifikantes Erhebungsdefizit auch für die aus der Anteilsveräußerung erzielten Gewinne zu verneinen wäre.
ff) Im Übrigen hat es der Antragsteller versäumt, ein berechtigtes Interesse an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vorzutragen, welches im Hinblick auf den Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes bei ernstlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Gültigkeit einer Rechtsnorm erforderlich ist (vgl. zu diesem zusätzlichen Merkmal BFH-Beschluss vom 27. August 2002 XI B 94/02, BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18, m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des BFH geht bei Zweifeln an der Verfassungsmäigkeit der einschlägigen einfach-rechtlichen Rechtsnorm der Rechtsschutzanspruch nur dann vor, wenn dem Antragsteller durch die vorläufige Vollziehung des angefochtenen Bescheids irreparable Nachteile drohen oder er sich zumindest auf ein besonderes individuelles Interesse berufen kann (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 382, m.w.N.).
4. Es bestehen jedoch ernstliche Zweifel daran, ob die Besteuerung des Gewinns des Antragstellers aus der Veräußerung ausländischer Kapitalanteile nach § 17 EStG n.F. in 2001 mit der Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EGV vereinbar ist.
a) Art. 56 EGV verbietet Beschränkungen des Kapitalverkehrs sowohl zwischen den Mitgliedstaaten als auch zwischen Mitgliedstaaten und dritten Ländern. Eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit stellt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) jede Steuerregelung dar, die zwischen Steuerpflichtigen nach dem Ort ihrer Kapitalanlage unterscheidet (EuGH-Urteil vom 7. September 2004 Rs. C-319/02 "Manninen", Slg. 2004, I-7477, Rz. 19). Die Übertragung von Kapitalanteilen wird von der Kapitalverkehrsfreiheit dabei mitgeschützt (EuGH-Beschluss vom 8. Juni 2004 Rs. C-268/03 "De Baeck", Slg. 2004, I-5961; EuGH-Urteil vom 21. November 2002 Rs. C-436/00 "X und Y", Slg. 2002, I-10829). Vorliegend unterscheidet die Anwendungsregelung zu § 17 EStG n.F. in § 52 Abs. 1 und 34 a EStG zu Ungunsten des Antragstellers nach dem Ort der Kapitalanlage, da die Veräußerung von Anteilen an ausländischen Kapitalgesellschaften anders behandelt wird als die Veräußerung von Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften (vgl. oben II.2.b).
aa) Eine Beschränkung kann nicht deshalb verneint werden, weil § 17 EStG n.F. nach § 52 Abs. 1 und 34 a EStG ausnahmsweise ab dem 1. Januar 2001 auch für inländische Beteiligungen galt, wenn die Anteile im Kalenderjahr 2001 zu einem Zeitpunkt veräußert wurden, nachdem die Kapitalgesellschaft ihr dem Kalenderjahr entsprechendes Wirtschaftsjahr im Einvernehmen mit dem Finanzamt (§ 4a Abs. 1, Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStG, § 8b Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStDV) durch Hauptversammlungsbeschluss mittels Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr umgestellt hatte (vgl. zu dieser Möglichkeit Schüppen/Sanna, BB 2001, 2397, 2398). Da die Anwendung von § 17 EStG n.F. auf Auslandsbeteiligungen nach § 52 Abs. 1 und 34 a EStG nicht vom Wirtschaftsjahr der ausländischen Körperschaft abhängig ist, ist eine Unterscheidung nach dem Ort der Kapitalanlage gleichwohl gegeben.
bb) Eine diskriminierende Behandlung des Antragstellers wäre zwar auszuschließen, wenn die I-SpA , deren Anteile der Antragsteller im Veranlagungszeitraum 2001 veräußerte, ihr dem Kalenderjahr entsprechendes Wirtschaftsjahr nach italienischem Recht ab dem 1. Januar 2001 mittels Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres auf ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr umgestellt und der Antragsteller seine Anteilsrechte in der auf das Kalenderjahr 2001 entfallenden Zeitspanne des Wirtschaftsjahrs 2001/02 veräußert hätte. Da jedoch Anhaltspunkte für einen solchen Geschehensablauf weder von den Beteiligten vorgetragen worden, noch den Feststellungen der Vorinstanz oder den Verfahrensakten zu entnehmen sind, kann er der summarischen Prüfung des Streitfalls nicht zugrunde gelegt werden.
cc) Für das Eingreifen des Diskriminierungsverbotes kommt es auf das Ausmaß der Ungleichbehandlung auf Tatbestandsebene nicht an. Auch relativ geringfügige Beschränkungen unterliegen der Rechtfertigungskontrolle (vgl. EuGH-Urteile vom 4 April 1974 Rs. 167/73 "Kommission/Frankreich", Slg. 1974, 359, Rz. 45/47; vom 5. April 1984 Rs. 177-178/82 "van de Haar", Slg. 1984, 1797, Rz. 14; vom 18. Mai 1993 Rs. C-126/91 "Yves Rocher", Slg. 1993, I-2361, Rz. 21: keine "de-minimis-Klausel"). Dementsprechend findet keine Spürbarkeitsprüfung statt und es wird auch nicht nach der Intensität der Auswirkung von Beschränkungen auf den Handel in der Gemeinschaft differenziert (EuGH-Urteile in Slg. 1993, I-2361, Rz. 21; vom 11. März 2004 Rs. C-9/02 "Lasteyrie du Saillant", Slg. 2004, I-2409).
dd) Dem FG kann schließlich nicht gefolgt werden, wenn es eine Diskriminierung des Antragstellers aus dem Grund verneint, dass mit einer Umschichtung des in einer Auslandsbeteiligung gebundenen Kapitals auf eine Inlandsbeteiligung im Jahre 2001 kein finanzieller Vorteil verbunden gewesen wäre, weil die anschließende Veräußerung der Inlandsbeteiligung steuerpflichtig gewesen wäre (§§ 23 bzw. 17 EStG). Es kann dahinstehen, ob die Erwägung des FG für sich gesehen tragfähig ist. Sie übersieht jedenfalls, dass von der Kapitalverkehrsfreiheit auch das Recht geschützt ist, einmal am Kapitalmarkt investiertes Kapital für private Konsumzwecke abzuziehen.
b) Die Diskriminierung des Antragstellers ist nach der gebotenen summarischen Prüfung auch nicht zu rechtfertigen. Nach dem in der Rechtsprechung des EuGH restriktiv gehandhabten Rechtfertigungsgrund der Kohärenz ist eine Steuerregelung nur dann als kohärent anzusehen, wenn ein zwingender unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem eingeräumten Steuervorteil einerseits und der Besteuerung andererseits bei demselben Steuerpflichtigen in Bezug auf dieselbe Steuer besteht (EuGH-Urteile vom 27. Juni 1996 Rs. C-107/94 "Asscher", Slg. 1996, I-3089; vom 6. Juni 2000 Rs. C-35/98 "Verkooijen", Slg. 2000, I-4071). Es wird eine streng funktionelle Beziehung zwischen Steuervorteilen und Steuernachteilen verlangt. Zusätzlich müssen die Regelungen geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Zieles zu gewährleisten, und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-7477, Rz. 19). Zur Erreichung der mit der Maßnahme verfolgten Ziele darf es keine gleichermaßen geeignete Alternative geben, welche das kollidierende Interesse, also die betroffene Grundfreiheit des EGV, in geringerem Maße beeinträchtigt.
aa) Vorliegend ist für den Antragsteller die Besteuerung der Veräußerung seiner Anteile an der I-SpA im Jahre 2001 nach § 17 EStG n.F. nachteilig, da die Veräußerung einer vergleichbaren inländischen Beteiligung im Regelfall nicht steuerpflichtig gewesen wäre. Es ist nicht ersichtlich, welche Begünstigung die betreffende Benachteiligung des Antragstellers im Sinne einer Deckungsgleichheit ausgleichen sollte. Zwar lässt sich in der zeitgleichen Einführung des Halbeinkünfteverfahrens bei Auslandsbeteiligungen im Jahre 2001 für den Antragsteller ein Vorteil sehen. Der Nachteil der Einführung des § 17 EStG n.F. wird hierdurch jedoch nur gemildert, nicht aber deckungsgleich ausgeglichen.
bb) Die Benachteiligung des Antragstellers ist bei summarischer Prüfung unter Zugrundelegung der neueren Rechtsprechung des EuGH außerdem nicht verhältnismäßig. Aus dem EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-7477 (betreffend finnländische Steuergutschrift für Dividenden) wird allgemein abgeleitet, dass die Ausgrenzung ausländischer EU-Kapitalgesellschaften aus dem deutschen Anrechnungsverfahren unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ebenfalls gegen EU-Recht verstoßen habe (vgl. nur Englisch, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2004, 680, 684). Diese Einschätzung ist sowohl vom FG Köln (Vorlagebeschluss vom 24. Juni 2004 2 K 2241/02, EFG 2004, 1374 unter Hinweis auf die Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache Manninen) als auch im Schlussantrag des Generalanwalts Tizzano in der Rechtssache Meilicke (IStR 2005, 810) bestätigt worden.
(1) Demgemäß ist im Rahmen des AdV-Verfahrens davon auszugehen, dass --im Grundsatz-- auch für Ausschüttungen aus einer italienischen Kapitalgesellschaft der inländische Dividendenempfänger Anspruch auf eine Steuergutschrift hatte. Ausgehend von ihrem Anrechnungsverfahren war die Bundesrepublik Deutschland hiernach verpflichtet, auch in Fällen der Ausschüttung aus einer EU-Auslandskapitalgesellschaft eine Steuergutschrift nach Maßgabe der von dieser Gesellschaft geschuldeten bzw. tatsächlich entrichteten Körperschaftsteuer, wie sie sich aus den auf die Berechnung der Besteuerungsgrundlagen anwendbaren allgemeinen Regeln und aus dem Satz der Körperschaftsteuer ergibt, zu gewähren (EuGH-Urteil in Slg. 2004, I-7477, Rz. 46 und 54; zur Vorbelastung ausgeschütteter Gewinne des Jahres 2001 mit Körperschaftsteuer nach italienischem Körperschaftsteuerrecht, vgl. Hey in Herrmann/Heuer/Raupach, Einf. KStG, Anm. 301; Bodden, Das deutsche und das italienische Körperschaftsteuersystem im Europäischen Binnenmarkt, S. 182 ff.; Hilpold/ Steinmair, Grundriss des italienischen Steuerrechts I, 2005, S. 152; zu den gravierenden Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Körperschaftsteuervorbelastung vgl. Englisch, IStR 2004, 686).
(2) Wenn die Beschränkung des Anrechnungsverfahrens auf Ausschüttungen unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtiger Kapitalgesellschaften in diskriminierender Weise gegen den EGV verstieß, so kann --jedenfalls bei summarischer Prüfung-- für die in § 52 Abs. 34 a EStG vorgesehene Differenzierung im Rahmen des Übergangs zum Halbeinkünfteverfahren zwischen Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften und EU-Auslandskapitalgesellschaften nichts anderes gelten. Mit anderen Worten: Unter der Prämisse, dass die Ausgrenzung ausländischer EU-Kapitalgesellschaften aus dem Anrechnungsverfahren eine diskriminierende Wirkung entfaltete, muss die Entscheidung des Gesetzgebers, die erstmalige Geltung von § 17 EStG n.F. an die erstmalige Nichtgeltung des Anrechnungsverfahrens zu koppeln (§ 52 Abs. 34 a EStG), auch für EU-Auslandskapitalgesellschaften beachtet werden.
(3) Da hierbei weiterhin die erstmalige Anwendung von § 17 EStG n.F. --ebenso wie die letztmalige Anwendung von § 17 EStG a.F.-- nach § 52 Abs. 34 a EStG im Inlandsfall (Veräußerung von Anteilen an unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften) nicht daran gebunden ist, ob im Jahre 2001 überhaupt Gewinne von der inländischen Kapitalgesellschaft offen ausgeschüttet wurden und demgemäß der Dividendenempfänger das inländische Anrechnungsverfahren in Anspruch nehmen konnte, kann es auch für die Anwendung von § 17 EStG a.F./n.F. im EU-Auslandsfall nicht darauf ankommen, ob und, wenn ja, mit welcher Vorbelastung die I-SpA Gewinne ausgeschüttet hat oder hätte ausschütten können. Maßgeblich ist nach der unmissverständlichen Regelungskonzeption des § 52 Abs. 34 a EStG vielmehr, ob bei abstrakt-systematischer Betrachtung die Möglichkeit der Vermittlung von Anrechnungsguthaben im Rahmen des inländischen Anrechnungsverfahrens bestand. Dies aber war --wie aufgezeigt-- zu bejahen, da auch nach italienischem Körperschaftsteuerrecht ausgeschüttete Gewinne des Jahres 2001 belastet sein konnten.
(4) Die Bedenken zur Verhältnismäßigkeit werden nicht dadurch ausgeräumt, dass Generalanwalt Tizzano im Verfahren Meilicke eine Übergangsregelung befürwortet hat (vgl. IStR 2005, 810; krit. Meilicke, DB 2005, 2658). Abgesehen davon, dass eine Entscheidung des EuGH hierzu aussteht und er mit einer solchen Regelung möglicherweise von seinen Grundsätzen in der Rechtssache Manninen abweichen müsste (Meilicke, DB 2005, 2658), wären im Streitfall auch die von Generalanwalt Tizzano vertretenen Voraussetzungen für die Gewährung von Vertrauensschutz bereits deshalb nicht erfüllt, weil zum einen im Streitfall eine Veräußerung im Jahre 2001 und damit nach dem 6. Juni 2000 (Veröffentlichung der Entscheidung des EuGH in Slg. 2000, I-4071) eingetretene Rechtswirkungen zu beurteilen sind und zum anderen der Antragsteller sich bereits vor der Veröffentlichung des Vorlagebeschlusses in der Rechtssache Meilicke (11. September 2004) gegen die Besteuerung nach § 17 EStG (n.F.) mit der Begründung gewandt hat, diese verstoße gegen EU-Recht.
cc) Im Rahmen einer summarischen Prüfung kann auch der Überlegung keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen, dass bei schrittweisen Verbesserungen im Rahmen von Teilreformen gewisse Unstimmigkeiten, die bei Dauerregelungen nicht hinnehmbar wären, übergangsweise möglicherweise auch nach Europarecht in Kauf zu nehmen sind (zur Rechtfertigung schrittweiser Verbesserungen nach nationalem Verfassungsrecht vgl. BVerfG-Beschlüsse vom 18. Juni 1975 1 BvL 4/74, BVerfGE 40, 121, 140; vom 19. April 1977 1 BvL 17/75, BVerfGE 44, 283, 288 f.; vom 19. April 1977 1 BvL 1-3/76, BVerfGE 44, 290, 296; vom 27. September 1978 1 BvL 4/77, BVerfGE 49, 192, 210; vom 13. Juni 1979 1 BvL 27/76, BVerfGE 51, 257, 268). Die Besteuerung von Anteilseignern inländischer und ausländischer Körperschaften ist für den Veranlagungszeitraum 2001 zwar als eine solche Teilreform zu werten, durch die einerseits --in der Gesamtschau der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen und Dividendenerträgen-- noch kein Gleichlauf der Besteuerung eintrat, die aber andererseits gegenüber den bis dahin geltenden Regelungen des nationalen Rechts, mit denen im Falle der Gewinnausschüttung überhaupt kein Ausgleich für die Vorbelastung der Dividenden mit ausländischer Körperschaftsteuer verbunden war, nach dem Willen des Gesetzgebers unter dem Gesichtspunkt der "Europatauglichkeit" (BRDrucks 90/00, S. 10, 133) auf den Abbau von Diskriminierungen zielte. Soweit ersichtlich hatte der EuGH bislang keine Gelegenheit, zu vorübergehenden Ungleichbehandlungen dieser Art Stellung zu nehmen. Vielmehr hat er in verschiedenen Entscheidungen stets betont, dass es bei der Überprüfung von Verstößen gegen die Grundfreiheiten keine de minimis-Regel gebe (vgl. oben II.4.a dd). Es muss deshalb auch dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, ob dieser Grundsatz dann einer Einschränkung unterliegen könnte, wenn der Gesetzgeber sich dazu entschließt, einen EGV-konformen Rechtszustand in Teilschritten und damit im Wege zeitlich begrenzter Übergangsregelungen herzustellen.
c) Schließlich können ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids nicht deshalb verneint werden, weil in jüngerer Zeit vermehrt die Frage aufgeworfen wird, ob die Rechtsprechung des EuGH noch Gemeinschaftsrecht auslege (bzw. fortbilde) oder ob hierin nicht unter Berücksichtigung des Zuständigkeitsvorbehalts für das Recht der direkten Steuern (Art. 93 und 94 EGV; vgl. auch Art. 58 Abs. 1 Buchst. a i.V.m. Abs. 3, Art. 293 EGV) und damit der Steuerhoheit der Mitgliedstaaten (Art. 105 f. GG) sowie deren Finanzierungsverantwortung für die EU (Art. 269 EGV) eine Kompetenzüberschreitung seitens eines Gemeinschaftsorgans im Sinne eines sog. ausbrechenden Rechtsakts zu sehen sei (Fischer, Finanz-Rundschau 2005, 457; Kube, IStR 2003, 325; J. Wieland, Europa und seine Verfassung, Festschrift für Manfred Zuleeg, S. 492; zum ausbrechenden Rechtsakt vgl. BVerfG-Urteil vom 12. Oktober 1993 2 BvR 2134/92, 2 BvR 2159/92, BVerfGE 89, 155, 188). Nach Ansicht des erkennenden Senats bedürfen diese Bedenken --insbesondere im Hinblick auf die nach Ansicht des EuGH nur eingeschränkte normative Wirkungskraft des Prinzips der Kohärenz nationaler Steuersysteme-- zwar einer eingehenden Prüfung (a.A. jedoch z.B. K. Vogel, Steuer und Wirtschaft 2005, 373; einschr. Ahmann, Deutsche Steuer-Zeitung 2005, 75); ihre abschließende Beurteilung muss jedoch --ebenso wie die hiermit ggf. verbundenen verfahrensrechtlichen Fragen (dazu Classen in v. Mangoldt/ Klein/Starck, GG, 4. Aufl., Art. 24 Rdnr. 50; Ahlt/Deisenhofer, Europarecht, 3. Aufl., S. 55 ff.)-- dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
5. Die Berechnung des auszusetzenden Betrages wird dem FA übertragen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Ende der Entscheidung
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