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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 17.07.1998
Aktenzeichen: VIII B 114/97
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 128 Abs. 3 Satz 1
FGO § 142 Abs. 1
ZPO § 114
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Antragsteller und Beschwerdeführer zu 1 (Antragsteller zu 1) sind Eheleute; der Antragsteller und Beschwerdeführer zu 2 (Antragsteller zu 2) ist der Bruder des Antragstellers zu 1. Die Antragsteller arbeiteten seit dem August 1989 in einem Restaurant, das der Antragsteller zu 2 als Gewerbe angemeldet hatte. Während die Antragsteller geltend machten, daß die Antragsteller zu 1 als Arbeitnehmer des Antragstellers zu 2 tätig gewesen seien, war der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) im Anschluß an eine Außenprüfung der Ansicht, zwischen den Antragstellern liege eine verdeckte Mitunternehmerschaft vor. Außerdem schätzte er die Besteuerungsgrundlagen, weil er die Buchführung nicht für ordnungsgemäß hielt.

Die Antragsteller erhoben gegen die im Anschluß an die Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide Klagen, über die noch nicht entschieden ist. Sie beantragten für die Durchführung der Hauptsacheverfahren Prozeßkostenhilfe (PKH) und die Antragsteller zu 1 beantragten außerdem die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Feststellungsbescheide. Zur Begründung der Klagen machten die Antragsteller geltend, daß keine Mitunternehmerschaft vorliege. Die Schätzungen müßten bestritten werden.

Das Finanzgericht (FG) lehnte den Antrag auf Gewährung von PKH und den Antrag der Antragsteller zu 1 auf Aussetzung der Vollziehung ab. Es war der Ansicht, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe und an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide keine ernstlichen Zweifel bestünden. Aufgrund der Gesamtheit der vom FA ermittelten Einzelumstände, die von den Antragstellern in einem Großteil nicht überzeugend widerlegt worden seien, sei davon auszugehen, daß die Antragsteller das Restaurant gemeinschaftlich als sogenannten "Familienbetrieb" geführt hätten.

Die Antragsteller haben Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung die Antragsteller zu 1 vortragen: Das FG könne aufgrund ihrer Sachdarstellung, insbesondere aufgrund der konkreten Beweisanträge, nicht ohne weiteres von dem Vorliegen einer Mitunternehmerstellung ausgehen. Nach ihrer Darstellung in der Klageschrift vom 24. April 1997 und in dem Schriftsatz vom 16. Dezember 1996 habe zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestanden, daß sie mit ihren Klagebegehren durchdringen.

Die Antragsteller zu 1 beantragen,

1. unter Abänderung des Beschlusses des FG die Vollziehung der im Klageantrag des Hauptsacheverfahrens genannten Bescheide auszusetzen,

2. ihnen unter Abänderung des Beschlusses des FG PKH für das Verfahren vor dem FG zu bewilligen und

3. ihnen ihren Prozeßbevollmächtigten beizuordnen.

Der Antragsteller zu 2 beantragt sinngemäß,

ihm unter Aufhebung des Beschlusses des FG unter Beiordnung eines geeigneten Prozeßvertreters PKH zu gewähren.

Das FA ist der Ansicht, daß keine PKH zu gewähren sei. Das FG habe zu Recht festgestellt, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

Die Beschwerde des Antragstellers zu 2 ist unzulässig. Die Beschwerde der Antragsteller zu 1 ist unzulässig, soweit sie die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung betrifft; sie ist unbegründet, soweit sie sich auf die Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von PKH bezieht.

1. Die vom Antragsteller zu 2 persönlich eingelegte Beschwerde ist unzulässig. Denn nach Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) muß sich --wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses des FG hervorgeht-- jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Die Ausnahme vom Vertretungszwang nach dem BFHEntlG kommt nur für den Antrag auf Bewilligung von PKH, nicht aber für die Beschwerde gegen einen die Gewährung von PKH ablehnenden Beschluß des FG in Betracht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. November 1975 VI B 130-132/75, BFHE 117, 223, BStBl II 1976, 62; vom 16. Juni 1988 III B 61-62/88, BFH/NV 1990, 53).

2. Die Beschwerde der Antragsteller zu 1 gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung ist unzulässig. Denn nach § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) steht den Beteiligten die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist. Im Streitfall hat das FG die Beschwerde nicht zugelassen, sondern im Gegenteil in der Rechtsmittelbelehrung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Beschluß, soweit er die Aussetzung der Vollziehung betrifft, unanfechtbar ist.

3. Die Beschwerde der Antragsteller zu 1 ist unbegründet, soweit sie sich dagegen wenden, daß das FG ihren Antrag auf Bewilligung von PKH abgelehnt hat.

Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) wird einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Aussichten auf Erfolg bestehen, wenn bei summarischer Prüfung die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als aussichtslos erscheint, also eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ein vollständiges oder zumindest teilweises Obsiegen des Antragstellers besteht (vgl. BFH-Beschluß vom 9. März 1994 VIII S 9/93, BFH/NV 1995, 28, 29). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und es in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Dies bedeutet für das PKH-Verfahren, daß nicht die später im Urteil gefundene Entscheidung maßgebend sein darf. Vielmehr kommt es für die Gewährung der PKH wesentlich darauf an, ob bei summarischer Prüfung und Würdigung der wichtigsten Tatumstände der vom Antragsteller begehrte Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich hat (BFH-Beschlüsse vom 25. März 1986 III B 5-6/86, BFHE 146, 223, BStBl II 1986, 526, m.w.N.; vom 20. Februar 1990 VIII B 39/85, BFH/NV 1990, 785, 786).

Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist es nicht zu beanstanden, daß das FG bei seiner summarischen Prüfung für die von den Antragstellern zu 1 erhobenen Klagen eine hinreichende Erfolgsaussicht verneint hat.

a) Den mit den Klagen angefochtenen Bescheiden liegt die Auffassung des FA zugrunde, die Antragsteller hätten nicht im Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zueinander gestanden, sondern sie seien Mitunternehmer gewesen. Das FA hat diese Überzeugung auf das Gesamtbild einer Vielzahl von Einzeltatsachen gestützt. Wären die vom FA dargestellten Einzelumstände erwiesen, so wäre nach Ansicht des Senats die Würdigung dieser Tatsachen dahingehend, daß kein Arbeitsverhältnis, sondern eine Mitunternehmerschaft anzunehmen sei, nicht zu beanstanden.

Das FG hat in dem angefochtenen Beschluß angenommen, daß bei summarischer Prüfung die verbleibenden Tatsachen selbst dann ausreichen, um eine Mitunternehmerschaft anzunehmen, wenn sich im Hauptsacheverfahren aufgrund des Sachvortrags der Antragsteller und der angebotenen Beweise nicht die Richtigkeit aller vom FA behaupteten Einzelumstände erweisen ließe. Diese Beurteilung des FG und die ihr zugrunde liegende Einschätzung des Beweiswerts der von den Antragstellern zu einzelnen Punkten angebotenen Beweise ist nachvollziehbar. Denn die Antragsteller zu 1 bestreiten nicht, daß sie im zeitlichen Zusammenhang mit der Betriebsgründung Kredite zur Verfügung gestellt haben, die nicht zu verzinsen waren und die auch nicht zurückgezahlt worden sind. Indem sie Namensverwechselungen als Erklärung dafür angeben, daß bei Zahlungen und Zahlungseingängen zwischen dem Betriebskonto des Antragstellers zu 2 und ihrem Privatkonto nicht immer klar unterschieden worden und daß eine betriebliche Rechnung an die Antragstellerin zu 1 adressiert worden ist, räumen sie die Richtigkeit der objektiven Feststellungen des FA insoweit ein. Es wird von den Antragstellern zu 1 auch nicht bestritten, daß das Gehalt zu einem Zeitpunkt deutlich angehoben worden ist, als sie zur Erlangung öffentlicher Mittel ein höheres Nettoeinkommen nachweisen mußten. Wenn das FG die pauschale Begründung der Antragsteller zu 1, die Gehaltserhöhung sei erfolgt, weil der Antragsteller zu 1 mehr habe arbeiten müssen, jedenfalls solange nicht für überzeugend hält, wie über den zeitlichen Umfang der Arbeit vorher und nachher keine konkreten Stundenzahlen genannt werden, erscheint dies zumindest vertretbar. Auch der eigene Vortrag der Antragsteller zur gemeinsamen Nutzung des PKW deutet eher auf eine Mitunternehmerschaft als auf ein Arbeitsverhältnis hin.

b) Die Entscheidung des FG ist auch insoweit nicht zu ändern, als das FG den Klagen wegen der Höhe der Schätzung ebenfalls keine hinreichende Erfolgsaussicht beigemessen hat. Die Auffassung des FG, dem geschäftlichen Niedergang ab 1992 sei bei der Schätzung hinreichend Rechnung getragen, ist nachvollziehbar. Denn dadurch, daß der erklärte Wareneinkauf niedriger geworden war und daß bei den Speisen 10 v.H. des erklärten Wareneinkaufes zugeschätzt worden sind, haben sich auch die zugeschätzten Beträge verringert. Den Umstand, daß anfänglich größere Portionen zur Erlangung eines Kundenstamms ausgeteilt worden sind, hat das FA dadurch berücksichtigt, daß es im ersten Jahr einen niedrigeren Aufschlagsatz angesetzt hat.



Ende der Entscheidung

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