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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.12.1999
Aktenzeichen: VIII B 124/97
Rechtsgebiete: FGO, BFHEntlG


Vorschriften:

§ 115 Abs. 2 FGO
§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unzulässig. Die Klägerin hat keinen der Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise geltend gemacht.

1. Sie hat einen Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht schlüssig gerügt.

a) Die Rüge, das Finanzgericht (FG) habe dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) eine Vermutung oder zumindest einen Anscheinsbeweis dafür zugebilligt, dass Bescheiddatum und Absendetag übereinstimmten, betrifft nicht das Verfahrensrecht, sondern das materielle Recht. Denn soweit die Klägerin damit die Beweiswürdigung des FG beanstandet, ist die Rüge materiell-rechtlicher Natur; nichts anderes gilt, soweit das Vorbringen auf die dem Anscheinsbeweis zugrunde liegenden Erfahrungssätze zu beziehen ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. August 1997 X B 53, 54/97, BFH/NV 1998, 318; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rn. 28 und 29). Da die Beweiswürdigung dem materiellen Recht zuzurechnen ist, wird auch mit dem pauschalen Vorbringen, das FG habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht beachtet, kein Verfahrensfehler gerügt. Auch die Behauptung, das FG habe ihr, der Klägerin, zu Unrecht die objektive (Beweis-)Feststellungslast aufgebürdet, betrifft eine materiell-rechtliche Frage (vgl. BFH-Beschluss vom 31. Oktober 1996 VIII B 42/96, BFH/NV 1997, 490).

b) Soweit die Klägerin die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) durch das FG rügt, hätte sie darlegen müssen, welche Beweismittel zu welchem Beweisthema das FG nicht ausgeschöpft hat, weshalb sie nicht selbst eine entsprechende Beweiserhebung beantragt hat oder weshalb sich dem FG die Beweiserhebung auch ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Juli 1997 VIII B 68/96, BFH/NV 1998, 29, m.w.N.).

Diese Erfordernisse erfüllt die Beschwerdeschrift nicht. Konkret beanstandet die Klägerin lediglich, dass das FG nicht eine Auskunft des Stadtsteueramts der ... darüber eingeholt habe, wann die strittigen Bescheide dort eingegangen seien. Sie hat aber nicht dargelegt, weshalb sie eine entsprechende Beweiserhebung nicht selbst beantragt hat oder aus welchen Gründen sich dem FG die Beweiserhebung auch ohne einen entsprechenden Antrag hätte aufdrängen müssen.

2. Eine Abweichung von dem BFH-Urteil vom 6. September 1989 II R 233/85 (BFHE 158, 297, BStBl II 1990, 108) hat die Klägerin nicht ordnungsgemäß gerügt. Eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das FG in dem angefochtenen Urteil einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem --ebenfalls-- tragenden abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH abweicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 13. Juli 1998 VIII B 82/97, BFH/NV 1999, 38, m.w.N.). Zur Bezeichnung der Divergenz i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist erforderlich, dass der Beschwerdeführer die abstrakten Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH so genau benennt, dass eine Abweichung erkennbar wird (vgl. BFH-Beschluss vom 31. August 1995 VIII B 21/93, BFHE 178, 379, BStBl II 1995, 890). Im Streitfall hat die Klägerin keine abstrakten Rechtssätze benannt und einander gegenübergestellt, sondern lediglich geltend gemacht, dass das FG-Urteil den in dem BFH-Urteil in BFHE 158, 297, BStBl II 1990, 108 aufgestellten Grundsätzen widerspreche.

3. Auch eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Die grundsätzliche Bedeutung der auf Seite 7 der Beschwerdeschrift aufgeworfenen Fragen ist mit dem Hinweis, dass sie höchstrichterlich noch nicht geklärt seien und eine Klärung im Hinblick auf die Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht sei, nicht dargetan. Denn daraus ergibt sich nicht, dass diese Rechtsfragen auch klärungsbedürftig sind (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 22. Oktober 1994 V B 40/94, BFH/NV 1995, 610). Zur ordnungsgemäßen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung muss konkret auf die Klärungsbedürftigkeit der jeweiligen Rechtsfrage und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingegangen werden. Dies gilt für den Streitfall insbesondere auch im Hinblick darauf, dass zum einen die Entscheidung, ob ein Sachverhalt nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises aufklärbar ist, von den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles abhängt, was im allgemeinen gegen eine grundsätzliche Bedeutung spricht (vgl. BFH-Beschluss vom 13. Februar 1998 V B 25/97, BFH/NV 1998, 1109), und dass zum anderen die Beweiswürdigung des FG im Revisionsverfahren nur in eingeschränktem Umfang überprüfbar ist (vgl. BFH-Urteil vom 5. Mai 1999 II R 96/97, BFH/NV 1999, 1341).

Darüber hinaus erfordert die Darlegung der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage auch eine Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur (BFH-Beschluss vom 3. März 1995 VIII B 58/94, BFH/NV 1995, 974). Im Streitfall hat die Klägerin lediglich auf das Urteil des FG des Saarlandes vom 4. November 1993 2 K 90/93, (Entscheidungen der Finanzgerichte 1994, 326) hingewiesen und erläutert, dass danach dem FA der lückenlose Nachweis der fristwahrenden Absendung des Steuerbescheides obliege, und die fehlende Ausgangskontrolle für Verjährungsfristen wahrende Bescheidabsendungen vom FA zu vertreten sei. Dies stellt keine den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügende Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur dar.

Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe weiterer Gründe.

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