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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.06.2001
Aktenzeichen: VIII B 129/00
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 128 Abs. 3 Satz 1
FGO § 69 Abs. 3 Satz 1
FGO § 69 Abs. 2 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Das Finanzgericht (FG) hat dem Begehren des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller), die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide 1991 und 1992 auszusetzen, im Wesentlichen stattgegeben, jedoch von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht. Gegen Letzteres wendet sich die Beschwerde des Antragstellers.

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Nach § 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) steht den Beteiligten die Beschwerde gegen eine Entscheidung im Verfahren über die Aussetzung der Vollziehung (AdV-Verfahren) nur zu, wenn das FG sie zugelassen hat. Hieran fehlt es im Streitfall. Der von dem Antragsteller beanstandete Beschluss des FG ist deshalb von Gesetzes wegen unanfechtbar; eine hiergegen gerichtete Beschwerde ist nicht statthaft.

2. Gleichwohl kann nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die --sog. außerordentliche-- Beschwerde ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der "greifbaren Gesetzwidrigkeit" der angefochtenen Entscheidung eröffnet sein. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung mit der geltenden Rechtsordnung schlechthin unvereinbar ist, weil sie jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und inhaltlich dem Gesetz fremd ist. Dafür ist indessen weder die Rechtsfehlerhaftigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung ausreichend noch genügt es, dass das FG Vorschriften des Rechts eindeutig unrichtig angewandt hat. Erforderlich ist vielmehr, dass die Entscheidung der Vorinstanz entweder schon ihrer Art nach nicht vorgesehen oder unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist oder dass sie zu einer Gesetzesanwendung führt, die der Gesetzgeber ersichtlich ausschließen wollte (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 2. Dezember 1999 I B 62/99, BFH/NV 2000, 845, m.umf.N.).

Der Antragsteller hat keine dieser Voraussetzungen schlüssig und substantiiert darlegt (vgl. zu diesem Erfordernis BFH vom 10. Dezember 1997 I B 107, 124/97, BFH/NV 1998, 716).

a) Dass die Gewährung der AdV von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden kann, ergibt sich aus § 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 FGO. Die im Streitfall vom FG getroffene Entscheidung ist deshalb nicht schon ihrer Art nach gesetzwidrig.

b) Des Weiteren ist der Vortrag auch insoweit unschlüssig, als der Antragsteller vorträgt, das FG habe gegen die feststehende Rechtsprechung verstoßen, nach der eine Sicherheitsleistung dann nicht angeordnet werden dürfe, wenn mit Gewissheit oder jedenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit ein für den Steuerpflichtigen günstiger Prozessausgang zu erwarten sei (Hinweis auf BFH vom 22. Dezember 1969 V B 115-116/69, BFHE 97, 240, BStBl II 1970, 127; vgl. auch Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, § 69 Rz. 145, m.w.N.). Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Gesetzesanwendung darzulegen, die der Gesetzgeber ersichtlich ausschließen wollte und die deshalb im vorbezeichneten Sinne "greifbar rechtswidrig" ist.

aa) Der BFH hat hierzu mit Beschluss in BFH/NV 2000, 845 betr. den Fall, dass das FG bei der Anordnung der Sicherheitsleistung den Vermögensstatus des Steuerpflichtigen nicht beachtet haben soll, ausgeführt:

"Schließlich ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass für die Antragstellerin eine Beschwerdemöglichkeit zweifelsfrei nicht eröffnet wäre, wenn das FG --ohne Zulassung der Beschwerde-- den AdV-Antrag insgesamt abgelehnt hätte. Das gilt unabhängig davon, ob eine solche Entscheidung rechtmäßig oder fehlerhaft gewesen wäre und ob in jenem Fall die Beschwerde richtigerweise hätte zugelassen werden müssen. Dann kann aber nicht in der vorliegenden Konstellation, in der der Antrag immerhin einen eingeschränkten Erfolg hatte, eine zur außerordentlichen Beschwerde führende "greifbare Gesetzwidrigkeit" bestehen. Vielmehr muss hier der Gedanke durchgreifen, dass der Gesetzgeber für das AdV-Verfahren die Rechtsbehelfsmöglichkeiten bewusst beschränkt und damit die Nichtkorrigierbarkeit fehlerhafter erstinstanzlicher Entscheidungen erkennbar in Kauf genommen hat. Selbst wenn deshalb die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das FG unrichtig --oder sogar eindeutig unzutreffend-- wäre, würde es mithin gerade dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, dass es für Zwecke des einstweiligen Rechtsschutzes mit dieser Entscheidung sein Bewenden haben muss. Unter diesem Blickwinkel würde die Zulassung einer "außerordentlichen Beschwerde" den Intentionen der gesetzlichen Rechtsmittelbeschränkung zuwiderlaufen."

bb) Diese Erwägungen, denen der erkennende Senat beipflichtet, gelten auch im Streitfall mit der Folge, dass --mangels greifbarer Gesetzesverletzung-- die außerordentliche Beschwerde des Antragsstellers selbst dann nicht gegeben wäre, wenn sein Sachvortrag, das FG habe bei der Anordnung der Sicherheitsleistung die Erfolgsaussichten eines Klageverfahrens nicht beachtet, zutreffen sollte.

c) Schließlich bleibt auch die Rüge, das FG habe den Anspruch des Antragstellers auf Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) verletzt, ohne Erfolg. Der erkennende Senat braucht deshalb auch nicht dazu Stellung zu nehmen, ob eine solche Rechtsverletzung geeignet ist, das außerordentliche Beschwerdeverfahren zu eröffnen (vgl. BFH vom 27. Juni 1996 IV B 168/95, BFH/NV 1997, 57; in BFH/NV 2000, 845).

Die Behauptung, der Antragsteller habe keinen Anlass gehabt, zur Frage der Sicherheitsleistung ("etwas") vorzutragen, weil das FA die --von ihm vor dem Gerichtsverfahren widerrufene-- AdV ohne Sicherheitsleistung gewährt und damit auch für das gerichtliche Aussetzungsverfahren dokumentiert habe, dass ein Sicherungsbedürfnis nicht bestehe, ist unschlüssig. Abgesehen davon, dass die Umstände, die die AdV ohne Sicherheitsleistung rechtfertigen, vom Steuerpflichtigen glaubhaft zu machen sind (BFH vom 17. Januar 1996 V B 100/95, BFH/NV 1996, 491; vom 23. August 2000 VII B 145/00, BFH/NV 2001, 75), ergibt sich die Unschlüssigkeit des Vortrags bereits daraus, dass die Beschwerdeschrift --ebenso wie das weitere Begründungsschreiben vom 9. Januar 2001-- die Vermögensverhältnisse des Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt der Entscheidung des FG nicht darlegt und demgemäß auch keine Aussage dazu enthält, was der Antragsteller bei Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte (vgl. hierzu Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 14, m.w.N.). Hinzu kommt, dass die Sachverhaltsdarlegung des Antragstellers im Hinblick darauf unvollständig ist, dass der Prozessvertreter des Antragstellers mit Schriftsatz vom 20. Oktober 1999 (S. 7) die Frage der Sicherheitsleistung ausdrücklich angesprochen hat.



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