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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 26.04.2005
Aktenzeichen: VIII B 14/02
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 155
ZPO § 227 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) --konkludent-- rügen, das Finanzgericht (FG) habe ihren Antrag auf Verlegung der mündlichen Verhandlung zu Unrecht abgelehnt und sie seien deshalb im erstinstanzlichen Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen, berufen sie sich zwar auf eine Verletzung ihres Rechts auf Gehör. Darin kann ein Verfahrensmangel liegen. Die Kläger haben diese Rechtsverletzung jedoch nicht schlüssig dargelegt.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein FG zwar grundsätzlich verpflichtet, einen anberaumten Verhandlungstermin zu verlegen, wenn hierfür erhebliche Gründe i.S. des § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 155 FGO vorliegen (BFH-Beschlüsse vom 23. November 2001 V B 224/00, BFH/NV 2002, 520; vom 1. Februar 2002 II B 38/01, BFH/NV 2002, 938; vom 18. März 2003 I B 122/02, BFH/NV 2003, 1584). Ein solcher Grund kann u.a. darin liegen, dass der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten unerwartet erkrankt ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 2002, 520, 521, m.w.N.). Jedoch ist nicht jegliche Erkrankung des Bevollmächtigten ein ausreichender Grund für eine Terminsverlegung; eine solche ist vielmehr nur dann geboten, wenn die Erkrankung so schwer ist, dass von dem Bevollmächtigten die Wahrnehmung des Termins nicht erwartet werden kann (BFH-Beschluss vom 17. April 2002 IX B 151/00, BFH/NV 2002, 1047, m.w.N.). Allein die Arbeitsunfähigkeit des Bevollmächtigten reicht hierfür nicht aus (BFH-Beschluss vom 23. Oktober 2002 III B 167/01, BFH/NV 2003, 80).

b) Ob im Einzelfall eine Terminsverlegung gerechtfertigt ist, muss das FG anhand der ihm bekannten Umstände beurteilen. Dazu muss es in der Lage sein, sich über das Vorliegen eines Verle-gungsgrundes ein eigenes Urteil zu bilden. Die Voraussetzungen hierfür zu schaffen, ist Aufgabe desjenigen, der die Verlegung beantragt (BFH-Beschluss vom 28. August 2002 V B 71/01, BFH/NV 2003, 178, m.w.N.); das gilt jedenfalls dann, wenn der Antrag --wie hier-- erst kurz vor der mündlichen Verhandlung gestellt wird. Deshalb muss, wenn in dieser Situation der Antrag auf Terminsverlegung mit einer plötzlichen Erkrankung des Bevollmächtigten begründet wird, der Antragsteller dem Gericht regelmäßig nähere Angaben zu Art und Schwere der Krankheit machen. Bei Vorlage eines ärztlichen Attestes muss dieses entweder die Verhandlungsunfähigkeit des Bevollmächtigten bescheinigen oder eine so genaue Schilderung enthalten, dass das FG selbst beurteilen kann, ob die Erkrankung ein Erscheinen zum Termin verhindert oder nicht (BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 80). Fehlt es daran, so darf das FG den Verlegungsantrag regelmäßig ablehnen.

c) Im Streitfall ergibt sich aus dem Vortrag der Kläger nicht, dass bei Anlegung dieser Maßstäbe das FG den anberaumten Verhandlungstermin hätte verlegen müssen. Denn ihr Prozessbevollmächtigter hatte zur Begründung seines per Telefax gestellten Antrags ausschließlich auf ein ärztliches Attest verwiesen, das als Telekopie zum Teil nicht lesbar war und das nicht erkennen ließ, ob und weshalb der Klägervertreter verhandlungsunfähig war. Zwar ergibt sich aus dem später eingereichten Original die Bescheinigung einer "akuten Erkrankung"; das Schreiben des Prozessbevollmächtigten, mit dem dieser das ärztliche Attest übersandte, enthielt indes keine näheren Angaben zu der geltend gemachten Erkrankung. Auf dieser Basis war das FG nicht in der Lage, sich ein hinreichend sicheres Bild vom Gesundheitszustand des Klägervertreters zu machen. Es war auch nicht verpflichtet, vor oder während der mündlichen Verhandlung den Aussteller des Attestes um ergänzende Auskünfte zu bitten; vielmehr durfte es davon ausgehen, dass eine solche Maßnahme schon im Hinblick auf die ärztliche Schweigepflicht nicht hinreichend erfolgversprechend war (BFH-Beschluss in BFH/NV 2003, 1584). Das FG hatte angesichts des äußerst kurzfristig gestellten Antrags und der Tatsache, dass der Klägervertreter ausweislich der FG-Akten mehrfach Probleme mit seiner EDV und der Übermittlung von Telefaxen hatte, auch keine Veranlassung bei diesem hinsichtlich des Inhalts des Attestes nachzufragen. Es wäre vielmehr Sache des Klägervertreters gewesen, sich zu vergewissern, ob der Antrag auf Terminsverlegung nebst den entsprechenden Unterlagen vollständig beim FG eingegangen ist. Denn gerade bei kurzfristig gestellten Anträgen auf Terminsverlegung sind hohe Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Verhandlungsunfähigkeit zu stellen, weil anderenfalls die Gefahr bestände, dass die Entscheidung allein vom Beteiligten abhängen würde, was mit dem Ziel einer möglichst zügigen Durchführung des Verfahrens nicht vereinbar wäre (Senatsbeschluss vom 31. Juli 1997 VIII B 94/96, BFH/NV 1998, 66, m.w.N.; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 91 Rz. 4 "Erkrankung"). Das FG konnte die Frage nach dem Vorliegen eines erheblichen Grundes i.S. des § 227 Abs. 1 ZPO deshalb auf Grund des ihm vorliegenden Materials entscheiden. Danach ist die Schlussfolgerung, ein ausreichender Grund für eine Terminsverlegung sei nicht gegeben, im Ergebnis nicht zu beanstanden.

2. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch eine Überraschungsentscheidung des FG haben die Kläger ebenfalls nicht substantiiert dargelegt. Das FG ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung nicht verpflichtet, die für seine Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte im Voraus anzudeuten, vielmehr müssen die Beteiligten alle vertretbaren Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 10a, m.w.N.). Das gilt umso mehr, wenn diese durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe vertreten sind und das FG sich zur Anerkennung des streitigen Verlusts bislang noch gar nicht geäußert hat.

Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang rügen, das FG habe einen Auflösungsverlust in Höhe von ... DM aus ihrer Beteiligung an der X-GmbH nicht berücksichtigt, obwohl der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) diesen Verlust akzeptiert habe, kann darauf keine Verfahrensrüge gestützt werden. Außerdem hat der Vertreter des FA in der mündlichen Verhandlung ausweislich der Sitzungsniederschrift erklärt, er erkenne keine Verluste an.

Ende der Entscheidung

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