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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 26.10.2007
Aktenzeichen: VIII B 144/06
Rechtsgebiete: FGO, AO


Vorschriften:

FGO § 74
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
AO § 169 Abs. 2 Satz 2
AO § 370
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Senat lässt offen, ob die Beschwerde den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO in vollem Umfang entspricht, denn jedenfalls ist die Beschwerde --soweit nicht unzulässig-- unbegründet.

1. Die Verfassungsmäßigkeit der Zinsbesteuerung für die Jahre 1993 bis 1999 hat keine grundsätzliche Bedeutung. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zu dieser Problematik mit Urteilen vom 18. Februar 1997 VIII R 33/95 (BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499) und vom 7. September 2005 VIII R 90/04 (BFHE 211, 183, BStBl II 2006, 61) ausführlich Stellung genommen und auch unter Erörterung des Gesetzes über die strafbefreiende Erklärung (StraBEG) vom 23. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2928) zum Ausdruck gebracht, dass die Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in den Veranlagungszeiträumen seit 1993 nicht verfassungswidrig ist. Der BFH hat sich insoweit im Ergebnis auch mit der vom Finanzgericht (FG) Köln mit Vorlagebeschluss vom 22. September 2005 10 K 1880/05 (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst --DStRE-- 2005, 1398) vertretenen Rechtsauffassung auseinandergesetzt und sich dieser nicht angeschlossen. Weiterführende und neue Gesichtspunkte zu diesem Komplex, die für den BFH Anlass sein könnten, seine Rechtsauffassung nochmals zu überdenken, sind der Beschwerdeschrift nicht zu entnehmen.

2. Die Frage der gerichtlichen Schätzungsbefugnis bei Verletzung der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen hat ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung. Der Senat hat mit Urteil vom 7. November 2006 VIII R 81/04 (BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364) entschieden, dass die subjektiven und objektiven Voraussetzungen einer Steuerhinterziehung gemäß §§ 169 Abs. 2 Satz 2, 370 der Abgabenordnung (AO) dem Grunde nach auch bei der Verletzung von Mitwirkungspflichten immer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen sind. Insbesondere bei nicht behebbaren Zweifeln ist die Feststellung einer Steuerhinterziehung mittels reduzierten Beweismaßes --mithin im Schätzungswege-- nicht zulässig. Deshalb kann das Gericht in Fällen, in denen die Rechtmäßigkeit eines Bescheides davon abhängt, dass eine Steuerhinterziehung vorliegt, eine Straftat nur feststellen, wenn es von ihrem Vorliegen überzeugt ist. Indes bleibt die Schätzung der Höhe hinterzogener Steuern trotz Geltung des Grundsatzes "in dubio pro reo" weiterhin möglich, wobei dieser Grundsatz es lediglich ausschließt, die Schätzung der hinterzogenen Steuern an der oberen Grenze des für den Einzelfall zu beachtenden Schätzerahmens auszurichten. Weshalb trotz dieser Rechtsprechung eine erneute Entscheidung des BFH zur Frage der Schätzungsbefugnis bei Verletzung der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen erforderlich sein soll, ist der Beschwerdeschrift nicht zu entnehmen, zumal mit der Beschwerde auch keine Divergenz zu der Senatsentscheidung in BFHE 215, 66, BStBl II 2007, 364 dargelegt wird.

3. Soweit die Beschwerdeschrift sich gegen die Würdigung des FG bei der Bejahung von Tafelpapiergeschäften und insbesondere gegen die Würdigung von Zeugenaussagen wendet, liegt darin die Rüge falscher materieller Rechtsanwendung. Diese führt grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. April 2003 VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom 23. Juni 2003 IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289). Denn die Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2000 I B 40/99, BFH/NV 2000, 874). Auch die Rüge, das FG verstoße gegen das Gebot der Berücksichtigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und (im Ergebnis) gegen den klaren Inhalt der Akten, wendet sich letztlich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG. Die Zulassung der Revision kann darauf nicht gestützt werden.

4. Die Rüge, infolge unzureichender Würdigung des Tatsachenvortrags der Kläger sei auch eine Verletzung des Rechts auf Gehör gegeben, legt keinen Zulassungsgrund ausreichend dar. Zum einen richten sich diese Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des FG-Urteils; die Zulassung der Revision kann darauf nicht gestützt werden. Zum anderen kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass das Gericht die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und erwogen hat, sofern nicht besondere Umstände des konkreten Falls auf einen diesbezüglichen Verstoß hindeuten (ständige Rechtsprechung, BFH-Urteil vom 5. Oktober 1999 VII R 25/98, BFH/NV 2000, 235). Vorliegend sind derartige Umstände nicht schlüssig dargetan und angesichts der Tatsache, dass sich das FG mit dem Vorbringen der Kläger zur Zurechnung der Tafelgeschäfte in den Urteilsgründen ausführlich auseinandergesetzt hat, zudem zu verneinen.

5. Auch die Rüge, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht hinsichtlich "des Vortrags Frau A" verletzt, ist nicht zulässig erhoben. Denn bei einer Rüge der Verletzung der von Amts wegen gebotenen Sachaufklärungspflicht (§ 76 FGO) gehören nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 9. Dezember 1998 VIII B 54/97, BFH/NV 1999, 802, m.w.N.; BFH-Beschlüsse vom 7. Januar 1993 VII B 115/92, BFH/NV 1994, 37, und vom 22. März 1999 X B 142/98, BFH/NV 1999, 1236) zu einem schlüssigen Sachvortrag u.a. Ausführungen dazu, welche Tatsachen das FG hätte aufklären oder welche Beweise es hätte erheben müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Substantiierten Vortrag in diesem Sinne enthält die Beschwerdeschrift nicht. Im Ergebnis wenden sich die Kläger auch insoweit gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG. Darin liegt aber die Rüge falscher materieller Rechtsanwendung, die --wie vorstehend bereits ausgeführt-- nicht zur Zulassung der Revision führt.

6. Entgegen der Auffassung der Kläger leidet das erstinstanzliche Urteil auch nicht an einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, weil das FG das Verfahren nicht gemäß § 74 FGO ausgesetzt hat. Die Aussetzung des Verfahrens steht gemäß § 74 FGO im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Da das FG sich der Auffassung des BFH zur Verfassungsmäßigkeit der Zinsbesteuerung in den Streitjahren angeschlossen hat (BFH-Urteile in BFHE 183, 45, BStBl II 1997, 499, und in BFHE 211, 183, BStBl II 2006, 61), konnte das FG von einer Aussetzung des FG-Verfahrens absehen.

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