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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 31.01.2005
Aktenzeichen: VIII B 18/02
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, EStG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
FGO § 118 Abs. 2
AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 2
EStG § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.; vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 23 ff., m.w.N.; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 31. Mai 2000 IV B 55/99, juris). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdeschrift dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Hierzu genügt die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht. Vielmehr muss die Beschwerde konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen (vgl. BFH-Beschluss vom 26. August 1992 II B 100/92, BFH/NV 1993, 662, 633, m.w.N., ständige Rechtsprechung, vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, a.a.O.).

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--) aufgeworfene Rechtsfrage, "ob bei einem Steuerpflichtigen aus seiner Stellung als Gesellschafter-Geschäftsführer eine Verletzung der ihm aus dieser Stellung zumutbaren Sorgfaltspflichten mit der Folge des ihm zurechenbaren groben Verschuldens am nachträglichen Bekanntwerden neuer Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) anzunehmen ist, wenn er seinem Steuerberater, der mit der Erstellung der Einkommensteuererklärung beauftragt wurde, den Sachverhalt des Anteilsverlustes infolge Auflösung der GmbH nicht mitteilt", hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, weil diese Frage bereits höchstrichterlich geklärt ist. Wie der Senat mit Urteil vom 23. Februar 2000 VIII R 80/98 (BFH/NV 2000, 978) entschieden hat, ist grobes Verschulden i.S. von § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 in der Form grober Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt hat. Ob ein Beteiligter in diesem Sinne grob fahrlässig gehandelt hat, ist im Wesentlichen eine Tatfrage. Die hierzu getroffenen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) dürfen --abgesehen von den zulässigen und begründeten Verfahrensrügen sowie einer den Denk- oder Erfahrungssätzen widersprechenden Würdigung der Umstände-- von der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit und die aus ihm abzuleitenden Sorgfaltspflichten richtig erkannt worden sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 8. Dezember 1998 IX R 14/97, BFH/NV 1999, 743; Senatsurteil in BFH/NV 2000, 978). Abgesehen davon, dass die Vorinstanz bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals der "groben Fahrlässigkeit" von den persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen der Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) ausgegangen ist, hat das FG auch berücksichtigt, dass allein der Mangel an Kenntnissen eines steuerrechtlich nicht vorgebildeten Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht geeignet ist, den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu begründen, es sei denn, der Steuerpflichtige geht einer Zweifelsfrage nicht nach, die sich ihm hätte aufdrängen müssen (Senatsurteil in BFH/NV 2000, 978, m.w.N.). Soweit das FG in diesem Zusammenhang zum Ausdruck gebracht hat, die Kläger seien steuerrechtlich nicht vorgebildet gewesen und hätten trotz der Beteiligung der Klägerin an der A-GmbH nicht gewusst bzw. wissen müssen, dass ein durch die Auflösung der A-GmbH entstandener Anteilsverlust u.U. steuerlich zu berücksichtigen sei, handelt es sich weitgehend um die Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles, an die der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist (Senatsurteil in BFH/NV 2000, 978).

b) Eine Entscheidung des BFH ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erforderlich. Soweit mit der Nichtzulassungsbeschwerde gerügt wird, das FG folge in seiner Begründung dem Senatsurteil in BFH/NV 2000, 978 und insofern bestehe eine Divergenz zum BFH-Urteil vom 9. Mai 2001 XI R 25/99 (BFHE 195, 545, BStBl II 2002, 817) gegeben, liegt eine solche nicht vor. Beide Entscheidungen gehen davon aus, dass das Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 im Wesentlichen eine Tatfrage ist und dass die hierzu vom FG aufgrund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen vorgenommene Würdigung in der Revisionsinstanz nur darauf überprüft werden darf, ob der Rechtsbegriff des Vorsatzes bzw. der groben Fahrlässigkeit richtig erkannt worden ist und ob die Würdigung der Umstände hinsichtlich des individuellen Verschuldens den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen entspricht. Im Übrigen betrifft das BFH-Urteil in BFHE 195, 545, BStBl II 2002, 817 --anders als die Senatsentscheidung in BFH/NV 2000, 978-- die Veräußerung einer GmbH-Beteiligung als einer wirtschaftlich und möglicherweise auch steuerlich bedeutenden Maßnahme. Im Streitfall ging es aber nicht um die Veräußerung von GmbH-Geschäftsanteilen, sondern um Auflösungsverluste i.S. des § 17 des Einkommensteuergesetzes. Insoweit hat der BFH aber bereits mit Urteil vom 23. Januar 2001 XI R 42/00 (BFHE 194, 9, BStBl II 2001, 379) ausgeführt, einem Steuerpflichtigen ohne einschlägige Ausbildung könne kein grobes Verschulden i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 vorgeworfen werden, wenn er unter dem in der Anlage GSE verwendeten Begriff "Gewinn" nur einen positiven Gewinn, nicht aber einen Verlust verstehe. Das BFH-Urteil in BFHE 195, 545, BStBl II 2002, 817 steht dazu nicht im Widerspruch.

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