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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 29.01.2009
Aktenzeichen: VIII B 195/07
Rechtsgebiete: FGO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt gemäß § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG). Das finanzgerichtliche Urteil beruht auf einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, weil das FG dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nicht in ausreichender Form rechtliches Gehör gewährt hat.

Nach Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes hat vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. Hieraus folgt für das finanzgerichtliche Verfahren zum einen, dass das FG sein Urteil nur auf solche Tatsachen und Beweisergebnisse stützen darf, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten (§ 96 Abs. 2 FGO). Darüber hinaus haben die Verfahrensbeteiligten Anspruch darauf, dass das Gericht sie auch in rechtlicher Hinsicht auf entscheidungserhebliche Erwägungen und Gesichtspunkte hinweist, mit denen sie erkennbar nicht rechnen mussten (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11. Januar 2006 I B 43/05, BFH/NV 2006, 795, m.w.N.).

Das FG hat im Rahmen seiner Prüfung, ob der Grundsatz von Treu und Glauben einer Änderung des bestandskräftigen Gewinnfeststellungsbescheides 1999 vom 8. Februar 2002 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung entgegenstand, ausgeführt, aus den Angaben des Klägers in der nachträglich eingereichten Anlage GSE über den erzielten Veräußerungsgewinn habe sich dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) nicht die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts aufdrängen müssen. Denn dieser Veräußerungsgewinn sei nicht ohne Weiteres den Einkünften des Klägers aus der Ärztegemeinschaft zuzuordnen gewesen. Es habe sich dabei auch um anderweitige Einkünfte des Klägers aus selbständiger Tätigkeit handeln können, die der Kläger auch tatsächlich aus seiner Beteiligung an einer Laborgemeinschaft bezogen habe.

Mit dieser Würdigung konnte der Kläger nicht rechnen. Denn nach Aktenlage ist nicht der Kläger selbst, sondern die Gemeinschaftspraxis Gesellschafterin der Laborgemeinschaft. Dies ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Gemeinschaftspraxis für 1999, in dem festgestellt ist, dass in den laufenden Einkünften der GbR aus selbständiger Arbeit in Höhe von 2 805 523 DM ein Anteil an den Einkünften einer Ärzte-Laborgemeinschaft in Höhe von 12 704 DM enthalten ist. Im Übrigen hat der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren stets unwidersprochen erklärt, außer seinen Einkünften aus ärztlicher Tätigkeit keine weiteren Einkünfte zu haben (vgl. Schriftsätze vom 14. Mai 2007 und vom 6. August 2007). Zwar hat das FA in seiner Klageerwiderung vom 16. November 2006 behauptet, die Angaben des Klägers in der Anlage GSE hätten es ihm nicht ermöglicht, den erklärten Veräußerungsgewinn den Einkünften aus der Ärztegemeinschaft zuzuordnen, weil der Veräußerungsgewinn möglicherweise in Zusammenhang mit anderen Einkünften des Klägers stehe. Das FA hat diese Behauptung aber nicht weiter substantiiert, es hat insbesondere nicht vorgetragen, dass der streitige Veräußerungsgewinn möglicherweise Einkünften des Klägers aus einer Laborgemeinschaft zuzuordnen sei. Der Kläger hat dem Vortrag des FA in der Klageerwiderung in seinem Schriftsatz vom 14. Mai 2007 ausdrücklich widersprochen mit dem Hinweis, er habe außer den erklärten Einkünften aus der Gemeinschaftspraxis keine weiteren Einkünfte aus selbständiger oder gewerblicher Tätigkeit; der erklärte Veräußerungsgewinn sei deshalb --für das FA erkennbar-- seinen Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit zuzurechnen gewesen. Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass es sich bei der Tätigkeit von Laborgemeinschaften um Hilfstätigkeiten der ärztlichen Tätigkeit handelt, die lediglich aus technischen Gründen aus der Arztpraxis ausgegliedert sind. Die Einnahmen aus einer Laborgemeinschaft sind daher den Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit der beteiligten Einzelpraxen oder Arztgemeinschaften zuzurechnen. Eine einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung wird deshalb für Laborgemeinschaften nicht durchgeführt; gesondert festgestellt werden lediglich die anteiligen Betriebausgaben (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 31. Januar 2003 IV A 6 -S 2246- 5/03, BStBl I 2003, 170). Ein etwaiger Gewinn aus der Veräußerung des Anteils an der Laborgemeinschaft wäre deshalb nicht dem Kläger persönlich, sondern der Gemeinschaftspraxis (GbR) und damit ebenfalls den Einkünften des Klägers aus dieser Gesellschaft zuzurechnen.

Bei dieser Sachlage durfte das FG seine Annahme, für das FA habe aufgrund der Angaben des Klägers in der nachgereichten Anlage GSE keine Veranlassung zu einer weiteren Sachaufklärung bezüglich des dort erklärten Veräußerungsgewinns bestanden, nicht ohne einen vorherigen Hinweis auf die nach seiner Ansicht bestehende Möglichkeit einer Zuordnung dieses Veräußerungsgewinns zu anderen Einkünften als denen aus der Gemeinschaftspraxis stützen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Der Kläger wurde deshalb von der erstmals in den Entscheidungsgründen niedergelegten Rechtsauffassung des FG überrascht.

Das FG hat insoweit das rechtliche Gehör des Klägers verletzt. Auf diesem Verfahrensfehler beruht das angefochtene Urteil (§ 119 Nr. 3 FGO).

Der Senat hält es für sachgerecht, gemäß § 116 Abs. 6 FGO die Vorentscheidung wegen des Verfahrensfehlers aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab (vgl. BFH-Beschluss vom 6. Juni 2007 VIII B 154/06, BFH/NV 2007, 1910).

Ende der Entscheidung

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