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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.11.2008
Aktenzeichen: VIII B 206/07
Rechtsgebiete: FGO, ZPO


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 2
FGO § 116 Abs. 3 S. 3
FGO § 155
ZPO § 295
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

Gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen in der Begründung der Beschwerde die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden, d.h. in der Beschwerdeschrift muss entweder dargetan werden, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert, oder dass ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht (vgl. zu den diesbezüglichen Anforderungen Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 25 ff. und § 115 Rz 23 ff., jeweils m.w.N.).

1.

Mit der Rüge, das Finanzgericht (FG) habe fehlerhaft verkannt, dass der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) bereits durch Vorlage diverser Arbeitsproben, Zeugnisse und Bildungsnachweise nicht nur dargelegt, sondern zum Teil auch urkundlich belegt habe, dass seine betriebswirtschaftlichen Fachkenntnisse in sämtlichen Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre in der Breite wie in der Tiefe denen eines staatlich geprüften Betriebswirts entsprächen, wird ein Revisionszulassungsgrund nicht dargelegt. Dieses im Stile einer Revisionsbegründung gehaltene Vorbringen richtet sich im Ergebnis gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des FG sowie gegen die vom FG gezogenen Schlussfolgerungen. Darin liegt jedoch nicht die Geltendmachung eines Verfahrensfehlers, sondern falscher materieller Rechtsanwendung, die grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 28. April 2003 VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom 23. Juni 2003 IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289). Denn die Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2000 I B 40/99, BFH/NV 2000, 874).

Nämliches gilt für den Vortrag, das FG habe die dargelegte autodidaktische Literaturfortbildung und die praktischen Arbeiten des Klägers rechtsfehlerhaft bewertet, indem es z.B. in den Urteilsgründen formuliere, "Soweit der Kläger sich auf den erfolgreichen zweijährigen Besuch einer kaufmännischen Privatschule, einer höheren Handelsschule, und die Gesellenprüfung zum Industriekaufmann berufe, seien beide Abschlüsse auch nicht annähernd mit dem Abschluss zum staatlich geprüften Betriebswirt vergleichbar". Auch hiermit rügt der Kläger eine falsche materieller Rechtsanwendung der Vorinstanz. Die Zulassung der Revision kann darauf nicht gestützt werden.

2.

Mit der Rüge, das FG hätte mangels eigener Sachkunde das Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zur Klärung der Frage einholen müssen, ob nach den vom Kläger dargelegten praktischen Arbeiten und den von ihm vorgelegten Zeugnissen, Literaturlisten und Bildungsnachweisen davon auszugehen sei, dass seine Kenntnisse in den Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre in Breite und Tiefe denen eines staatlich geprüften Betriebswirts entsprächen, wird gleichfalls kein Verfahrensmangel schlüssig dargetan. Zwar steht die Einholung eines Sachverständigengutachtens grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Die Ermessensfreiheit findet indes dort ihre Grenzen, wo sich die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Sachverständigen mangels eigener Sachkunde des Gerichts aufdrängen musste (BFH-Beschluss vom 16. Juni 2005 IV B 187/03, BFH/NV 2005, 2015). Zur ordnungsgemäßen Rüge ist aber auch bei diesem Verfahrensmangel vorzutragen, warum die Nichterhebung des Sachverständigengutachtens nicht in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt worden ist bzw. aus welchen Gründen dies nicht möglich oder zumutbar gewesen sein soll (§ 295 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 155 FGO, vgl. Senatsbeschluss vom 27. Januar 2006 VIII B 90/05, BFH/NV 2006, 966).

Den Ausführungen des Klägers ist nicht zu entnehmen, weshalb sich dem FG in Anbetracht der in der Beschwerdeschrift in Bezug genommenen --nach Meinung des FG-- unzureichenden theoretischen Kenntnisse des Klägers die Einholung eines Sachverständigengutachtens hätte aufdrängen müssen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Frage, welche Kenntnisse der Kläger besitzt, zwischen den Beteiligten ausführlich erörtert worden ist und der Kläger die Frage des Gerichts, ob er die Vornahme einer Wissensprüfung durch einen Sachverständigen beantrage, ausdrücklich verneint hat. Angesichts dieser Sachlage und der Tatsache, dass das FG bis zur mündlichen Verhandlung die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht angeordnet hatte, musste der durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe vertretene Kläger davon ausgehen, dass es nach der materiell-rechtlichen Sichtweise des FG der Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht bedurfte. Der Kläger hätte daher vortragen müssen, den vermeintlichen Mangel der Nichteinholung des Sachverständigengutachtens in der mündlichen Verhandlung gerügt zu haben bzw. weshalb dieses, obwohl es sich insoweit um einen aus seiner Sicht wesentlichen Streitpunkt gehandelt hat, weder möglich noch zumutbar gewesen sein soll, noch weshalb eine solche Rüge aus sonstigen Gründen ausnahmsweise entbehrlich gewesen sein könnte (Senatsbeschluss in BFH/NV 2006, 966). Das Rügerecht geht jedoch bei sog. verzichtbaren Verfahrensmängeln verloren, wenn die vertretenen Beteiligten insoweit nicht alle prozessualen Möglichkeiten ausschöpfen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 2015).

3.

Soweit der Kläger es als grundsätzlich bedeutsam erachtet, ob bei einem Steuerpflichtigen, der seit mehreren Jahren seinen Beruf nicht mehr ausübt, nicht die aktuelle Wissensprüfung die sachgerechte Wissensverprobung ist, sondern die Beurteilung der dargelegten Ausbildungsquellen und Arbeitsproben aus der Vergangenheit durch einen Sachverständigen, genügt die Beschwerdeschrift ebenfalls nicht den Darlegungsanforderungen. Es fehlt bereits an der Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage. Für das FG war diese Frage nicht rechtserheblich. Es hat die Klage nicht abgewiesen, weil der Kläger auf die Durchführung einer Wissensprüfung durch einen Sachverständigen verzichtet hat, sondern weil der Kläger nach Auffassung des FG nicht den Nachweis geführt hat, dass seine theoretischen Fachkenntnisse in allen Hauptbereichen der Betriebswirtschaftslehre in Breite und Tiefe denen eines staatlich geprüften Betriebswirts entsprechen.

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