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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 14.12.2004
Aktenzeichen: VIII B 228/04
Rechtsgebiete: EStG, FGO


Vorschriften:

EStG § 1 Abs. 3
EStG § 1 Abs. 3 Satz 1
EStG § 1 Abs. 3 Satz 4
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.

a) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht dargetan. Eine solche Darlegung setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) voraus, dass ausführlich dargestellt wird, inwiefern die aufgeworfene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist. Hierzu muss substantiiert darauf eingegangen werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom 16. April 2002 X B 102/01, BFH/NV 2002, 1045, m.w.N.; vom 3. April 2003 VIII B 148/02, juris). Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat hierzu lediglich ausgeführt, es bestehe ein allgemeines Interesse daran, festzustellen, welche Rechtsfolgen sich an eine Bescheinigung des Finanzamts (FA) über die unbeschränkte Steuerpflicht anschließen. In dieser Allgemeinheit wäre diese Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren jedoch nicht klärungsfähig. Sofern den weiteren Ausführungen des Klägers zu entnehmen ist, dass er die Frage, ob Tatbestandsvoraussetzung des § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ein Antrag des Steuerpflichtigen ist, für klärungsbedürftig hält, fehlt es ebenfalls an der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, denn diese Frage ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut zu bejahen. Davon ging auch das Finanzgericht (FG) aus. Die vom Kläger zitierte Kommentarstelle belegt nicht das Gegenteil; dort wird lediglich ausgeführt, dass der Antrag auch konkludent gestellt werden könne (Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 21. Aufl., § 1 EStG, Anm. 255). Klärungsfähig wäre allenfalls die Frage, ob die Bitte des Klägers um eine Bescheinigung seiner unbeschränkten Steuerpflicht zur Vorlage bei dem Arbeitsamt als konkludenter Antrag i.S. des § 1 Abs. 3 Satz 1 EStG anzusehen ist. Diese Frage betrifft jedoch nur den hier vorliegenden Einzelfall. Der Kläger hat insoweit nicht substantiiert dargelegt, dass sie von allgemeinem Interesse sei.

b) Die Rüge, die Vorentscheidung weiche von dem Urteil des BFH vom 12. Januar 2001 VI R 64/98 (BFH/NV 2001, 1231) ab, ist ebenfalls nicht schlüssig erhoben worden (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Dazu hätte der Kläger darlegen müssen,

- dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist,

- dass im Urteil des FG dieselbe Rechtsfrage wie in der Divergenzentscheidung entschieden wurde,

- dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann,

- dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage für beide Entscheidungen rechtserheblich war und

- dass die Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 41 ff., m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nicht ausreichend dargetan. Die bloße Behauptung des Klägers, das FG habe ihn zu Unrecht als nicht unbeschränkt steuerpflichtig angesehen, reicht insoweit nicht aus.

c) Soweit der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde Verfahrensfehler rügt, liegen diese jedenfalls nicht vor.

Das FG hat nicht gegen seine Sachaufklärungspflicht verstoßen. Entgegen der Auffassung des Klägers hat es nicht versäumt, die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG zu prüfen. Es hat diese vielmehr geprüft und ihr Vorliegen verneint, indem es davon ausgegangen ist, dass es an einem Antrag i.S. des § 1 Abs. 3 EStG gefehlt habe (vgl. S. 10 der Urteilsgründe unter 1.5).

Unschlüssig ist der Vortrag des Klägers, das FG habe sich auf Tatsachen gestützt, zu denen er sich nicht habe äußern können, weil ihm nicht deutlich geworden sei, dass die Beiziehung der Akten des FA N dazu gedient habe, festzustellen, ob er einen Antrag nach § 1 Abs. 3 Satz 1 oder einen Nachweis nach § 1 Abs. 3 Satz 4 EStG beigebracht habe. Der Kläger selbst macht nämlich an anderer Stelle geltend, dass er schriftsätzlich die Auffassung vertreten habe, er habe konkludent einen Antrag nach § 1 Abs. 3 EStG gestellt. Demnach konnte sich der Kläger nicht nur zu diesem Punkt äußern; er hat dies nach seinem eigenen Vortrag sogar getan.

Dementsprechend stellt die Entscheidung des FG entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deshalb eine Überraschungsentscheidung dar, weil erstmals in den Urteilsgründen Ausführungen zu dem Antragserfordernis des § 1 Abs. 3 Satz 1 und zum Nachweiserfordernis des § 1 Abs. 3 Satz 4 EStG zu finden gewesen seien. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH liegt eine Überraschungsentscheidung vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht rechnen mussten (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24. April 1990 VIII R 170/83, BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539; vom 31. Juli 1991 VIII R 23/89, BFHE 165, 398, BStBl II 1992, 375). Der Kläger selbst hat sich nach seinem eigenen Vortrag im Laufe des Klageverfahrens schriftsätzlich zu dem Antragserfordernis des § 1 Abs. 3 EStG geäußert. Wenn das Antragserfordernis des § 1 Abs. 3 EStG während des Klageverfahrens thematisiert worden ist, so ist es nicht als eine überraschende Wendung anzusehen, dass das FG auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG im Urteil erörtert.

d) Letztlich rügt der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, dass das FG das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG zu Unrecht verneint habe. Ein solcher Subsumtionsfehler, unterstellt, er läge vor, führt jedoch nicht zur Zulassung der Revision (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. August 2003 VIII B 150/02, BFH/NV 2004, 226; vom 23. Januar 2003 VIII B 161/02, BFH/NV 2003, 881).

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