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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 07.07.1999
Aktenzeichen: VIII B 37/99
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977, StGB, BFHEntlG


Vorschriften:

FGO § 115 Abs. 3 Satz 3
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 3 Nr. 2
AO 1977 § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
AO 1977 § 356 Abs. 1
StGB § 26
StGB § 27
StGB § 25 ff.
BFHEntlG Art. 1 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist unzulässig, da sie nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung und die Bezeichnung einer Divergenz entspricht.

1. Die Klägerin hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn in dem zuzulassenden Revisionsverfahren eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig sein. Die Klärungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits nicht von der Rechtsfrage abhängt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich das Finanzgericht (FG) bereits mit der Rechtsfrage befaßt hat, sondern vielmehr darauf, ob die Rechtsfrage für das Revisionsverfahren von Bedeutung sein kann (vgl. Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozeß, 1986, Rdnr. 135 und 149).

Die grundsätzliche Bedeutung muß --abgesehen vom Fall der Evidenz der grundsätzlichen Bedeutung-- in der Beschwerdeschrift gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt werden. Hierzu ist vom Beschwerdeführer eine bestimmte Rechtsfrage herauszustellen und auszuführen, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsfähig und klärungsbedürftig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Bundesfinanzhof --BFH--, Beschluß vom 5. Dezember 1997 VIII B 11/97, BFH/NV 1998, 681).

b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdeschrift nicht gerecht. Zwar hat die Klägerin konkret die Rechtsfragen aufgeworfen, ob der Beginn der Festsetzungsverjährung gemäß § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) auch dann gehemmt werde, wenn das Strafverfahren nicht gegen einen Mittäter, sondern gegen einen Teilnehmer eingeleitet werde oder wenn das Strafverfahren ohne einen Anfangsverdacht eröffnet werde. Es fehlt aber an einer Darlegung der Klärungsfähigkeit dieser Fragen. Hierzu hätte die Klägerin entweder schlüssig ausführen müssen, daß sie nur Teilnehmerin gemäß § 26, § 27 des Strafgesetzbuches (StGB) an einer Steuerstraftat gewesen sei, oder aber darlegen müssen, daß bei Einleitung des gegen sie gerichteten Strafverfahrens kein Anfangsverdacht einer Steuerstraftat (§ 386 Abs. 1 AO 1977 i.V.m. § 160 Abs. 1 der Strafprozeßordnung) bestanden habe. Auf entsprechende Ausführungen durfte die Klägerin nicht verzichten, da sich das FG --nach seiner Auslegung des § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO 1977 folgerichtig-- weder zu einer strafrechtlichen Beteiligung (§§ 25 ff. StGB) der Klägerin noch zum Vorliegen eines Anfangsverdachts geäußert hat und daher allein aufgrund der Entscheidung des FG nicht erkennbar ist, daß die von der Klägerin bei fehlendem Anfangsverdacht bzw. bloßer Teilnahme an einer Steuerstraftat für geboten erachtete Einschränkung des § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO 1977 im Streitfall überhaupt relevant werden könnte.

2. Die von der Klägerin geltend gemachte Divergenz ist nicht hinreichend bezeichnet (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

a) Eine Abweichung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das FG in der angefochtenen Vorentscheidung einen die Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem --ebenfalls tragenden-- abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH abweicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Beschluß vom 13. Juli 1998 VIII B 82/97, BFH/NV 1999, 38, m.w.N.). Zur Bezeichnung der Divergenz i.S. von § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO ist erforderlich, daß der Beschwerdeführer die abstrakten Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH so genau benennt, daß eine Abweichung erkennbar wird. Dabei ist erforderlich, daß sich die in der Beschwerdeschrift aufgeführten Rechtssätze aus den Entscheidungen hinreichend deutlich ergeben (vgl. BFH, Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479, unter 2. der Gründe; vom 31. Oktober 1996 VIII B 42/96, BFH/NV 1997, 490).

b) Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Denn die von der Klägerin genannten abstrakten Rechtssätze sind weder vom BFH noch vom FG aufgestellt worden. Die Klägerin entnimmt der Vorentscheidung den Rechtssatz, daß § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO 1977 auch bei fehlerhafter Einleitung eines Strafverfahrens anwendbar sei, und zwar unabhängig davon, ob Verdacht der täterschaftlichen Begehung oder lediglich der Teilnahme bestehe. Ein derartiger Rechtssatz kann der Entscheidung des FG nicht entnommen werden, da sich das FG --wie unter 1. b der Gründe ausgeführt-- weder mit der strafrechtlichen Beteiligungsform noch mit der Frage, ob ein Anfangsverdacht bestanden habe, auseinandergesetzt hat. Auch der BFH hat sich in der von der Klägerin genannten Entscheidung (Urteil vom 13. Juli 1994 XI R 21/93, BFHE 175, 13, BStBl II 1994, 885) zu der Frage, ob auch ein ohne Anfangsverdacht eingeleitetes Strafverfahren zu einer Anlaufhemmung i.S. von § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO 1977 führen kann, nicht geäußert.

Im übrigen ergeht der Beschluß nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne weitere Begründung.

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